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Was lernen Kinder im Religionsunterricht?
Eine fallbezogene und thematische Analyse kindlicher Rezeptionen von Religionsunterricht
Elisabeth Hennecke
Verlag Julius Klinkhardt
EAN: 9783781518339 (ISBN: 3-7815-1833-7)
394 Seiten, paperback, 17 x 24cm, 2012
EUR 36,00 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Was lernen Grundschulkinder in ihrem Religionsunterricht?
Mit welchen Fragen beschäftigen sie sich? Welche Geschichten sprechen sie an?
Über welche Themen denken sie – angeregt durch den Unterricht – nach?
An welche Unterrichtsinhalte können sie sich erinnern?
Welche Rolle spielen äußere Faktoren wie das Schulumfeld, die Präsentation der Inhalte oder die Vorkenntnisse, die die Kinder mitbringen?
All diesen Fragen geht diese Untersuchung nach. Sie zeichnet die Wirkung und den Ertrag des Religionsunterrichts bei Kindern nach und erfasst, wie Drittklässlerinnen und Drittklässler Lernangebote des Religionsunterrichts verarbeiten. Diese Rezeptionen werden in acht Fallprofilen und einer thematischen Analyse analysiert und dargestellt.
Sie wurden mithilfe von „Nachdenkbüchern“ und Interviews im Verlauf eines ganzen Schuljahres erhoben und mittels der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet.
So entsteht ein facettenreiches Bild des heutigen Religionsunterrichts und seiner Wirkungen, das sowohl interessante Potentiale und gleichzeitig weitere Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigt.
Rezension
Der Religionsunterricht ist zwar ein "ordentliches Lehrfach" an allen deutschen Schulen, - aber gerade dadurch, dass das so betont werden muss im GG, wird der RU schon fast wieder "unordentlich" ... Sicher ist: Der Religionsunterricht unterliegt eigenen Kriterien (z.B. inhaltliche Mitsprache der Religionsgemeinschaften) und besonderer Beobachtung (durch Lehrer, Schüler, Eltern, Schulaufsicht, Politik etc.). Insofern ist die Fragestellung dieser empirischen Studie von besonderer Bedeutung: Was lernen Kinder im Religionsunterricht? Fallbezogen auf 8 Drittklässler/innen (vgl. Kap. 8) wird die Fragestellung beantwortet. Es zeigt sich, wie Drittklässlerinnen und Drittklässler Lernangebote des Religionsunterrichts verarbeiten.
Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Religionspädagogische Bildungsforschung
Inhaltsverzeichnis
0. Danksagung 11
1. Einleitung 13
2. Der Religionsunterricht an Grundschulen – eine Situationsanalyse 17
2.1 Der Religionsunterricht – ein Fach neben vielen und ein Fach mit Besonderheiten 17
2.1.1 Zur aktuellen Situation der Grundschulen 17
2.1.2 Die besondere Situation des Religionsunterrichts des Religionsunterrichts 19
2.1.3 Fachspezifische Ausrichtung und Aufgaben 21
2.2. Die Schülerinnen und Schüler 23
2.2.1 Lebensweltliche Faktoren und ihre Auswirkungen auf den Religionsunterricht 24
2.2.2 Grundschulkinder und ihr Religionsunterricht 26
2.3 Die Religionslehrerinnen und Religionslehrer 30
2.4 Gesellschaftliche Erwartungen 33
2.5 Reaktionen der Schulpraxis auf die Veränderungen der Ausgangssituation 36
2.6 Zusammenfassung und Problemanzeige 38
3. Lehren und Lernen im Religionsunterricht – Unterrichtskonzepte des Religionsunterrichts 41
3.1 Das konzeptionelle Grundgerüst der Korrelation 42
