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Ist Gott käuflich?
Die Rede vom Opfertod Jesu auf dem Prüfstand
Josef Imbach
Random House
, Gütersloher Verlagshaus
EAN: 9783579081236 (ISBN: 3-579-08123-3)
272 Seiten, paperback, 14 x 22cm, 2011
EUR 19,95 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Gott, der Vater, opfert Jesus, seinen Sohn, damit sein Zorn gegen die Menschen besänftigt werde – was wie mittelalterliche Ideologie klingt, ist offizielle Theologie der Kirchen. Bei jeder Abendmahls- oder Eucharistiefeier wird des »Opfers« Jesu gedacht: »Gestorben für unsere Sünden«.
Einer solchen »Opfertheologie« stehen heute viele Gläubige skeptisch gegenüber. Die Vorstellung, dass Gott seine Zuwendung zum Menschen von Verzicht, Sühne und Kasteiungen abhängig macht, ist ihnen unerträglich.
Josef Imbach nimmt diese Kritik ernst. Er greift die bestimmenden Merkmale der hergebrachten Erlösungslehre auf und deutet sie neu. So erschließt er ein Verständnis von Erlösung, das keinerlei Drohungen, dafür aber eine Verheißung beinhaltet.
Rezension
»Gestorben für unsere Sünden«. Das ist eine zentrale dogmatische Aussage des christlichen Glaubens, wie sie im Gottesdienst bei der Eucharistie stets verkündet wird. Einer solchen »Opfertheologie« stehen heute viele Gläubige aber skeptisch gegenüber und reagieren mit Unverständnis. Ist das Selbstopfer des Sohnes notwendig, um den Vater zu versöhnen? Gott, der Vater, opfert Jesus, seinen Sohn, damit sein Zorn gegen die Menschen besänftigt werde. Mit der Vorstellung des grenzenlos liebenden Gottes scheint eine solche Annahme unvereinbar. Schüler sagen: Für mich muss der nicht sterben ... oder: Gott ist ganz schön grausam ... Die Gegenwart ist erlösungsmüde, der gegenwärtige Mensch träumt nicht mehr von der Erlösung (vom Körper), sondern vom Erleben (des Körpers) - und also hat es das Christentum mit seiner Erlösungsbotschaft »Gestorben für unsere Sünden« in der heutigen Zeit schwer. Josef Imbach nimmt diese Kritik ernst. Er greift die bestimmenden Merkmale der hergebrachten Erlösungslehre auf und deutet sie neu. So erschließt er ein Verständnis von Erlösung, das keinerlei Drohungen, dafür aber eine Verheißung beinhaltet.
Thomas Bernhard, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Die christliche Erlösungslehre auf dem Prüfstand
- Eine kritische Neudeutung, in der die Erlösung ein Versprechen und keine Drohung mehr ist
Josef Imbach, geb. 1945, Dr. theol., war von 1975-2002 Professor für Fundamentaltheologie an der Päpstlichen Theologischen Fakultät S. Bonaventura in Rom. Von 2005-2010 hatte er einen Lehrauftrag für Katholische Theologie an der Theologischen Fakultät der Universität Basel inne. Bekannt wurde er auch durch seine vielseitige Vortragstätigkeit, sowie als Autor zahlreicher Bücher über aktuelle Lebens- und Glaubensfragen.
