|
Die Zweideutigkeit der Unterhaltung
Zugangsweisen zur Populären Kultur
Udo Göttlich, Stephan Porombka (Hrsg.)
Herbert von Halem Verlag
EAN: 9783938258958 (ISBN: 3-938258-95-0)
248 Seiten, paperback, 14 x 21cm, 2009, 1 Abb.
EUR 26,00 alle Angaben ohne Gewähr
|
|
Umschlagtext
Kunst ist tiefsinnig, einzigartig und intelligent, Unterhaltung ist trivial, frisst Lebenszeit und führt zur Verdummung – meist beschäftigen sich die Kulturwissenschaften immer noch aus dieser Perspektive mit der Unterhaltung und bestärken so ihre eigenen Vorurteile.
Hans-Otto Hügel hat in seinen Arbeiten stets einen anderen Blick auf Unterhaltung gewagt und hat selbst – als langjähriger Literatur- und Medienexperte bei Wim Thoelkes „Der große Preis“ – die Grenze zwischen Theorie und Praxis überschritten. In seinen Arbeiten unternimmt er mit der Formel von der ästhetischen Zweideutigkeit fortwährend den Versuch, der Unterhaltung im Besonderen und der Populären Kultur im Allgemeinen genau die Spannung zurückzugeben, die ihr sowohl von ihren Verächtern als auch von vielen Medienwissenschaftlern und Medienpädagogen abgesprochen wird.
Dieser Band vereint in Anlehnung an Hügels Forschung so vielfältige Themen wie die Flut von Kochsendungen im deutschen Fernsehen, die Kommerzialisierung der Neuen Deutschen Welle, James Bonds Rolle als Indikator gesellschaftlicher Veränderungen, einen unvollendeten Roman von Friedrich Schiller oder Trickfilme aus Legosteinen.
Rezension
Die traditionelle Dichotomie von Kunst und Unterhaltung vermag die globale Kultur der Gegenwart nicht mehr adäquat zu beschreiben. Kultur und Populäres können nicht mehr als sich ausschließendes Gegenüber gefasst werden, sondern stehen in wechselseitiger Durchdringung zueinander. In Deutschland wurde länger als im angelsächsischen Bereich die Tradition der Massenkultur- und Kulturindustriekritik gepflegt, den angelsächsischen Cultural Studies naiver Kulturoptimismus vorgeworfen. Demgegenüber wird heute stärker die "ästhetische Zweideutigkeit" (Hans-Otto Hügel) von Unterhaltung und Popkultur hervorgehoben. In diesem Band wird deshalb Unterhaltung in ihren vielfältigen Formen und Themen untersucht: Kochsendungen im deutschen Fernsehen, die Neue Deutsche Welle, James Bond- und Trickfilme ...
Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Einleitung 9
I. Lebensbilder
christian kortmann 16
Im Auto mit Hügel
II. Genrebilder
ingrid tomkowiak 26
»You will not like me« –
Zur Feststellung ästhetischer Mehrdeutigkeit bei Johnny Depp
werner greve 42
Geheimagent als Seismograf.
Bemerkungen zur Sozialpsychologie der James-Bond-Filme
stephen lowry 59
Die Ambivalenz des Brutzelns:
Kochsendungen als populäre Fernsehunterhaltung
barbara hornberger 77
Spaß verstehen.
Über die Rezeption von Affirmation am Beispiel der Neuen Deutschen Welle
felix reisel / jörg-uwe nieland 97
Supernova – Konsequenzen des frühen Todes
von Popmusikern für die Starfigur und den Prozess der Unterhaltung
volker wortmann 118
Kontingenzbilder.
Zur Tiefgründigkeit fotografischer Oberflächen
mathias mertens 131
Einige Thesen zu Medienamateurpraxis am Beispiel Brickfilm
III. Zur Theorie populärer Kultur und Unterhaltung
stephan porombka 149
Eindeutig nicht zweideutig genug.
Produktionsästhetische Anmerkungen zu Schillers gescheitertem Geisterseher-Projekt
stefan krankenhagen 167
Gelingendes und beschädigtes Leben.
