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Kriminalgeschichte des Christentums Band 8: Das 15. und 16. Jahrhundert
Kriminalgeschichte des Christentums
Band 8: Das 15. und 16. Jahrhundert




Karlheinz Deschner

Rowohlt
EAN: 9783499616709 (ISBN: 3-499-61670-X)
528 Seiten, paperback, 13 x 19cm, März, 2006

EUR 16,99
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
«Der kenntnisreichste unter den Advocati Diaboli.» (FAZ)

Karlheinz Deschners Ermittlungen beginnen im 14. Jahrhundert mit Clemens IV. in Avignon, einem Vorläufer der berüchtigten Renaissancepäpste. Diese Stellvertreter Gottes, korrupt und geil, verschwenderisch und genußgierig, agierten als allerhöchste Schmarotzer an der Spitze einer moralisch verkommenen Hierarchie geweihter Männer ihresgleichen. Im Großen Abendländischen Schisma (1378 bis 1453) bekämpfen einander gleich drei (Gegen-)Päpste dieser Sorte mit Waffengewalt. In allerchristlichster Nächstenliebe zerfleischen sich die Großmächte Frankreich und England im Hundertjährigen Krieg (1338 bis 1453), während im östlichen Mitteleuropa die Deutschordensritter unter den bereits christianisierten Slawen wüten. Das schamlose Treiben der römischen Kamarilla schrie förmlich nach einem Regimewechsel. Mit Männern wie John Wycliff, Jan Hus und Martin Luther kommt die innerchristliche Opposition zu Wort. Doch die Reformation führt nirgendwo zur Revolution, vielmehr verhindert sie den Kollaps des Papsttums. Jetzt wird die Verfolgung von «Ketzern», Hexen und Juden nur noch fanatischer. Das längste Kapitel widmet Deschner dem Leiden der Landbevölkerung, die seit Anfang des Mittelalters bis weit in die Neuzeit gleichermaßen von Adel und Klerus ausgesaugt und gequält wird.
Rezension
Der hier anzuzeigende Band 8 der 10-bändigen "Kriminalgeschichte des Christentums" behandelt das 15. und 16. Jahrhundert, in denenen die Reformation stattfindet und man womöglich denken sollte: Jetzt entwickelt sich im abendländischen Christentum einiges hin zum Besseren, - aber weit gefehlt, wie der Autor zeigt; die Kriminalgeschichte des Christentums setzt sich fort, z.T. sogar verschärft ... - Der erst unlängst 2014 verstorbene Autor Karl-Heinz Deschner war über viele Jahrzehnte einer der schärften Kirchen- und Religionskritiker und quasi "Vorzeige-Atheist" in der Bundesrepublik Deutschland. Seine 10-bändige "Kriminalgeschichte des Christentums" ist - genauso wie allzu viele kirchentreue und christentums-bejahende Kirchengeschichtsdarstellungen - nicht frei von Tendenz, aber Deschner macht diese kirchen- und religionskritische Tendenz allenthalben deutlich, bewußt und transparent: im Gegensatz zu den theologischen Jasagern will er den vielen vergessenen Gräbern der Opfer der Kirche ein Denkmal setzen. Insofern sollte die schulische Religionspädagogik, wenn sie kirchengeschichtliche Themen behandelt, neben all der kirchengeschichtlichen Standardliteratur immer auch einen Blick in diese "alternative", kirchen- und religionskritische Kirchengeschichte, verfasst aus dezidiert atheistischer Perspektive werfen. Dabei begreift sich Deschners "Kriminalgeschichte" nicht nur als eine Kirchen- oder Religionsgeschichte, sondern als Geschichte der abendländischen Zivilisation schlechthin. Die christlichen Kirchen und die universitären Historiker freilich suchen weiterhin diese Form von moralisch-humanistisch-atheistisch positionierter Geschichtsschreibung totzuschweigen.