Inhaltsverzeichnis
Eine Art Vorwort
oder
Kein Lob des Opfers und kein Preis dem Tod! 9
Theologie im Märchen
oder
Die Tragik der ›Opferseelen‹ 14
Besitzansprüche, die Ängste erzeugen 21
Im Garten der Unschuld 25
Gott durch den Abgott ersetzen 28
Die religiöse Dimension 34
»Wie eine Ratte in der Tretmühle« 40
»Umsonst tun die Götter nichts.«
oder
Opfervorstellungen in den Religionen 46
Jiftachs Opfer 46
Angst vor Liebesentzug 51
Opfer im alten Israel 60
Abrahams Opfer 64
Kinderopfer 71
Gott kennt keine käufliche Liebe
oder
Rechtfertigung allein aus Glaube 78
»… dass Du mich niederstampfen wirst« 79
Zuwendung ohne Vorleistung 83
Gegen Jasager und Schönredner 93
Worauf es ankommt 97
Kleiner Abstecher in die Theologiegeschichte 106
»Bei einem Sünder ist er eingekehrt.«
oder
Von der bedingungslosen Vergebung 113
Das verirrte Schaf und die verlorene Drachme 113
Die Liebe des Vaters zu seinen zwei Söhnen 115
Der Zöllner und die Sünderinnen 120
Heiliges Kreuz und Kostbares Blut
oder
Deutungen des Todes Jesu 125
Der Schock 131
Nichtsakrifizielle Schockbewältigungsversuche 135
Schockbewältigung mittels Sühne- und
Opfertheorien 142
Theologische Interpretationen oder sachliche
Informationen? 157
Wie hat Jesus seinen Tod verstanden? 158
Postskriptum: Eucharistie als Messopfer? 166
»Dein Reich komme!«
oder
Wovon Jesus uns erlöst hat 173
Erlösung vom Leid? 180
Der Preis der Liebe 186
Erlösung als Wachstumsprozess 191
Kreuzesnachfolge 199
Das Reich Gottes und die Welthandelspreise 202
Folterqualen und Himmelsfreuden
oder
Erlösung und ewiges Heil 209
Gott – ein jenseitiger Rächer? 210
»Gott ist als Prüfender Gericht.« 215
»Als Reinigender Fegefeuer« 218
»Als Verlorener Hölle« 225
»Als Gewonnener Himmel« 234
Leibliche Auferstehung? 241
Auferweckung im Tod 249
Weltgericht 251
Kein Verzicht um des Verzichtes willen!
oder
Das Beispiel des guten Hirten 256
Anmerkungen 261
Dank 271
Leseprobe:
Eine Art Vorwort
oder:
Kein Lob des Opfers und
kein Preis dem Tod!
Seit er meinen Bruder
kreuzigen ließ,
um sich mit mir zu versöhnen,
weiß ich,
was ich von meinem Vater
zu halten habe.1
Im Mittelpunkt von Ulrich Schaffers Roman Die Verbrennung
steht eine nachdenkliche junge Frau namens Eva-Marie [!].
Irgendwann wirft die ihre Bibel ins Feuer. Warum sie das tut,
sagt sie ihrem Gott, zu dem sie nach langem Suchen hingefunden
hat: »Lange hattest du keine Chance gegen den Gott der
Bibel, der in mir ist, dorthin platziert von denWorten, Handlungen
und Gesten derer, die meinten, für mich glauben zu
müssen. Ich laste es ihnen nicht an. Sie haben ihren Glauben
so verstanden und darum auch so gelebt.«2 Zu welchem Gott
Eva-Marie früher gebetet hat, beschreibt sie in einem Brief an
ihren verstorbenen Vater, der ein strenggläubiger Pfarrer war:
Du hattest doch immer so schnell Gott auf deiner Seite, und
gegen euch beide waren wir nichts. Wenn du gewusst hättest,
wie finster Gott dadurch damals in meinem Herzen geworden
ist, aber ich konnte es dir nicht sagen, dafür hatte ich den
Überblick nicht. […] Du hast uns mit einem heiligen Gott erzogen,
einem Gott, der keinen Ungehorsam duldet, der jede
Sünde sieht. Das hat sich mir ganz tief eingeprägt. […]
Einen letzten Gedanken möchte ich noch loswerden. Ich
rede von der Frage der Schuld. Für dich war Schuld etwas ganz
Wichtiges. Wenn etwas nicht stimmte, hatte jemand Schuld.
