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"Untypische" Texte im Matthäusevangelium
Studien zu Charakter, Funktion und Bedeutung einer Textgruppe des matthäischen Sonderguts


Zugl.: Diss., TU Dresden, 2004

Dagmar J. Paul

Aschendorff
EAN: 9783402047989 (ISBN: 3-402-04798-5)
372 Seiten, paperback, 16 x 23cm, 2005

EUR 49,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Neben häufiger beachteten Redestoffen gehören zum matthäischen Sondergut auch verschiedene Erzählungen. Diese enthalten teilweise Motive, die in den neutestamentlichen Evangelien singulär sind. In der Forschung werden solche Texte bisweilen als "ungewöhnlich", "apokryphennah" oder "legendenhaft" bezeichnet.

Obgleich es verschiedene Hinweise auf mögliche Beziehungen oder Ähnlichkeiten gibt, wurden die so charakterisierten Erzählungen bisher kaum umfassender im Zusammenhang betrachtet. Die vorliegende Arbeit widmet sich deshalb speziell dieser Textgruppe. Einzeltextuntersuchungen, die Einordnung der Motive in den nichtchristlichen antiken Kontext und ein Vergleich mit apokryphen Entwicklungen bieten Ansatzpunkte, die Eigenart dieser Sonderguterzählungen konkreter zu fassen. Die Methodik der Erzählanalyse ermöglicht eine Annäherung an die spezifische Funktion der Textgruppe innerhalb der matthäischen Jesusgeschichte. Eng damit verbunden ist die Frage, inwiefern sich die untersuchten Sonderguterzählungen mit ihren singulären Motiven einerseits in das theologische Konzept des Matthäusevangeliums einfügen, andererseits aber auch theologische Aussagen akzentuieren. Mit diesem Blick auf die Eigenart sowie die literarische und theologische Wirksamkeit der Textgruppe kann ein weiterer Mosaikstein in das Gesamtbild der redaktionellen Gestaltung des Matthäusevangeliums eingefügt werden.
Rezension
Gemäß der Zwei-Quellen-Theorie, die das synoptische Problem am besten erklärt, bieten die zwei späteren Evangelisten Lukas und Matthäus nach dem Markusevangelium nicht nur diesem gegenüber zusätzlichen Stoff aus der Logienquelle Q, sondern bieten auch noch je eigenes Sondergut. Um einen Teil dieses Sonderguts bei Matthäus geht es in dieser Dissertation: Erzähltexte mit einer gewissen Nähe zu apokryphen Erzähltexten, insbesondere 1) aus den von Matthäus nach vorn an den Markusstoff angefügten Kindheitserzählungen: Mt 1,18-25 Umstände der Geburt Jesu / Mt 2,1-12 Die Magier aus dem Osten / Mt 2,13-15.19-23 Die Flucht nach und die Rückkehr aus Ägypten /Mt 2,16-18 Der Kindermord zu Betlehem 47, sowie 2) die Texte um Petrus in Mt 14,28-31 Petrus auf dem Wasser / Mt 17,24-27 DieTempelsteuerperikope und 3) Texte aus der Passionsgeschichte: Mt 27,3-10 Das Ende des Judas und der Kauf des Blutackers / Mt 27,19 Der Traum der Frau des Pilatus / Mt 27,24f. Händewaschen des Pilatus und „Blutruf' des Volkes / Mt 27,51-53 Ereignisse beim Tode Jesu. Die Arbeit beleuchtet diese Texte erstmals im Zusammenhang und vor dem Hintergrund entsprechender Entwicklungen in den Apokryphen sowie abschließend im Kontext der matthäischen Redaktionsabsicht.