3.2 Religionsunterricht mit der Bibel: Bibeldidaktische Konzeptionen 43
3.3 Religionsunterricht in Form gebracht: Performativer Religionsunterricht 48
3.4 Lernen mit Tiefenerfahrungen: Spirituelles Lernen 50
3.5 Lernen als Aufmerksam werden für Gotteserfahrungen: Mystagogisches Lernen 53
3.6 Wenn Kinder Theologie betreiben …: Kindertheologie 54
3.7 Religionsunterricht als ein Angebot zur Konstruktion von Wirklichkeit: Konstruktivistische Religionspädagogik 56
3.8 Zusammenfassung und Problemanzeige 57
4. Aspekte religiösen Lernens im Kontext des Religionsunterrichts der Grundschule 60
4.1 Zur religiösen Entwicklung 60
4.1.1 Theorien religiöser Entwicklung in ihrer Bedeutung für den aktuellen Religionsunterricht der Grundschule 60
4.1.2 Ein Blick in die Empirie: Ausgewählte Untersuchungen zu religiösen Vorstellungen von Kindern 65
4.2 Religiöse Lernprozesse 69
4.2.1 Religiöses Lernen in der Diskussion 70
4.2.2 Zur Diskussion um Bildungsstandards und Kompetenzen im Religionsunterricht 74
4.2.3 Zum Ertrag des religiösen Lernens im Religionsunterricht 79
4.3 Zusammenfassung und Problemanzeige 83
5. Erkenntnisse der Kognitions- und Lernpsychologie und ihre möglichen Implikationen für den Religionsunterricht 85
5.1 Die Aufnahme der Informationen im Arbeitsgedächtnis 87
5.2 Die Speicherung und Verfestigung im Langzeitgedächtnis 90
5.3 Die Rolle der Emotionen 94
5.4 Das Erinnern 95
5.5 Implikationen für das Lernen – Lernstrategien 96
5.5.1 Aktives Lernen 97
5.5.2 Einordnung in Strukturen: Vorwissen, persönlicher Kontext, Ordnungssysteme 98
5.5.3 Üben und Wiederholen 99
5.5.4 Metareflexion 101
5.5.5 Rolle der Lehrkraft (Lehrstrategien) 101
5.6 Zusammenfassung 102
5.7 Implikationen für den Religionsunterricht 103
6. Offene Fragen 107
7. Die Erhebung 109
7.1 Forschungsdesign der Studie 109
7.1.1 Fragestellung 109
7.1.2 Der Erhebungsplan 110
7.1.3 Das Erhebungsinventar 112
7.1.4 Der Erhebungsverlauf 118
7.1.5 Reflexion der eigenen Rolle 119
7.1.6 Anmerkungen zu ausgewählten Gütekriterien 121
7.2 Zur konkreten Erhebung 122
7.2.1 Auswahl der Schulen und der Lerngruppen 122
7.2.2 Einbettung in den konkreten Unterricht 123
7.2.3 Durchführung der Erhebung 124
7.3 Auswertung 126
7.3.1 Zur Auswahl des analysierten Materials 126
7.3.2 Zur Datenaufbereitung – Transkription 128
7.3.3 Zur Auswertungsmethode der Qualitativen Inhaltsanalyse 129
7.3.4 Erstellung der Fallanalysen 133
7.3.5 Thematische Analyse 133
7.4 Kritische Reflexion 134
8. Strukturierende Inhaltsanalyse der Interviews und der Nachdenkbücher 137
8.1 Lukas 138
8.1.1 Expression 138
8.1.2 Rezeption 140
8.1.3 Konstruktion 145
8.1.3.1 Bereits vorhandene Wissensbestände und Vorstellungen 145
8.1.3.2 Aufnahme und Aktivierung der Lerninhalte 147
8.1.3.3 Neuaufnahme 149
8.1.4 Zusammenfassende Falldarstellung: Lukas 155
8.2 Sarah 158
8.2.1 Expression 158
8.2.2 Rezeption 160
8.2.3 Konstruktion 164
8.2.3.1 Bereits vorhandene Wissensbestände und Vorstellungen 164
8.2.3.2 Aufnahme und Aktivierung der Lerninhalte 168
8.2.3.3 Neuaufnahme 170
8.2.4 Zusammenfassende Falldarstellung: Sarah 173
8.3 Kaspar 175
8.3.1 Expression 175
8.3.2 Rezeption 177
8.3.3 Konstruktion 182
8.3.3.1 Bereits vorhandene Wissensbestände und Vorstellungen 182