Die Theorie der Unterhaltung im Licht der Ästhetik Adornos
kaspar maase 185
Massenkünste und Massenängste.
Aporien der modernen Unterhaltungskultur
udo göttlich 202
Auf dem Weg zur Unterhaltungsöffentlichkeit?
Aktuelle Herausforderungen des Öffentlichkeitswandels in der Medienkultur
eggo müller 220
Unterhaltung im Zeitalter der Konvergenz
Statt einer Bibliografie: 239
Hans-Otto Hügel als Experte in Wim Thoelkes
Der große Preis
Autorinnen und Autoren 243
Leseprobe:
udo göttlich / stephan porombka
Einleitung
Die Motive und Gründe für die Analyse Populärer Kultur, so vielfältig
und verschieden sie zunächst erscheinen, speisen sich aus der gemeinsamen
Erfahrung, dass die globale Kultur der Nachkriegszeit unmöglich
noch mit der traditionellen Dichotomie von Kunst und Unterhaltung
verstanden und begrifflich auf den Punkt gebracht werden kann. Was
sich bereits seit den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts andeutete und
für längere Zeit im Gestus eines Verfallsdiskurses behandelt wurde,
führt seit den 1950er-Jahren zusehends zu einer Analyse der Durchdringungen,
Wechselwirkungen und Beziehungen von Kunst und Unterhaltung,
von Kultur und Populärem sowie von Alltag und Medien, die
die Reflexe traditioneller Gegenüberstellungen, Ausschließungen und
Dichotomien erst allmählich aufgibt. Mit Blick auf die unterschiedlichen
Entwicklungsphasen
blieb die Analyse und Kritik der Durchdringungen
und Wechselwirkungen nicht immer widerspruchsfrei oder vonseiten der
offiziellen Künste oder Eliten unwidersprochen. Und auch die Auseinandersetzungen
und Diskurse in den verschiedenen westlichen Ländern
weisen zum Teil bedeutende Unterschiede auf, die Einblick in die Rolle
von Traditionen, Institutionen bis hin zur Wissenschaft im Umgang mit
der Populären Kultur erlauben.
Gerade im Verhältnis der deutschsprachigen zur anglo-amerikanischen
Auseinandersetzung sind diese Unterschiede bis heute wesentlich. Erklärt
sich doch gerade vor ihrem Hintergrund die große Bedeutung der Cultural
Studies in der Analyse der Populären Kultur seit den 1980er-Jahren.
Während allerdings die Beschäftigung mit den Cultural Studies in Deutschland
im Lichte einer Kritik und Auseinandersetzung mit den älteren,
in der kultursoziologischen sowie geistes- und kulturwissenschaftlichen
10
udo göttlich / stephan porombka
Tradition verankerten Massenkultur- und Kulturindustriekritiken geführt
wurde, die aus Sicht der Cultural Studies überwiegend kulturpessimistisch
argumentierten, wurde die Stoßrichtung der Cultural Studies hierzulande
nicht nur als kulturoptimistisch verstanden, auch erschien sie vielen Kritikern
obendrein für eine seriöse Wissenschaft als viel zu politisch.
Dieser Kritik zum Trotz haben die Cultural Studies vor dem Hintergrund
ihres interdisziplinären Zusammenhangs eine Kulturwissenschaft
entworfen, deren Themen die Konstitution der Gesellschaft als Kultur
sowie den komplexen Zusammenhang und die Interaktion von Kultur
mit den vielgestaltigen, verschiedenartigen sozialen Praktiken beinhaltet.
Trotz der Unterschiedlichkeit der Perspektiven kann nicht übersehen
werden, dass die Rezeption der Cultural Studies zu einer breiten,
nicht nur die kulturwissenschaftlichen Disziplinen in ihren unterschiedlichen
Ausprägungen betreffenden Auseinandersetzung mit der Populären
Kultur geführt hat, die neben einer kritischen Betrachtung der
eigenen Begriffe und Tradition zu einer Kritik der Massenkulturkritik
sowie zu einer verstärkten Theoriebildung der Unterhaltung und der
Populären Kultur beigetragen haben.
