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Sehnsucht Spielfilme im Religionsunterricht der Sekundarstufe I/II
Sehnsucht
Spielfilme im Religionsunterricht der Sekundarstufe I/II




Ulrike Baumann, Michael Benedetti, Rudolf Schlegel, Jörg Schleifer, Vera Schulte, Ellen Voigt

Pädagogisch-Theologisches Institut, Bonn
ISBN: 35
122 Seiten, paperback, 21 x 30cm, 2002

EUR 12,40
alle Angaben ohne Gewähr

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Umschlagtext
Materialien und Entwürfe XXXV



Seh(n)sucht - Spielfilme im Religionsunterricht der Sekundarstufe 1/11



ERARBEITET VON DER PROJEKTGRUPPE SEK II am PTI-Bonn:

Ulrike Baumann, Michael Benedetti, Silke Micheel, Rudolf Schlegel, Jörg Schleifer, Vera Schulte, Ellen Voigt



REDAKTION: Ulrike Baumann
Inhaltsverzeichnis
VORWORT

„STADT DER ENGEL“
Ein religiöser Mythos im Film
Ulrike Baumann

WAS IST DIE MATRIX?
Anregungen zur Auseinandersetzung mit einem populären Film im Religionsunterricht
Michael Benedetti

„STIGMATA. FÜRCHTE DAS BÖSE, BETE, DASS DU VERSCHONT BLEIBST“
Exegetische Entdeckungen mit Hilfe eines modernen Films
Ellen Voigt

