lehrerbibliothek.deDatenschutzerklärung
Lesesozialisation in schriftfernen Lebenswelten Lektüre und Mediengebrauch von HauptschülerInnen Unter Mitarbeit von 
Olga Zitzelsberger, Katrin Kollmeyer und Daniel Scherf
Lesesozialisation in schriftfernen Lebenswelten
Lektüre und Mediengebrauch von HauptschülerInnen


Unter Mitarbeit von

Olga Zitzelsberger, Katrin Kollmeyer und Daniel Scherf

Irene Pieper, Cornelia Rosebrock, Steffen Volz, Heike Wirthwein

Juventa Verlag
EAN: 9783779913535 (ISBN: 3-7799-1353-4)
272 Seiten, kartoniert, 15 x 23cm, 2004

EUR 23,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Diese Studie nimmt Erkundungsgänge im Bildungskeller vor. Sie eröffnet Einblicke in die alltagskulturellen Lese- und Medienpraktiken von jungen Erwachsenen, die vor kurzem die Hauptschule absolviert haben, und untersucht die lebensgeschichtliche Genese und die Auswirkungen der Schulerfahrungen auf die Einstellungen zum Lesen und die tatsächliche Lektürepraxis. Mit großer Eindeutigkeit zeigen die Daten, dass die HauptschulabsolventInnen zwar über ein Konzept des Lesens als bildungsbedeutsame Praxis verfügen, dieses für sich selbst aber nicht übernehmen. Lesen ist mehrheitlich nicht Element ihres Lebensstils, so unterschiedlich dieser im Einzelnen sein mag. Damit haben die Absolventinnen und Absolventen aber auch nur eingeschränkten Zugriff auf ein Schlüsselinstrument für die Entwicklung beruflicher und persönlicher Perspektiven in der modernen Gesellschaft. In biografischer Perspektive wird deutlich, dass die familiäre Sozialisation hier kaum Zugänge eröffnet hat und die Schule faktisch keine ausgleichenden Funktionen übernimmt. Vielmehr erhärtet sich der Verdacht, dass der Lese- und Literaturunterricht immer noch geeignet ist, soziale Ungleichheit weiter zu geben statt spezifische Förderstrukturen aufzubauen.



Die Studie präsentiert die Ergebnisse eines Projekts, das an der Universität Frankfurt durchgeführt wurde. Der Band stellt das Forschungsinstrumentarium vor und präsentiert in Einzelfalldarstellungen und themenorientierten Analysen die Ergebnisse der inhaltsanalytischen Auswertung der Interviews.


Rezension
Wie kann Lesekompetenz in schriftfernen Lebenswelten erworben werden? Das ist die zentrale Fragestellung dieser Studie über Lektüre und Mediengebrauch von Hauptschüler/innen. Schule vermittelt Absolvent/inn/en der Hauptschule ganz überwiegend nicht, in ihrem weiteren Leben das Lesen als Element ihres Lebensstils zu übernehmen. Damit nehmen sich die Hauptschüler/innen ein für unsere Gesellschaft zentrales Instrument zur Entwicklung beruflicher und privater Perspektiven. Schule gelingt es mithin nicht, die familiären Defizite hinsichtlich Lesebereitschaft aufzufangen. Zu diesem Ergebnis kommt diese inhalstanalytisch-empirische Studie der Universität Frankfurt, die auf Interview-Aussagen Betroffener beruht. Die Einzelfalldarstellungen werfen ein realistisches Licht auf die "Lesesozialisation in schriftfernen Lebenswelten".

Thomas Bernhard für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Irene Pieper, Jg. 1967, Dr. phil., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt/M. mit den Arbeitsschwerpunkten Literaturdidaktik und Lesesozialisation. Sie arbeitet an einer Habilitation zum literarischen Verstehen.

Cornelia Rosebrock, Jg. 1957, Dr. phil., ist Professorin für neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt/M. mit den Arbeitsschwerpunkten Lesesozialisationsforschung und Literaturdidaktik.

Steffen Volz, Jg. 1962, ist Sonderpädagoge. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter im hier dokumentierten Forschungsprojekt und promoviert zur Lesesozialisation bildungsferner Jugendlicher.

Heike Wirthwein, Jg. 1965, M.A., ist Studienrätin und als pädagogische Mitarbeiterin für Literaturdidaktik abgeordnet an die Johann-Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt/M. Sie promoviert zum professionellen Literaturverständnis von Deutschlehrern und -lehrerinnen an Hauptschulen.

