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Liebe zwischen Frauen Weibliche Homoerotik in hellenistisch-römischer Zeit und im frühen Christentum. Ins Deutsche übersetzt von Gerlinde Baumann Titel der Originalausgabe:
Love Between Women. Early Christian Responses to Female Homoeroticism. 
University of Chicago Press 1996
Liebe zwischen Frauen
Weibliche Homoerotik in hellenistisch-römischer Zeit und im frühen Christentum. Ins Deutsche übersetzt von Gerlinde Baumann


Titel der Originalausgabe:

Love Between Women. Early Christian Responses to Female Homoeroticism.

University of Chicago Press 1996

Bernadette J. Brooten

LIT
EAN: 9783643140715 (ISBN: 3-643-14071-1)
468 Seiten, paperback, 15 x 21cm, 2020

EUR 39,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Dieses Buch zeigt erstmalig anhand von antiken Quellen, dass sich bereits in früher Zeit Menschen durchaus bewusst waren, dass Frauen einander begehren konnten und dies auch taten. Es untersucht biblische Quellen, griechische Satiren, lateinische Dichtungen und rhetorische Kontroversen, griechische Traumdeutungen, Zaubertafeln, medizinische Handbücher und rabbinisches Schrifttum nach kulturellen Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit sowie dem, was dazwischen liegt, und geht den Forderungen von Dominanz und Passivität nach. In einem ausführlichen Kommentar zu Römer 1,16-32 wird dargelegt, wie der Apostel Paulus weibliche homoerotische Erfahrungen mit Begriffen und Gender-Vorstellungen seiner Zeit beurteilte. Frühchristliche Apokalypsen und patristische Schriften bestätigen den zeitgenössischen Charakter dieser paulinischen Auslegungen.

Das Buch erhielt im englischen Original drei renommierte Auszeichnungen.
Rezension
Wie hat die Antike über die Liebe zwischen Frauen geurteilt? Fast 25 Jahre nach seinem Erscheinen im Original liegt dieses grundlegende exegetisch-theologische Buch zu weiblicher Homoerotik in der römisch-christlichen Antike nun endlich in deutscher Übersetzung vor. Es ist gleichermaßen von feministischen und Gender-Perspektiven geprägt. Es beleuchtet intensiv weibliche Homoerotik konsequent von antiken Quellen her: biblische Quellen, griechische Satiren, lateinische Dichtungen und rhetorische Kontroversen, griechische Traumdeutungen, Zaubertafeln, medizinische Handbücher und rabbinisches Schrifttum. So werden die antiken kulturellen Vorstellungen von Weiblichkeit, Männlichkeit, gleichgeschlechtlicher Erotik, von Dominanz und Passivität nachgezeichnet und hinsichtlich des frühen Christentums insbesondere mit einem ausführlichen Kommentar zu Römer 1,16-32 abgeglichen: Der Apostel Paulus beurteilt weibliche homoerotische Erfahrungen mit Begriffen und Gender-Vorstellungen seiner Zeit. Der Blick auf frühchristliche Apokalypsen und patristische Schriften bestätigt den zeitgenössischen Charakter dieser paulinischen Auslegungen. Die Hauptthesen des Buches lauten: 1) Frühchristliche Autoren haben Konzepte und Begriffe aus den sie umgebenden Kulturen übernommen, wenn sie sich auf weibliche homoerotische Handlungen beziehen. 2) Die frühen Leser/innen des Paulus haben ihn so verstanden, dass er weibliche homoerotische Handlungen verurteilte, da diese dem Willen und der Natur Gottes widersprächen, wonach Frauen sich Männern in passiver Weise unterordnen sollten. 3) In der römischen Antike wurden (alle) erotischen Beziehungen als ungleich wahrgenommen: Ein dominanter Mensch penetrierte einen untergeordneten Menschen. Freie, erwachsene männliche Bürger (also nicht der Sklave) sollen nicht passiv und Frauen nicht aktiv sein, - alles andere gilt als "widernatürlich". Nach römischer Auffassung ist bei jeder sexuellen Begegnung - unabhängig vom Geschlecht! - ein aktiver und ein passiver Partner involviert. Diese Hierarchisierung ist bedeutsamer als die biologische Geschlechtszugehörigkeit. Männer können aktiv oder pasiv sein, z.B. als Knaben oder Sklaven. Frauen sollen immer passiv sein. Die frühchristliche Sicht übernimmt weitgehend diese kulturelle Prägung.