Der Schuldige musste gefunden werden. Es musste um Vergebung
gebeten werden. Es musste bereinigt werden. Schuld,
Schuld, Schuld.
Bis heute verfolgt mich diese Frage. Ich will nicht so tun, als
gäbe es keine Schuld, will mich weder damals noch heute als
schuldlos darstellen. Aber musste die Schuld so im Zentrum
stehen, dass wir Kinder manchmal an nichts anderes denken
konnten als an unsere Schuld? Und das hörte ja nicht bei uns
auf. Vor Gott waren wir immer schuldig, auch für Dinge, die wir
nicht wussten. Wir mussten darum auch für unsere unbekannten
Sünden um Vergebung bitten. Nie haben wir genügt. Und
daran arbeite ich bis heute noch. Ich bin nicht gut genug. Ich
leiste nicht genug. Ich mache zu viele Fehler. Ich liebe nicht
genug. Nicht genug. Nicht genug. Ungenügend. Vater, weißt
du, wie dunkel das Leben dann aussieht? Was für einen unerbittlichen,
grausamen, fordernden Gott hast du uns vorgestellt!
Und dann hast du uns befohlen, ihn zu lieben. Und natürlich
konnten wir auch das wieder nicht genug. Es gab kein Ende.
In der Tat, es gibt kein Ende – zumindest nicht im Rahmen
einer Straf- und Opfertheologie, wie sie hier zum Ausdruck
kommt. Die führt allenfalls dazu, dassMenschen unter Gottes
drohenden Augen und seinem strafenden Blick seelisch verkümmern
und psychisch zerbrechen.
Einen Gott, der stets nur fordert und den es nach immer
neuen Entsagungen und Abtötungen seitens des Menschen
verlangt, kann man nicht lieben, sondern bloß fürchten. Weil
aber der Maßstab der Selbsthingabe und Selbstaufopferung
nach oben hin offen ist, hat man ständig den Eindruck, nicht
genug getan zu haben.
Entsprechende Erfahrungen reichen oft ganz tief hinab, bis
10 Eine Art Vorwort
in die Kindheit. Manche werden sich daran erinnern, wie sie
während der Adventszeit angehalten wurden, aus Liebe zum
Jesuskind auf ihre Lieblingsbeschäftigungen oder auf Süßigkeiten
zu verzichten oder irgendwelche besondere Leistungen
zu erbringen. Jedes Mal, wenn sie ein ›Öpferchen‹ gebracht
hatten, durften sie einen Strohhalm in die Krippe legen, damit
das Christuskind am Weihnachtsabend weich genug liegen
konnte. Hat man den Kindern aber auch vermittelt, dass Beherrschung
und Überwindung nur dann sinnvoll sind, wenn
sie der Stärkung ihres Charakters dienen oder aber anderen
zugute kommen? Oder wurde da vielleicht Verzicht nur um
des Verzichtes willen gepredigt?
Noch immer sind viele Gläubige davon überzeugt, dass
man sich den Himmel verdienen kann – oder muss. Und wie
verdient man sich den Himmel? Durch Gebet, Leiden und
Entbehrungen und durch guteWerke! Also durch Opfer. Praktisch
läuft das darauf hinaus, dass derMensch sich Gottes Zuwendung
und Liebe durchWohlverhalten erwirbt. Aber muss
(oder kann!) man sich Gottes Zuwendung tatsächlich erarbeiten?
Steht eine solche Glaubenspraxis nicht in einem eklatantenWiderspruch
zur neutestamentlichen Rechtfertigungslehre?
Angehörige der römisch-katholischen Kirche, welche
befürchten, dass alles Büßen und Sühnen, dass tagelange Abtötungen
oder über Monate hin praktizierte Askese noch immer
nicht ausreichen würden, um ihre Sündenschuld tilgen
und Gott gnädig zu stimmen, haben auch heute noch die
Möglichkeit, Ablässe zu gewinnen und sich so von den zu im
Jenseits zu erwartenden Folterqualen freizukaufen. Die Frage
ist dann bloß, ob Gott sich an das hält, was die Kirchenoberen
in seinem Namen versprechen.