8.3.3.2 Aufnahme und Aktivierung der Lerninhalte 186
8.3.3.3 Neuaufnahme 190
8.3.4 Zusammenfassende Falldarstellung: Kaspar 195
8.4 Jana 197
8.4.1 Expression 197
8.4.2 Rezeption 199
8.4.3 Konstruktion 204
8.4.3.1 Bereits vorhandene Wissensbestände und Vorstellungen 204
8.4.3.2 Aufnahme und Aktivierung der Lerninhalte 206
8.4.3.3 Neuaufnahme 210
8.4.4 Zusammenfassende Falldarstellung: Jana 215
8.5 Ines 217
8.5.1 Expression 217
8.5.2 Rezeption 219
8.5.3 Konstruktion 224
8.5.3.1 Bereits vorhandene Wissensbestände und Vorstellungen 224
8.5.3.2 Aufnahme und Aktivierung der Lerninhalte 228
8.5.3.3 Neuaufnahme 230
8.5.4 Zusammenfassende Falldarstellung: Ines 235
8.6 Jakob 237
8.6.1 Expression 237
8.6.2 Rezeption 240
8.6.3 Konstruktion 245
8.6.3.1 Bereits vorhandene Wissensbestände und Vorstellungen 245
8.6.3.2 Aufnahme und Aktivierung der Lerninhalte 248
8.6.3.3 Neuaufnahme 251
8.6.4 Zusammenfassende Falldarstellung: Jakob 256
8.7 Hannah 259
8.7.1 Expression 259
8.7.2 Rezeption 260
8.7.3 Konstruktion 265
8.7.3.1 Bereits vorhandene Wissensbestände und Vorstellungen 265
8.7.3.2 Aufnahme und Aktivierung der Lerninhalte 268
8.7.3.3 Neuaufnahme 272
8.7.4 Zusammenfassende Falldarstellung: Hannah 278
8.8 Leon 280
8.8.1 Expression 280
8.8.2 Rezeption 283
8.8.3 Konstruktion 289
8.8.3.1 Bereits vorhandene Wissensbestände und Vorstellungen 289
8.8.3.2 Aufnahme und Aktivierung der Lerninhalte 292
8.8.3.3 Neuaufnahme 295
8.8.4 Zusammenfassende Falldarstellung: Leon 299
8.9 Zusammenfassende Betrachtung der Fallanalysen 302
9. Thematische Analyse 309
9.1 Was bleibt vom Religionsunterricht? 309
9.1.1 Also, unser Thema war … Erinnerungsprozesse an den erlebten Religionsunterricht 310
9.1.2 Von Gott und vom Licht hab ich gelernt …
Die religionsdidaktischen Konzepte auf dem Prüfstein der Unterrichtspraxis 313
9.1.3 Das hab ich neu entdeckt … Vom Lernzuwachs und von der Schwierigkeit ihn zu benennen 320
9.1.4 Meistens finde ich Reli gut, … Einschätzung und Beurteilung des erlebten Religionsunterrichts 323
9.2 Wie lernen Kinder im Religionsunterricht? 324
9.2.1 Und da hab ich mir gedacht …
Das Theologisieren der Kinder und die Rolle des Religionsunterrichts 325
9.2.2 Jetzt weiß ich, warum … Jetzt kann ich … Zur Entwicklung religiöser Kompetenzen 327
9.2.3 Das hat doch damit nichts zu tun! Von der Vernetzung von Lerninhalten und Lernprozessen 330
9.2.4 Das geht nicht in meinen Kopf rein! Lernen in herausfordernden Lernsituationen 332
9.2.5 Da war ich stinkwütend!
Zur Rolle der Emotionalität und emotionaler Kompetenzen in religiösen Lernprozessen 334
9.2.6 Entweder er ist gut oder böse … Zur Bedeutung von Mustern und Schematisierungen
zur Orientierung und Einordnung von neuen Lerninhalten 336
9.3 Welche Rolle spielt die Gestalt des Religionsunterrichts? 337
9.3.1 Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll … Von der Spracharmut und der Sprachförderung im Religionsunterricht 337
9.3.2 Ich hab mal einen Schmetterling gemalt und dann sollten wir spielen
Zum Umgang mit ästhetischen Prozesse und handlungsorientierten Elementen 340
9.3.3 Im Stuhlkreis haben wir eine Geschichte gehört!
Zur Bedeutung narrativer, kommunikativer und ritueller Elemente im Religionsunterricht 343
