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Entzündungsfähige Konfliktkonstellationen Eskalations- und Integrationspotentiale in Kleinstädten der Einwanderungsgesellschaft Mit einem Beitrag von Alexander Mewes
Entzündungsfähige Konfliktkonstellationen
Eskalations- und Integrationspotentiale in Kleinstädten der Einwanderungsgesellschaft


Mit einem Beitrag von Alexander Mewes

Jörg Hüttermann

Juventa Verlag
EAN: 9783779914983 (ISBN: 3-7799-1498-0)
340 Seiten, paperback, 15 x 23cm, 2010

EUR 39,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Menschen weichen einander in urbanen Räumen beiläufig aus. Die Routinen der flüchtigen Begegnung werden oftmals unterschätzt. Zu Unrecht! Denn der Blick auf das Ausweichhandeln offenbart einen allmählichen sozialen Wandel, der zur Beantwortung der Frage beiträgt, warum manche Konflikte laut eskalieren und andere eher leise verlaufen.

Die Studie untersucht die Bedingungen sowohl der eruptiven Zuspitzung als auch des allmählichen Fortgangs von Konflikten in Kleinstadtgesellschaften. Anhand von Fallstudien verdeutlicht sie, wie und warum sich Gegnerschaften, Kooperationsbeziehungen oder Indifferenz ausbilden. Zudem beantwortet sie die Frage, unter welchen lokalen Voraussetzungen Gewaltereignisse die Kraft gewinnen können, Intergruppenkonflikte zu entzünden.

In grundlagentheoretischer Hinsicht führt die Untersuchung Figurations- und Konfliktsoziologie so zusammen, dass sich das Konzept einer figurativen Konfliktsoziologie abzeichnet. Deren prozessanalytische Ausrichtung zielt auf die Erforschung komplexer Konflikt- und Figurationsverläufe, die in je eigensinnige stadtgesellschaftliche Kontexte und globale Horizonte eingebunden sind.



Der Autor:

Jörg Hüttermann, Dr. rer.soc., Jg. 1962, ist wissenschaftlicher Angestellter am Institut für interdisziplinäre Konflikt-und Gewaltforschung der Universität Bielefeld. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Konflikt und Integration, Kultur und Konflikt, Polizei, Aussiedler und Muslime in Deutschland.
Rezension
Diese Studie beginnt mit dem nur auf den ersten Blick lapidar erscheinenden Satz: "Urbane Menschen bewegen sich zuweilen aufeinander zu, doch meistens aneinander vorbei." Ausweichverhalten kann die Vermeidung der Kollision bezwecken. Ausweichhandeln kann aber auch ein Zurückweichen, ein Nachgeben oder gar Einknicken sein. Ein zusätzlichs Maß an Komplexität gewinnen Ausweichinteraktionen dadurch, dass sie oft durch Dritte vermittelt sind. Mit Ausweichverhalten hat das Thema dieses Buchs zur Konflikt- und Gewaltforschung elementar zu tun: Die unmerklichen sozialen Veränderungen im Umfeld entweder lauter Eskalation oder stummer Nichteskalation von Konflikten in Kleinstädten der Einwanderungsgesellschaft.

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Konflikt- und Gewaltforschung, hrsg. von W. Heitmeyer, K. Möller, P. Sitzer und A. Zick.

Das Ausweichhandeln urbaner Akteure bewirkt allmähliche soziale Veränderungen im Vorfeld sowohl der Eskalation als auch der Nichteskalation von Intergruppenkonflikten in Kleinstädten der Einwanderungsgesellschaft.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung: Aussiedlerzuwanderung und Intergruppenkonflikte

1.1 Problemaufriss
1.2 Forschungsstand
1.2.1 Aussiedlerintegration in Deutschland
1.2.2 Gemeindestudien
1.2.3 Urbane Intergruppenbeziehungen
1.2.4 Kollektive Gewalt, ethnische Konflikte und Riots
1.2.5 Intergruppenkonflikte und individuelle Gewaltpotentiale
1.3 Erste konzeptionelle Folgerungen