Der vorliegende Band widmet sich einer bedeutenden Position in der
Auseinandersetzung mit der Populären Kultur, die ohne den deutschen
Hintergrund kaum zu denken ist, die aber darauf angelegt ist, diesen
Hintergrund selbst immer mit zu reflektieren. Mit seinen Analysen der
Populären Kultur, mit der Entwicklung maßgeblicher Begriffe und mit
seiner Theorie der Unterhaltung hat Hans-Otto Hügel seit den 1980er-
Jahren das Forschungsfeld auf entscheidende Weise geprägt. In seiner
Arbeit unternimmt er mit der Formel von der ästhetischen Zweideutigkeit
fortwährend den Versuch, der Unterhaltung im Besonderen und der
Populären Kultur im Allgemeinen genau die Spannung zurückzugeben,
die ihr sowohl von ihren Verächtern als auch von vielen Medienwissenschaftlern
und Medienpädagogen abgesprochen wird. Das gelingt Hügel
nicht zuletzt deshalb, weil er davon ausgeht, dass »die ästhetische Zweideutigkeit
[der Unterhaltung] von Fall zu Fall verschieden realisiert«
wird, jedoch »in irgendeiner Form [...] in jeder Unterhaltungssituation
nachzuweisen« ist (vgl. hügel 1993: 128f.). Und das heißt: Man muss
immer wieder die Probe aufs Exempel machen.
Vergleicht man diese Forschungsaufgabe genauer mit den Cultural
Studies und ihrem Zugang zur Populären Kultur, erkennt man gleich
mehrere relevante Unterschiede. So bezieht er sich nicht – ganz anders als
11
Einleitung
etwa Raymond Williams oder Richard Hoggart, für die Kultur als etwas
Alltägliches, Gewöhnliches gilt und als ein die gesamte Lebensweise
durchziehendes Bedeutungsmuster behandelt wird – auf die auf demokratische
Tradition zurückgehenden Wurzeln, aus denen die Cultural Studies
im Hinblick auf die Kritik der englischen Elitekultur ihre eigentliche
Kraft gewonnen haben. Hügels Auseinandersetzung mit der Unterhaltung
steht vermittelt in der von Tenbruck herausgearbeiteten Perspektive der
Durchsetzung einer repräsentativen (bürgerlichen) Kultur, die sich zwar
auch in England beobachten lässt, die aber in Deutschland wesentlich von
einem anderen Kulturverständnis getragen wird. Im Unterschied zu den
Cultural-Studies-Vertretern kritisiert Hügel diesen Kulturbegriff nicht. Er
verfolgt seine Differenzierung von innen heraus, und zwar sowohl historisch
als auch ästhetisch, indem er aufzeigt, wie bereits in der bürgerlichen
repräsentativen Kultur die Entstehung von Unterhaltung angelegt war
und mit der Industrialisierung und den mit ihr verbundenen kulturellen
Transformationsprozessen in Deutschland zur Entstehung einer Unterhaltungskultur
beigetragen hat, die dann nach dem Zweiten Weltkrieg
(und zuvor unterbrochen durch den Nationalsozialismus) in Kontakt
mit der ›globalen‹ anglo-amerikanischen Populärkultur getreten ist. In
der Erfassung und Analyse der daraus resultierenden Wechselwirkungen
findet sich ein zentrales Motiv von Hügels Forschung, wenn er in seiner
Dissertation (vgl. hügel 1978) den Spuren des deutschen Kriminalromans
folgt, der bis dahin ausschließlich in Abhängigkeit von der anglo-amerikanischen
Romanheftflut gesehen wurde und deshalb nicht als eigenständig
erfasst und beschrieben worden war.
