lehrerbibliothek.deDatenschutzerklärung
Das katholische Abenteuer Eine Provokation. Ein SPIEGEL-Buch
Das katholische Abenteuer
Eine Provokation. Ein SPIEGEL-Buch




Matthias Matussek

Random House , DVA, Spiegel-Verlag
EAN: 9783421045140 (ISBN: 3-421-04514-3)
384 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 14 x 22cm, Mai, 2011, mit Abbildungen

EUR 19,99
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
»Es bollert also und rumpelt, es zischt und kracht in diesem Buch Seite für Seite. ... Ja doch, Matussek ist hysterisch. Aber in beide Richtungen: in der Abwehr wie in der Begeisterung. Immer mitreißend.«

Süddeutsche Zeitung (09.05.2011)



»Man möchte fast katholisch werden, wenn man’s liest.«

Südwestrundfunk "SWR 2 am Morgen" (16.05.2011)



Matthias Matussek, geb. 1954, kam nach Stationen beim Berliner Abend und beim Stern zum Spiegel, für den er als Korrespondent und Reporter in New York, Berlin, Rio de Janeiro und London war. Im Herbst 2005 kehrte er in die Zentrale nach Hamburg zurück, wo er bis Januar 2008 das Feuilleton leitete. Heute schreibt er als Autor für das Heft und als Videoblogger für Spiegel online. Sein Buch Wir Deutschen. Warum die anderen uns gern haben können (2006) stand wochenlang auf der Bestseller-Liste.
Rezension
Nichts wühlt die Welt derzeit so auf wie die neuen Kämpfe um Religion und Glauben. Da ist der fundamentalistische Terror. Da ist die Reizfigur des Papstes. Da sind die Angriffe der Wissenschaften auf Glaubensbastionen. Der streitbare Katholik und Bestsellerautor Matthias Matussek hat aus seinen Grundüberzeugungen nie einen Hehl gemacht. In seinem neuen Buch hält er der hedonistischen Moderne eine politisch inkorrekte Gardinenpredigt über die »Sieben Todsünden«. Er erläutert, warum Lügen in der Politik nicht lohnen. Er fühlt Gregor Gysi beim Katholikentag auf den Zahn. Er beschreibt die Nacht, in der der alte Papst starb und beobachtet den neuen beim Besuch in seinem Heimatdorf. Er schildert Baptisten und orthodoxe Juden in den USA wie Favela-Priester in Rio de Janeiro. Da der Glaube eine persönliche Angelegenheit ist, ist auch dieses Buch eine: Matussek erzählt, wie er wurde, was er ist. Er legt, auf seine Art, Zeugnis ab.

Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Das neue Buch von Erfolgsautor Matthias Matussek

Provokantes Bekenntnis zur Macht des Glaubens.

»Es bollert also und rumpelt, es zischt und kracht in diesem Buch Seite für Seite. ... Ja doch, Matussek ist hysterisch. Aber in beide Richtungen: in der Abwehr wie in der Begeisterung. Immer mitreißend.«

Süddeutsche Zeitung (09.05.2011)

»In seinem Buch Das katholische Abenteuer. Eine Provokation bricht Matthias Matussek zahlreiche Lanzen für die katholische Kirche, gerade für ihre schwierigsten Seiten, und lässt den Leser belebt zurück, belebt durch Unerschrockenheit und Witz, durch Leidenschaft und Kenntnis. […] Gegner hat die Kirche genug; selten und schön, dass einer mit Lust und Schwung daherkommt, ihr beizustehen.«

Die Zeit (19.05.2011)

»Man möchte fast katholisch werden, wenn man’s liest.«

Südwestrundfunk "SWR 2 am Morgen" (16.05.2011)

»So schnoddrig und zugleich präzise muss man erst mal über Religion schreiben können.«

Augsburger Allgemeine (16.05.2011)

»Matussek schwimmt meinungsstark gegen den Mainstream. Kirche ist klasse. Und das liest sich überzeugender, jedenfalls mitreißender als so manche Predigt von der Kanzel.«

