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Die doppelte Nacht Eine Deutschlandreise im Jahr 1958
Die doppelte Nacht
Eine Deutschlandreise im Jahr 1958




Carlo Levi

Verlag C. H. Beck oHG
EAN: 9783406823695 (ISBN: 3-406-82369-6)
176 Seiten, kartoniert, 13 x 20cm, Oktober, 2024

EUR 20,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Levi, Carlo

Die doppelte Nacht



Eine Deutschlandreise im Jahr 1958.



Im Jahr 1958 reist der weltberühmte Autor von «Christus kam nur bis Eboli» nach Deutschland. Von Mussolinis Regierung war er verhaftet, verbannt und später ins Exil getrieben worden. Nun sieht er von München bis Berlin wundersam wiederaufgebaute Städte – und dahinter das Schweigen, die Verdrängungen und die Verwüstungen der Vergangenheit.



Levi lässt sich durch Münchner Nachtlokale treiben und spricht mit schlesischen Vertriebenen, die in den Baracken des KZ Dachau wohnen. Von Augsburg über Ulm bis Tübingen begegnet er der deutschen Geschichte seit dem Mittelalter und befragt sie im Spiegel der jüngsten Geschehnisse. Er streift durch die beiden Hälften des geteilten Berlin, die "mitleiderregenden Schwestern der inneren Unfreiheit". Im Pergamonmuseum wird er Zeuge der Rückkehr von Kunstwerken, die während des Kriegs nach Moskau verbracht wurden. Mit seinem ethnographischen Röntgenblick schaut Levi in die menschlichen Abgründe von Nachkriegsdeutschland und horcht in die „hohle Stille aus Fragen und Erschütterung“. Sein sprachmächtiger Reisebericht, der sich nie zur Anklage erhebt, besticht durch seinen feinen, warmherzigen Ton. Er ist ein eindrucksvolles Zeugnis von den Spuren einer gewalttätigen Geschichte in einem ganzen Land.
Rezension
Wie sah die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1958 aus? Wurde das Leben der deutschen Bevölkerung Ende der 1950er Jahre durch das so genannte „Wirtschaftswunder“ geprägt? War sie von der Fresswelle ergriffen? Warum sprachen die Deutschen in der Nachkriegszeit nicht über den Holocaust? Wie lebte man 1958 in Stuttgart, Tübingen und Schwäbisch Hall? Welche Rolle spielte in Westberlin die Erinnerung an die Berliner Luftbrücke? Wodurch unterschieden sich Ost- und West-Berlin voneinander? Verdrängte man in München die NS-Zeit? War die Bundesrepublik Deutschland 1958 ein traumatisiertes Land?
Antworten auf diese Fragen gab Carlo Levi (1902-1975) in seinem 1959 veröffentlichten Reisebericht „La doppia notte die tigli“, der 2024 erneut aufgelegt wurde. Im selben Jahr erschien eine deutsche Übersetzung des Werks von Martin Hallmannsecker bei C.H. Beck in der Reihe textura unter dem Titel „Die doppelte Nacht. Eine Deutschlandreise im Jahr 1958“. Der Band enthält zudem ein aufschlussreiches Nachwort von Bernd Roeck, emeritierter Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Zürich.
Bekanntheit erlangte der Schriftsteller, Arzt und Politiker durch seine weltweit übersetzten Erinnerungen seiner Verbannung „Cristo si è fermato a Eboli“, auf Deutsch „Christus kam nur bis Eboli“. Levi liefert in seinem Reisebericht von 1958 ein äußerst anschauliches und differenziertes Panorama der Bundesrepublik Ende der 1950er Jahre: „so gut wie alle, alten kleinen Städte Deutschlands sind in Bezug auf das, was sie einmal waren, tot: zertrümmert von den Bomben, neu und unkenntlich wiederaufgebaut oder geschickt gefälscht“(S. 81), heißt es bei Levi. In seiner Gesamtschau gelingt es dem Schriftsteller sehr gut, die Gründe für das „kommunikative Beschweigen“(Lübbe) der Verfolgung und Ermordung der Juden durch die deutschen „Ohnemichel“ aufzuzeigen. Für Lehrkräfte des Faches Geschichte liefert Levis Bericht nicht nur anschauliche Beschreibungen, sondern enthält zudem manchen Textausschnitt, der im Geschichtsunterricht produktiv zum Einsatz kommen kann.
Fazit: Carlo Levis in eloquenter Sprache verfasster Reisebericht „Die doppelte Nacht“ ist eine überaus lohnenswerte Lektüre für alle an deutscher Nachkriegsgeschichte Interessierten.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Im Jahr 1958 reist der weltberühmte Autor von «Christus kam nur bis Eboli» nach Deutschland. Von Mussolinis Regierung war er verhaftet, verbannt und später ins Exil getrieben worden. Nun sieht er von München bis Berlin wundersam wiederaufgebaute Städte – und dahinter das Schweigen, die Verdrängungen und die Verwüstungen der Vergangenheit.
Levi lässt sich durch Münchner Nachtlokale treiben und spricht mit schlesischen Vertriebenen, die in den Baracken des KZ Dachau wohnen. Von Augsburg über Ulm bis Tübingen begegnet er der deutschen Geschichte seit dem Mittelalter und befragt sie im Spiegel der jüngsten Geschehnisse. Er streift durch die beiden Hälften des geteilten Berlin, die "mitleiderregenden Schwestern der inneren Unfreiheit". Im Pergamonmuseum wird er Zeuge der Rückkehr von Kunstwerken, die während des Kriegs nach Moskau verbracht wurden. Mit seinem ethnographischen Röntgenblick schaut Levi in die menschlichen Abgründe von Nachkriegsdeutschland und horcht in die „hohle Stille aus Fragen und Erschütterung“. Sein sprachmächtiger Reisebericht, der sich nie zur Anklage erhebt, besticht durch seinen feinen, warmherzigen Ton. Er ist ein eindrucksvolles Zeugnis von den Spuren einer gewalttätigen Geschichte in einem ganzen Land.
Carlo Levi (1902-1975) war Arzt, Schriftsteller und Maler. Er stammte aus einer großbürgerlichen Familie assimilierter Juden. Weil er eine antifaschistische Gruppe leitete, saß er 1934 zunächst im Gefängnis und wurde später in den unwirtlichen Süden Italiens in die Verbannung geschickt. Seine Erfahrungen mit der archaischen Welt dieser Region verdichtete er in seinem Buch «Christus kam nur bis Eboli», das in 37 Sprachen übersetzt wurde. Daneben verfasste er Gedichte, Essays und Reiseberichte.
Inhaltsverzeichnis
Die doppelte Nacht 7
Anmerkungen 149
Nachwort
von Bernd Roeck 155
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