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Karl der Große Der mächtigste Kaiser des Mittelalters Die Texte dieses Buches sind erstmals im Heft »Karl der Große. Der mächtigste Kaiser des Mittelalters« (Heft 6/2012) aus der Reihe SPIEGEL GESCHICHTE erschienen.
Karl der Große
Der mächtigste Kaiser des Mittelalters


Die Texte dieses Buches sind erstmals im Heft »Karl der Große. Der mächtigste Kaiser des Mittelalters« (Heft 6/2012) aus der Reihe SPIEGEL GESCHICHTE erschienen.

Dietmar Pieper , Johannes Saltzwedel (Hrsg.)

Random House , DVA, Spiegel-Verlag
EAN: 9783421045973 (ISBN: 3-421-04597-6)
288 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 14 x 22cm, 2013, 25 s/w Abbildungen

EUR 19,99
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Karl der Große ist die Schlüsselfigur des frühen Mittelalters. Mit seinem Frankenreich etablierte der sagenumwobene Herrscher nach dem Ende der römischen Herrschaft die erste neue Großmacht im Westen. Der im Jahr 800 zum Kaiser Gekrönte setzte Maßstäbe für die christliche Zukunft des Kontinents – auch in der mitunter blutigen Abgrenzung gegen östliche Heiden, Byzanz und den Islam. Karls Regierungsstil, sein politisches Kalkül und seine Entscheidungen hatten enorme Wirkung auf das geistig-kulturelle Fundament des Abendlandes. Obwohl Karl sicher nicht der Ahnherr Europas war, zu dem er heute oft gemacht wird, ist das Erbe der karolingischen Epoche bis in unsere Gegenwart spürbar. 1200 Jahre nach seinem Tod im Jahr 814 geben SPIEGEL-Autoren und Historiker spannende Einblicke in das Leben Karls des Großen und die Zeit, in der er herrschte.
Rezension
1200 Jahre nach dem Tod Kaiser Karls des Großen 814 n.Chr. bietet dieses SPIEGEL-Buch in auch für Laien verständlicher Art und Weise und in sechs sinnvolle Kapitel gegliedert, vom Mythos Karl bis zum Niedergang der Karls-Herrschaft, vielfältige Einblicke in das Leben Karls des Großen und seine Herrscherzeit, die als Schlüsselepoche des Frühmittelalters gilt und mit der Etablierung des fränkischen Großreichs bedeutsame Weichenstellungen für die christliche Zukunft des Kontinents ausbrachte. (Der Mythos) Karl d. Gr. gilt als grundlegender Einiger Europas, u.a. durch die Vereinheitlichung elementarer Dinge wie Kalender, Liturgie und Bibeltext - bis heute; nicht nur die alljährliche Verleihung des Karlspreises in Aachen zeigt davon ...

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Dietmar Pieper, geboren 1963, studierte Literaturwissenschaft und arbeitet seit 1989 beim SPIEGEL, von 2001 bis 2008 als einer der Leiter des Ressorts Deutsche Politik in Hamburg. Seitdem ist er Ressortleiter für die Heftreihen SPIEGEL GESCHICHTE und SPIEGEL WISSEN. Bei DVA hat er unter anderem die SPIEGEL-Bücher „Die Staufer“ (2010) und „Jesus von Nazareth“ (2012) herausgegeben.

Johannes Saltzwedel, geboren 1962, ist seit 1991 Redakteur beim SPIEGEL. Er hat literaturgeschichtliche und bibliographische Studien veröffentlicht, unter anderem zur Goethezeit und zu Rudolf Borchardt. Er ist Herausgeber mehrere SPIEGEL/DVA-Bücher darunter „Der Dreißigjährige Krieg“ (2012) und „Die Päpste“ (2013).

Inhaltsverzeichnis
11 Vorwort

TEIL I
MYTHOS KARL

17 Der heilige Barbar
Noch wundersamer als das Leben Karls des Großen ist sein Nachleben
Von Dietmar Pieper

33 »Könige mussten siegreich sein«
Ein Gespräch mit dem Mediävisten Johannes Fried über Karl als Krieger und mythisches Vorbild
Von Dietmar Pieper und Johannes Saltzwedel

TEIL II
DAS REICH DER FRANKEN

47 Herrschaft der Monstersöhne
Wie die Franken sich unter den Merowingern als Großmacht etablierten
Von Hans-Ulrich Stoldt

58 Razzia in Gallien
Karl Martell wollte Sarazenen, nicht den Islam besiegen
Von Helene Zuber

65 Bauern, Mönche und Dämonen
Das Leben gewöhnlicher Menschen der Karolingerzeit bestand fast nur aus Plackerei
Von Till Hein

