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Das Täuferreich von Münster Wurzeln und Eigenarten eines religiösen Aufbruchs (1530-1535)
Das Täuferreich von Münster
Wurzeln und Eigenarten eines religiösen Aufbruchs (1530-1535)




Hubertus Lutterbach

Reihe: Aschendorff Paperbacks


Aschendorff
EAN: 9783402127438 (ISBN: 3-402-12743-1)
208 Seiten, paperback, 13 x 19cm, 2008

EUR 14,80
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Im Jahr 1536 wurden die führenden Täufer Münsters öffentlich hingerichtet und danach in Eisenkörben am Turm der Lambertikirche aufgehängt. Die drei "Käfige" wurden im Laufe der Zeit so sehr Teil des gewohnten Stadtbildes, dass sie Jahrhunderte später nicht nur die Errichtung eines neuen Kirchturmes überdauerten, sondern bis heute ungebrochen zu den bekanntesten "Sehenswürdigkeiten" der Stadt gehören.

Die weit weniger bekannte, aber hochdramatische Geschichte des Täuferreichs in der Stadt Münster, die in den Hinrichtungen ihren letzten Akt erlebte, bietet nun dieses Buch in knapper und allgemeinverständlicher Form. Kenntnisreich schildert Hubertus Lutterbach die Hintergründe und das besondere Profil des Täufertums in der Reformationszeit. Er macht den Leser mit einer christlichen Bewegung vertraut, die – von endzeitlichen Erwartungen erfasst – um den rechten Weg zum Heil rang. Diese Dynamik veränderte nicht nur radikal gewohnte Lebensweisen, etwa durch die Einführung der Mehrehe, sie erfasste bald auch die Ebene von Herrschaft und Politik und kam schließlich nicht mehr ohne Gewalt aus, gleich ob auf Seiten der Täufer oder ihrer Belagerer ...
Rezension
Das Täufertum als radikaler Flügel der Reformation brachte in der westfälischen Stadt Münster für einige Monate um das Jahr 1534 herum eine autoritäre Herrschaft hervor, die ihresgleichen sucht ... Apokalyptisch geprägter Aufbruch und Radikalismus führten zu Intoleranz und Kampf gegen Katholizismus und Luthertum gleichermaßen, - und wurde von eben diesen Kräften zerrieben, so dass der sog. linke Flügel der Reformation komplett aus Deutschland vertrieben wurde und Zuflucht nur in den Niederlanden und später den USA und Russland fand ... Einer breiteren Öffentlichkeit wurde das Täuferreich von Münster bekannt durch Robert Schneiders Roman "Kristus - Das unerhörte Leben des Jan Beukels", Berlin 2004. Diese Darstellung hingegen ist eine gut lesbare, kompakte wissenschaftliche Darstellung des Täuferreichs von Münster, das heute mehr denn je wieder exemplarisch bedeutsam sein kann für alle Formen von religiösem Fanatismus, vom Kreuzzugsdenken eines George W. Bush bis zum islamistischen Terrorismus gleichermaßen ...

Thomas Bernhard, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
VORWORT 9

Erster Teil
AUF DEM WEG ZU DEN TÄUFERN VON MÜNSTER


I. Kapitel
ZUGÄNGE UND PANORAMEN 12

1. Die Täufer von Münster - Vorkämpfer für ein Entscheidungschristentum 13
2. Die Täufer von Münster - Ihr Weg durch die Forschungsgeschichte 14
3. Die Täufer von Münster - Epigonen eines aufblühenden Spätmittelalters 15
4. Ausblick: Katholisch, lutherisch, täuferisch - Frömmigkeitskonzepte im Vergleich 18

II. Kapitel
DAS KATHOLISCHE MÜNSTER UM 1500 20

1. Die ,Sakro-Topographie' der Stadt 22
2. Kirchliche Schlüsselpersonen 23
3. Geistliche Kommunitäten 26
4. Bruderschaften 33
5. Elemente der verfassten Bürgerschaft 35
6. Ausblick: Die Bedrohung der mittelalterlichen Christlichkeit 38

III. Kapitel
EVANGELISCHES LEBEN IN MÜNSTER 41

1. Bernhard Rothmann - Initiator der Reformation in Münster 42
2. Die Theologie Luthers als Zündstoff innerstädtischer Zwietracht 46
3. Auflistung altgläubiger Missbräuche gegenüber dem Rat 49
4. Militärische Initiativen auf dem Weg in die evangelische Stadt 52
5. Theologische Initiativen auf dem Weg in die evangelische Stadt 54
Der Streit um die Kindertaufe 59
7. Ausblick: Vom Luthertum zum Täufertum 61

IV. Kapitel
DAS TÄUFERISCHE MÜNSTER 63

1. Die Bedeutung Melchior Hoffmans für das täuferische Münster 65
2. Christi unmittelbar bevorstehende Wiederkunft in Münster? 67
3. Das neue Jerusalem in Münster? - Zwischen Militarisierung, politischer Diplomatie und Bildersturm 70
4. Münster 1534 - Täuferstadt ohne konkurrierende Bekenntnisse 75
a. Abschaffung des Privateigentums 76. — b. Nulltoleranz gegenüber Andersgläubigen 78. — c. Jan van Leiden. Vom Propheten zum König 81. — d. Täuferisches Königtum mit universaler Reichweite 86.
5. Die bischöfliche Stadteroberung 89
6. Ausblick: Die Rekatholisierung Münsters 94

Zweiter Teil
DAS LEBEN DER TÄUFER IN MÜNSTER - EINE ABKEHR VON KATHOLIKEN UND LUTHERANERN


V. Kapitel
DAS TÄUFERISCHE ENTSCHEIDUNGS-CHRISTENTUM UND SEINE FOLGEN 98

1. Die Taufe — Heiliger und heiligender Ritus 99
a. Das theologische Ringen um die exklusive Heiligkeit der Bekenntnistaufe 100. — b. Der Ritus der Bekenntnistaufe in Münster 105.
2. Das Verstehen der heiligen Schrift 110
a. Schriftauslegung unter den münsterischen Täufern 110. — b. Täuferische Hochschätzung von Psalter und Prophetenliteratur 115.
3. Die autorisierten >Ausleger< der Heiligen Schrift 117
a. Katholiken und Lutheraner 118. - b. Münsters Täufertum als Abkehr von einem >doppelten Klerikalismus< 121.
4. Die Gemeinde der Täufer — Eine Schar heiliger Asketen? 123
a. Der heilige und der teuflische Weg. Die Zwei-Wege-Lehre 124. — b. Heilige Gütergemeinschaft und soziale Verdrängung der Toten 125. — c. Heilige Gemeinschaft im Abendmahl 131. — d. Heilige Polygamie statt profane Monogamie? 135.
5. Das Heilige in den Elementen oder in der Erinnerung? 138
6. Bildersturm der Entheiligung 139
7. Von Jerusalem nach Jerusalem 144
8. Von der Täuferherrschaft zum Täuferreich — Eine theatralisch bewirkte Veränderung? 147
9. Ausblick: Vom Fortschritt der Gilde-Verfassung zum Rückschritt des Königtums? 151

VI. Kapitel
DAS TÄUFERREICH - RÜCKSCHRITT ODER WEGBEREITER DER MODERNE? 156

1. Der Weg in das Täuferreich — Ein Rückschritt im Namen des Heiligen? 157
2. Ausblick: Ende des Täufertums — Beginn der Rekatholisierung 165

Anmerkungen 168
Literaturverzeichnis 188