Thomas Bernhard, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
EINLEITUNG 1

1. ZUM THEMA DER ARBEIT 1
1.1 Ausgangspunkt 1
1.2 Zur Textauswahl 3
1.3 Fragestellung?
2. DAS MATTHÄISCHE SONDERGUT IN DER FORSCHUNG 8
3. AUFBAU DER ARBEIT UND VORGEHENSWEISE 13

TEIL I: TEXTUNTERSUCHUNGEN 16

1. TEXTE DER KINDHEITSGESCHICHTE 16
1.1 Mt 1,18-25 Umstände der Geburt Jesu 24
1.2 Mt 2,1-12 Die Magier aus dem Osten 32
1.3 Mt 2,13-15.19-23 Die Flucht nach und die Rückkehr aus Ägypten 40
1.4 Mt 2,16-18 Der Kindermord zu Betlehem 47

2.TEXTE UM PETRUS 51
2.1 Mt 14,28-31 Petrus auf dem Wasser 51
2.2 Mt 17,24-27 DieTempelsteuerperikope 59

3. TEXTE DER PASSIONSGESCHIGHTE 73
3.1 Mt 27,3-10 Das Ende des Judas und der Kauf des Blutackers 73
3.2 Mt 27,19 Der Traum der Frau des Pilatus 83
3.3 Mt 27,24f. Händewaschen des Pilatus und „Blutruf' des Volkes 88
3.4 Mt 27,51-53 Ereignisse beim Tode Jesu 95
3.5 Mt 27,62-66; 28,2-4.11-15 Grabeswächtererzählungen 103

4. ZUSAMMENFASSUNG 117

TEIL II: KONTEXTUELLE EINORDNUNG UND ENTWICKLUNG IN DEN APOKRYPHEN 122

1. DIE MOTIVE IM ANTIKEN KONTEXT 122
1.1 Träume 123
1.1.1 Träume und Traumglauben in der griechischrömischen Antike 123
1.1.2 Träume und Traumglauben im Alten Testament 128
1.1.3 Die mtTräume und das Umfeldl32
1.2 Magier 141
1.3 Kosmische Erscheinungen und Naturereignisse als Zeichen 145
1.3.1 Der Stern bei der Geburt146
1.3.2 Erdbeben zu Tod und Auferstehung 152
1.4 Verfolgung und Rettung des Kindes155
1.5 Gehen auf dem Wasser 159
1.6 Ein wunderbarer Fund im Fisch 162
1.7 Schmählicher Tod des Frevlers 166
1.8 Händewaschen als Bekundung der Unschuld 171
1.9 Grabeswache und Leichendiebstahl 173
1.10 Zusammenfassung 175

2. PARALLELEN UND WEITERENTWICKLUNG IN DEN APOKRYPHEN 179
2.1 Einleitung: Zum Begriff „Apokryphen" 179
2.2 Parallelen und Weiterentwicklung in den Apokryphen 182
2.2.1 Kindheitsevangelien 182
2.2.1.1 Protevangeliumjacobil83
2.2.1.2 Spätere apokryphe Kindheitserzählungen 188
2.2.1.3 Sonstige Bezugnahmen in der apokryphen Literatur 196
2.2.1.4 Zusammenfassung 199
2.2.2 Traditionen um Petrus 202
2.2.3 Apokryphe Schriften zu Passion und Auferstehung Jesu 205
2.2.3.1 Petrusevangelium 205
2.2.3.2 Nikodemusevangelium 211
2.2.3.3 Sonstige Pilatusliteratur 218
2.2.3.4 Zusammenfassung 221
2.3 Apokryphe Entwicklungstendenzen und das mt Sondergut 222
2.3.1 Allgemeine Merkmale von Entwicklungen in den Apokryphen 224
2.3.2 Apokryphe Merkmale und Entwicklungstendenzen in mt Sonderguttexten 229
2.4 Zusammenfassung 232