„THE BEACH“
Auseinandersetzung mit dem Paradiesmotiv
Jörg Schleifer
Leseprobe
VORWORT
Seh(n)sucht - dieser Titel unseres Heftes soll auf ein Phänomen hinweisen, das für den Erfolg eines breitenwirksamen Kinofilms entscheidend ist: die Faszination. Von einem Spielfilm erwarten die Zuschauerinnen und Zuschauer, dass er sie in ihren Bann zieht und ihnen für mindestens 90 Minuten erfüllte Zeit schenkt. Ein Film fasziniert in dieser Weise, wenn er durch Sprache, Bilder und Musik eine spannende Geschichte erzählt. Bei denen, die solche Geschichten miterleben, können sie als machtvolle innere Bilder wirksam werden. Nicht nur die heilende Macht des Guten, der Liebe, der Rettung und Erlösung kann hier zur Wirkung kommen, sondern auch die zerstörende Macht des Bösen, des Hasses, der Gewalt und des Todes. Spielfilme sind offene Medien, die Menschen bewegen und ihr Erleben ansprechen wollen. Die Emotionalisierung gehört wesentlich zum Film. Als Ort, an dem solche machtvollen Erzählungen wirksam werden können, ist das Kino eine der wichtigsten Einrichtungen der populären Kultur. Natürlich sind populäre Filme unter ökonomischen Gesichtspunkten marktgerecht produziert worden. Aber selbst gegen ihren eigenen Anspruch, nur unterhalten zu wollen, lassen sie sich auch als Werke interpretieren, in denen Wahrheiten des gesellschaftlichen und persönlichen Lebens zur Darstellung gebracht werden. Die Filme ließen sich als Ware gar nicht verkaufen, wenn sie nicht durch Geschichten faszinierten, die als wahr erlebt werden können.
In vielen Spielfilmen sind heute religiöse Motive zu finden. Sie verarbeiten in aktualisierender und oft faszinierender Weise Symbole und Mythen, die aus den religiösen Traditionen stammen. Das Verhältnis von Kino und Religion ist damit nicht nur, aber doch sehr deutlich ein für die Lebenswelt von Jugendlichen und jungen Erwachsenen relevanter Gegenstand. Es wird angenommen, dass der Besuch aufwendig gestalteter Kino-Zentren für viele Jugendliche selbst schon ein religiöser Akt ist. Aber wir wissen noch wenig über die subjektive Rezeption religiöser Themen aus der populären Kultur. Ob hier schon von einer religiösen Sozialisation eigener Art gesprochen werden kann, gilt es erst noch zu klären. Fraglich ist auch, wie weit die populäre Kultur, von der Kinofilme ein entscheidender Teil sind, auf die religiösen Symbole - vornehmlich die jüdisch- christlichen - angewiesen ist, um faszinieren zu können. In jedem Fall machen Filmschaffende heute in vielfältiger Weise von diesen Symbolen Gebrauch. Sie werden häufig so inszeniert, dass sie unter den Betrachtenden kaum jemand unberührt lassen. Damit können Spielfilme möglicherweise eigene Zugänge zu religiösem Fühlen, Denken und Sprechen eröffnen.
„Jetzt will ich es aber genauer wissen“, heißt die Frage, die zur Filmanalyse überleitet. Im analytischen Vorgehen und thematischen Vertiefen liegen die besonderen Möglichkeiten der Schule, auch im Religionsunterricht. Die Beiträge dieses Heftes wollen unterschiedliche Wege aufzeigen, wie ein Spielfilm als zentrales Medium zur Auseinandersetzung mit theologischen Themenfeldern im Religionsunterricht genutzt werden kann. Es wurden bewusst solche Filme ausgewählt, die unter Jugendlichen populär sind oder bei denen sie sich selbst eine Behandlung im Unterricht gewünscht haben. Sie werden hier nicht in erster Linie unter dem Gesichtspunkt der Machart, etwa der Analyse von Schnittfolgen und Einstellungen aufgegriffen, obwohl eine solche Interpretation unter ästhetischen Gesichtspunkten einfließt. Es geht um die Erschließung religiöser Dimensionen, die in den Filmgeschichten angeboten werden.
„Stadt der Engel“ greift den alttestamentlichen Mythos von der Liebe der Gottessöhne zu den Menschentöchtern auf. Durch eine Aktualisierung dieses Mythos wird gezeigt, wie mitten in der Rationalität der Moderne Transzendenz aufscheint und eine vieldimensionale Sicht des menschlichen Lebens ermöglicht.
„Matrix“ ist ein sehr komplexes Werk, das unterschiedliche Themenbereiche anspricht, z.B. die Fragen nach menschlicher Identität und Erkenntnisfähigkeit. Zentral ist in diesem Film die menschliche Sehnsucht nach Erlösung, zu der die Liebe ein Weg sein kann, so dass er eine Behandlung im Zusammenhang christologischer Fragestellungen erlaubt.
„Stigmata“ bietet die Möglichkeit, einseitige Vorstellungen von Kirche im Unterricht bewusst zu machen und zu einem differenzierten Kirchenbild zu führen. Dabei kommen auch ungewohnte Frömmigkeitsformen in den Blick. Außerdem kann nach Gründen der Kanonbildung und dem legitimen Umgang mit religiösen Schriften gefragt werden. Gerade die Auseinandersetzung mit einem Film, der in dieser Hinsicht populäre Vorurteile reproduziert, kann sich lohnen, wie das Unterrichtsbeispiel in diesem Heft zeigt.
„The Beach“ knüpft an die besonders bei jungen Erwachsenen verbreitete Sehnsucht an, den Einseitigkeiten der modernen Lebenswelt mit ihrer Rationalität zu entfliehen und in überschaubaren Gruppen ein besseres Lebensmodell zu etablieren. Die Auseinandersetzung mit dem Paradies-Motiv legt sich nahe und die Frage nach dem Menschen, der nicht einfach jenseits von Gut und Böse leben kann.
Mein besonderer Dank gilt der Kollegin und den Kollegen, die mit diesen Filmen Religionsunterricht durchgeführt und ihre didaktischen Überlegungen und praktischen Erfahrungen für diese Veröffentlichung dokumentiert haben.
Michael Benedetti ist Pfarrer und erteilt seit 1995 evangelischen Religionsunterricht am Landrat-Lukas-Gymnasium in Leverkusen-Opladen.
Jörg Schleifer unterrichtet seit 1996 als Studienrat an der Viktoriaschule in Aachen, einem Gymnasium in der Trägerschaft der Ev. Kirche im Rheinland, die Fächer Deutsch und Ev. Religionslehre.
Ellen Voigt ist seit 1996 Studienrätin an der Gesamtschule Wuppertal-Langerfeld für die Fächer Mathematik und Ev. Religionslehre.
Ich selber bin am Pädagogisch-Theologischen Institut der Ev. Kirche im Rheinland als Dozentin mit dem Schwerpunkt Religionsunterricht an Gymnasien tätig. In dieser Funktion möchte ich allen Mitgliedern unserer Projektgruppe Sekundarstufe 11/1 danken für die engagierte Zusammenarbeit und die intensive Diskussion aller Beiträge, ohne die das Material in der vorliegenden Form nicht hätte erscheinen können. Wir hoffen, dass wir mit unseren Überlegungen Lehrerinnen und Lehrern den religionspädagogischen Zugang zu einem wichtigen Medium der populären Kultur erleichtern können.
Bad Godesberg, im Oktober 2001 Ulrike Baumann