9.4 Zu guter Letzt: Die Kirche und der Religionsunterricht 346
9.4.1 Lernt der Fußballspieler im Religionsunterricht anders als der Messdiener?
Zur Bedeutung der religiösen Sozialisation 346
9.4.2 Also, ich glaub schon an Gott und die Kirche … Zur Gleichsetzung von Religiosität und Kirchlichkeit 349
10. Was bleibt vom Religionsunterricht? Abschließende Thesen und Anschlussfragen 352
11. Literatur- und Abbildungsverzeichnis 359
11.1 Literaturverzeichnis 359
11.2 Abkürzungsverzeichnis 377
11.3 Abbildungsverzeichnis 377
12. Anhang 378
12.1 Erzählvorlage: Wie die Sonne in das Land Malon kam 378
12.2 Erzählvorlage: Der Fisch Emil oder Wo ist Gott? 379
12.3 Erzählvorlage: Fisch ist Fisch 381
12.4 Erzählvorlage: Die Blinden und die Sache mit dem Elefanten 382
12.5 Das Nachdenkbuch 383
12.6 Der Interviewleitfaden 386
12.7 Darstellung der Unterrichtsreihen 388
12.8 Transkriptionsregeln 390
12.9 Ausführliche Beschreibung der Kategorien 391
13. Virtueller Anhang 394
Der virtuelle Anhang ist im Internet abrufbar unter:
http://duepublico.uni-duisburg-essen.de/servlets/DocumentServlet?id=25810
1 Einleitung
Der Religionsunterricht in der Grundschule hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich
verändert. Seinen Arbeits- und Gestaltungsformen wird viel Aufmerksamkeit und Engagement
gewidmet: Es wird kreativ gearbeitet, die Interessen der Kinder werden weitläufig
in den Unterricht einbezogen, in großer Verlangsamung werden den Grundschülerinnen
und -schülern Aneignungsprozesse eröffnet und zahlreiche Handlungsformen
versuchen, einem erhöhten Aktivitätsdrang entgegenzukommen.
Dennoch kann sich auch dieses Fach, das mancherorts einen Inselcharakter für sich
postuliert, nicht der Frage entziehen, wie es um die in ihm initiierten Lernprozesse und
deren Ertrag bestellt ist. Wenn Friedrich Schweitzer konstatiert, dass wir noch „immer
[…] viel zu wenig darüber [wissen], was in der Praxis von Religionsunterricht tatsächlich
geschieht“1, benennt er eine auffällige Problematik des Religionsunterrichts.
Differenzierte und abgesicherte Kenntnisse über Abläufe, Wirkungsweisen und Rezeptionen
unterrichtlicher Prozesse sind wenig erforscht und lassen somit kaum gesicherte
Aussagen über den praktizierten Religionsunterricht und die von ihm initiierten Lernprozesse
zu. In der Tat lässt sich das von Friedrich Schweitzer beschriebene Defizit auf verschiedenen
Ebenen aufzeigen.2
1. Die Erfassung dessen, was durch den Religionsunterricht genau ausgelöst wird, wird
erschwert durch die vorherrschenden didaktischen Gestaltungsformen im Religionsunterricht
der Grundschule; denn seine Praxis orientiert sich in den letzten Jahren verstärkt
an subjektorientierten und konstruktivistischen Grundannahmen (Aneignung vor Vermittlung,
eigene konstruktive Leistung vor vorgegebenen Interpretationen).3 Eine stark
auf Instruktion angelegte Vermittlung tritt häufig hinter individuellen Aneignungsprozessen
zurück. Lernprozesse im Religionsunterricht der Grundschule vollziehen sich
demnach häufig in sehr individuellen, kreativen und handlungsaktivierenden Prozessen,
sodass eine genaue Erfassung der stattfindenden Rezeptionen nicht immer möglich ist.
2. Selbst für erfahrene Lehrerinnen und Lehrer sind die Lernprozesse, die durch diesen
Religionsunterricht ausgelöst werden, in ihrer Wirkung schwer einzuschätzen. Nur selten
hat man im Schulalltag die Gelegenheit zur intensiven Beobachtung und individuellen
Begleitung, sodass eine Beurteilung der ausgelösten Wirkung schwer fällt. Nicht selten
empfinden die Lehrerinnen und Lehrer, dass die Lernprozesse keine sehr große Nachhal-
1 Schweitzer 2007, 5.
2 Auch wenn diese vertieften Erkenntnisse für alle Schulstufen wünschenswert wären, müssen die Ausführungen
an dieser Stelle auf den Grundschulunterricht beschränkt bleiben.
3 vgl. Mendl 2005a; vgl. Bahr/Kropač/Schambeck 2005.
Beispiele für Praxisumsetzungen: vgl. Oberthür 1995; Freudenberger-Lötz 2004; dies. 2006; Itze/Moers
2008.
Elisabeth Hennecke, Was lernen Kinder im Religionsunterricht?
ISBN 978-3-7815-1833-9
VERLAG JULIUS KLINKHARDT, BAD HEILBRUNN 2012
tigkeit zeigen, und fragen nach Gründen, warum bei den Kindern so wenig „hängenbleibt“.
