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Behinderte Menschen in der Gesellschaft Zwischen Ausgrenzung und Integration
Behinderte Menschen in der Gesellschaft
Zwischen Ausgrenzung und Integration




Dieter Mattner

Kohlhammer
EAN: 9783170162730 (ISBN: 3-17-016273-X)
172 Seiten, kartoniert, 15 x 23cm, 2000

EUR 17,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Heilpädagogik als eine wertgeleitete Wissenschaft bedarf immer wieder neu der Rückbesinnung auf eine ethisch-moralische Grundorientierung. Das Buch liefert hierfür eine doppelte Standortbestimmung. In einem weit ausholenden geschichtlichen Rückblick wird zum einen das jeweilige Bild vom behinderten Menschen und die daraus resultierende gesellschaftliche Behandlung nachgezeichnet. Zum anderen skizziert der Band die historischen Wurzeln, aus denen die Heilpädagogik als Pädagogik für Benachteiligte und Ausgegrenzte hervorging, beleuchtet die oft gegensätzlichen Grundprämissen und verfolgt die Entwicklung des Faches und seiner wissenschaftlichen Ausrichtung bis in die Gegenwart. Schließlich entwirft das Buch die Grundlinien einer auf das Mensch-Sein verpflichteten Ethik als Basis heutiger Behindertenhilfe. Das Buch gibt eine solide Orientierung über die historischen, psychosozialen und ethischen Aspekte des Umgangs und der Arbeit mit behinderten Menschen.



Professor Dr. Dieter Mattner lehrt an der Fachhochschule Darmstadt Heil- und Sonderpädagogik.
Rezension
Obwohl in der Reihe „Kohlhammer Pädagogik“ erschienen, handelt es sich bei diesem mutigen Buch eher um eine grundsätzliche und nicht nur pädagogische Zugangsweise zum Thema „Behinderte Menschen in der Gesellschaft“. Der Verfasser wittert – nach Meinung des Rezensenten zu Recht – eine Traditionslinie vom Sozialdarwinismus und dessen Biologisierung des Sozialen Frage am Ende des 19. Jhdts über Rassegesetze und „Eu“thanasie des nationalsozialistischen Terrorregimes bis hin zur heutigen Neo-Eugenik bzw. „Human“genetik oder bio-ethischem Utilitarismus eines Peter Singer: die alte Lebenswert- / Lebensunwert-Debatte keimt heute unter technizistischem Mittel-Zweck-Kalkül einer hedonistischen Gesellschaft wieder auf. – Dieses Buch eines erfreulichen „moralischen Anachronisten“ (vgl. S. 7) sagt am Beispiel „Behinderung“ viel über unsere Gesellschaft aus. Es sei allen, die sich mit den Themen „Anthropologie“, „Behinderung“, „Bio-Ethik“, „Abtreibung“, „Gen-Technik“ o.ä. im Religionsunterricht beschäftigen, dringend empfohlen!

Thomas Bernhard für lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
1 Definitorische Annäherung an das Phänomen Behinderung 9

2 Die Beurteilung des „Anderen der Normalität" im Wandel der Geschichte 16

2.1 Behinderte Menschen in Frühgeschichte und Altertum 16
2.2 Die „teuflisch Besessenen" des Mittelalters 21
2.3 Die Konstituierung der „Normalität" und des „Irr-Sinns" in der Epoche der Aufklärung 24
2.4 Behinderte zwischen Förderung und Verwahrung im Zeitalter der Industrialisierung 27

3 Der Sozialdarwinismus: die Biologisierung der sozialen Frage 35

3.1 Von der Eugenik zur Rassenhygiene 38
3.2 Die Lebenswert-Debatte der 20er Jahre 44
3.3 Diskussionen und Vorschläge zur Rassenhygiene zur Zeit der Weimarer Republik 49

4 Die nationalsozialistische Utopie eines rassereinen Volkes und die „Endlösung" der sozialen
Frage 54


4.1 Der nationalsozialistische Kampf gegen das „minderwertige Erbgut" 57
4.2 Die Liquidierung der „Ballast-Existenzen" 69

5 Ein Neubeginn nach 1945 ?! 75

5.1 Die Anti-Psychiatrie-Bewegung 82
5.2 Das „Normalisierungsprinzip" und seine Konsequenzen bezüglich der Betreuung behinderter
Menschen 87
5 3 Emanzipatorische Alternativen zur traditionellen Behindertenarbeit 90
5.4 Exkurs: „Normalität" 96
5.5 Die „Kritische Behindertenpädagogik" 100
5.6 Behinderung aus der Perspektive des ´Symbolischen Interaktionismus' 105
5.7 Behinderung als soziale Kategorie 110
5.8 Die Integrative Pädagogik 112

6 Die Träume der Neo-Eugenik: die Erschaffung des perfekten Menschen 124

6.1 Von der Rassenhygiene zur Humangenetik 125
6.2 Die humangenetisch verkleidete „neue" Biologisierung der sozialen Frage 129

7 Die bio-ethische Begründung einer leidensfreien Gesellschaft 135

7.1 Die präferenz-utilitaristische Position Singers 136
7.2 Einwände gegen Singer 147
7.3 Euthanasie als „ökonomische Therapie" 152

8 Zur Notwendigkeit einer auf das Mensch-Sein verpflichteten Ethik 154

Ein nicht allzu hoffnungsvoller Ausblick 159

Literaturverzeichnis 161