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Nietzsche
Leben und Denken im Bann des Christentums
Christiane Tietz
Verlag C. H. Beck oHG
EAN: 9783406828959 (ISBN: 3-406-82895-7)
250 Seiten, hardcover, 15 x 22cm, August, 2025, Mit 7 Abbildungen
EUR 28,00 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Nietzsches verborgenes Christentum - eine biographische Spurensuche
125. Todestag Nietzsches am 25. August 2025
"Gott ist tot! Gott bleibt tot! Und wir haben ihn getötet!" Nietzsches wohl berühmtester Ausspruch verführt dazu, ihn als radikalen Atheisten zu verstehen. Christiane Tietz zeigt dem gegenüber, wie sehr der Pfarrerssohn, der zunächst selbst Pfarrer werden wollte, der Theologie verhaftet blieb. Jesus schätzte er als «freien Geist». Nietzsches «ewige Wiederkehr des Gleichen» ist eine Umformung des Gedankens, dass der Welt ein göttlicher Plan zugrunde liegt. Die Sprache im «Zarathustra» ist biblisch. Es ist höchste Zeit, den philosophischen Prediger im Kontext der Theologie neu zu entdecken.
Nietzsche wetterte gegen christliche Sünden- und Moralvorstellungen. Andererseits übertrumpfte er die Nächstenliebe durch «Fernsten-Liebe», dachte intensiv über Jesus nach und unterschrieb seine letzten Zettel mit «Der Gekreuzigte». Christiane Tietz beschreibt anschaulich, wie Nietzsche in einem evangelischen Pfarrhaus, durch eine pietistische Mutter, im Internat Schulpforta und schließlich beim kurzen Theologiestudium in vielfältiger Weise protestantisch geprägt wurde, bevor er ein Studium der Altphilologie aufnahm, Schopenhauer und Wagner bewunderte und die Theologie philosophisch umformte. Sie geht den theologischen Strömungen der Zeit nach und zeigt, wie sich sein Denken und seine Sprache im Bann des Christentums entwickelten. Eine faszinierende Spurensuche nach Nietzsches unbekanntem, aber höchst lebendigem Gott.
Christiane Tietz ist seit 2025 Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau und Honorarprofessorin an der Universität Mainz. Zuvor war sie Professorin für Systematische Theologie an der Universität Zürich und hat in Zürich und Sils Maria gelebt. Gastdozenturen und Forschungsaufenthalte u.a. in Cambridge, Chicago, Jerusalem, New York und Princeton belegen ihr internationales Renommee.
Rezension
Kein anderer Denker verkörpert so sehr die „(Post-)Moderne", die Welt nach der „Umwertung aller Werte" wie Friedrich Nietzsche (1844-1900). Er stammte aus einer evangelischen Pfarrersfamilie, besuchte die renommierte Landesschule in Pforta bei Naumburg, studierte in Bonn und Leipzig und wurde mit 25 Jahren Professor der Klassischen Philologie in Basel. Er war ein genialer Denker, Meister der Sprache und begabter Musiker und Komponist. Sein Leben war bestimmt von problematischen Beziehungen, etwa zu Richard Wagner oder Lou Andreas-Salome, und endete in der bedrückenden Einsamkeit des Wahnsinns. - Dabei gilt Friedrich Nietzsche gemeinhin als radikaler Nihilist, als extremer Überwinder und Ablehner des Christentums und seiner (Mitleids-)Moral. Diese Darstellung sieht den Sachverhalt deutlich differenzierter, ohne Nietzsche nun wieder christlich vereinnahmen zu wollen. Die Autorin zeigt, zeigt dem gegenüber, wie sehr der Pfarrerssohn, der zunächst selbst Pfarrer werden wollte, der Theologie verhaftet blieb und seine Sprache und sein Denken vom (protestantischen) Christentum - auch in aller Abkehr - zutiefst geprägt sind. Die Ethik der Nächstenliebe, das Eintrichtern von Schuldgefühlen und weltverneinende Tendenzen des Christentums stießen ihn ab. Doch genau besehen ließ Nietzsche das Christentum nicht hinter sich, - das ist die Kernthese dieses Buchs: Dieses Buch geht der Frage nach, wie Nietzsche von Religion und Theologie geprägt wurde und was diese Prägung für sein Werk bedeutet. Es hat nicht das Ziel, den erwachsenen Nietzsche als religiösen Menschen zu vereinnahmen oder gar zu entlarven. Die These lautet, dass Nietzsche das Christentum als Thema nicht loswurde. In eigenen philosophischen Konzepten arbeitete er sich weiter am Christentum ab. Das, was er selbst als Lösungen für Lebensprobleme anbot, blieb im Bann der Denkfiguren, die er im Christentum kennengelernt hatte.
