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Die Kraft der inneren Bilder Entstehung, Ausdruck und therapeutisches Potential
Die Kraft der inneren Bilder
Entstehung, Ausdruck und therapeutisches Potential




Ruth Etienne Klemm

Schwabe Basel
EAN: 9783796519536 (ISBN: 3-7965-1953-9)
264 Seiten, kartoniert, 15 x 22cm, Juni, 2003

EUR 33,50
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Sich etwas vorzustellen - innere Bilder zu haben - ist ein urmenschliches und spontanes Verhaltensmuster der Lebens- und Konfliktbewältigung.

Mit diesem Phänomen haben sich namhafte Philosophen in der über 2000jährigen Philosophiegeschichte immer wieder beschäftigt, und sie haben für das Heute relevante und unbestrittene Erkenntnisse gewonnen.

Seit ein paar Jahrzehnten nun beschäftigen sich die Forscher auf dem Gebiet der Psychologie und der Sozialwissenschaften, die Entwicklungspsychologen und Psychotherapeuten mit den inneren Bildern, fragen nach dem Entstehen der mentalen Bilder, nach deren Nutzen für die Persönlichkeitsentwicklung, für die Identitätsbildung und Problembewältigung im Alltag und in Krisenzeiten und entwerfen Vorgaben für das therapeutische Handeln.

Das vorliegende Buch greift diese Fragen auf. Sie werden mit Blick auf den philosophischen Hintergrund, unter Einbezug der Ergebnisse der modernen Säuglingsforschung und mit Bezugnahme auf die für Bildprozesse bedeutsamen, psychologischen Konzepte - wie z.B. das Spiegelkonzept und das Konzept des intermediären Raumes nach Winnicott - diskutiert.

Die Bilderresonanz fusst auf dem Boden der humanistischen Psychologie - Bilderresonanz wird verstanden als ein bildhaftes, interaktionelles Geschehen, welches innerhalb einer tragenden, therapeutischen Beziehung stattfinden kann.

Über die Adoleszenz als eine der wichtigsten, wenn nicht die prototypische Übergangsphase im Menschenleben wird der Nutzen innerer Bilder, ihre gezielte, therapeutische Verwendung und die Bilderresonanz exemplifiziert. Drei Fallbeispiele runden die Ausführungen ab.

Die Autorin

Die gebürtige Luzernerin studierte Psychologie an der Universität Zürich und promovierte auch dort. Sie lebt heute mit ihrer Familie in Zürich und arbeitet in der eigenen psychologischen und psychotherapeutischen Praxis.
Rezension
Innere Bilder spielen im Leben des Menschen eine entschiedene Rolle. Sie sind für die persönliche Reifung und Entwicklung unverzichtbar und stellen darüber hinaus ein großes Potential bei der Krisenbewältigung dar.

In diesem Buch stellt Ruth Etienne Klemm sowohl die theoretischen Grundlagen als auch die praktische therapeutische Arbeit mit inneren Bildern dar. Im ersten Teil wird auf den kulturelle Hintergrund und Bezugsrahmen des Bildhaften, Intuitiven und Imaginären im abendländischen Denken eingegangen und anhand wichtiger Strömungen und Philosophen (Kant, Sartre) erläutert. Hierbei ist positiv hervorzuheben, dass sich die Autorin nicht im wissenschaftlichen Diskurs verliert, sondern den Leser auf eine spannende Entdeckungsreise zu den Grundlagen seiner eigenen Kultur mitnimmt. Im zweiten Teil werden die Grundlagen zur Entstehung der inneren Bilder sowie deren Funktion dargestellt. Der Leser erhält hierdurch einen tieferen Einblick in die psychische Entwicklung des Menschen aber auch in die Bedeutung der inneren Bilder.

Teil drei befasst sich mit der Adoleszenz als „eine der bedeutenden Übergangsphasen im menschlichen Leben“ (S. 122). Die Ausführungen zu den Reifungsschritten und Entwicklungsaufgaben aber auch jugendkulturellen Aktivitäten dürfte gerade auch für Lehrer besonders hilfreich sein da sie zu einem tieferen Verständnis der Jugendlichen und ihren manchmal sonderbar erscheinenden Selbstdarstellungen beitragen. Gerade dieses „sich-in-Szene-setzen“ ist für Jugendliche aber unverzichtbar und deshalb sollte auch die Schule einen geschützten Raum darstellen, in dem dies bis zu einem gewissen Grad möglich ist. Ein großer Teil der Adoleszenz wird schließlich in der Schule verbracht. Die Kenntnis der Entwicklungsaufgaben ermöglicht ein gezieltes aber auch gelasseneres Eingehen auf die Jugendlichen und ihre Bedürfnisse. Im vierten Teil wird anhand von drei Fallbeispielen die therapeutische Arbeit mit inneren Bildern vorgestellt und dürfte für Praktiker besonders hilfreich sein. Da die Arbeit und Auseinandersetzung mit inneren Bildern aber jeden Menschen betrifft, lädt der vierte Teil darüber hinaus auch den allgemein interessierten Leser ein, sich auf die Suche nach seinen eigenen inneren Bildern zu machen.

Positiv hervorzuheben ist die allgemein verständliche Sprache, die es auch dem Nichtfachmann ermöglicht, die Ausführungen nachzuvollziehen, ohne am wissenschaftlichen Anspruch Abstriche zu machen. Beeindruckend ist die wertschätzende Haltung der Autorin gegenüber den verschiedenen Psychologieschulen. In kritischer Würdigung wird auf die einzelnen Richtungen und ihrer Vertreter, wie z.B. Psychoanalyse, Humanistische Psychologie, Winnicott, Rogers, Stern, Erickson, Freud Bezug genommen. Dort wo die Autorin andere Positionen vertritt bzw. neuerer Forschungsergebnisse vorliegen, weist sie darauf hin, ohne andere Meinungen zu entwerten oder Leistungen in Frage zu stellen. Gerade die Ausführungen zu den einzelnen Schulen bieten einen guten, komprimierten Überblick zu einzelnen Fragestellungen aus unterschiedlichen Perspektiven.