Jens Walter, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Deschners Ermittlungen gegen die Kirche führen uns ins 15. Jahrhundert, in dem sich gleich drei Päpste mit Waffengewalt bekämpfen. Auch die innerchristliche Opposition und die Reformation bringen nicht die Revolution in der Kirche: Die Verfolgung von Hexen, Ketzern und Juden wird noch fanatischer, die Landbevölkerung wird ausgesaugt und gequält. Spannender als ein Krimi.
Karlheinz Deschner, geboren 1924 in Bamberg, verstorben 2014 in Haßfurt am Main. Im Krieg Soldat, schloß sein Studium der Theologie, Philosophie, Literaturwissenschaft und Geschichte mit der Promotion ab. Seit 1957 veröffentlicht Deschner seine entlarvenden und provozierenden Geschichtswerke zur Religions- und Kirchenkritik. Für sein aufklärerisches Engagement und für sein literarisches Werk wurde Karlheinz Deschner 1988 - nach Wolfgang Koeppen, Hans Wollschläger, Peter Rühmkorf - mit dem Arno-Schmidt-Preis ausgezeichnet. Im Juni 1993 erhielt er - nach Walter Jens, Dieter Hildebrandt, Gerhard Zwerenz, Robert Jungk - den Alternativen Büchnerpreis und im Juli 1993 - nach Andrej Sacharow und Alexander Dubcek - als erster Deutscher den International Humanist Award. Im September 2001 erhielt Deschner den Erwin-Fischer-Preis des Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten, im November 2001 den Ludwig-Feuerbach-Preis des Bundes für Geistesfreiheit Bayern, Augsburg.
Inhaltsverzeichnis
I. KAPITEL: Die Anfänge Karls IV. von Luxemburg-Böhmen (1346-1378) und Clemens VI. (1342-1352), ein Vorläufer der Renaissance-Päpste 11

Ein neuer «Pfaffenkönig»? 13 • Clemens VI. (1342-1351) und die Königin von Neapel 16 • Luxus, Orgien und Torturen 18 • Introitus et Exitus zz • Weitere Ausbeutungsvarianten oder Alles hat seinen festen Preis 26 • Die Abschöpfmethoden der Bischöfe 3o • Auch der niedere Klerus bediente sich 33 • Nuntii et collectores 38 • «Unsere Vorgänger verstanden es nicht, Papst zu sein» 41 • Marsilius von Padua — «nie ein schlimmerer Ketzer», und Tod von Kaiser und Papst 45

2. KAPITEL: Innozenz VI. (1352-1362) und der Beginn des Hundertjährigen Krieges (1338-1453 ) 49

«Ketzer»-Jagden 51 • Kardinal Albornoz — das Genie seiner Heiligkeit 53 • Der Hundertjährige Krieg beginnt (1338-1453) 57 • Erbfolgekrieg in der Bretagne 58 • Die Schlacht von Poitiers 61

3. KAPITEL: Christliches Bauernelend und mönchisches Glück 65

«Seid nicht traurig — wir sind alle Brüder in Christo» 67 • Eine Rechtsnatur wie Vieh 70 • «Jacques Bonhomme à bon dos, il souffre tout» 75 • Hungersnöte: Menschen getötet und in Salz gelegt 81 • Reichtum der Bischofskirchen 84 • Zehnt und Doppel-Zehnt für den armen Klerus 87 • Reichtum der Klöster 93 • «to troste miner seien» oder «rechtmäßige Erben um ihr Erbe bringen» 97 • Der hl. Isidor 103 • «Jeder muß sein eigener Ochse sein»? 105 • Bauernlegen der Zisterzienser 113 • Die sogenannte Freilassung in der Kirche 120 • Das Kirchengut war heilig 123 • Bauernrevolten in der Normandie, in Dänemark, Norwegen und Ungarn 128 • Der flandrische Bauernkrieg und die Jacquerie 133

4. KAPITEL: Die Päpste Urban V. (1362-1370, Gregor XI. (1370-1378) und das Ende des avignonesischen Exils 137

Fortgesetzte «Ketzer»-Jagd 139 • Gescheiterte Rückkehr nach Rom und mißglückte Kirchenunion 141 • «... ein glücklicher Handstreich» Massenmord in Alexandria 144 • Gregor XI. bekämpft John Wyclif und andere «Ketzer» 148 • Rückkehr nach Rom, Blutbäder und Blumen 151

5. KAPITEL: Das Große Abendländische Schisma (1378-1417 bzw. 1423). Krieg der Päpste gegeneinander 155

Ein Monstrum und ein Massenmörder werden Papst 157 • Krieg um Neapel. Urban VI. läßt die eignen Kardinäle foltern und ermorden 162 • Papst Bonifaz. IX. (1389-1404) läßt Geld und Köpfe rollen 165 • Statt der verruchten Zweiheit eine verfluchte Dreiheit 172 • Papst Johann XXIII. «So werden Füchse gefangen» 177 • Das Konzil von Konstanz (1414-1418) entmachtet drei Päpste 180

