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Sonderzug nach Moskau Geschichte der deutschen Russlandpolitik seit 1990
Sonderzug nach Moskau
Geschichte der deutschen Russlandpolitik seit 1990




Bastian Matteo Scianna

Verlag C. H. Beck oHG
EAN: 9783406822100 (ISBN: 3-406-82210-X)
720 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 15 x 23cm, Oktober, 2024, mit 3 Karten, mit 10 Abbildungen

EUR 34,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Kohl, Schröder, Merkel - die wahre Geschichte der deutschen Russlandpolitik

Seit dem 24. Februar 2022 steht die deutsche Russlandpolitik vor einem Scherbenhaufen. Ihre Strategien sind gescheitert. Ihre Grundüberzeugungen erschüttert. In Deutschland und international wird heftig über sie gestritten. War sie von Anfang an verfehlt? Wie weit reichte der Einfluss Russlands und seiner Netzwerke? Befand sich die Bundesrepublik auf einem Sonderweg? Bastian Matteo Scianna hat bislang unzugängliche Archivbestände ausgewertet und legt die erste wissenschaftlich fundierte Aufarbeitung zu einem der umstrittensten Themen der deutschen Zeitgeschichte vor.

Bastian Matteo Scianna hatte Zugang zu unbekanntem Archivmaterial aus dem In- und Ausland, unter anderem zu den Akten des Kanzleramts unter Helmut Kohl, zu den Protokollen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion oder Gesprächsmitschriften aus britischen und amerikanischen Quellen. Seine grundlegende Analyse zeigt, dass die Geschichte viel komplexer ist als manchmal dargestellt. Die deutsch-russischen Beziehungen waren besonders und genossen einen hohen Stellenwert. Es fuhr daher ein Sonderzug nach Moskau. Doch stand die Bundesrepublik in Europa keineswegs allein und war nicht nur "blind und naiv", wie manche Kritiker behaupten. Andere Länder glaubten ebenfalls an «Wandel durch Handel» und wollten mit Russland zusammenarbeiten: Die "Utopie der Verflechtung" war keinesfalls ausschließlich Made in Germany. Auch andernorts folgte man internationalen Interessen und erkannte zugleich die Grenzen des eigenen Einflusses auf die Entscheidungen des Kremls. Dass Deutschland heute so stark in der Kritik steht, ist trotzdem teilweise gerechtfertigt: Denn man hatte keinen Plan B und keine Strategie für den Ernstfall. Die Bundeswehr verkümmerte. Die Ukraine wurde nicht aufgerüstet. Dialog, Entspannung und Einbindung waren noble Versuche, die aber ohne eine glaubwürdige Abschreckungspolitik in der Luft hingen und am Ende zusammen mit energiepolitischen Irrwegen die Sicherheit Europas gefährdeten.

"Ich bin sehr dafür, dass man die Russlandpolitik seit 1990 in einer Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages untersucht." Ruprecht Polenz

- Die erste historische Aufarbeitung der deutschen Russlandpolitik seit 1990

- Anhand von bisher unzugänglichem Archivmaterial

- Der Ein-Mann-Untersuchungsausschuss zur deutschen Russlandpolitik

- Hintergründe, Kontext und Einordnungen zu einem der umstrittensten Themen der deutschen Zeitgeschichte

- Eine faszinierende Zeitreise durch die Außenpolitik der letzten 35 Jahre

Bastian Matteo Scianna ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Privatdozent am Historischen Institut der Universität Potsdam.
Rezension
Was ist seit der deutschen Wiedervereinigung und dem Ende des Ost-West-Konflikts 1989/1990 hinsichtlich der deutschen Rußlandpolitik (falsch) gelaufen, daß es seit Februar 2022 zu Rußlands Angriffskrieg gegen die Ukraine gekommen ist und damit definitiv der Ost-West-Konflikt wieder vorhanden ist? Dieses Buch mit dem an Udo Lindenbergs "Sonderzug nach Pankow" anspielenden Titel beschreibt differenziert die Geschichte der deutschen Russlandpolitik seit 1990 unter Kohl, Schröder und Merkel: Seit dem 24. Februar 2022 steht die deutsche Russlandpolitik vor einem Scherbenhaufen. Ihre Strategien sind gescheitert. Ihre Grundüberzeugungen erschüttert. In Deutschland und international wird heftig über sie gestritten. War sie von Anfang an verfehlt? Wie weit reichte der Einfluss Russlands und seiner Netzwerke? Befand sich die Bundesrepublik auf einem Sonderweg? Dialog, Entspannung und Einbindung waren noble Versuche, die aber ohne eine glaubwürdige Abschreckungspolitik in der Luft hingen und am Ende zusammen mit energiepolitischen Irrwegen die Sicherheit Europas gefährdeten. Ziel dieses Buchs ist es dennoch, politische Entscheidungen auf Basis des damaligen Kenntnisstandes zu erklären und zu verstehen, nicht pauschal zu verurteilen.

Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Schlagwörter:
21. Jahrhundert, Außenpolitik, Deutschland, Diplomatie, EU, Geopolitik, Geschichte, Jelzin, NATO, Politik, Putin, Russische Föderation
Inhaltsverzeichnis
Einleitung 11

Mythos Ostpolitik 19
Tauroggen, Rapallo und der Hitler-Stalin-Pakt 19
Westbindung und Neue Ostpolitik 26

Teil I:
Die Ära Kohl. Auf der Suche nach Stabilität in einem Europa vieler Zeitenwenden
(1989–1998)

1. Helmut Kohl und die Sowjetunion 37

2. Die deutsche Einheit und der Zusammenbruch der Sowjetunion (1990/91) 43
Jahr der Instabilität 54

Enter Jelzin 62
Die EG / EU- und NATO-Erweiterungen 66
Goodbye Gorbatschow 72

3. Jelzins neues Russland? (1992/93) 76

Die Zukunft im Baltikum 81
Besuchsdiplomatie und Denkschriften 84
Krisen und Brände an der Peripherie (1993) 95
Die Innere Lage Russlands 100

4. Das Ende des Tauwetters: Die NATO-Osterweiterung, Jelzins Autoritarismus und Tschetschenien
(1993–1998) 108

Die NATO-Osterweiterung 109
Der Krieg in Tschetschenien 118
Keine Reformer, sondern Klagen und Drohungen 125
Einbindung trotz Entfremdung 128
Das «Supermächtewahljahr» 1996 133
Wachsender Unmut und die Erweiterung der NATO 142
Außer Spesen nichts gewesen? Krisen und Konflikte im letzten Amtsjahr Kohls 149

Teil II:
Die rot-grünen Jahre. Handel ohne Wandel
(1998–2005)


1. Der kurze Draht nach Osten. Gerhard Schröder zwischen West- und Ostpolitik vor 1998 163

Weltpolitiker in Niedersachsen 168

2. Holpriger Start (1998–2000) 172

Kosovo 178
Unterkühlter Beginn 182
Eine europäische Russlandpolitik? 186
Enter Putin 190
Tschetschenien 193
Erste Warnsignale 200

3. Neue Herzlichkeit (2000/01) 205

Die Annäherung 205
Der 11. September 2001 und das folgende Tauwetter 211
Die amerikanischen Raketenabwehrpläne und die nächste NATO-Erweiterung 219

4. Die ostpolitische Dimension des Irak-Krieges 227

Die deutsche Haltung: vorauseilendes Veto ohne Vetomacht 230
Putins Irakpolitik und Konvergenzen mit Berlin 236
Schlüsseljahr 2003: Europäische Spaltung – neue Troika 242
Die Folgen des Irak-Krieges 248

5. Handel ohne Wandel (2002–2005) 253

Bilaterale oder europäische Russlandpolitik? 2003/04 256
Kritik an der Schröder’schen Russlandpolitik 260
Die OSZE, die neue Nachbarschaftspolitik und die Farbenrevolutionen 263
Regierungswechsel und Status quo am Ende der rot-grünen Jahre 268
Nord Stream 272

Teil III:
Die Ära Merkel/Steinmeier. Führung ohne Abschreckung oder Eindämmung
(2005–2021)


1. Prägungen auf dem Weg ins Kanzleramt 277

Die «russische» Kanzlerin? 278
Die Oppositionsführerin (2002–2005) 283

2. Jahre zunehmender Spannungen (2005–2007) 289

Außenpolitik in der Ära Merkel 289
Ambivalente Anfänge 294
Europäisierte Russlandpolitik 303
Putins Paukenschlag in München 309
Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft 313

3. Das Krisenjahr 2008 und die Folgen 321

Die Unabhängigkeit des Kosovo 323
Vor dem Gipfel in Bukarest 326
Die Ausgangslage 329
Entscheidung in Bukarest 338
Eine Urkatastrophe? 344
Der russisch-georgische Konflikt 346
Der «Steinmeier-Plan»: ein vergessener diplomatischer Versuch 349
Krieg im Kaukasus 354
Die Lotsin geht an Bord 358
Kurswechsel des Westens? 363
Neustart nach der Krise? Die Reaktion der EU 371
Die neue Energiepolitik der EU 378

4. Neubeginn oder Kalter Frieden? Jahre des Übergangs (2009–2013) 385

Tauwetter und neue Sicherheitsstrategien? (2009–2010) 385
Eine schwarz-gelbe Russlandpolitik? 392
Die Meseberg-Initiative 398
Der Arabische Frühling und die Krise in Russland (2011/12) 403
«Deutsch-russische Eiszeit» (2012/13) 406

5. Zäsur ohne Zeitenwende (2014/15) 411

Das EU-Ukraine-Assoziierungsabkommen und der Euro-Maidan 412
Die Annexion der Krim und die Reaktion des Westens 421
Die Eskalation im Osten der Ukraine, Frühling 2014 430
Krisensommer 438
Minsk I 441
Deutsche Debatten 447
Auf dem Weg zu Minsk II 452
Die Woche der Wahrheit, 5.– 12. Februar 2015 455
Minsk II 462 Neue Wege und neue Krisen 467

6. Nord Stream 2: der Spaltpilz 474

Auswirkungen auf die Ukraine und die EU 478
Ein explosives Projekt? 484

7. Bewegung oder Starre? (2016–2021) 489

Neue diplomatische Versuche 489
Trump, Macron und die Russlandsanktionen 494
Multiple Stresstests: Morde, Zölle und eine wankende Supermacht (2018) 503
Zwist im Westen, neue Bedrohungen und kleine Lichtblicke 508
Der vergessene Gas-Deal 515
Bündnis mit Biden? 524
Die deutsch-amerikanische Einigung im Juli 2021 533

Teil IV:
Der Blick in den Abgrund
(2021/22)


Neuer Kanzler, alte Sorgen 541
Countdown zum Krieg 544
Auftakt zur Zeitenwende 552

Fazit:
Der entgleiste Sonderzug


Die Kohl-Jahre: die geglückte Stabilisierung Osteuropas 558
Der «deutsche Weg» mit und über Moskau unter Gerhard Schröder 559
Führung ohne Eindämmung: Russlandpolitik in der Ära Merkel/Steinmeier 561
Utopie der Verflechtung ohne Rückversicherung 566
Appeasement oder Abschreckung? 570

Dank 579
Abkürzungsverzeichnis 581
Anmerkungen 583
Karten 711
Personenregister 717