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Patientenverfügungen Rechtliche und ethische Aspekte
Patientenverfügungen
Rechtliche und ethische Aspekte




Torsten Verrel, Alfred Simon

Reihe: Ethik in den Biowissenschaften


Verlag Karl Alber
EAN: 9783495484371 (ISBN: 3-495-48437-X)
112 Seiten, paperback, 14 x 21cm, 2010

EUR 12,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Verlag Karl Alber
Rezension
Das Lebensende rückt immer weiter nach hinten; die durchschnittliche Lebenserwartung steigt in den Wohlstands-Ländern dieser Erde kontinuierlich an, die Anzahl der Hochbetagten in der Gesellschaft steigt und damit stellen sich neue ethische Probleme, Fragen und Bedürfnisse nach einem menschenwürdigen Sterben. Zugleich ergeben sich angesichts der demographischen Entwicklung Probleme der Organisierbarkeit und der Finanzierbarkeit insbesondere von Hospizarbeit und Palliativmedizin. - In den Problemfeldern der praktischen Ethik nimmt die Medizinethik bzw. die Ethik in den Biowissenschaften (vgl. Name der Reihe) und dort insbesondere die Debatte um Probleme am Anfang und Ende des Lebens gegenwärtig sicherlich eine über die Maßen bedeutsame Rolle ein; erstmals in der Geschichte der Menschheit ist nicht mehr klar, wann ein Mensch tot ist und wann Leben beginnt. Innerhalb der neueren Sterbehilfe-Debatte, die in Deutschland natürlich durch die Verbrechen der nationalsozialistischen Terror-Diktatur belastet ist, stellt die Frage nach dem Patientenwillen, nach der Patientenverfügung eine eigenständige und diffizile Problematik dar. Dieser Band informiert in rechtlicher und ethischer Hinsicht über das Thema Patientenverfügung: Bei den Überlegungen, die Verbindlichkeit von Patientenverfügungen durch eine gesetzliche Verankerung zu stärken, stellen sich weitreichende ethische und rechtliche Fragen: Wie verhalten sich die ethischen Prinzipien der Selbstbestimmung des Patienten und der ärztlichen Fürsorge zueinander? Wie ist die Reichweite einer Patientenverfügung zu bestimmen: Soll sie auch für Patienten im Wachkoma und für demenzkranke Menschen gelten? Müssen Wirksamkeitsvoraussetzungen wie eine Beratung bei der Erstellung einer Patientenverfügung oder die schriftliche Form gegeben sein? Etc.

Jens Walter, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Am 1. September 2009 ist das „Dritte Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts" in Kraft getreten. Mit dieser Gesetzesänderung wird das Instrument der Patientenverfügung erstmals im Betreuungsrecht geregelt. Patientenverfügungen sollen das grundrechtlich verbürgte Selbstbestimmungsrecht für Behandlungssituationen am Lebensende absichern, in denen die Entscheidungskompetenz der betroffenen Person verloren gegangen ist. Personen reagieren mit den Verfügungen vorab auf die Möglichkeit, bei spezifischen Erkrankungen oder Verletzungen durch die medizinische Versorgung in unerträgliche Situationen zu geraten. In solchen Fällen ziehen die sich erklärenden Personen zum Zeitpunkt der Abfassung den Eintritt des Todes vor und wollen verhindern, dass ihr Leben durch ärztliche Eingriffe verlängert wird. Es erweist sich allerdings oftmals als schwierig, Lebensschutz, Selbstbestimmung und Fürsorge in ein angemessenes Verhältnis zu bringen. Patientenverfügungen sind nicht geeignet, diese Schwierigkeiten grundsätzlich aufzuheben, sie sind aber ein wichtiges Instrument, den Dialog zwischen Patienten, Angehörigen, Ärzten und Pflegepersonal verbindlicher zu gestalten.
Der vorliegende Sachstandsbericht führt in die intensive rechtliche und ethische Debatte um die Patientenverfügungen ein, stellt die neue Rechtslage ausführlich dar und diskutiert sie sowohl aus juristischer als auch aus ethischer Perspektive.

Autoreninfo:
Alfred Simon, PD Dr. phil., Geschäftsführer der Akademie für Ethik in der Medizin, Göttingen.
Torsten Verrel, Prof. Dr. jur., Professor für Kriminologie, Jugendstrafrecht und Strafvollzugswissenschaft an der Universität Bonn sowie geschäftsführender Direktor des Kriminologischen Seminars, Bonn.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 9

I. Rechtliche Aspekte (Torsten Verrel) 13

1. Einleitung 13

2. Grundlagen 14
2.1 Patientenverfügungen im System der Vorsorgeinstrumente . 14
2.2 Der lange Weg zu einem Patientenverfügungsgesetz 15
2.3 Patientenverfügungen als intradisziplinärer Regelungsgegenstand 20
2.3.1 Strafrecht 20
2.3.2 Zivilrecht 21
2.3.3 Verfassungsrecht 23

