„Einer, der trank und den Becher auf seinen Platz stellte und den Kopf dem Sprechenden zuwandte. Ein anderer schiebt seine Finger ineinander und wendet sich mit starken Brauen seinem Nachbarn zu. (…)“, schreibt Leonardo da Vinci (1452-1519) 1495 in den einzigen Notizen zu seinem berühmten Wandgemälde „Abendmahl“ (1494-1498). Weltweit bekannt sind auch seine Werke „Die Dame mit dem Hermelin“ (um 1488-1490), die „Proportionsstudien nach Vitruv“ (um 1490) und natürlich die „Mona Lisa“ (1503-1514). Leonardo war aber nicht nur Maler, sondern auch Bildhauer, Architekt, Kunsttheoretiker, Mathematiker, Physiker, Erfinder, Botaniker, Geologe und Mediziner. Davon zeugen seine 6000 Blätter mit Studien zur Anatomie, Geometrie, Stadtplanung, Waffentechnik oder zu Tieren. Der uomo universale gilt als die Personifikation der Renaissance.
Zu seinem 500. Todestag erscheint im Schirmer/Mosel Verlag „Das große Leonardo-Buch“, herausgegeben von der Literaturübersetzerin Marianne Schneider. Dieses ästhetisch anmutende Werk umfasst drei Bücher: die erste Biographie über Leonardo von Giorgio Vasari (zweite Fassung 1568) in der Übersetzung von Schneider, einen Bildteil mit allen von kunstgeschichtlicher Seite als echt identifizierten Gemälden Leonardos und eine Dokumentation zu Leonardos Leben und Werk von Schneider. Dabei hat die Italianistin und Leonardo-Expertin mit ausschließlich zeitgenössischen Quellen (z. B. amtliche Dokumente, Vasaris Vita, Korrespondenzen und Selbstzeugnisse von Leonardo), die gekonnt ergänzt werden durch eigene kurze, fachlich fundierte Kommentare und durch ausgewählte Zeichnungen Leonardos, ein stimmiges Gesamtbild komponiert, das sich zudem noch durch gute Lesbarkeit auszeichnet. Damit leistet Schneider einen wichtigen Beitrag zur Leonardo-Forschung und gibt zugleich durch die herangezogenen Quellen einen hervorragenden Einblick in die Epoche der Renaissance.
Fazit: „Das große Leonardo-Buch“ von Marianne Schneider bereitet jedem Leonardo-Interessierten ein Lesevergnügen. Lehrkräfte der Fächer Bildende Kunst, Geschichte oder Philosophie werden durch das schöne Werk angeregt, sich im Fachunterricht oder in einem fächerübergreifenden Projekt mit dem Leben und dem Oeuvre des Universalgenies auseinander zu setzen.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de

Leonardo da Vinci (1452–1519), schon zu Lebzeiten eine Ausnahmeerscheinung, war durch Vasaris berühmte Vita des Künstlers, mit der unser Buch beginnt, bereits wenige Jahrzehnte nach seinem Tod zur Legende geworden. Seitdem sind Dichtung und Wahrheit kaum mehr auseinanderzuhalten. Die mythische Überhöhung zum Menschheitsgenie, die Leonardo im Lauf späterer Jahrhunderte erfuhr, macht es heute fast unmöglich, Fakten von Fiktion zu trennen und ein authentisches Bild seines Lebens zu entwerfen.
Marianne Schneider, Herausgeberin und Übersetzerin unserer Leonardo-Edition, umgeht dieses Dilemma ebenso naheliegend wie konsequent, indem sie ihre Leonardo-Biographie ausschließlich aus zeitgenössischen Quellentexten komponiert. Amtliche Dokumente – von der Geburtsurkunde bis zu Leonardos Testament –, Korrespondenzen, Aussagen von Freunden, Weggefährten und Auftraggebern sowie Selbstzeugnisse aus Leonardos Schriften fügt sie, behutsam kommentiert, zu einer Geschichte zusammen, die dem Lebensweg Leonardos nach der Methode der Spurensicherung folgt. Zum Jubiläumsjahr legt Marianne Schneider eine überarbeitete Neuausgabe ihrer 2002 erstmals erschienenen Leonardo-Biographie vor, ergänzt durch die neuesten Forschungsergebnisse und wiederentdeckte Dokumente insbesondere zu Leonardos Florentiner Zeit. Neben die sprachlichen Zeugnisse, die eine ganze Epoche zum Reden bringen, treten die nicht weniger beredten visuellen: Zeichnungen und Manuskriptseiten Leonardos sind in die Texte eingestreut, und der Tafelteil bildet alle überlieferten Gemälde farbig ab.
Das letzte Wort im Buch hat Leonardo: „Wenn ich glauben werde, das Leben zu lernen, dann werde ich das Sterben lernen.“
Marianne Schneider übersetzt literarische Texte aus dem Italienischen und Französischen ins Deutsche. Zu den von ihr übersetzten Autoren gehören u. a. Carlo Collodi, Giorgio de Chirico, Alberto Moravia, Roberto Calasso, Ignazio Silone, Luchino Visconti, Simone Veil, Luc Boltanski. Für Schirmer/Mosel hat sie vor kurzem "Pulcinella oder Belustigung für Kinder" von Giorgio Agamben übersetzt. Seit 1990 betreut sie als Herausgeberin und Übersetzerin unsere Leonardo-Edition. Sie lebt in Florenz.

Schirmer/Mosel. Sein Leben und Werk in Zeugnissen, Selbstzeugnissen und Dokumenten. Mit sämtlichen Gemälden und der Vita des Vasari. Aktualisierte, neu bearbeitete Ausgabe. Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Marianne Schneider. 320 Seiten, 23 Farbtafeln, 92 Abbildungen. Format: 16,8 x 23,7 cm, gebunden. Deutsche Ausgabe

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