TEIL III: DIE SONDERGUTERZÄHLUNGEN IM RAHMEN DES MATTHÄUSEVANGELIUMS 234

1. EINORDNUNG IN DIE MATTHÄISCHE ERZÄHLUNG 234
1.1 Methodische Vorbemerkungen 234
1.2 Stellung innerhalb des Erzählganzen 236
1.2.1 Verortung innerhalb der Gliederung 236
1.2.1.1 Die Kindheitsgeschichte innerhalb des Prologs (1,1[2]-4,16) 239
1.2.1.2 Mt 14,28-31 innerhalb des ersten Hauptteils (4,17-16,20) 241
1.2.1.3 Mt 17,24-27 im ersten Abschnitt des zweiten Hauptteils (16,21-20,34) 241
1.2.1.4 Die Einschübe in die Passionsgeschichte am Ende des zweiten Hauptteils (26-28) 243
1.2.2 Kausale Verknüpfungen 244
1.3 Konfliktlinien in der mt Jesusgeschichte 248
1.3.1 Konflikt zwischen Jesus und Israel, insbesondere den jüdischen Autoritäten 249
1.3.2 Konflikt zwischen Jesus und seinen Jüngern 252
1.3.3 Konflikt zwischen Gott und Satan 253
1.4 Personen der Handlung 254
1.4.1 Die Hauptgestalt: Jesus 255
1.4.2 Wichtige Personengruppen 259
1.4.2.1 Die Juden/Israel 259
1.4.2.2 Die Jünger 264
1.4.3 Randfiguren 266
1.4.3.1 Mehrfach genannte Personen 266
1.4.3.2 Personen, die nur im mt Sondergut vorkommen 269
1.5 Fazit: Aspekte der Leserlenkung 272

2. THEOLOGISCHE SCHWERPUNKTE 279
2.1 Die Erfüllungszitate 279
2.1.1 Besonderheiten der Formel 280
2.1.1.1 hypo Kupiou (1,23; 2,15) 280
2.1.1.2 tote bei Jeremia-Zitaten (2,17f.; 27,9f.) 281
2.1.1.3 Der Plural dia ton propheton (Mt 2,23) 282
2.1.2 Geographische Anknüpfungen als Bezug zum Kontext 283
2.1.3 Die Kumulation der Erfüllungszitate in der Kindheitsgeschichte (Mt 1f.) 285
2.1.4 Das Verhältnis zu den Erfüllungszitaten im übrigen Evangelium 287
2.1.5 Zusammenfassung 288
2.2 Christologische Aspekte 288
2.2.1 Christologische Aspekte der Kindheitsgeschichte 289
2.2.1.1 Jesus als Gottessohn 289
2.2.1.2 Jesus als Davidssohn 291
2.2.1.3 Jesus als König der Juden - Hirt seines Volkes 292
2.2.1.4 Jesus, der Messias 293
2.2.1.5 Jesus als Immanuel 295
2.2.1.6 Jesus, der Retter seines Volkes von den
2.2.1.7 Jesus, der Nazoräer 297
2.2.2 Sonstige christologische Aspekte298
2.2.3 Zusammenfassung 301
2.3 Das Volk Gottes: Israel und die Heiden 302
2.3.1 Israel verwirft seinen Messias 303
2.3.2 Heiden als Glaubende 305
2.3.3 Israel und die Heiden: Von der partikularistischen zur universalen Sicht 308
2.4 Jüngerschaft 314
2.4.1 Petrus, der herausragende und der typische Jünger 314
2.4.1.1 Die Sonderstellung des Petrus im Jüngerkreis 315
2.4.1.2 Petrus als typischer Jünger 316
2.4.2 Judas, der reuige Verräter 319
2.4.3 Zwei unterschiedliche Jüngerbilder: Petrus und Judas 320
2.5 Zusammenfassung 321

SCHLUSS 324

1. ZUR EIGENART DER UNTERSUCHTEN TEXTGRUPPE 324

2. ZUR FUNKTION UND BEDEUTUNG FÜR DIE MT JESUSGESCHICHTE 328

3. RÜCKSCHAU MIT AUSBLICK: WEITERFÜHRENDE ÜBERLEGUNGEN 334

LITERATURVERZEICHNIS 339
QUELLEN 340
HlLFSMITTEL345
KOMMENTARE 345
SONSTIGE LITERATUR 346
STELLENREGISTER (AUSWAHL) 359

EXKURSE

ZUM BEGRIFF „LEGENDE" 18
DIE TEMPELSTEUER 65
DIE WENDUNG KAT ONAR 133
ZUR ASTROLOGIE IN DER ANTIKE 146
ZUR SITUATION DER MT GEMEINDE UND ZUR MT POLEMIK / APOLOGETIK 310