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Die Ausstattung des Lateranbaptisteriums unter Urban VIII.
Die Ausstattung des Lateranbaptisteriums unter Urban VIII.




Kirsten Lee Bierbaum

Michael Imhof Verlag GmbH & Co. KG
EAN: 9783865688354 (ISBN: 3-86568-835-7)
368 Seiten, hardcover, 22 x 30cm, 2014, 110 Farb- und 199 S/W- Abbildungen

EUR 59,95
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Das frühchristliche Baptisterium des Lateran ist berühmt als Stiftung Kaiser Konstantins des Großen und erster Taufort der römischen Christenheit – die barocke Ausmalung aber hat bisher kaum wissenschaftliche Beachtung gefunden. 1624 hatte Papst Urban VIII. hochkarätige Künstler wie Gianlorenzo Bernini und Andrea Sacchi für das ehrgeizige Restaurierungsprojekt engagiert, das 25 Jahre in Anspruch nehmen sollte. Das komplexe visuelle Programm verhandelt eine der wichtigsten Legitimationstraditionen des Papsttums: die angeblich an diesem Ort durch Papst Silvester vollzogene Taufe Konstantins. In einer interdisziplinären Analyse geht die vorliegende Arbeit der Entwicklung dieses römischen Gründungsmythos ebenso auf den Grund wie seiner künstlerischen und liturgischen Wiederbelebung im 16. und 17. Jahrhundert. Als erste umfassende Monographie zur barocken Bau- und Ausstattungsgeschichte des Lateranbaptisteriums stellt sie zudem eine neue Deutung vor, nach der sich einst der frühchristliche Raum, die erzählenden Malereien und österliche Konvertitentaufen zu einem Gesamterlebnis konstantinischer Vergangenheit verbanden.
Rezension
Seit der Zeit Konstantins ist der (heute zum Vatikan gehörende) Lateran in Rom der offizielle Sitz der Päpste. Zum Lateran gehören die Päpstliche Lateranbasilika San Giovanni in Laterano als kirchenrechtlich bis heute bedeutendste Kirche der Römischen Weltkirche und also bedeutender als der Petersdom, das dazugehörige antike Baptisterium, die Reste des mittelalterlichen Papstpalastes mit der Scala Santa, der Papstkapelle Sancta Sanctorum und dem Leonischen Triclinium sowie dem Lateranpalast aus dem 16. Jahrhundert und dem größten Obelisken Roms. Die Lateranbasilika ist die Kathedrale des Bistums Rom und eine der sieben Pilgerkirchen. Ihr Baptisterium als heute achteckiger Zentralbau ist eines der ältesten erhaltenen Baptisterien aus dem 4. Jahrhundert und gilt als Prototyp aller Baptisterien. Es wurde um das Jahr 315 von Konstantin vermutlich ursprünglich rund errichtet und in den Jahren 432 bis 440 unter Sixtus III. zu einem Oktogon umgebaut. Oktagon (Achteck) ist in der Architektur ein Zentralbau mit einem Grundriss in Form eines regelmäßigen Achtecks. Das Achteck hat seit der Antike eine symbolische Bedeutung, die auf das Urbild des achtstrahligen Sterns zurückgeht und für Vollkommenheit steht. Der hier anzuzeigende voluminöse und großformatige Band beschäftigt sich mit der die barocken Ausmalung, mit der 1624 Papst Urban VIII. hochkarätige Künstler wie Gianlorenzo Bernini und Andrea Sacchi engagiert hat.

Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
1 EINLEITUNG 15

Das Lateranbaptisterium – Forschungslage und Problemstellung 16
Methodische Besonderheiten und Begriffe 19
Bemerkung zur Gliederung der Arbeit 21

TEIL A KONSTANTINSMYTHOS

2 ENTSTEHUNG UND ENTWICKLUNG DES RÖMISCHEN KONSTANTINSMYTHOS 25

2.1 DIE TAUFE KONSTANTINS IN DER SCHRIFTLICHEN ÜBERLIEFERUNG 25

Die problematische Taufe Konstantins in Nikomedien und ihre Verarbeitung bei Eusebius von Cäsarea 26
Die Actus Silvestri und ihre Rezeptionsgeschichte 29
Mittelalterliches Konstantinsbild und Konstantinische Schenkung 30
Konstantinsüberlieferung und Kreuzverehrung im Mittelalter 31
Kritik an der römischen Konstantinstaufe in Humanismus und Reformation 32
Die Taufe Konstantins im neuzeitlichen Italien 33
Konstantin und die nachtridentinische Frömmigkeit – existiert eine volkstümliche Rezeptionsweise? 35

2.2 DER LATERAN ALS KONSTANTINISCHE ERINNERUNGSTOPOGRAPHIE 38

Konstantinische Stiftung und Herausbildung einer konstantinischen Identität im Lateran 38
Konstantinsmemoria in den Artefakten des Lateran 40
Konstantinsmemoria und Zeremoniell im Lateran 45
Die Inszenierung des Lateran als konstantinische Erinnerungstopographie durch Pilgerführer und Beschreibungen 47

2.3 DIE WIEDERBELEBUNG DER KONSTANTINSMEMORIA IM 16. UND 17. JAHRHUNDERT 48

Baumaßnahmen im Lateran zur Reaktivierung der Konstantinsmemoria 49
Der Vatikan als Ausgangspunkt neuer Darstellungskonventionen zu Konstantin 61
Nachtridentinische Konstantinszyklen in Rom 65
Konstantinsikonographie im Barberini-Pontifikat71

TEIL B DAS LATERANBAPTISTERIUM UNTER URBAN VIII.

3 DIE RESTAURIERUNG DES BAPTISTERIUMS 87

3.1. BAU- UND BEDEUTUNGSGESCHICHTE DES LATERANBAPTISTERIUMS 87

Der konstantinische Bau 91
Der Sixtinische Bau 93
Erweiterung des Baptisteriumskomplexes von Hilarus bis Johannes IV. 94
Neuzeitliche Baugeschichte des Lateranbaptisteriums 96
Der Zustand des Lateranbaptisteriums vor der Barberini-Restaurierung 101

3.2. DIE RESTAURIERUNG: CHRONOLOGIE, PERSONAL UND AUFTRAGGEBERSCHAFT 105

3.2.1. Chronologie der Restaurierungen 105
Die Visitation im April 1624 105
Chronologie der Restaurierungen 106
3.2.2. Auftraggeberschaft und konzeptuelle Verantwortung: Urban VIII. oder Francesco Barberini 109
Personalien der Restaurierungskampagne 110
Rückschlüsse auf die Auftraggeberschaft 113

3.3. SCHWERPUNKTE DER RESTAURIERUNG 113

3.3.1. Aspekte der Restaurierung 114
Berninis Anteil an der Restaurierung - Kuppel und Kapitelle 114
Die Entscheidung gegen eine Orgel in S. Giovanni in Fonte 117
Das Taufwannenziborium 118
3.3.2 Die Restaurierung als Evokation eines Kaiserlichen Badezimmers? 121
Das Labrum als Taufwanne Konstantins 121
‚Ornato et instaurato Constantini lavacro‘ – Die Barberini Restaurierung als Evokation eines kaiserlichen Badezimmers? 122