Thomas Bernhard, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Danksagungen zur deutschen Ausgabe 8
Danksagungen zur Originalausgabe 9
Abkürzungen, Fachausdrücke, Aufschlüsselung der Symbole 12
Vorwort zur deutschen Ausgabe 15

Einleitung 24

1 Zur Terminologie 27
2 Der gegenwärtige Diskussionsstand in der Forschung über gleichgeschlechtliche Liebe in der Antike 32
3 Die vorliegende Untersuchung im Kontext der Frauengeschichte des antiken Mittelmeerraumes 38
4 Die vorliegende Untersuchung im Kontext lesbischer Geschichte 40

TEIL I: WEIBLICHE HOMOEROTIK IN DER RÖMISCHEN WELT: DER KULTURELLE KONTEXT DES FRÜHEN CHRISTENTUMS

Einleitung: Von Sappho, Frauenehen und ägyptischen Sitten 51

1 Sappho von Lesbos 51
2 Griechische Literatur der Klassik und des Hellenismus 61
3 Klassische lateinische Literatur 62
4 Griechische Schriftsteller der römischen Zeit 71
5 Künstlerische Darstellungen 78
6 Nachbiblisches Judentum 85

„Entflamme ihre Leber mit Liebe": Griechische Liebeszauber aus Ägypten 97

1 Weibliche homoerotische Bindezauber: Text und Kommentar 102
2 Die Auslegung kultureller Denkweisen 121
3 Die Rekonstruktion von Frauengeschichte 131
4 Liebeszauber, Magie und Religion 135
5 Die Zaubertexte und das frühe Christentum 138

Vorherbestimmte erotische Orientierungen: Astrologische Texte 140

1 Dorotheos von Sidon 144
2 Manethon 148
3 Ptolemaios 149
4 Vettius Valens 154
5 Hermes Trismegistos 156
6 Firmicus Maternus 159
7 Hephaistion von Theben 165

Frauen mit männlichem Begehren: Medizinische Behandlungsweisen 170

1 Die tribades als Geisteskranke 173
2 Klitorektomie für Frauen mit männlichem Begehren 192
3 Das medizinische Vermächtnis weiblicher Homoerotik 201

Widernatürliche Liebe: Die Klassifizierung von Träumen 204

TEIL II: FRÜHCHRISTLICHE REAKTIONEN AUF WEIBLICHE HOMOEROTIK

Einleitung: Von britischen Lehrerinnen und Röm 1 219

Der Römerbrief: Weibliche Homoerotik und verschiedene Deutungsrahmen 225

1 Der Römerbrief in der Sicht literaturwissenschaftlicher Ansätze 227
2 Unterschiedliche Deutungsrahmen für Röm 1,18-32 233

Röm 1,18-32: Ein Kommentar 246

1 Kommentar zu Röm 1,16-32 250
Exkurs: Die Diskussion über die natürliche Theologie 253
Exkurs: Ein anthropologischer Entwurf zur Unreinheit 266
2 Fazit 298

Intertextuelle Anklänge in Röm 1,18-32 303

1 Das Naturrecht 303
2 Die Natur 307
Natur als Schöpfungsordnung 308
Natur als gegenderte Natur der Menschen 311
3 Röm 1,26f und das jüdische Gesetz 317
4 Weish 12,23-15,19 und Röm 1,18-32 331
5 Wie andere antike Quellen über sexuelle Liebe zwischen Frauen zum besseren Verständnis der Verurteilung durch Paulus beitragen können 336
6 Fazit 338

Höllenqualen: Frühe Kirchenväter und weibliche Homoerotik 341

1 Apokalyptische Visionen über die Strafe Gottes für sexuelle Beziehungen zwischen Frauen 342

Frauen stürzen sich von Höllenklippen: Die Petrusapokalypse 343
Frauen, die in der Hölle schmoren: Die Thomasakten 347
Frauen, die einen feurigen Fluss hinablaufen: Die Paulusapokalypse 352

2 Altkirchliche Verfasser des 2. und 3. Jhs. 353

Frauen, die sich gegen Natur und Gesellschaftsordnung stellen: Tertullianus von Karthago 353
Frauen, die andere Frauen heiraten: Clemens von Alexandria 359
Exkurs: Historische Randbemerkungen zu Clemens 377

3 Häretikerinnen, die für Gleichheit votieren: Hippolytos über die Naassenerinnen 378

4 Das Wissen der Kirche des 4. und 5. Jhs. von sexueller Liebe zwischen Frauen 384

„Die Natur kennt ihre eigenen Grenzen": Johannes Chrysostomos über Röm 1,26f. 385
Homoerotik in Klöstern: Schenute von Atripe 390
Nonnen sollen in Dreiergruppen ausgehen: Augustinus von Hippo 392

Fazit 399

Literaturverzeichnis 403
Register 429
1 Sachregister 429
2 Register antiker Frauen 440
3 Autorinnenregister 441
4 Register vorneuzeitlicher Quellen 450
5 Register antiker Begriffe 464