Frankfurter Neue Presse (19.05.2011)

»Das katholische Abenteuer. Eine Provokation von Matthias Matussek ist ein journalistisches Sprachkunstwerk mit Tiefe. Es ist ein berührendes Selbstzeugnis, das sich nicht aufdrängt, aber in seiner schnörkellosen Ehrlichkeit wohl jeden Leser nachdenklicher und gebildeter zurücklässt, als er es vor der Lektüre war.«

Märkische Allgemeine (19.05.2011)

»Das Buch will keine theologische Abhandlung sein. Es liest sich gut und kann auch Christen anderer Konfessionen eine "abenteuerliche" Lektüre sein.«

pro-medienmagazin.de, 12.05.2011

»Sich auf dieses Glaubensbuch einzulassen, muss nicht bedeuten dem Autor in all seinen Ansichten immer recht zu geben, aber mit ihm in ein kultiviertes Streitgespräch zu treten, bringt garantiert beiden Seiten etwas und erweitert den theologischen Horizont.«

buecherveraendernleben.npage.eu, 16.05.2011
Inhaltsverzeichnis
9 Vor Spielbeginn

Ausgangslagen

15 Training mit dem Teufel
43 Das katholische Abenteuer
79 Der Thrill der Wahrheit
88 Spielbericht: Ohne Gott läuft gar nichts
104 Weltuntergang

Glaubensschlachten

123 Ausweitung der Kampfzone
141 Stoßseufzer: Zum Dschihad im Feuilleton
147 Zwischenbilanz: Heiße und kalte Religion
165 Oh, Gott!

Meine Kirche

175 Das Geheimnis der Form
191 Die Axt Gottes
204 Die reine Lehre und der Papst
217 Der Jahrtausend-Papst
227 Der lächelnde Unbeugsame

Gott und die Welt

247 Gottes eigenes Land
255 Glauben und Sternenbanner
267 Der schwarze Jesus
277 Tanzt Gott Samba?
285 Die Martins-Passion
297 Der Dollar als Mysterienspiel

Endspiele

307 Was, wenn der Messias stirbt?
314 Götzendämmerung
326 Nicht zuletzt: Engel!
338 Zum Ausklang: Eine Glaubens-Safari



Vor Spielbeginn

»Snobs bringen uns von der Religion ab,
heutzutage, wenn’s ihnen gelingt.
Ich scheiß auf sie. Und wünsch Dir Gott.«
L e s Mu r r a y , D i e l e t z t e B e g r ü ß u n g