4 URBAN VIII. ALS AUFTRAGGEBER 135

4.1. KARDINALAT UND PONTIFIKAT 135

Ausbildung und Kardinalat Maffeo Barberinis 135
Das Pontifikat Urbans VIII 136

4.2. SCHWERPUNKTE UND STRATEGIEN DER KUNSTFÖRDERUNG URBANS VIII. 138

Voraussetzungen des Mäzenatentums Urbans VIII. 138
Florenzbezug 139
Betonung nachtridentinischer Ideale in der Ausstattungspraxis 139
Interesse am Frühchristentum und Sichtbarmachung heilsgeschichtlich bedeutsamer Orte 141
Performative Vergegenwärtigung der Gedächtnisorte 143
Das Konzept der „religiosa magnificentia“ 144
Barberini-Ikonographie als performative Inszenierung: die hic domus-Imprese und der Anbruch eines goldenen Zeitalters 146
Die „seconde renaissance romaine“ als programmatische Stiloption 147
Politische Ikonographie der 30er Jahre und Antikenrezeption 149

5 DIE AUSSTATTUNG 159

5.1. ANDREA SACCHI – LEITER DER AUSSTATTUNGSARBEITEN IM LATERANBAPTISTERIUM 159

Zur Bewertung von Sacchis OEuvre in der Kunstliteratur 165
Andrea Sacchi als Regisseur innovativer Raumkonzepte und ephemerer Inszenierungen 167

5.2. CHRONOLOGIE DER AUSSTATTUNG 168

Die Bewertung der Baptisteriumsausstattung in der Kunstliteratur 168
Chronologie der Ausstattung 169
Finanzielle Schwierigkeiten und Sacchis ‚comodità‘ 171
Sacchis Künstlermannschaft: Gimignani, Camassei, Magnone, Maratta 172
Die Frage nach dem Autor des Programms 178

5.3. DAS AUSSTATTUNGSPROGRAMM UND HISTORISCHE AUTHENTIZITÄT 178

Geistesgeschichtlicher Hintergrund: Nachtridentinische Zielsetzungen in Bildertheologie und Kunsttheorie 178
5.3.1. Die Freskenausstattung 183
Bemerkung zur Ausstattungsoption Fresko 183
Zustand der Fresken im Lateranbaptisterium, Restaurierungen 186
Beschreibung der Ausstattung und erste formale Analyse 189
5.3.2. Der Konstantinszyklus 203
Die Frage nach den Vorbildern 203
Giacinto Gimignani: Kreuzvison 208
Andrea Camassei: Maxentiusschlacht und Triumph Konstantins 213
Kreuzvision, Schlacht und Triumph als ‚Triumph-Triptychon’ 219
Antikes und christliches Rom als typologische Beziehung? 221
Andrea Sacchi/Carlo Maratta: Die Zerstörung der Götzen/Triumph des Kreuzes222
Andrea Sacchi/Carlo Magnone: Die Verbrennung der Libellen auf dem Konzil von Nizäa 227
Die Zerstörung der Götzen/Triumph des Kreuzes und die Verbrennung der Libellen als Szenen
einer institutionalisierten Kirche 230
Politische Aktualität im Konstantinszyklus 231
5.3.3. Historische Authentizität im Konstantinszyklus 233
Die Textquellen des Konstantinszyklus – „buoni“ oder „apocrifi“? 233
Bemerkungen zur Antikenrezeption – was ist „historische Angemessenheit/Korrektheit“? 234
Konstantin für idiotae und Connaisseurs: Zielgruppen des Ausstattungsprogramms 235
Historische Authentizität als bildinternes und bildexternes Argument des Konstantinszyklus 236
5.3.4. Die Fresken der Oberen Wandzone 238
Die Medaillenserie 238
Konstantinische ‚liberalitas‘ und Barberini- ‚magnificenza‘ 241
Das Spiel der Putten 242
Fazit zur historischen Authentizität unter Miteinbezug der oberen Wandzone 244

5.4. DAS FRESKENPROGRAMM IM KONTEXT DER TAUFE 244

Kreuzverehrung und christliche Archäologie im späten 16. und 17. Jahrhundert 245
Zur Bedeutung des Kreuzes im Lateranbaptisterium 246
Konstantinszyklus und Taufe 248
Historische Dimension eines Übergangs von einer Roma antica zur Roma nuova 248

