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Präsentisches Verstehen
Einführung in die philosophische Hermeneutik
Volker Schürmann
Meiner Hamburg
EAN: 9783787346691 (ISBN: 3-7873-4669-4)
324 Seiten, kartoniert, 13 x 21cm, September, 2024
EUR 29,90 alle Angaben ohne Gewähr
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Rezension
„Verstehen ist das Wiederfinden des Ich im Du.“, schrieb der Philosoph Wilhelm Dilthey. Ein anderer Stelle heißt es bei ihm: „Die Natur erklären wir, das Seelenleben verstehen wir.“ Was ist Verstehen? Welches sind zentrale Strukturmomente des Verstehens? Wodurch unterscheidet es sich vom Erklären? Korreliert die Unterscheidung Verstehen und Verstehen zu der von Handeln und Verhalten? Kann man Sinn und Bedeutung voneinander unterscheiden? Was ist der Gegenstand der philosophischen Hermeneutik? Wie hängen Reden und Verstehen zusammen? Gibt es eine Wahrheit des Verstehens? Welche Rolle spielt Verstehen in der Sportphilosophie? Sind Techniklernen und Bewegungslernen voneinander zu unterscheiden?
Fundierte Antworten auf diese Fragen der Hermeneutik liefert der ausgewiesene Sportphilosoph Volker Schürmann in seinem Band „Präsentisches Verstehen. Eine Einführung in die philosophische Hermeneutik“, publiziert im Felix Meiner Verlag. Der Wissenschaftler nimmt darin u.a. Bezug auf Georg Misch, Helmuth Plessner, Josef König und Hans-Georg Gadamer. Eine Berücksichtigung von Otto Friedrich Bollnows philosophischer Hermeneutik und hermeneutischer Philosophie vermisst man in der Monographie. Lehrkräfte der Fächer Philosophie, Ethik und Sport erhalten durch das vorliegende Buch Grundlagenwissen zur philosophischen Hermeneutik. Lehrkräfte der Fächer Philosophie und Ethik werden durch den vorliegenden Band jedenfalls motiviert, sich in ihrem Fachunterricht mit der Philosophie des Verstehens problemorientiert auseinanderzusetzen.
Fazit: Volker Schürmanns ist als Einführung in die Hermeneutik bzw. philosophische Hermeneutik sehr gut geeignet. Außerdem wird in ihm der Weltzugang des Verstehens in Bezug zur Bewegungspädagogik gestellt, was wenig bekannte interdisziplinäre Perspektiven eröffnet.
Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Anliegen dieses Buches ist es, den Unterschied zwischen Verstehen und Erklären verständlich zu machen und in die Hermeneutik als Lehre des Verstehens einzuführen. Hermeneutik wird allerdings heute oft als Methodenlehre verstanden, als Kunst der Auslegung von Sinn, ohne weitere Reflexion darauf, was Sinn meint und wie er das Auszulegende konstituiert. Dieser begriffsgeschichtlich verkürzten Auffassung setzt Volker Schürmann eine andere, eine philosophische Hermeneutik entgegen.
Die Abgrenzung philosophischer Hermeneutik von bloßer Methodenlehre nimmt der Autor dabei unter Rückgriff auf Georg Misch vor und nicht wie üblicherweise unter Bezug auf Martin Heidegger und Hans-Georg Gadamer, was einen Unterschied ums Ganze macht: einen Unterschied im Verständnis von Freiheit. Zudem eröffnet dieser Band eine besondere Perspektive, nämlich eine aus Sicht der Sportphilosophie, die für die akademische Philosophie nach wie vor ein unbeschriebenes Blatt ist. Denn der alte Befund von Helmuth Plessner, dass die Philosophie in der Regel dort endet, wo der Körper beginnt, scheint nach wie vor gültig zu sein. Sportphilosophie aber ist als philosophische Konzeption, in der von den körperlichen Bewegungen und nicht von den bewegten Körpern/Leibern her gedacht wird, ein guter Ausgangspunkt, um eine praxeologische Hermeneutik zu begründen, die durch die Praxisform des personalen und damit sinnverstehenden Handelns bestimmt ist.
Das Verstehen sportlicher Bewegungen ist ein besonders geeigneter Fall, um die übergreifende Bedeutung des Verstehens zu erkennen: gerade heute, wenn Big-Data-Wissenschaft als bloße Mustererkennung den offensiven Verzicht auf Verstehen proklamiert.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort9
1. Ein Raster der Hermeneutik13
1.1 Vorgriff13
1.2 Was im Namen der Hermeneutik zu klären ist19
1.3 Was meint Hermeneutik?25
1.4 Warum eine Hermeneutik sportlicher Bewegungen?32
1.5 Was meinen Sinn und Bedeutung?35
1.6 Präsenz: Nicht diesseits, sondern in der Hermeneutik44
1.7 Was Hermeneutik nicht ist48
1.8 Bedingungsgefüge und Bedeutungsgewebe54
1.9 Die Programmatik, im Vergleich58
2. Handeln und Verhalten63
2.1 Personen als exzentrisch Positionierte63
2.2 Sinnhafte Welten vs. asinnhafte Umwelten71
2.3 Personen, Menschen, soziale Akteure75
2.4 Verhalten als Benehmen78
2.5 Handeln vs. Verhalten als Behaviour89
2.6 Zwischenfazit I: Ontologie des Lebens100
2.7 Antworten und Reagieren103
2.8 Verhaltenstheorie114
2.9 Tätigkeitstheorie119
2.10 Zwischenfazit II: Handeln als Tätigkeit122
2.11 Relevanz am Fall: Lernen, Erziehen, Bilden126
3. Bewegungspädagogik133
3.1 Techniklernen134
3.2 Techniklernen, aus der Sicht der Bewegungspädagogik137
3.3 Bewegungslernen, aus der Sicht der Sportmotorik146
3.4 Zwischenfazit: Bewegungspädagogik und Sportmotorik158
3.5 Kritik der Bewegungspädagogik161
3.6 Fungierendes Wissen165
4. Präsentisches Verstehen169
4.1 Vorabversicherungen169
4.2 Der Einsatz beim Ausdruck172
4.3 Das Logische der Rede177
4.4 Korollare der Verbindlichkeit der Unergründlichkeit189
4.5 Zwischenfazit I: Reden und Verstehen194
4.6 Ästhesiologie des Geistes202
4.7 Elementares Verstehen205
4.8 Zwischenfazit II: Der lebensphilosophische Grundzug217
4.9 Das Logische im Feld des elementaren Verstehens221
4.10 Zwischenfazit III: Misch und Plessner237
5. Praxeologische Hermeneutik251
5.1 Der praxisphilosophische Grundzug251
5.2 Die Praxisform des Personalen258
5.3 Die Vollzugsform des Personalen262
5.4 Parteilichkeit264
5.5 Das Fremde im Verstehen274
5.6 Die Wahrheit des Verstehens282
5.7 Nachklang285
Anmerkungen287
Literatur301
Personenregister321
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