Fazit: Aufschlussreiche, dabei gut lesbare Darstellung zum Thema „innere Bilder“ auf wissenschaftlicher Grundlage für Therapeuten, Lehrer aber auch für eine interessierte Leserschicht.

Björn Hillen, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort. 5

Inhalt. 7

Vorwort. 13

Teil 1
Über das Bildhafte, Intuitive und Imaginäre als das spezifisch Menschliche.
19

I. Annäherung an das Thema. 20

II. Das Verhältnis zwischen Realem und Imaginärem in der Geschichte des abendländischen Denkens. 29
A. Begriffsklärung. 29
B. Die Bedeutung von Intuition in der Antike und im Mittelalter. 33
C. Die Bedeutung von Imagination in den grossen Sprachregionen. 34
D. KANT zur Einbildungskraft und zum intuitiven Denken. 36
E. Die Sichtweise im 19. Jahrhundert. 40
1. Zum Zeitgeist des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. 41
2. Zum Einfluss der verschiedenen philosophischen Strömungen auf den Menschen des 20. Jahrhunderts und auf die sich entwickelnde Psychologie und Psychotherapie. 44
F. SARTRE zum Imaginären und die Verbindung zum intermediären Raum. 50
1. SARTRE über das Imaginäre. 52
2. Die Verbindung zu WINNICOTTS Konzept des intermediären Raumes. 58
G. Zusammenfassung. 61

Teil 2
Die Entstehung der inneren Bilder.
65

I. STERNS Selbstentwicklungspsychologie und der Entstehungsprozess von inneren Bildern. 67
A. Selbst-Invarianten und das Auftauchen von Organisation im Zusammenhang mit dem Entstehen von Repräsentationen beziehungsweise inneren Abbildern. 68
B. Die Selbst-Regulierungs-Funktion sozialer Interaktionen. 70
C. Die Rolle des Gedächtnisses. 71
D. Zur Kraft der inneren Bilder. 72
E. Der evozierte Gefährte und der innere, kreative Kommunikationsprozess. 73
F. Der evozierte Gefährte, das beseelte Person-Ding und das Übergangsobjekt. 78
G. Repräsentation der Interaktionserfahrung mit der natürlichen, dinglichen und kulturellen Umwelt. 84
H. Intersubjektivität und emotionale Resonanz als Ausdruck von Affektabstimmung. 85
I. Vitalitätsaffekte. 87
K. Spracherwerb, Symbolisierungsfähigkeit und Weiterentwicklung der inneren Bilder. 89
L. Zusammenfassung. 92

II. Innere Bilder und Phantasien aus psychoanalytischer Sicht. 97
A. Zu den psychischen Innen-Räumen. 102
B. Innere Bilder und ihre Beziehung zur Kunst, zur virtuellen Realität und zum Spiel. 104

III. Abschliessende Überlegungen. 107

IV. Das Sandspiel von URI ORLEV. 112

Teil 3
Zur Adoleszenz - Entwicklungsaufgaben und kreative Äusserungsformen des jugendlichen Selbst.
121

I. Einleitung. 126

II. Reifungsschritte und Entwicklungsaufgaben aus der Sicht verschiedener Entwicklungsmodelle. 131
A. SCHENK-DANZINGER und andere Exponentinnen der allgemeinen Entwicklungspsychologie. 131
B. Das psychoanalytische Entwicklungsmodell. 139
Exkurs zum psychoanalytischen Spiegelkonzept. 148
Exkurs zum Spiel mit der Identität im intermediären Raum 154
C. Die Humanistische Psychologie. 162
1. Die klientzentrierte Entwicklungslehre mit besonderem Akzent auf dem Imaginären. 165
a. Überblick. 165
b. Wichtige Konstrukte innerhalb der Entwicklungstheorie. 168
2. ROGERS' Theorie der Kreativität. 185

III. Jugendkulturelle Aktivitäten als Bewältigungsstrategie und Möglichkeit zur Selbstdarstellung. 193

IV. Umgang mit dem Imaginären - Verschiedene therapeutische Ansätze zur Bilderarbeit mit Kindern und Jugendlichen. 199
A. Konsequenzen der dynamischen Entwicklungspsychologie für das Therapieverständnis. 199
B. Neue Vorschläge zur Gestaltung des Therapieprozesses und zur Bilderarbeit mit Jugendlichen. 203
C. Ein Bild für den adoleszenten Entwicklungsprozess. 206

Teil 4
Bilderarbeit anhand von Bilderresonanz.
213

I. Bezug der theoretischen Grundannahmen zur therapeutischen Wirkungsweise der Bilderarbeit durch Bilderresonanz. 215
A. Bildersprache und Bilderresonanz innerhalb des therapeutischen Prozesses. 219

II. Eine Gegenüberstellung von zwei sich in wesentlichen Aspekten unterscheidenden kreativen, inneren Bildern - Eingrenzung der Überlebens-Bilder. 223
A. Die therapeutische Wirkung der Bilderresonanz. 227
B. Der besondere Akzent der Bilderresonanz in der Therapie mit Adoleszenten. 230

III. Beispiele für die Bilderarbeit anhand der Bilderresonanz. 233
A. Ronja Räubertochter. 233
B. Mittagsschlaf. 239
C. Das Schloss auf dem Plattenteller. 243

Anhang. 253

Anmerkungen. 254

Literatur. 257

Autorenregister. 263