80 Umerziehung im Tann
Bonifatius, Apostel der Deutschen
Von Matthias Schulz

85 Chrisam an den Händen
Karls Vater Pippin wurde König und schloss ein Bündnis mit dem Papst
Von Dietmar Pieper

TEIL III
KARL ALS KÖNIG

93 Der Riese mit der Fistelstimme
Wer war Karl? Die Berichte zeigen einen Mann, der aus dem Vollen zu leben wusste
Von Georg Bönisch

105 Der Badekönig
Eine straffe Verwaltung hielt das Reich zusammen
Von Felix Bohr

112 »Frieden, Gesundheit, Kriegsglück«
Karls Brief an seine Ehefrau Fastrada

114 Widerstand aus den Sümpfen
Mehr als drei Jahrzehnte lang rebellierten die heidnischen Sachsen gegen die Franken
Von Uwe Klußmann

128 Das eiserne Saatfeld
Der Feldzug gegen die Langobarden
Von Thorsten Oltmer

132 Bayerische Schmach
Wie Karl seinen Vetter Tassilo unterjochte
Von Steffen Winter

TEIL IV
DER IMPERATOR

137 Geheimnis eines Weihnachtstages
Karls Beziehungen zum Papst und seine Krönung in Rom bleiben unergründlich
Von Steffen Patzold

150 Dickhäuter auf Weltreise
Kalif Harun al-Raschid schenkte dem Franken-Kaiser einen Elefanten – aber wozu?
Von Sebastian Borger

160 Von der Macht verblendet
Hätten Karl und Irene von Byzanz geheiratet, wäre ein Ost-West-Reich entstanden
Von Angelika Franz

170 Der König als Gutsherr
Karls Regelwerk für seine Landgüter ist erstaunlich detailliert
Von Joachim Mohr

172 Luxus hinter Dornen
Stützpunkte der Herrschaft waren die Pfalzen – besonders gut erkundet ist Ingelheim
Von Rico Grimm

176 Aula der Macht
Karls eindrucksvolle Residenz in Ingelheim am Rhein
Von Ludger Bollen

178 Ein Ochse für den Hof
In Karls Metropole Aachen gibt es für die Forscher noch eine Menge zu entdecken
Von Annette Bruhns