Jens Walter, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Schlagworte:
19. Jahrhundert
Bibel
Biografie
Biographie
Christentum
Ewige Wiederkunft
Fernstenliebe
Friedrich Nietzsche
Gottesbild
Jesus
Moral
Nietzsche-Rezeption
Pfarrerssohn
Philosophie
pietistische Herkunft
protestantische Prägung
religiöse Spurensuche
Schulpforta
Sprachstil
Theologiestudium
theologisches Erbe
Zarathustra
Pressestimmen:
„Ein Buch, das sich gut zum Einstieg in die Nietzsche Lektüre eignet.“
Philosophie Magazin, Manuela Lenzen
„Nietzsche neu gelesen!“
Rhein-Main-Zeitung, Carsten Knop
„Christiane Tietz zeichnet in ihrem neuen Buch genau nach, was und wer alles Nietzsche prägte.“
SRF, Judith Wipfler
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 9
1. «Sein Bild steht noch lebendig vor meiner Seele»
Kindheit als Sohn eines evangelischen Pfarrers 11
Die weltverneinende Christus-Frömmigkeit des Vaters 12
Fügsam gegenüber Gott: Die Mutter 18
Der frühe Tod des Vaters als Anfrage an Gott 20
Mutter und Sohn allein 22
Rationalistisch und erweckt: Großmutter und Tante 24
Schüler in Naumburg 26
Kindliches Nachdenken über Gott 28
2. «Lieb’ Sünderheilandsbilde!»
Schüler an der Eliteschule Schulpforta 33
Ein monastisch strukturierter Alltag 33
«Grundveste alles Wissens»: Der Religionsunterricht 36
«Dein Name nicht geheiligt werde!» Der Dichter Ernst Ortlepp 41
«Daß ich mich mopsmäßig auf Weihnachten freue» 43
Zweifel am Christentum 43
Heilig oder dämonisch: Die Kirchenmusik 49
3. «In der Unsicherheit des selbständigen Gehens»
Abschied vom Studium der Theologie 53
Vorlesungen in der Theologie 54
Schriftführer im Gustav-Adolf-Verein 58
Familiärer Streit wegen David Friedrich Strauß 60
Mit Friedrich Ritschl nach Leipzig 62
Die Entdeckung Arthur Schopenhauers 65
4. «Apollo konnte nicht ohne Dionysus leben!»
Die neuen Götter der Ästhetik 71
Als junger Professor in Basel 71
Die fromme Basler Bevölkerung 74
Bewunderung für Richard Wagner 75
Abschied vom Christentum und von der absoluten Wahrheit 80
5. « ‹Entführung aus dem Serail› des Glaubens»
Wissenschaft statt Kunst 85
Wagners heimtückische Christlichkeit 85
Abschied von der Kunstreligion 88
Das «neue Evangelium» der Notwendigkeit 90
«Eine Art Kloster für freiere Geister»: Die Aufgabe der Professur 94
6. «Das beste deutsche Buch … Luther’s Bibel»
Nietzsches biblisch geprägte Sprache 97
Das neue Leben als Wanderer 97
Freundschaft mit Lou Salomé 100
Ein Altphilologe liest die Bibel 103
Martin Luther: Wertschätzung und Distanz 105
Zarathustras biblische Sprache 108
7. «Eure Nächstenliebe ist eure schlechte Liebe zu euch selber»
Wider die Mitleidsmoral des Christentums 113
Die Widersprüchlichkeit der Nächstenliebe 114
Die Schamlosigkeit des Mitleids 116
Nietzsches persönlicher Kampf gegen das Mitleid 119
Der Sinn des eigenen Leidens 121
8. «Der Priester lebt von den Sünden»
Schuldgefühl, Gewissen und Vorsehung 125
Die krankmachenden Priester 125
Göttliche Vorsehung und schlechtes Gewissen 128
Die Notwendigkeit aller Handlungen 132
9. «Mit einiger Toleranz im Ausdruck ein freier Geist»
Jesus von Nazareth 137
Jesu hochsensible Persönlichkeit 138
Jesu kindliches Evangelium 141
Was die ersten Christen aus Jesus machten 143
10. «Wir haben ihn getödtet»
Die frohe Botschaft vom Tode Gottes 149
Die Rede vom Tode Gottes 150
Den Grund des Glaubens, Gott selbst, vernichten 153
Erleichterung über den Tod Gottes 157
11. «Müssen wir nicht selber zu Göttern werden?»
Der Übermensch 159
Die Wiederkehr des Gleichen 159
Liebe zum Schicksal statt Liebe zu Gott 162
Rechtfertigung der Welt und des Menschen 164
Der Übermensch als der Schaffende 166
12. «Dionysos gegen den Gekreuzigten»
Nietzsches Zusammenbruch 171
Schwermütig und produktiv 171
Ein letztes Mal fast glücklich 174
Hoffnung auf Dionysos 175
Umnachtet 177
Epilog 181
Anhang
Anmerkungen 189
Literatur 239
Bildnachweis 246
Personenregister 247
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