3. Voraussetzungen für eine unmittelbar bindende Patientenverfügung (§19013 Abs. 1 BGB) 24
3.1 Inhaltliche Anforderungen 24
3.2 Situationsbezogenheit 26
3.3 Auslegungsspielräume 28
3.4 Einwilligungsfähigkeit, Volljährigkeit und Willensmängelfreiheit 29
3.5 Schriftform 30
3.6 Widerruf 31
3.7 Irrelevanz des Krankheitsstadiums (§ i9Oia Abs. 3 BGB) und sonstige nicht Gesetz gewordene Einschränkungsvorschläge 31
3.8 Sonderproblematik: Patientenverfügung und Demenzerkrankung 33

4. Umsetzung bindender Patientenverfügungen 34
4.1 Aufgaben des Betreuers/Bevollmächtigten
(§§ 1901 Abs. 1 und 5, 1905b BGB) 35
4.2 Rolle des Arztes (§1901b Abs. 1 BGB) 37
4.3 Verfahren bei Patienten ohne Betreuer/Bevollmächtigten 38
4.4 Einschaltung des Betreuungsgerichts (§1904 BGB) 41
4.4.1 Genehmigungsbedürftigkeit und -freiheit von vorausverfügten Behandlungsbegrenzungen 41
4.4.2 Bindung an den Willen des Betreuten 43
4.4.3 Vorschriften für das Genehmigungsverfahren 43

5. Rechtslage bei nicht verbindlicher/fehlender Patientenverfügung (§ 19013 Abs. 1 BGB) 44
5.1 Maßgeblichkeit auch des nicht vorausverfügten Patientenwillens 45
5.2 Verhältnis von Behandlungswünschen und mutmaßlichem Willen 47
5.3 Feststellung des mutmaßlichen Willens 48
5.4 Unergiebigkeit der Willenserforschung 49

6. Ausblick 51
Zitierte Gesetze 53
Rechtsprechung 53
Literatur 54

II. Medizinethische Aspekte (Alfred Simon) 59

Einleitung 59

1. Die Debatte um eine gesetzliche Regelung der Patientenverfügung 61
1.1 Hintergrund der Debatte 62
1.2 Stellungnahmen und Empfehlungen 64
1.3 Gesetzesentwürfe 68

2. Empirische Studien zu Patientenverfügungen 69
2.1 Befragungen von Patienten und Angehörigen 70
2.1.1 Verbreitung von Patientenverfügungen 70
2.1.2 Verbindlichkeit von Patientenverfügungen 71
2.1.3 Aufgabe und Funktion von Patientenverfügungen 72
2.2 Befragungen von Ärzten, Pflegenden und Betreuungsrichtern 74
2.2.1 Wertschätzung und Funktion der Patientenverfügung 74
2.2.2 Unsicherheit bei der Bewertung von Sterbehilfe 75

3. Normative Grundsätze ärztlichen Handelns 76
3.1 Die ärztliche Indikation 77
3.2 Die Einwilligung des Patienten 78
3.2.1 Autonomie und das Recht auf Selbstbestimmung 78
3.2.2 Einwilligungsfähigkeit und Aufklärung 80
3.2.3 Das Selbstbestimmungsrecht als Abwehrrecht 81

4. Probleme bei der Abfassung und Umsetzung von Patientenverfügungen 82
4.1 Grenzen der Vorhersehbarkeit 82
4.2 Eingeschränkte dialogische Entscheidungsfindung 84
4.3 Mangel an prozeduraler Entwicklung 85
4.4 Vage und interpretationsbedürftige Aussagen 85
4.5 Sich wandelnde Werte, Einstellungen und Entscheidungen 86

5. Zum Verhältnis von Autonomie und Fürsorge 88
5.1 Kritik am »Ethos der Autonomie« 88
5.2 Autonomie und (medizinischer) Paternalismus 90
5.3 Relationale Autonomie 92

6. Ein verantwortungsvoller Umgang mit Patientenverfügungen 93
6.1 Begrenzung der Reichweite 93
6.1.1 Direkte Reichweitenbeschränkung 93
6.1.2 Indirekte Reichweitenbeschränkung 95
6.2 Prozedurale Lösungswege 96
6.2.1 Dialogische Entscheidungsfindung 96
6.2.2 Beratendes Konsil 97
6.2.3 Genehmigung des Betreuungsgerichts 98
6.3 Weitere Wirksamkeitsvoraussetzungen 99
6.3.1 Schriftform 99
6.3.2 Volljährigkeit 99
6.3.3 Aktualisierung 100
6.3.4 Aufklärung und Beratung 100

7. Fazit für die weitere ethische Debatte 101

Zitierte Gesetze 102
Rechtsprechung 102
Literatur 103
Hinweise zu den Autoren und Herausgebern 110