Einen viel wichtigeren Unterschied zu den Cultural Studies markiert
jedoch Hügels Beharren auf der ästhetischen Eigenart des populärkulturellen
Artefakts. An den Cultural Studies kritisiert er gerade die Vernachlässigung
dieses wichtigen Aspekts, der sich eben nicht nur vonseiten
der Rezeption behandeln lasse. In der Auseinandersetzung mit der
Populären Kultur ist es das Artefakt in seiner ästhetischen Erscheinungsweise
und eben nicht die alltagskulturelle Verwendungsweise, die Hügels
ganze Aufmerksamkeit auf sich zieht, und die ihn zu einer die Facetten
der populären Artefakte in ihrer Vielfalt erfassenden und beschreibenden
Forschung angeleitet hat.
Das aber liegt nicht zuletzt wohl daran, dass Hans-Otto Hügel sein
Forschungsfeld aus einem Kontext heraus entwickelt hat, der sich auf die
energetische Verbindung zwischen kulturpädagogischen, kulturwissen12
udo göttlich / stephan porombka
schaftlichen Fragestellungen und der ästhetischen Praxis konzentriert.
Am Fachbereich ii der Universität Hildesheim arbeitet Hans-Otto Hügel
als Deutschlands einziger Professor für Populäre Kultur seit 1983. Das
Profil dieses Fachbereichs hat er dementsprechend auf entscheidende
Weise mitbestimmt. Nicht zuletzt dadurch, dass er erfolgreich dieser in
den 1980er- und 1990er-Jahren in Deutschland noch völlig neuen und bis
in die Gegenwart immer noch misstrauisch und eifersüchtig beäugten
Form der kulturwissenschaftlichen Forschung in der internationalen
Scientific Community Aufmerksamkeit verschafft hat. Die Grundidee
dieses Forschungsansatzes ist, die Auseinandersetzung mit kulturellen
Artefakten weder als Akt der Unterwerfung unter auratische Werke noch
als Preisgabe der Kunst an die Rezipienten zu verstehen. Ausgangspunkt
ist stattdessen die Frage nach der kulturellen Produktion – und damit
dann auch die Frage nach der Gemachtheit der Werke und den Bedingungen
und Möglichkeiten ihres Machens. In Forschung und Lehre ist
das entsprechend dem Konzept der Hildesheimer Kulturwissenschaften
immer mit der Begleitung der aktuellen, gegenwärtigen ästhetischen
Praxis verbunden, die nicht nur die Praxis der ›anderen‹, sondern immer
auch die eigene ist.
Über ›Produktionsästhetik‹ geht dieser Ansatz weit hinaus, weil er
sich viel genauer, umfassender und vor allem produktiver auf die Spannungsfelder
konzentriert, aus denen heraus kulturelle Artefakte entstehen
und in denen sie fortlaufend weiter bearbeitet werden. Mit der
›ästhetischen Zweideutigkeit‹ hat Hans-Otto Hügel dabei den eigentlichen
Energiekern der kulturellen Produktion herausgearbeitet – und
das, indem er mit der Unterhaltung ausgerechnet das in den Mittelpunkt
gerückt hat, was für die sogenannte ›ernsthafte‹ wissenschaftliche
Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur immer nur abschätzig behandelt
oder im Rahmen hysterisierter Debatten sogar als kulturgefährdend
eingestuft worden ist. Mit Hügels Arbeiten sind die populärkulturellen
Artefakte nicht nur für die Beobachter zu etwas Eigenständigem
geworden. Auch hat er das Bild der Produzenten grundlegend verändert.
Nicht zuletzt macht Hügel es möglich, den Produktionsprozess populärkultureller
Artefakte genauer und komplexer zu analysieren und
damit dann auch: im Rahmen ästhetischer Praxen offensiver und intensiver
mit ihm zu experimentieren.
Wenn sich die Autorinnen und Autoren im vorliegenden Band mit
Hans-Otto Hügels Theorie der ›ästhetischen Zweideutigkeit‹ beschäfti13
Einleitung
gen, dann tun sie das nicht, weil sie ihm in allen Hinsichten folgen. Sie
geben vielmehr Auskunft darüber, wie Hügels Theorie selbst zu einem
Energiekern für ihre eigenen Forschungen geworden ist, weil sie Fragestellungen
entwirft und Antworten gibt, die eben immer wieder die
Probe aufs Exempel brauchen, um überprüft und weiterentwickelt
zu werden. Dieser Band ist damit ein Ergebnis der wissenschaftlichen
Produktivität von Hans-Otto Hügel, die zur Entfaltung der Produktivität
der Erforschung
der Populären Kultur einen wohl kaum zu überschätzenden
Teil beigetragen hat.
