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Wolfszeit
Deutschland und die Deutschen 1945 - 1955
2. Aufl.
Harald Jaehner
Rowohlt
EAN: 9783499633041 (ISBN: 3-499-63304-3)
478 Seiten, paperback, 14 x 21cm, November, 2020
EUR 16,00 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Ausgezeichnet mit dem Preis der Leipziger Buchmesse 2019
Harald Jähners große Mentalitätsgeschichte der Nachkriegszeit zeigt die Deutschen in ihrer ganzen Vielfalt: etwa den „Umerzieher“ Alfred Döblin, der das Vertrauen seiner Landsleute zu gewinnen suchte, oder Beate Uhse, die mit ihrem „Versandgeschäft für Ehehygiene“ alle Vorstellungen von Sittlichkeit infrage stellte; aber auch die namenlosen Schwarzmarkthändler, in den Taschen die mythisch aufgeladenen Lucky Strikes, oder die stilsicheren Hausfrauen am nicht weniger symbolhaften Nierentisch der anbrechenden Fünfziger. Das gesellschaftliche Panorama eines Jahrzehnts, das entscheidend war für die Deutschen und in vielem ganz anders, als wir oft glauben.
Harald Jähner, Jahrgang 1953, war bis 2015 Feuilletonchef der «Berliner Zeitung», der er seit 1997 angehörte. Zuvor war er freier Mitarbeiter im Literaturressort der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». Seit 2011 ist er Honorarprofessor für Kulturjournalismus an der Universität der Künste Berlin. 2019 erschien das Buch «Wolfszeit. Deutschland und die Deutschen 1945 – 1955», das mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet wurde und monatelang auf der «Spiegel»-Bestsellerliste stand.
Rezension
Als Taschenbuchausgabe liegt jetzt diese viel gelobte Zeitreise in die Mentalitätsgeschichte der deutschen Nachkriegsjahre vor. Die Darstellung bietet ein anschauliches und differenziertes Panorama aus den Besatzungszonen und den ersten Jahren von BRD und DDR zwischen 1945 und 1955. Und natürlich steht auch diese quälende Frage im Raum: Warum sprachen die Deutschen in der Nachkriegszeit nicht über den Holocaust? Warum sahen sie sich sogar als die eigentlichen Opfer der NS-Diktatur? Über den Nationalsozialismus ließ sich schwer sprechen. Im Gedächtnis vieler Familien sind aus den Nachkriegsjahren eher die Alltagssorgen: das Überleben zwischen Ruinen, das Hamstern und die Schwarzmärkte, die Flucht aus dem Osten oder die verordnete Aufnahme von Vertriebenen in der eigenen Wohnung. Und in die Welt vieler selbständiger Frauen traten gebrochene Heimkehrer, die als narzisstische Tyrannen die Familie schikaniert haben. Inmitten all der Trümmer und Ruinen gab es eine unbändige Lust zu feiern - und zu vergessen, was dann auch das komplette Verdrängen des Holocaust unmittelbar nach dem Krieg erklärt.
Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Pressestimmen:
Selten gelingt es einem Buch, längst vergangene Zeitgeschichte so bildhaft, wahrhaftig und auch in seinen historischen Urteilen nachvollziehbar zu zeichnen ... Fesselnd und auf hohem Niveau unterhaltend.
Harald Loch, Neues Deutschland, 23. März 2019
Ein Stück deutsche Geschichte, das Jähner in eine dramaturgisch brillant geschriebene und fesselnde Erzählung kleidet.
Bild, 21. März 2019
Das Buch öffnet ein Fenster zu einer Zeit, die sehr viel mehr mit uns Heutigen zu tun hat, als wir uns es vermutlich bewusst machen.
Hannes Hintermeier, FAZ, 16. März 2019
Ein begabter, ja ein begnadeter Erzähler ... Mit enormer Eloquenz und großem dramaturgischen Gespür formt der Autor diesen Geschichtsstoff zu einer ungemein fesselnden Erzählung.
Deutschlandfunk, 2. März 2019
Ein aufregendes, bewegendes Panorama ... Brillant ist die Darstellung, anschaulich und farbig Jähners Sprache.
Michael Kluger, Frankfurter Neue Presse, 27. Februar 2019
Als Stimmungsbild der Nachkriegsgesellschaft ist dies ein grandios verfasstes Buch. Die starken Formulierungen und zugespitzten Beobachtungen unterscheiden es von anderen Büchern ... Ein großartiges Lesebuch.
Frank Bösch, Süddeutsche Zeitung, 20. Februar 2019
Eine wunderbare Zeitreise in die deutschen Nachkriegsjahre. Anschaulich geschrieben, voller Empathie für den Alltag, der viel zu selten in den Blick genommen wurde.
Welt am Sonntag, 17. Februar 2019
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 9<7b>
Erstes Kapitel
Stunde Null? 17
So viel Anfang war nie. So viel Ende auch nicht 17
Zweites Kapitel
In Trümmern 31
Wer soll das je wieder aufräumen? Strategien der Enttrümmerung 31
Ruinenschönheit und Trümmertourismus 47
Drittes Kapitel
Das große Wandern 61
Befreite Zwangsarbeiter und herumirrende Häftlinge heimatlos für immer 68
Die Vertriebenen und die schockierende Begegnung der Deutschen mit sich selbst 90
Unterwegs 110
Viertes Kapitel
Tanzwut 121
«Heile, heile Gänsje, mein arm' zertrümmert' Mainz» 130
Fünftes Kapitel
Liebe 47 149
Heimkehr der ausgebrannten Männer 149
Constanze schlendert durch die Welt 162
«Gierig nach Leben, durstig nach Liebe» 169
Frauenüberschuss — ihre Minderzahl rettet den Männern die Vormachtstellung 176
Freiwild im Osten 184
Veronika Dankeschön im Westen 189
Sechstes Kapitel
Rauben, Rationieren, Schwarzhandeln Lektionen für die Marktwirtschaft 207
Erste Umverteilungen — Bürger lernen Plündern 209
Die Logik der Lebensmittelkarten 214
Ein Volk von Mundräubern — Eigeninitiative und Kriminalität 222
Der Schwarzmarkt als Staatsbürgerschule 240
Siebtes Kapitel
Die Generation Käfer stellt sich auf 251
Währungsreform, die zweite Stunde Null 251
Wolfsburg, die Menschenplantage 262
Start-up — Beate Uhse entdeckt beim Hausieren ihr Geschäftsmodell 284
Versinkt Deutschland im Schmutz? Die Angst vor der Verwahrlosung 295
Achtes Kapitel
Die Umerzieher 303
Drei Schriftsteller und Kulturoffiziere arbeiten für die Alliierten am deutschen Geist 303
Neuntes Kapitel
Der Kalte Krieg der Kunst und das Design der Demokratie 337
Kulturhunger 337
Wie die abstrakte Kunst die soziale Marktwirtschaft ausstattete 344
Wie der Nierentisch das Denken veränderte 363
Zehntes Kapitel
Der Klang der Verdrängung 373
Verschweigen, reden, lustlos zusammenrücken 381
Ein Wunder, dass das gut gegangen ist 396
Nachwort: Das Glück 405
Anhang 411
Anmerkungen 413
Literatur 451
Register 467
Bild- und Textnachweis 473
Dank 477
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