Sühne, Leiden, Opfer und Blut – das sind die Schlüsselbegriffe,
welche in der christlichen Erlösungslehre seit Jahrhunderten
verwendet werden und mittels derer manche Pre-
Eine Art Vorwort 11
diger ihre eigene theologische Hilflosigkeit verbrämen, beispielsweise
indem sie lauthals verkünden, dass Jesus die
Menschheit durch sein »Leiden«, durch sein »kostbares Blut«
und durch sein »Kreuzesopfer« »erlöst« hat. Was wiederum
dazu führte, dass Jesu Tod oft geradezu verherrlicht wurde!
Hat Gott sich vielleicht über Jesu Tod gefreut? Ist Jesus selber
begeistert in den Tod gegangen? Hat er nicht vielmehr den
›Vater‹ im Ölgarten gebeten, ihm den Leidenskelch zu ersparen?
Wie aber kommen römisch-katholische Christusnachfolger
und Jesusjüngerinnen dann dazu, während der
Eucharistiefeier nach dem Einsetzungsbericht einen Preisgesang
auf Jesu Tod anzustimmen (»Wir preisen deinen Tod.
Wir glauben, dass du lebst. Wir hoffen, dass du kommst zum
Heil der Welt.«)? Halbwegs erträglich ist diese im Grunde
makabere Todespreisung nur deshalb, weil der Text von einer
sentimentalen Melodie umrahmt wird – oder weil sich die
Anwesenden beim Absingen nichts dabei denken. In der offiziellen
römisch-katholischen Liturgie hingegen heißt es richtig
und nachvollziehbar: »Deinen Tod, o Herr, verkünden wir,
und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.
« Wohl kommt der Rede vom erlösenden ›Sühnetod‹
Jesu im Christentum eine zentrale Bedeutung zu. Die Frage
bleibt allerdings, ob es sich dabei um eine zeitlos gültige Glaubenswahrheit
oder um ein zeitbedingtes Deutungsmodell
handelt.
Und überhaupt: Was assoziieren die Gläubigen heute mit
der Rede vom ›Erlösungstod‹ Jesu? Vermutlich gilt nach wie
vor für viele, was die »schöne Seele«, eine tieffromme Dame,
in Goethes Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre diesbezüglich
von sich bemerkt: »Es war mir eine Bibelwahrheit, dass das
Blut Jesu Christi uns von allen Sünden reinige.« Doch plötzlich
gibt sie sich Rechenschaft, dass sie »diesen so oft wiederholten
Spruch noch nie verstanden« hat!3
12 Eine Art Vorwort
Begriffe wie Kreuzesopfer, Sühnetod oder Rechtfertigung
stoßen zunehmend auf Unverständnis oder lösen Abwehrreaktionen
aus. Aber auch andere Ausdrücke wie Erlösung,
Heil oder Gnade sind inhaltsleer geworden, weil sie an den
Realitäten abperlen wie die Regentropfen am Autolack. Deshalb
ist es notwendig, die damit gemeinten Sachverhalte zu
übersetzen und diesbezügliche Missverständnisse zu beheben.
Dass dabei gerade die nach wie vor weitverbreitete ›Opfertheologie‹
nicht nur der Erläuterung, sondern auch einschneidender
Korrekturen bedarf, versteht sich von selbst.
In diesem Buch werden die verschiedenen mit der Erlösungslehre
verknüpften Themenbereiche so behandelt, dass
jedes Kapitel eine Einheit darstellt. Das hat den Vorteil, dass
alle mit der Lektüre bei jenen Fragen beginnen können, die sie
besonders beschäftigen.
Eine Art Vorwort 13
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