Inhaltsverzeichnis
1. Lesewelten von HauptschulabsolventInnen (cr)


2. Anlage der Studie

2.1 Das Forschungsfeld (cr)

2.2 Instrumente und Verfahren des Projekts (hw)

2.2.1 Erhebungsverfahren: Interviews mit AbsolventInnen

2.2.2 Auswertungsverfahren: Schritte der Inhaltsanalyse

2.2.3 Vorstudie: Interviews mit DeutschlehrerInnen

2.3 Das Sample

2.3.1 Gewinnung der InterviewpartnerInnen (kk)

2.3.2 Die Herkunftsschulen (kk)

2.3.3 Beschreibung des Samples (sv)

2.3.4 Herkunftsmilieus (ip)


3. Die Vorstudie: ExpertInnenbefragung (hw)

3.1 Die InterviewpartnerInnen

3.2 Die Perspektive der ExpertInnen auf die Bedingungen des Unterrichts an der Hauptschule

3.3 Die Perspektive der ExpertInnen auf den Literaturunterricht

3.3.1 Stellenwert, Themen, Didaktik und Geschlechtsspezifik des Literaturunterrichts

3.3.2 Perspektiven des Literaturunterrichts an der Hauptschule

3.4 Handlungsleitende Erfahrungen und Erklärungen der ExpertInnen


4. Fallbezogene Auswertung

4.1 Lektüre als Bildungshürde: Ali (ip)

4.2 Lesen als heimlicher Ausbruch, als kulturelle und soziale Praxis: Halima (hw)

4.3 Lesetraining als Fortbildungslehrgang: Maria (ip)

4.4. Lektürehabitus und soziale Identität: Michael (ds/sv)

4.5 Lesen in einer gebrochenen Bildungskarriere: Susan (oz)

4.6 Im Lesen zu sich kommen: Tuba (ip)

4.7 Lesen als Ausdruck von Fremdbestimmung: Francesca (hw)


5. Fallübergreifende Auswertungen

5.1 Entwicklungsaufgaben (ip)

5.2 Familiäre Kommunikation (sv)

5.3 Mediennutzung (sv)

5.4 Lesen: Einstellungen und Praxen (ip)

5.4.1 Nicht-Leser und Leser: Typen und Konzepte

5.4.2 Durch das Lesen Deutsch lernen

5.4.3 Durch das Lesen Interessen nachgehen

5.4.4 Im Lesen die eigene Biographie bearbeiten

5.4.5 Durch das Koran-Lesen kulturelle Teilhabe ausweisen

5.4.6 An einer Welt partizipieren

5.5 Lesegeschichte (kk)

5.5.1 Leseanregungen in der frühen Kindheit

5.5.2 Lektüreerfahrungen in der späten Kindheit

5.5.3 Freizeitlesen in der Hauptschulzeit

5.6 Literaturerfahrungen im Deutschunterricht der Hauptschule (cr)

5.6.1 Retrospektionen auf den Literaturunterricht an der Hauptschule

5.6.2 Zum widersprüchlichen Status literarischer Texte


6. Die Projektergebnisse in didaktischer Perspektive und Anschlussüberlegungen für eine lesefördernde Hauptschule

6.1. Jenseits von Belesenheit: Didaktische Konsequenzen in Hinblick auf einen Literaturunterricht an der Hauptschule (ip)

6.2. Ausblick: Zehn Thesen zur Förderung der Literacy bei HauptschülerInnen (cr)


Anhang

Kurzportraits

Arta: "Bücher mag ich nicht so lesen"

Boris: "Man kann auch viel vom Fernseher erfahren"

Christian: "Bücher les ich net"

Danjel: "Ich habe keine Lust zu lesen!"

Davud: "Am Ende wird’s immer interessant, wenn’s wahr war und wenn’s unwahr war"

Derya: "Ich bin ein ganz natürlicher Typ"

Jamal: "Zeichentrickfilm ist bei mir tabu"

Jasmina: "Von daher fang ich gar nicht erst an."

Jossip: "Mein ganzes Leben guck ich schon Fernsehen"

Karim: "… ich will wissen halt, wie’s ist als Moslem …"

Laura: "aber dann denk ich, ich muss dann doch wieder was für die Schule tun"

Marcel: "Wie sich das anhört, letztes Jahr hab ich en Buch gelesen"

Martina: "… wie so der Kopf abgehackt wird und das Blut so spritzt. Ja, das bringt’s schon"

Mohamed: "Also, ich bin immer mit Vierer ausgekommen"

Nadia: "Ich les gern Bücher, aber …"

Nadine: "Ich würd’ mir das dann angucken"

Stefan: "Ja, wir gucken alles so gemeinsam"

Timi: "Wir machen eigentlich selber was"

Tom: "...ich les nur das was mir gefällt und das ist noch schlimm für mich."

Volkan: "Aus Büchern kann man viel lernen."

Übersicht über das Sample

Leitfaden: Interviews mit HauptschulabsolventInnen

Leitfaden: ExpertInneninterviews mit Lehrkräften

Kategoriensystem der Auswertung

Auswahlbibliographie