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Hans-Georg Gadamer  Archiv für Begriffsgeschichte Heft 66/2, Jg. 2024
Hans-Georg Gadamer
Archiv für Begriffsgeschichte Heft 66/2, Jg. 2024




Carsten Dutt, Michael Erler, Hubertus Busche (Hrsg.)

Meiner Hamburg
EAN: 9783787349739 (ISBN: 3-7873-4973-1)
200 Seiten, kartoniert, 16 x 24cm, Februar, 2025

EUR 64,00
alle Angaben ohne Gewähr

Rezension
Die vorliegende Ausgabe des "Archiv für Begriffsgeschichte" (66/2) ist dem 125. Geburtstag des Philosophen Hans-Georg Gadamer gewidmet und zeichnet ein insgesamt vielschichtiges Bild seiner Hermeneutik. Bereits im Vorwort hebt Carsten Dutt die enge Verbindung Gadamers mit der Zeitschrift hervor, die er über Jahrzehnte als Mitherausgeber geprägt hat.
Die inhaltliche Spannbreite der Beiträge verdeutlicht, wie unterschiedlich Gadamers Denken rezipiert und weitergeführt wird. Bernhard Fischer etwa reflektiert über die Rolle des Archivs für die Geisteswissenschaften im Rückgang auf Gadamer, während Petra Gehring die Position des Philosophen zwischen Husserl, Valéry und Derrida auslotet und so seine Aktualität im Blick auf die Krise der Geisteswissenschaften betont. Michael Erler steuert Anmerkungen zu Gadamers Einschätzung der Klassischen Philologie bei, während Martin Seel eine Apologie der Rhetorik entwirft, die Gadamer gegen manche vorschnellen Vorbehalte stark macht. Stefan Rebenich stellt Gadamers hermeneutische Perspektive in den Dialog mit Droysen und der Zukunft der Altertumswissenschaften, und Martin Avenarius bezieht die Daseinshermeneutik auf die Erfahrung des Rechts. Besonders hervorzuheben ist Rolf Zimmermanns Beitrag, der die Frage nach einer hermeneutischen Ethik moralischer Geschichtlichkeit stellt, sowie Andreas Vasilaches Überlegungen zum interkulturellen Verstehen, die Gadamers Ansatz kritisch mit globalen Fragestellungen konfrontieren.
Ein Höhepunkt des Hefts ist sicherlich der Abdruck eines bislang unveröffentlichten Briefes Gadamers an Jean Grondin aus dem Jahr 1979, den Carsten Dutt in einem einleitenden Kommentar vorstellt. Darin spricht Gadamer über Wahrheit und Methode, über Gespräch und Geschichte – also zentrale Themen seiner Philosophie, die hier in einer Selbstreflexion Gestalt gewinnen.
Die Ausgabe wird durch weitere Aufsätze ergänzt, die über den Gadamer-Schwerpunkt hinausführen. Buchbesprechungen runden das Heft ab.
Fazit: Insgesamt überzeugt das Heft durch die Kombination aus systematischer und historischer Perspektive, die Gadamer als lebendigen Bezugspunkt heutiger Diskussionen sichtbar macht. Die Beiträge zeigen, wie seine Hermeneutik aufgegriffen und weitergedacht wird – sei es in Bezug auf Rhetorik, Recht, Ethik oder interkulturelle Verständigung. Damit bietet die vorliegende Ausgabe des "Archiv für Begriffsgeschichte" ein substantielles und anregendes Panorama auf die Philosophie Gadamers. Sie ist damit gleichermaßen für Gadamer-Forscher, für Studierende wie auch für ein breiteres geisteswissenschaftliches Publikum von großem Wert.

S. Düfel, Lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Am 11. Februar 2025 jährt sich der Geburtstag Hans-Georg Gadamers zum 125. Mal. Das »Archiv für Begriffsgeschichte« nimmt das Jubiläum zum Anlass, dem Begründer der philosophischen Hermeneutik einen Schwerpunkt zu widmen. Er versammelt Beiträge, die sich unter einander ergänzenden Aspekten auf den geisteswissenschaftstheoretischen Kern und die verständigungsphilosophischen Weiterungen der Thesenführungen Gadamers beziehen – durchweg in der Absicht, das für sie Eigentümliche herauszuarbeiten und ihr Gewicht für die Gegenwart abzuschätzen. Auch die Rubrik »Aus dem Archiv« ist Hans-Georg Gadamer gewidmet. Sie enthält als Erstveröffentlichung einen Brief an den kanadischen Philosophen Jean Grondin, in dem Gadamer noch einmal zentrale Begriffe und begriffsbildend genutzte Metaphern seines Denkens konfiguriert und eine überraschend naheliegende Antwort auf die notorische Frage nach dem Wahrheitsbegriff der philosophischen Hermeneutik gibt.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort

Bernhard Fischer
Die Geisteswissenschaften und das Archiv.
Überlegungen im Rückgang auf Gadamer

Petra Gehring
Europäische Geisteswissenschaften in der Krise.
Gadamer zwischen Husserl, Valéry und Derrida

Michael Erler
Anmerkungen zu Gadamers Einschätzung der Klassischen Philologie

Martin Seel
Gadamers Apologie der Rhetorik

Stefan Rebenich
Gadamer im Gespräch mit Droysen – Über die Zukunft der
­ Altertumswissenschaften

Martin Avenarius
Daseinshermeneutik und Rechtserfahrung

Rolf Zimmermann
Humane Koexistenz.
Zur hermeneutischen Ethik moralischer Geschichtlichkeit

Andreas Vasilache
Überwindung des Fremden im interkulturellen Verstehen?

AUS DEM ARCHIV

Carsten Dutt
Gadamer über Wahrheit und Methode, Gespräch und Geschichte
in einem Brief an Jean Grondin (1979)

Hans-Georg Gadamer
Brief an Jean Grondin

ABHANDLUNGEN

Suzanne Marchand
Why the Eighteenth Century Disapproved of Athenian Democracy

Daniel Wehinger
Die Zweiteilung des Körpers.
Eine Kritik an Sartres Philosophie der Körperlichkeit

Samuel Baur
Koselleck, Popper und das Vetorecht der Quellen

BUCHBESPRECHUNGEN
Martin Hoffmann / Tobias Martin (Hgg.): Ebenen des Verstehens. Wolfgang Künne im Gespräch (Jens Kertscher)

Massimo Mugnai: Come NON insegnare la filosofia (Marco Tamborini)

Die Autorinnen und Autoren
Über das Archiv für Begriffsgeschichte
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