2. Figurative Konfliktanalyse: Annahmen, Konzepte und Methoden

2.1 Von Elias zur figurativen Konfliktanalyse der Stadtgesellschaft
2.2 Konzepte des Ansatzes
2.2.1 Anläufe zur Stadtgesellschaft
2.2.2 Die Stadtgesellschaft
2.2.3 Lokale moralische Ordnung
2.2.4 Lokale Öffentlichkeit
2.2.5 Gruppe und konfliktanfälliger Figurationswandel
2.2.6 Ausweichhandeln und Grenzgänge
2.2.7 Figurative Felder
2.2.8 Konflikt, Integration und Desintegration
2.3 Einige grundlegende Annahmen
2.4 Auswahl der Untersuchungsorte
2.5 Erhebungs- und Analysemethoden
2.5.1 Grounded Theory
2.5.2 Narrativ-biographische Interviews
2.5.3 Gruppeninterviews
2.5.4 Teilnehmende Beobachtungen

3. Ein zündendes Ereignis: Figurationswandel und Intergruppengewalt in Espelkamp

3.1 Einführung
3.2 Ein zündendes Ereignis: Von Osaka nach Espelkamp
3.3 Annäherungen an die Stadtgesellschaft
3.3.1 Von Bielefeld nach Espelkamp: erste Eindrücke
3.3.2 Zuwanderung und Siedlungsgeschichte
3.4 Bedingungen eines lokalen Kristallisationsereignisses
3.4.1 Enttäuschungsanfälligkeit einer Stadtgesellschaft
3.4.2 Gegenständlichkeit des lokalen Kristallisationsereignisses
3.4.3 Gegenständlichkeit und Efferveszenz
3.4.4 Figurationsprozess und Enttäuschungsanfälligkeit
3.5 Zuspitzung und Öffnung der Analyse
3.5.1 Zuspitzung
3.5.2 Öffnung

4. Ein Gewaltereignis zündet nicht: Figurationswandel ohne Eskalation in Salzgitter-Lebenstedt (Alexander Mewes)

4.1 Einführung
4.2 Der Tod eines jugendlichen Aussiedlers
4.3 Annäherungen an die Stadtgesellschaft
4.3.1 Von Bielefeld nach Salzgitter: Der erste Tag in Salzgitter
4.3.2 Siedlungsgeschichte und Stadtentwicklung
4.3.3 Das Wahrzeichen der Stadt
4.4 Die bivalente Stadtgesellschaft
4.4.1 Zuwanderung zwischen Großbetrieb und Polyzentralität
4.4.2 Die ‚mechanische Solidarität’ der Arbeiterbewegung
4.5 Die Figuration der bivalenten Stadtgesellschaft
4.6 Intergruppenbeziehungen auf den Figurationsfeldern
4.6.1 Figurationsfeld Religion – der interreligiöse Dialog
4.6.2 Figurationsfeld Sport
4.6.3 Figurationsfeld der freien jugendlichen Gesellung
4.7 Aussiedler in Salzgitter-Lebenstedt
4.7.1 Von Lebenstedt ins Fredenberger Aussiedlerquartier
4.7.2 Im Aussiedlerquartier
4.8 Zuspitzung und Öffnung der Analyse
4.8.1 Zuspitzung
4.8.2 Öffnung

5. Weder Zündung noch Entzündung: Figurationswandel ohne Intergruppengewalt in Lahr

5.1 Einführung
5.2 Gewaltvorfälle in Lahr
5.3 Von Bielefeld nach Lahr: Annäherungen
5.4 Zur Soziogenese der moralischen Ordnung
5.4.1 Geschichte des Lahrer Bürgerstolzes
5.4.2 Zur Soziogenese lokaler Indifferenz
5.4.3 Auf dem Wege zur zivilen Einwanderungsstadt
5.5 Intergruppenbeziehungen auf den Figurationsfeldern
5.5.1 Figurationsfeld Sport
5.5.2 Figurationsfeld Schule
5.5.3 Figurationsfeld jugendliche Gesellung
5.6 Zuspitzung und Öffnung der Analyse
5.6.1 Zuspitzung
5.6.2 Öffnung

6. Konfliktsoziologische Bilanz

6.1 Konflikt und Integration mit lokalem Eigensinn
6.2 Verstärkereffekte
6.3 Zirkuläre Kausalität
6.4 Freakwellen in der Stadt?

Literatur