190 Gestrichene Jahrhunderte
Die These vom »erfundenen Mittelalter«
Von Johannes Saltzwedel

TEIL V
GELEHRTE UND REFORMER

195 Goldstandard des Geistes
Christliche Bildungsnormen sollten das fränkische Reich einigen
Von Johannes Saltzwedel

207 Normlettern auf Pergament
Die karolingische Minuskel
Von Johannes Saltzwedel

212 Visionärer Kanalbau
Karl wollte Rhein und Donau miteinander verbinden

213 Der Gelehrte des Herrn
Rabanus Maurus schrieb ganz allein eine Enzyklopädie
Von Joachim Mohr

TEIL VI
DER NIEDERGANG

223 Jäger des Verderbens
Ludwig der Fromme trug schwer an der Bürde seiner Herrschaft
Von Mathias Schreiber

236 Der Bruderkrieg
Karls Enkel kämpften erbittert um die Macht im Reich
Von Kian Badrnejad

243 Die Straßburger Eide
Ein unschätzbares Zeugnis für den Sprachstand zur Zeit Karls des Kahlen

246 Poetische Propaganda
Otfrid von Weißenburgs deutsche Reime
Von Susanne Beyer

250 Als Kaiser Karl zur Schule kam
Staatstragende Anekdoten über den großen Regenten
Von Rico Grimm

255 Erben der Macht
Seit Hugo Capet wurde aus dem Westfrankenreich eine Nation
Von Romain Leick

ANHANG

265 Chronik
270 Buchhinweise
272 Autorenverzeichnis
274 Dank
276 Personenregister



11
Vorwort
Der alte Kaiser kann nicht schlafen. Das Rheuma plagt ihn;
mit dem Schreibenlernen will es nicht recht vorankommen.
Dann muss er auch noch vom Fenster aus sehen, wie seine
Lieblingstochter Emma, die er doch an den Kronprinzen von
Byzanz hatte verheiraten wollen, einen jungen Mann durch
den Schnee trägt, damit dieser keine Spuren hinterlässt. Karl
der Große lässt die beiden abfangen. Schon sieht Emmas
Geliebter, der Schreiber Eginhard, das Verbannungsurteil
nahe. Doch dann zeigt sich der Kaiser gnädig und erlaubt,
dass die beiden heiraten.
Eine schöne kleine Geschichte – so schön, dass der große
Moralist Wilhelm Busch sie in herrlich frechen Bildern eingefangen
hat: Da behält Karl selbst im Bett die gewaltige Krone
auf dem Kopf, schellt im Schlafrock nach dem Hausdiener, der
ihn frottieren muss, ein Wachmann nimmt Eginhard mit der
Hellebarde am Kragen, und beim Schlusstableau mit kniendem
Liebespaar vergießen alle dicke Tränen der Rührung.
Historisch wahr ist an der ergreifenden Story nichts. Aber
Notker der Stammler, der sich die Anekdote um das Jahr
900 ausdachte – natürlich ohne Schlafrock und Hellebarde –,
hat darin prototypisch festgehalten, was über Jahrhunderte
von einem guten Herrscher erwartet wurde: Strenge und
Milde, Befehlsgewalt und doch Einfühlsamkeit. Sein Karl ist
ein menschlicher Regent, der sich Sorgen macht, Schmerzen
hat, wütend werden kann, aber am liebsten gnädig ist; eine
Vaterfigur fürs Herz.
War er das wirklich, der Frankenkönig und Ur-Kaiser des
Abendlandes? Darf man Karl, den Einiger Mitteleuropas, als
Visionär der Politik wie der Kultur feiern? Oder wäre es
nicht eher angemessen, ihn als Haudegen zu porträtieren,
der gnadenlos mit dem Schwert missionieren ließ, Verwandte
beiseite schaffte, Herzogtümer vereinnahmte, schlau die Kirchenmacht
nutzte und so mit Glück und Zähigkeit bis nach
Rom gelangte?
Wichtig ist wohl vor allem, dass man von ihm erzählen
konnte. Schon zu seinen Lebzeiten war er ein Mythos geworden;
dem Hochmittelalter galt er als legendäre, ja heilige
Gründerfigur, und wenn irgendwann seither ein wie auch
immer geeintes Europa auftauchte, versuchte es sich auf ihn
zu berufen. Gerade das aber macht ihn erst recht zu einem
Rätsel.
Schicht um Schicht haben Historiker Verklärungen und
Ideologien abzutragen versucht. Selbst Einhards ehrwürdige
Biografie, Hauptquelle für den Menschen Karl wie für seine
Zeit, ist dabei als absichtsvolles Konstrukt nach antiken Vorbildern
enttarnt worden. Von der Gestalt, an deren Todestag
vor 1200 Jahren Ende Januar 2014 mit musealer Akribie
und Festreden erinnert wird, sind nur Umrisse greifbar:
Verordnungen und Urkunden, Annalen-Notizen und Widmungsverse,
die unzweifelhaft aus Karls Regierungszeit
stammen, dazu ein paar erstaunliche Bauwerke wie der
Aachener Dom.
Wenn dieses Buch es dennoch wagt, ein Porträt des wichtigsten
frühmittelalterlichen Herrschers und seiner Epoche
zu zeichnen, kann das ehrlicherweise nur in Mosaikform
geschehen. Bäuerliche Fron oder Hofschule, die Pionierarbeit
angelsächsischer Missionare oder die Kontakte nach Ostrom,
jedes Indiz ist wertvoll. In Geschichten und Porträts, Nahaufnahmen
und Dokumenten wird so eine Figur eingekreist,
die bei aller Überlebensgröße selbst für heutige Experten
mysteriös bleibt und die man darum laut der berechtigten
Mahnung des Frankfurter Historikers und Karl-Biografen
Johannes Fried lieber »nicht noch zum Symbol« aufbauen
sollte.
Mit unvoreingenommenem Interesse haben SPIEGEL-Autoren
geprüft, was an alten Schulbuchweisheiten – etwa
Karl Martells Sieg über die Sarazenen bei Tours und Poitiers –
wirklich dran ist. Sie haben sich durch das blutige Gewirr
fränkischer Erbstreitigkeiten gearbeitet oder das erstaunlich
komplexe Netzwerk der kaiserlichen Pfalzen erkundet.
Ausführlich kommt der wissenschaftlich-kulturelle Elan zur
Sprache, den Karl durch die Vereinheitlichung elementarer
Dinge wie Kalender, Liturgie und Bibeltext in Gang brachte.
Steffen Patzold, Historiker in Tübingen, demonstriert, wie
viele Fragezeichen selbst die bekannteste Karl-Szene, die
Krönung des Jahres 800, bei Fachleuten hinterlässt. Ein
ganzes Kapitel endlich schildert, wie Söhne und Enkel die
fragile Einheit zerfallen ließen – und wie sich gerade daraus
entscheidende Strukturen des heutigen nationalstaatlichen
Europas herausbildeten.
Eine Spurensuche also ist dieses Buch geworden, ein Panorama
aus Aspekten und Durchblicken. Es will keine abgepackten
Wahrheiten ausstellen, erst recht keine Lehrsätze
servieren, sondern Neugier wecken: Neugier auf Zusammenhänge,
die in der heutigen Informationsflut oft genug
entgleiten, Neugier, die im Nachempfinden des Vergangenen
vielleicht, ja hoffentlich den sachlich-kritischen Blick auf
Gegenwart und Zukunft ein wenig schärfen hilft. Wir wünschen
Ihnen eine anregende Lektüre!

Hamburg, im Herbst 2013
Dietmar Pieper
Johannes Saltzwedel