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Ausgelacht!? Glaube und die Grenzen des Humors
Ausgelacht!?
Glaube und die Grenzen des Humors




Andreas G. Weiss

Herder Verlag
EAN: 9783451389535 (ISBN: 3-451-38953-3)
256 Seiten, hardcover, 14 x 22cm, 2021

EUR 24,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Die Anschläge auf das Pariser Satiremagazin „Charlie Hebdo“ haben im Januar 2015 die Welt erschüttert. Zum wiederholten Mal zeigte sich die gewaltförmige Fratze einer zutiefst gekränkten Weltreligion, die sich von bissigen Darstellungen zeitgenössischer Humoristen in ihrem Inneren angegriffen fühlte. Die verzerrten Bilder des Propheten Mohammed forderten die religiösen Gefühle zahlreicher Muslime zutiefst heraus – eine Handvoll von ihnen reagierte mit einem terroristischen Blutbad, das Frankreich im selben Jahr noch mehrmals in Atem hielt. Auch die Humorkünstler von Monty Python mit ihrem Welterfolg „Das Leben des Brian“ (1979), die Macher der US-amerikanischen Kultserie „Die Simpsons“ oder das deutsche Satiremagazin „Titanic“ haben neben den jüdischen und christlichen Protesten auch den Aufschrei zahlreicher weiterer Religionsgruppierungen auf sich gezogen. Hört bei Gott also der Spaß wirklich auf?

Vor diesem Hintergrund wendet sich der Autor dem Wert des Lachens zu. Er stellt in zahlreichen Facetten menschlichen Humors (Geschichte, Medien, Kunst und Kultur) die Problemgeschichte des Humors dar und fragt, ob und inwiefern Humor nicht auch eine Ressource für religiöse Perspektiven, Kreativität und die Suche nach Neuem, Alternativen sein kann. Das Buch ermöglicht dem Leser einen produktiven Umgang mit dem Lachen, eine Erfahrung des Werts des Humors und der Satire, nicht zuletzt weil sich darin berechtigte und gerecht-fertigte Anfragen, Kritik und Anliegen verbergen können.

Das Buch bewegt sich in seinem Aufbau, aber auch in der Einbeziehung der ausdrucksstarken Beispiele aus Geschichte und Gegenwart in einer Spannung von Rückschau und Gegenwartsdiagnose – die Leser erkennen, dass es sich dabei um kein Thema handelt, das erst im 20. Jahrhundert mit dem Aufkommen der modernen Kommunikationsmittel auftaucht. Vielmehr sind Lachen und Humor ein menschliches Phänomen, das in alle Lebensbereiche – so auch in die Religion – reicht.

Andreas G. Weiß, geb. 1986, Dr. theol., katholischer Theologe und Philosoph in Salzburg, Dir.-Stv. im Katholischen Bildungswerk Salzburg, Lehrender und Vortragender an der Volkshochschule Salzburg, freier Autor für die Wochenzeitung „Die Furche“, Gastautor der „Salzburger Nachrichten“ und auf unterschiedlichen online-Medien (katholisch.de, kathpress, feinschwarz.net).
Rezension
Am 7. Januar 2015 stürmten zwei maskierte Täter am helllichten Tag die Redaktionsräume der Pariser Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ und ermordeten elf Menschen. Die Täter ließen keine Zweifel – sie verstanden sich als Ausführungspersonen einer höheren Autorität: „Wir haben den Propheten
Mohammed gerächt“, sollen sie bei ihrer darauffolgenden Flucht durch die Straßen der Metropole gerufen haben. Die Geschehnisse in Paris erinnerten an die von gewaltvollen Wutausbrüchen gezeichneten Protestwellen, die Mohammed-Karikaturen in der dänischen Zeitschrift „Jyllands-Posten“ bzw. deren Nachdruck durch das ägyptische Blatt „Al Fager“ im Jahr 2005 ausgelöst hatten. Nicht, dass die Auseinandersetzungen zwischen traditionellen Religionsformen und moderner Kunst oder humoristischen Darstellungen auf Kosten der Religion neu gewesen wären, vielmehr war es die explosive Brutalität, mit der sich der religiöse Zorn entlud.- Welche Rolle darf der Glaube in einer pluralen und säkularen Gesellschaft spielen? Und wie verhalten sich Religionsfreiheit auf der einen und Meinungs- und Pressefreiheit auf der anderen Seite zueinander? Diese grundlegenden Fragen stehen hinter der seit einigen Jahren neu entfachten Blasphemie-Debatte, nachdem das Thema Gotteslästerung davor weitgehend in Vergessenheit geraten war. Blasphemie (altgr. "Rufschädigung") meint das öffentliche, Ärgernis erregende Verhöhnen bestimmter Glaubensinhalte einer Weltreligion (Gotteslästerung). Insbesondere durch Islamisten dringt die Thematik wieder in unser Bewußtsein, während in aufgeklärten europäischen Staaten durch verfassungsmäßig garantierte Toleranz der Religions-, Meinungs- und Gewissensfreiheit der Blasphemie-Vorwurf weitgehend obsolet geworden ist. Können Gott und der Glaube überhaupt beleidigt werden? Deckt die Meinungsfreiheit jede Äußerung ab? Braucht Religion den Schutz durch den Staat? Besonders fundamentalistische Gruppen sehen oft bereits Dinge als Blasphemie an, die in westlichen Staaten explizit durch die Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit und Redefreiheit geschützt sind. Vor diesem Hintergrund wendet sich der Autor dem Wert des Lachens zu. Er stellt in zahlreichen Facetten menschlichen Humors (Geschichte, Medien, Kunst und Kultur) die Problemgeschichte des Humors dar und fragt, ob und inwiefern Humor nicht auch eine Ressource für religiöse Perspektiven, Kreativität und die Suche nach Neuem, Alternativen sein kann.

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Wie weit reicht die künstlerische Freiheit?
Was Religionen von der Satire lernen können

Inhaltsverzeichnis
0. Prolog 11

1. Gefährliche Heiterkeit. Eine Problemskizze 21

2. Zu Höherem berufen? Von Menschen, ihrem Lachen und dem Drang nach Erkenntnis 47

3. Zwischen Himmel und Hölle. Von lachenden Menschen und dem Lachen Gottes 77

4. Angreifbare Religion. Oder: Haben sich die Zeiten geändert? 117

5. Fels in der Brandung? Oder: Hört bei Gott der Spaß wirklich auf? 157

6. Irritierte Sprachlosigkeit. Oder: Die Kunst, beleidigt zu sein 189

7. Wer hat Angst vor Lächerlichkeit? Oder: Lachen als Konfliktraum religiöser Identitäten 215

8. Epilog 229

9. Danksagung 237

10. Anmerkungen 241