TEIL C TAUFLITURGIE

6 DIE TAUFE 263

6.1. KONVERTITENTAUFEN ALS PROPAGANDISTISCHE INITIATIVE DER NACHTRIDENTINISCHEN KIRCHE 264

Taufen im Rahmen der römischen Juden- und Muslimenmission 264
Konvertitentaufen unter Urban VIII 266

6.2. ASPEKTE DER TAUF- UND SAKRAMENTSTHEOLOGIE 268

Paulinische Tauftheologie: Taufe als Teilhabe am Kreuztod Christi 268
Tauftheologie und –liturgie von Luther bis zum Konzil von Trient 269
Nachtridentinische Sakramentstheologie: ‚opus operatum‘ und Zeitdimension des Sakraments 270

6.3. TAUFIKONOGRAPHIE IM LATERANBAPTISTERIUM: DAS BAPTISTERIUM ALS TOR ZUR HEILSGESCHICHTE 270

Der Johanneszyklus 270
Positionierung in der Heilszeit: Taufe als neue Schöpfung und Perspektive auf die Endzeit 284
Die fingierten Bronzen 286
Zusammenfassung zur Zeitdimension des Programms 287

6.4. REAKTIVIERUNG DER FRÜHCHRISTLICHEN LITURGIE UND KONVERTITENTAUFEN IM LATERANBAPTISTERIUM 287

Frühchristliche Taufliturgie im Lateranbaptisterium 287
Rezeption der frühchristlichen Liturgie und Konvertitentaufen seit Gregor XIII 288
Konvertitentaufen im Lateranbaptisterium im 17. Jahrhundert 289
Zusammenfassung Taufliturgie 292

6.5. SCHLUSSFOLGERUNGEN FÜR DIE INTERPRETATION DES PROGRAMMS 293

Das Taufritual unter gedächtnis- und ritualtheoretischer Perspektive 293

7 SCHLUSS 301

Rekapitulation der Ergebnisse 301
Zusammenfassende Schlussfolgerungen 303
Ausblick 304

ANHANG

8 QUELLEN 308
8.1. LIBER PONTIFICALIS I, 172–175 308
8.2. TABULA MAGNA, 1518 309
8.3. ONOFRIO PANVINIO: DE SACROSANCTA BASILICA BAPTISTERIOQUE LATERANENSI (LIBER TERTIUS) 309
8.4. GIOVANNI BAGLIONE: LE NOVE CHIESE DI ROMA, ROM 1639 310
8.5. RASPONI: DE BASILICA ET PATRIARCHIO LATERANENSI LIBRI QUATTUOR [] ROM 1656 311
8.6. VISITATIONSBERICHT – ASV, MISCELL. ARM. VII. 111 ACTA SACRAE VISITATIONIS APOSTOLICAE S.D.C.
URBANI VIII., VOL. I 313
8.7. RECHNUNGSBÜCHER – ACL, MS. FFXX MISURE, CONTI E PAGAMENTI PER LA FABRICA DEL BATTISTERO
DI SAN GIOVANNI IN FONTE FATTA D’ORDINE DELLA FEL.ME: D’URBANO PAPA VIII, 1639–1645 315
8.8. BRIEF – BAV, OTTOBON. LAT. 3267, P.2 320
8.9. ROMA DESCRITTA DA BENEDETTO MELLINI – ACL A29 321
8.10. GUIDE DI ROMA – AUSWAHL 324
8.10.1. Erwähnung des Baptisteriums als Teil des konstantinischen Palastes 324
8.10.2. Erwähnung der Taufwanne als Utensil der Konstantinstaufe 326
8.11. LA SETTIMANA SANTA A ROMA 328

9 LITERATURVERZEICHNIS 331

10 ABBILDUNGSNACHWEIS 358

11 REGISTER 359

Personenregister 359
Orts- und Sachregister 364