Wer sich etwas tiefgründer beschäftigen will mit dem Thema Fundamentalismus als nur mit dem Cliché vollbärtiger Steinzeit-Muselmanen, wer sich auf schrille und nicht selten gewagte Thesen einlassen will und wer im Fundamentalismus mehr sieht, als nur ein letztes Sich-Aufbäumen der Vergangenheit, - dem sei die Lektüre dieses Büchleins empfohlen. Das Buch lebt letztlich von zwei Thesen, deren erste historisch klar und eindeutig, aber leider gelegentlich in Vergessenheit geraten ist, und deren zweite ebenso schrill wie überlegenswert neu ist: 1) Der Fundamentalismus ist historisch betrachtet ein christliches Phänomen, zunächst des US-Protestantismus ("The Fundamentals", 1910), dann auch des römischen Katholizismus (Unfehlbarkeitsdogma, 1870). D.h. der Fundamentalismus hat seine Wurzeln nicht im Islam, sondern im Christentum und er meint zunächst nicht bärtige Finsterlinge im Nahen Osten oder vatikanische Hinterwäldler (bayrischen Ursprungs), sondern Anhänger einer Rückbesinnung auf (moralische) fundamentale Grundsätze, die sich nicht dem haltlosen Treiben der Moderne opfern. 2) Diese Form der fundamentalen Begründung aber trägt immer schon den Zweifel und damit den Nihilismus in sich; deshalb: "Fundamentalismus - maskierter Nihilismus". Wer Lehrsätze dergestalt fundamentalistisch begründet, geht davon aus, daß sie nicht mehr unbefragt für wahr genommen werden. So bringen die monotheistischen Religionen mit ihren Letztbegründungsversuchen selbst den Prozeß in Gang, der mit dem Zweifel schließlich den Nihilismus erzeugt.

Jens Walter, lehrerbibliothek.de

Christoph Türcke, Jahrgang 1948, ist Professor für Philosophie an der Hochschule für Graphik und Buchkunst in Leipzig und Autor zahlreicher Bücher.

Fundamentalisten – das sind immer die Anderen. Also diejenigen, die ihre Überzeugungen nicht der Diskussion, dem Zweifel aussetzen wollen und die Mitmenschen zu einer Lebensführung nach ihren Vorstellungen zwingen. Also die intoleranten, bärtigen Finsterlinge im Nahen Osten, ein paar vatikanische Hinterwäldler oder die amerikanischen Sektengurus, die im 20. Jahrhundert beginnen, sich den Errungenschaften der Moderne zu widersetzen.
Christoph Türcke bricht mit diesem Cliché radikal. Er zeigt, daß der Fundamentalismus seine Wiege im christlichen Westen hat, wie die Macht des Westens wirksam ist, wo immer die großen monotheistischen Religionen ihre eigenen Fundamentalismen hervorbringen, wie sie sich gegen den Strudel des Nihilismus wehren, in den sie hineingerissen werden – und wie dieser Nihilismus seinerseits fundamentalistische Züge anzunehmen beginnt.
Fundamentalismus - maskierter Nihilismus ist Pflichtlektüre für alle, die ahnen, daß Fundamentalismus mehr ist als ein letztes Sich-Aufbäumen der Vergangenheit.
Inhalt:
1. The Fundamentals
2. Kleine Genealogie des Begründens
3. Ästhetischer Fundamentalismus
4. Weicher Fundamentalismus
5. Zionismus
6. Hollywoodismus
7. Kehrreim des Fundamentalismus

"Türcke spannt einen weiten, gelehrten Bogen, der vom Alten Testament bis in unsere Tage reicht. Manche Beziehung, die er aufzeigt, ist gewagt, aber niemals uninteressant. Sein Buch ist ein intellektueller Parforceritt durch die Geschichte... Seine Hauptthese, der Fundamentalismus sei eine Form des Nihilismus oder dessen Kehrseite, ist griffig und prägnant."
Florian Coulmas, Süddeutsche Zeitung

"Das kleine Buch, das auf überraschend plausible Weise Islamismus mit der christlichen Theosophie des 19. Jahrhunderts, dem Zionismus und 'Hollywoodismus`zusammenstellt, wirkt nachdrücklich der begrifflichen Unschärfe und historischen Unkenntnis entgegen, mit der wir im politischen, journalistischen und auch akademischen Bereich normalerweise über internationalen Terrorismus reden. Das könnte uns helfen, uns vor ihm zu schützen."
Petra Kolmer, Das Parlament

"Eine kenntnisreiche Einführung und Auseinandersetzung mit einem Zeitphänomen."
Der Medienbrief Unabhängiger Medienfachdienst

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