Erschütternder kann unsere Diesseitsgläubigkeit – grenzenloses
Wachstum, technologische Vernunft – nicht scheitern als mit
dieser radioaktiven Wolke, die gerade auf Tokio zutreibt, während
ich diese Zeilen schreibe. Ein apokalyptisches Scheitern.
Heldenhaft arbeitet ein kleiner Trupp am Unglücksreaktor, die
Übrigen tun, was sie in solchen Fällen können: beten. Zumindest
versuchen sie es.
Dies ist das Buch eines Journalisten über Gott und die Welt.
Es ist auch das Buch eines religiösen Journalisten. Ich weiß, das
kann peinlich werden. Uns scheinen die Worte auszugehen,
wenn wir über religiöse Erfahrungen reden, die bisweilen
außergewöhnlich sind und bisweilen so schlicht wie die späten
Songs von Johnny Cash. Wie schreibt man übers religiöse
Ergriffensein? Bei uns verfällt man dann leicht der Esoterik oder
dem Jargon der Ratgeberbücher.
Seltener ist der Gonzo-Stil, die Polemik, die katholische Provokation,
die Achterbahnfahrt der Gefühle, der Wechsel aus
Standpauken und Stoßseufzern. Dabei ist es doch so, dass Religion
und Journalismus genau das gemeinsam haben. Jeder Leitartikel
ist eine Standpauke, die gehalten wird aus der Anmaßung
eines richtigen Lebens ins falsche hinein. Und dann die Stoßseufzer,
die den Unbelehrbaren hinterhergeschickt werden.
Oder dem Schicksal. Oder dem eigenen Leben. Was ist Religion
anderes als ein Wechsel aus Standpauke und Stoßseufzer, aus
Predigt und Verzagtheit, aus Gesetz und Gebet? So wurde sie
immer verstanden.
9
Karl Marx hat die Religion den »Seufzer der bedrängten Kreatur
« genannt. Und den »Geist in einer geistlosen Zeit«. Es ist
meine tiefste Überzeugung, dass er recht hat, übrigens auch
gegen sich selber, denn er hielt sich für einen abgeklärten Rechner.
In Wirklichkeit war er ein Romantiker, der auf geschichtliche
Erlösung setzte, ein Hegelianer, ein Paradiesbaumeister wie
viele Intellektuelle und Schwärmer, die sich mitunter zu Menschenverächtern
und Lagerbaumeistern abrichteten, solange das
Projekt groß genug war, an dem sie mitwirken sollten.
Aber schon schweife ich ab.
Ich versuche, ein Lebensthema einzukreisen, in biografischen
Erinnerungen, Polemiken, Essays, Reportagen.
Als Reporter war ich schon immer fasziniert vom religiösen
Urbedürfnis der Menschen in allen Winkeln der Erde. Ob in der
Baptisten-Messe in Harlem oder der Marienprozession im Amazonas-
Gebiet oder im nächtlichen Warten in einer Synagoge
mit der bangen Frage: »Was, wenn der Messias stirbt?«
Es gibt Gute und Böse in meinen Reportagen, und natürlich
halte ich zu den Guten, aber bisweilen sind Gut und Böse
nicht auseinanderzuhalten. Allerdings bin ich reflexhaft auf der
Seite der Schwachen, da ist die Bergpredigt ein zuverlässiger
Kompass.
Mich haben schon immer Menschen interessiert, die sich in
eine andere Sphäre spannen. Die mit einem Bein in der Luft
leben. Die Träumer, Romantiker, Dichter, Lebensdeppen, heiligen
Idioten, ungelenken Stümper, Randmenschen, Größenwahnsinnigen,
Kleinmütigen, Gottesvergifteten. Davon handeln die
Reportagen in diesem Band. Das sind ihre Helden, die Paulus so
benennt: »Was töricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählt.«
Das Buch liegt in der Logik meiner Vorgängerbücher, in
denen es um die Auflösung von Bindungen ging. Und wie in
den Vorgängerbüchern greife ich zurück in meine Kindheit
und versuche, mir zu erklären, wie ich wurde, wer ich bin,
und warum ich glaube, was ich glaube. Nach der Vaterlosen
Gesellschaft und den Deutschen also Das katholische Abenteuer.
Vor Spielbeginn
10
Nach Familie und Nation nun der Glaube. Warum Glaube?
Weil mich die Bekenntnisarmut unseres Betriebs anödet, diese
Dauerironie, in der jeder Standpunkt zur Tänzelei wird und
jeder Gläubige zur Lachnummer, der aus der Zeit gefallen ist.
Wofür ich stehe? Hierfür.