Viele schulische Lernprozesse sind mit einer geistigen Auseinandersetzung mit
dem Lerninhalt verbunden, die nur schwer zu erschließen ist, sodass Lernprozesse und
mögliche Optimierungsmöglichkeiten trotz aller Forschungsanstrengung häufig noch
wie ein „Geheimnis“4 erscheinen.
3. Auch der Blick in die empirische Religionspädagogik verhilft nur wenig zu neuen
Einsichten über die Wirkungsweise von Religionsunterricht, weil es kaum Untersuchungen
darüber gibt, wie Schülerinnen und Schüler unterrichtliche Impulse verarbeiten. Das
hat zur Folge, dass für Beobachtungen kein differenziertes Instrument zur Verfügung
steht. Dabei kann nach Bernhard Lange „die Schulpädagogik nicht darauf verzichten,
sich Kenntnis zu verschaffen über Vorstellungen, Rekonstruktionen und innere Theoriebildungen
des Kindes. Man wird sich in Zukunft verstärkt mit den Mikrowelten und Figurationen
alltäglicher Unterrichtssituationen beschäftigen, Verstehens- und Verständigungsprozesse
im Unterricht intensiver untersuchen“5.
4. Religionspädagogische Diskussionen und Konzeptentwicklungen verlaufen in den
einschlägigen fachwissenschaftlichen Kreisen der Universitäten oder Institute weitgehend
losgelöst von der unterrichtlichen Praxis. Am Beispiel des Performativen Religionsunterrichts
zeigt sich, dass ein auf der wissenschaftlichen Ebene intensiv und kontrovers
diskutiertes Konzept bei Lehrerinnen und Lehrern nur wenig bekannt ist. Die gegenseitige
Wahrnehmung von konzeptioneller und praktischer religionspädagogischer
Arbeit findet eher punktuell statt und ist leider wenig von einer konstruktiven Wechselseitigkeit
geprägt. Somit ist von konzeptioneller Seite wenig über die Adaption der dort
entwickelten Konzepte und deren Auswirkung auf religionsunterrichtliches Lehren und
Lernen bekannt.
5. Zahlreiche Fachdidaktiken setzen sich vermehrt mit lernpsychologischen Implikationen
auseinander, beispielsweise mit der Vernetzung von Wissensbeständen, mit der
Ausbildung von Begriffen, Schemata oder mentalen Repräsentationen sowie mit emotionalen
und metakommunikativen Faktoren im Lernprozess. Der Rückgriff auf die Lernpsychologie
soll das jeweilige fachliche Lernen erhellen. In der Religionsdidaktik ist
diese Reflexion noch nicht sehr verbreitet, obschon sie unter Umständen zu einem vertieften
und weiterführenden Verständnis von Lernprozessen beitragen könnte.6
6. Auch im Zeitalter von Standards, Qualitätssicherung und effizienter Unterrichtsgestaltung
ist wenig darüber bekannt, wie Lernprozesse grundsätzlich verlaufen. Bevor
mögliche Qualitätsverbesserungen initiiert werden können, ist eine genaue Diagnose und
Bestimmung der durch Unterricht ausgelösten Prozesse erforderlich. Womit beschäftigen
sich Kinder im Nachgang zu ihrem erlebten Religionsunterricht? Welche Denk-,
Lern- und Entwicklungsprozesse werden durch ihn ausgelöst? Kann man Aussagen über
nachhaltige Wirkung von Religionsunterricht treffen? Erst mit einer genauen Kenntnis
4 vgl. Hascher/Astleitner 2007.
5 Lange 2005, 38.
6 Als einige wenige Ausnahmen sind hier zu nennen: Mendl 2008, 51-57; Sander-Gaiser 2008, 73-92;
Bergold 2005, 51-67; Englert 2006b.
14
Elisabeth Hennecke, Was lernen Kinder im Religionsunterricht?
ISBN 978-3-7815-1833-9
VERLAG JULIUS KLINKHARDT, BAD HEILBRUNN 2012
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dieser Prozesse können Kompetenzerwartungen und Qualitätsverbesserungen sinnvoll
initiiert werden.
In den letzten Jahren ist ein verstärktes Interesse an Unterrichtsforschung auch im Bereich
der Grundschule zu verzeichnen. Es bilden sich sowohl in den übergeordneten
Bildungswissenschaften als auch in einzelnen Fachdisziplinen, wie Mathematik oder
Sachunterricht, erste Forschungslandschaften heraus.7 Dennoch ist zu beobachten, dass
viele Forschungsprozesse auf isolierte Einzelphänomene oder ...
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