Das Buch gliedert sich in zwei Hauptteile, denen ein erster Beitrag
von christian kortmann vorangestellt ist, in dem er uns Hans-Otto
Hügel in seiner Rolle als Hochschullehrer sowie als Kenner der Populären
Kultur mit eigenen Unterhaltungsqualitäten vorstellt.
ingrid tomkowiak widmet sich in ihrem Beitrag, mit dem der
Hauptteil ›Genrebilder‹ eröffnet wird, dem schauspielerischen Werk von
Johnny Depp und verdeutlicht, welche Einsichten sich über seine Leistung
in den unterschiedlichsten Rollen und Filmen mit dem Konzept
der ästhetischen Zweideutigkeit gewinnen lassen. Dazu werden Starfigur
und Rolle sowie die Person des Schauspielers vor dem Hintergrund der
verschiedenen Genres, in denen Depp Erfolge feierte, in eine spannungsvolle
Beziehung gesetzt. Eine vollkommen andere populäre Figur, die
von verschiedenen Schauspielern verkörpert wurde, tritt uns in dem Beitrag
von werner greve mit James Bond entgegen. Die Ausgangsthese
lautet, dass Unterhaltungsfilme äußerst sensibel auf Strömungen des
Zeitgeistes reagieren, womit es um die Frage geht, wie die Bond-Filme
ihre zeitdiagnostische Kraft als populäre Serie trotz unterschiedlicher
Schauspieler gewinnen. In dem Beitrag von stephen lowry bilden Köche
und Kochsendungen den Gegenstand zur Erprobung von Unterhaltungstheorie.
Als billig und leicht zu produzierendes Programmangebot erfüllen
sie ihre Rolle als Trendsetter für Lifestyle und Kochmoden sowie als
Ratgeber zum Thema Kochfertigkeiten.
Auf die Grundfrage von Affirmation und Kritik in der Unterhaltungskultur
treffen wir in dem Beitrag von barbara hornberger zur Neuen
Deutschen Welle. Mit ihren auf Spaß und gute Laune setzenden Songs
hatte diese Musikrichtung die damalige Kritik herausgefordert, indem
sie die Einteilung von Kritik und Affirmation durch Scheinaffirmation
außer Kraft setzte. Der Beitrag von felix reisel und jörg-uwe nieland
behandelt eine weitere Facette von Hügels Unterhaltungstheorie, indem
14
udo göttlich / stephan porombka
sich die Autoren mit dem Begriff des ›Stars‹ und der ›Starfigur‹ auf dem
Feld der Populären Musik auseinandersetzen. In ihrem Beitrag interessieren
sie sich für den Wandel und die Konstanz von Star-Images im Verhältnis
zum frühen Tod von Rockmusikern, wozu sie das Schicksal einer
Reihe zentraler Figuren der Rockmusikgeschichte behandeln.
volker wortmann führt uns in seinem Beitrag auf das Feld der
Fotografie und er diskutiert den Aspekte der ästhetischen Zweideutigkeit
an dem Verhältnis von fotografischem Abbild und Realität, wozu er
u.a. das Konzept bzw. den Begriff des Optisch-Unbewussten in den Mittelpunkt
stellt. Mit Thesen zur Medienamateurpraxis schließt mathias
mertens diesen ersten Hauptteil des Buches. Am Beispiel von Brickfilmen
diskutiert er das ambivalente Verhältnis von Kunstproduktion und
Freizeittätigkeit, das im Zeitalter des Internets in eine neue Phase eintritt.