Wir schwimmen in einem Ozean aus Relativierungen. Sinn
macht ein solches Buch also nur, wenn es mit einem Bekenntnis
verbunden ist. Mir imponiert Rousseaus Haltung, der sagte: »Ich
werde meine Religion bekennen, weil ich eine habe. Und ich
werde sie öffentlich bekennen, weil ich das Herz dazu habe.«
Zur Polemik: Es geht nicht ohne. Es gibt kein größeres Reizthema
als Religion in diesen Tagen. Das Beten haben wir verlernt,
aber nicht das Streiten. Denn Religion ist das, was uns blieb, in
Resten, nachdem die Ideologien abgewirtschaftet haben und der
Konsumismus keine Metaphysik hervorbringen kann.
Wir sind in gewisser Weise die »letzten Menschen«, von
denen Nietzsche im Zarathustra spricht. »Was ist Liebe? Was
ist Schöpfung? Was ist Sehnsucht? Was ist Stern? – so fragt der
letzte Mensch und blinzelt.«
Unsere Bewusstlosigkeiten und die Zerstreutheiten in den
Komfortzonen nehmen zu. Gleichzeitig wird die Ungleichheit
ins Unerträgliche steigen, und das wird zu längst überfälligen
Verteilungskämpfen führen, im Weltmaßstab. Naturkatastrophen
werden sich häufen, nicht wenige davon menschengemacht,
wir werden um knapp werdende Ressourcen wie
Wasser Krieg führen. Wir werden Gott brauchen, wir werden
wieder beten lernen, alle.
Ich beneide meine Eltern um die Unbeirrbarkeit ihres Gottvertrauens,
die sie hatten und die mir leider manchmal fehlt.
Mein Glaube ist momenthafter, nervöser. Doch letztlich ist
er eine Notwendigkeit für mich. Er macht Sinn. Nicht zuletzt
bedeutet er Trost und Hoffnung. Ich schreibe das nur, weil ich
das Licht setzen will für dieses Buch. Ich glaube, dass Religion
nicht nur für Gewinner ist, für die Sattelfesten und Zufriedenen.
Religion ist noch viel mehr der Stoff für Zerrissene. War Paulus
Vor Spielbeginn
11
nicht Epileptiker? War Ignatius nicht früh verwundet worden
und kam im Lazarett zum Glauben?
Noch einmal Marx, der von der Religion sagt, sie sei »das
Gemüt einer herzlosen Welt«. Und, natürlich, sie sei »Opium
des Volkes«. Offenbar aber haben die meisten Menschen eine
Schwäche für dieses Opium. Rund 80 Prozent der Weltbevölkerung
können als religiös gelten. In unseren unglücklich aufgeklärten
Breiten dagegen ist das Talent zur Transzendenz
verkümmert, nahezu erloschen. Nur noch 13 Prozent der Katholiken
gehen in die Kirche.
Doch zurück zur Gesamtlage: Natürlich kann man die 80
Prozent Gläubigen weltweit als »wahnhaft« bezeichnen, wie
es der Biologe Richard Dawkins tut, oder mit dem Publizisten
Christopher Hitchens beklagen, dass »Religion alles vergiftet«.
Aber wenn sie Gift wäre, wenn sie derart schädliche Nebenwirkungen
hätte, hätten die Menschen sie längst fallen lassen.
Das übrigens müssten sich doch auch glaubensferne Evolutionsbiologen
sagen. Der Philosoph Robert Spaemann nennt Gott
das »unsterbliche Gerücht«, eines, das sich durch die Zeiten so
hartnäckig hält und so weit und lückenlos verbreitet ist, dass die
Beweislast mittlerweile doch bei der Gegenseite liegen sollte.
Ich warte also gespannt auf den wissenschaftlichen Beweis:
»Gott kann es nicht geben, weil …«
Allerdings wird mir bisweilen bei einem anders gelagerten
Einwand klamm. Die Frage nach dem gerechten Gott ist eine
Irritation, die sich nicht leicht wegbeten lässt. Nicht immer.
Auch für den Verzweiflungsschrei, der Gott in Frage stellt,
muss Raum sein. Für Jean Pauls erschütternde »Rede des toten
Christus vom Weltengebäude herab, daß kein Gott sei«. Für die
Frage nach dem Sinn des Leidens, im Holocaust und in anderen
menschlichen Höllenerfahrungen.
Was sagt man da, als einigermaßen frommer Katholik? Dass
Gott den Menschen auch die Freiheit gegeben hat, anderen Böses
zu tun? Manchmal bin ich mit meinem Latein am Ende. Dann sage
ich, wie Fellini es zu tun pflegte: »Adesso fai tu.« Mach du weiter!