lehrerbibliothek.deDatenschutzerklärung
Was ist chinesische Philosophie? Kritische Perspektiven
Was ist chinesische Philosophie?
Kritische Perspektiven




Fabian Heubel

Meiner Hamburg
EAN: 9783787338085 (ISBN: 3-7873-3808-X)
404 Seiten, kartoniert, 13 x 21cm, Juni, 2021

EUR 28,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Dieses Buch kreist um widerstreitende Perspektiven auf die chinesische Philosophie. Politisch gesehen ist die Beantwortung der Frage »Was ist chinesische Philosophie?« heute notwendiger denn je, denn die Modernisierung Chinas wirkt zunehmend auf den Westen zurück. Mit ihr kommt eine transkulturelle Dynamik zwischen Altem und Neuem, Östlichem und Westlichem ins Spiel, die das komparative Verhältnis mehr oder weniger stabiler – nationaler, kultureller, sprachlicher – Identitäten sprengt. China lässt sich nicht länger auf Abstand halten.

Fabian Heubel untersucht die Bedeutung dieser Dynamik vor allem in Auseinandersetzung mit dem Begriff »chinesisches Denken« (François Jullien), dem Motiv eines „neuen Paradigmas der Subjektivität“ (Jean François Billeter) und der Idee einer „kritischen Rekonstruktion“ der klassischen chinesischen Philosophie (Heiner Roetz).