Der zweite Hauptteil widmet sich der Theorie Populärer Kultur und
Unterhaltung, wozu stephan porombka in der Diskussion der Entstehungsgeschichte
von Schillers Geisterseher-Projekt einige der zentralen
Thesen und Grundmotive von Hügels Theorie herausarbeitet. Das
geschieht vor dem Hintergrund einer These Hügels, dass die Geschichte
der Populären Kultur in Deutschland eine andere Wendung genommen
hätte, wenn Schiller dieses Projekt beendet hätte. Am Thema des gelingenden
und beschädigten Lebens spürt stefan krankenhagen einem
weiteren Grundmotiv von Hügels Unterhaltungstheorie im Vergleich
mit der ästhetischen Theorie Adornos nach. Hierbei zeigt er, wie dieser
Gegensatz konstitutiv für die Unterscheidung von Kunst und Unterhaltung
ist und dennoch unterlaufen wird, allerdings um den Preis von
Unterhaltung. Weiteren Aporien der modernen Unterhaltungskultur
wendet sich kaspar maase in seinem, dem Verhältnis von Massenkünsten
und Massenängsten am Beispiel der Wirkungsgeschichte des Schlagers
in den 1920er- und 1930er-Jahren gewidmeten Beitrag zu. Seine
Auseinandersetzung mit dem Schlager verfolgt die These, dass Unterhaltungsangebot
und Alltagserfahrung auseinandertreten können und
dadurch eine diagnostische Kraft für die Aufklärung der Gefühlsstruktur
einer Zeit entfalten.
Die Entwicklung einer Unterhaltungsöffentlichkeit in der Gegenwart
bildet das Thema des Beitrags von udo göttlich. In der Unterhaltungstheorie
Hügels sieht er nicht nur einen Bezugspunkt zur Versachlichung
einer Debatte, in der immer noch Information und Unterhaltung als einander
ausschließende Konzepte behandelt werden. Gestützt auf Hügels
15
Einleitung
Theorie lassen sich auch die historischen Phasen der Öffentlichkeitsentwicklung
reinterpretieren und mit dem Konzept der ästhetischen
Zweideutigkeit ein neuer Blick auf den aktuellen Öffentlichkeitswandel
gewinnen.
In dem Beitrag von eggo müller steht mit dem Thema der Unterhaltung
im Zeitalter der Medienkonvergenz eine weitere aktuelle Herausforderung
im Mittelpunkt der Betrachtung, an der sich möglicherweise
auch die von Hügel gestellte Frage nach dem Ende der Unterhaltung
entscheidet. Am Beispiel neuer Partizipationsmöglichkeiten des
Publikums an Medien, die mit zu einer Entgrenzung von Unterhaltung
beitragen, diskutiert er die möglichen Konsequenzen für die historische
Tatsache der Unterhaltung.
Der Band schließt mit einer Aufstellung von Quizthemen der Sendung
Der große Preis, in der Hans-Otto Hügel als Experte tätig war.
Literatur
hoggart, richard: The Uses of Literacy. London [Penguin] 1957
hügel, hans-otto: Untersuchungsrichter, Diebsfänger, Detektive: Theorie und
Geschichte der deutschen Detektiverzählung im 19. Jahrhundert. Stuttgart
[Metzler] 1978
hügel, hans-otto: Ästhetische Zweideutigkeit der Unterhaltung. Eine
Skizze ihrer Theorie. In: montage/av, 2, 1, 1993, S. 119-143
hügel, hans-otto (Hrsg.): Handbuch Populäre Kultur. Begriffe, Theorien und
Diskussionen. Stuttgart [Metzler] 2003
hügel, hans-otto: Lob des Mainstreams. Zu Begriff und Geschichte von Unterhaltung
und Populärer Kultur. Köln [Herbert von Halem] 2007
tenbruck, friedrich h.: Repräsentative Kultur. In: haferkamp, h.
(Hrsg.): Sozialstruktur und Kultur. Frankfurt/M. 1990, S. 20-53
thompson, edward p.: The Long Revolution. Review of The Long Revolution.
In: New Left Review, 1961, No. 9 u. 10. S. 24-33 u. S. 34-39
williams, raymond: Culture and Society. London [Chatto & Windus] 1958
williams, raymond: The Long Revolution. London [Chatto & Windus] 1961
|
|
|