6. KAPITEL: Jan Hus und die Hussitenkriege 187

Ein Reformator entflammt Böhmen 190 • Die katholische Kirche verbrennt Jan Hus 198 • Die hussitische Revolution beginnt 208 • Vier Kreuzzüge gegen das «giftige Gewürm» 212

7. KAPITEL: Das christliche Europa gegen Mitte des 15. Jahrhunderts. Unter besonderer Berücksichtigung Papst Eugens IV, weiterer Judenpogrome und des Deutschen Ritterordens 221

Konzil contra Papst 123 • Großes Köpferollen unter Kardinal Giovanni Vitelleschi, dem «geliebten Sohn» des Papstes 226 • Eugens Kirchenunion 228 • Die Türken vernichten Byzanz 23o • Der Hundertjährige Krieg (1327-1453) geht zu Ende 234 • Peasants' Revolt 235 • Die Herren unter sich 238 • Eine Hexe wird heilig 240 • Auch ein Judenhetzer wird heilig 242 • Auch ein großer Judenmörder wird heilig 246 • Die «Preußenreise» — der Deutsche Orden bittet zur «Saison» 249 • Tannenberg oder Der Anfang vom Ende 252

8. KAPITEL: Das Renaissance-Papsttum beginnt. Nikolaus V., Kalixt III., Pius II., Paul II., Sixtus IV., Innozenz VIII. 157

Nikolaus V. (1447-1455), «der liberalste aller Päpste» 161 • Calixtus (1455-2458) Türkenkrieg und Nepotismus 265 • Pius II. (458-1464), ein Pornograph wird Papst 268 • Paul II. (1464-1471), «die fromme Maria» z76 • Sixtus IV. (1471-1484). Krieg und Mord für Nepoten, Beginn der Spanischen Inquisition 279 • Innozenz VIII. (1484-1492). Das «Goldene Zeitalter der Bastarde» 291

9. KAPITEL: Die Anfänge des langen christlichen Hexenwahns 296

Was kleine und große Kirchenlichter glaubten 303 • «Brennen», «das houbet abslahn», «den wilden tieren fürgeworfen». «Der Vorrang der Initiative lag zunächst bei der geistlichen Gerichtsbarkeit» 308 • «Hexenbulle» und «Hexenhammer» erleuchten die Neuzeit 310

10. KAPITEL: Von Alexander VI. (1492-1503) bis zu Leo X. (1515-1521) 319

Die heilige Familie 322 • Franzosen- und Türkeninvasion 329 Savonarola 333 • Drei Romagna-Kriege — und das «weiße Pulver» 336 • «Blutsäufer Julius» tritt an 341 • Julius II. bekriegt Perugia und Bologna 344 • Julius II. bekriegt mit Frankreichs Hilfe die Venezianer und mit Venedigs Hilfe die Franzosen 347 • Papst Leo X. (1513-1521) «Nunc triumphabimus, amici» 351 • Nepotismus und Schulden wie Sand am Meer 353 • Leos blutiges Lavieren für die Medici 356

11. KAPITEL: Der Ablaß. Vom katholischen zum protestantischen Luther 361

«... eine echte dogmengeschichtliche Neubildung» 363 • Die «Fuggerei» 364 • Ablässe für Lebende und Tote 368 • Fortschritte beim Ablaßbetrug und Folgen 371 • Die Ablaßthesen. Vom «sehr guten Papst» zur «Papstsau» 375

12. KAPITEL: Man nennt es Reformation 383

Der Reformator läßt die Bauern schlachten oder «Anzaigung zwayer falschen Zungen des Luthers» 385 • Der «Ketzer» wird zum «Ketzer»-Jäger 398 • Luther fordert Todesstrafe für Zauberer und Hexen 409 • Der Judenstürmer 417

13. KAPITEL: VOM «Sacco di Roma» zum Augsburger Religionsfrieden 431

Karl V. und Franz. I. 433 Clemens VII. laviert 435 • Il Sacco di Roma — der katholische Kaiser und Schirmvogt der Kirche bekriegt mit Spaniern und Lutheranern den Papst 438 • Papst Paul III. (1534-1549) Türkenkriege, Römische Inquisition und sein Verrat des Kaisers im Schmalkaldischen Krieg 443 • Der Augsburger Religionsfrieden — neues Recht und neues Unrecht 450

ANHANG

Anmerkungen 455 • Benutzte Sekundärliteratur 483 • Abkürzungen 508 • Register 510 • Über den Autor 525 • Das literarische Werk Karlheinz Deschners 517