Es wird Zeit, chinesische Philosophie ernst zu nehmen.
Rezension
Gab und gibt es chinesische Philosophie? Ist sie ein monolithischer Block, der dem westlichen Denken gegenübersteht? Dient Zhào Tīngyángs Buch „Die Aktualität der Himmelunten“ dem „Kampf der Weltanschauungen“? Welche Merkmale chinesischen Denkens identifizierten führende westliche Sinologen des 20. und 21. Jahrhunderts wie Jean François Billeter, François Jullien und Heiner Roetz? Welche chinesischen Originalquellen werden von den Sinologen zur Identifikation eines chinesischen Denkens herangezogen? Rekurrieren die Sinologen bei ihrem China-Bild auf bestimmte westliche Philosophen, zum Beispiel auf Michel Foucault und Jürgen Habermas? Gibt es subjektorientierte Strömungen in der chinesischen Philosophie?
Fundierte Antworten auf diese Fragen der Rezeptionsgeschichte chinesischen Denkens in der Sinologie gibt das Buch „Was ist chinesische Philosophie? Kritische Perspektiven“, erschienen bei Felix Meiner. Es stammt von Fabian Heubel (*1967), der als Research Fellow am Institute of Chinese Literature and Philosophy der Academia Sinica in Taipei forscht und am Institut für Sozialforschung der Goethe-Universität (Frankfurt am Main) lehrt. In seiner Studie zeigt der Übersetzer, Sinologe und in Philosophie promovierte Wissenschaftler unter Heranziehung der chinesischen Originalquellen differenziert auf, von welchen Denkmustern die westliche Sinologie bei ihrer Perspektive auf das chinesische Denken geleitet wird. Unter Bezugnahme insbesondere auf den Konfuzianer Zhuāngzi und den Neukonfuzianer Xió Shìlí gelingt es Heubel aufzuzeigen, dass chinesische Philosophie dazu dienen kann, „welt-philosophische“ Brücken sowohl zwischen dem alten und neuen China zu bauen als auch zwischen chinesischem und europäischem Denken. Eine besondere Rolle zur transkulturellen Verständigung kommt nach Heubel der „Aistethik“ zu. Dieser von ihm geprägte Neologismus beschreibt den Versuch, „Transzendenz in die Immanenz des Wandels einzulassen“(S. 170). Bei seinen profunden Untersuchungen identifiziert der Wissenschaftler auch Ähnlichkeiten zwischen dem „chinesischen Prozess- und Transformationsdenken“ und der Kritischen Theorie Adornos. Lehrkräfte der Fächer Chinesisch und Philosophie werden durch das vorliegende tiefsinnige Buch motiviert, sich mit dem chinesischen Denken im Unterricht problemorientiert auseinanderzusetzen.
Fazit: Mit seinem Werk „Was ist chinesische Philosophie?“ leistet Fabian Heubel einen wichtigen Beitrag zu einem konstruktiven transkulturellen Dialog zwischen chinesischer und westlicher Philosophie. Dabei widerlegt er zugleich manche Mythen, die über das chinesische Denken in der Öffentlichkeit verbreitet werden.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Dieses Buch kreist um widerstreitende Perspektiven auf die chinesische Philosophie. Politisch gesehen ist die Beantwortung der Frage »Was ist chinesische Philosophie?« heute notwendiger denn je, denn die Modernisierung Chinas wirkt zunehmend auf den Westen zurück. Mit ihr kommt eine transkulturelle Dynamik zwischen Altem und Neuem, Östlichem und Westlichem ins Spiel, die das komparative Verhältnis mehr oder weniger stabiler – nationaler, kultureller, sprachlicher – Identitäten sprengt. China lässt sich nicht länger auf Abstand halten.
Fabian Heubel untersucht die Bedeutung dieser Dynamik vor allem in Auseinandersetzung mit dem Begriff »chinesisches Denken« (François Jullien), dem Motiv eines „neuen Paradigmas der Subjektivität“ (Jean François Billeter) und der Idee einer „kritischen Rekonstruktion“ der klassischen chinesischen Philosophie (Heiner Roetz).
Es wird Zeit, chinesische Philosophie ernst zu nehmen.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung 9
Chinesische Philosophie als Weltphilosophie 10
Kampf oder Koexistenz? 16
Warum chinesische Philosophie? 25
I. IMMANENZ UND KRITIK 33
1. Das andere Zwischen 35
1.1 Am Anfang des Weges 35
1.2 Hybride Modernisierung 38
Wider die Exteriorität Chinas 38
Modernisierung als geteiltes Problem Chinas und Europas45
Kultur-Wandel 47
1.3 Identität und Nicht-Identität 50
Was sind kulturelle Differenzen? 50
Sinisierung der europäischen Philosophie? 55
1.4 Mit Abständen arbeiten? 62
Differenz und Abstand 62
Die Fruchtbarkeit der Vermischung 65
Chinesische Metaphysik? 69
1.5 Das Zwischen 76
Chinese werden, um das Griechische zu lernen 76
Sein als Zwischen denken 79
Ist eine Ontologie des Zwischen möglich? 88
1.6 Zwischen und Kritik 90
Die Erstarrung des Anderen 90
Trennung und Verschmelzung 94
1.7 Transkulturelle Dynamik 96
Über das Ungenügen komparativer Philosophie 96
Der Schock des Offenen 100
1.8 Wiederholung und Zuspitzung 101
2. Immanente Transzendenz. Ist chinesisches Denken konformistisch? 111
Konformismus und Verabsolutierung der Immanenz 111
Geschlossener Immanenzzusammenhang 114
Das Dispositiv als Modell und totalitäre Macht 118
Macht ohne Widerstand? 122
Die Welt als Gefängnis 127
Transzendenz als das der Natur ephemer Entragende 133
Immanente Transzendenz als transkulturelles Problem 137
3. China: Utopie, Dystopie, Heterotopie, Atopie? 140
Griechenland und China 140
Diskurs und Übung 147
Krise europäischen Denkens? 150
Europa als tröstende Utopie? 158
Atopos oder »Chinese werden« 161
4. Aistethik oder Fadheit und Widerstand 165
Ästhetik als »Lehre des Schönen«? 165
Nacktheit in Europa und in China 170
Transformation und Kritik 177
Alleinsein und Wahrsprechen 182
5. Konfuzianischer (Non-)Konformismus 188
Französisch-deutsche Kommunikationsschwierigkeiten 188
Gibt es »chinesische Philosophie«? 193
Postkonventionelle Ethik 200
Paradigma der Kommunikation 206
Transpositionalität 210
Normativität in Transformation 219
II. SUBJEKTIVITÄT UND POLITIK 229
6. Kritische Kultivierung 231
Die Ökonomie der Subjektivität 231
Kreative Aktivität 234
Atem-Energie (qì 氣) 240
Das Messer des Kochs und der Pinsel des Kalligrafen 247
Kritik der imperialen Ordnung im Subjekt 254
Subjektivität und Leere 258
Schreibkunst und Despotismus 260
7. Energiewandelnde Subjektivität. Über das Buch Zhuāngzǐ als Quelle für eine Demokratie der Zukunft 269
Ein neues Paradigma der Subjektivität 269
Philosophie des Energiewandels? 273
Zwischen Vermögen und Kraft 279
Energiewandel und Pluralität 291
Subjektivierung und Entsubjektivierung 297
8. Restlassen und Restlosigkeit: Ist der Daoismus Teil des kreativen Kapitalismus? 301
Subjektivität und Ökonomie 301
Eine andere Ökonomie des Körpers? 303
Wandlung und Handlung 306
Manipulation und Gegenläufigkeit 311
Für eine Ökonomie des Restlassens 318
9. Aufwärts gegen den Strom: Energiewandel in der chinesischen Literatenmalerei 322
Effektivität und Fadheit 322
Zwischen Verborgenem und Offenbarem 324
Hart und weich 329
Die Nähe un-endlicher Freiheit 334
10. Das Atmen der Freiheit 338
Chinas Demokratisierung 338
Künstlerische oder moralische Kritik? 342
Das Fasten des Herzens 347
Dramatisierung und Entdramatisierung 354
Selbstwandel und Selbstregierung 359
Anmerkungen 369
Literaturverzeichnis 377
Formale Hinweise 399
Vorstudien 401