Was ist der Gegenstand der Kulturphilosophie? Umfasst Kultur alle Manifestationen des Menschen? Wie ist das Verhältnis von Kultur und objektivem Geist zu denken? Wodurch zeichnet sich ein Epochenübergang aus? Welches sind die signifikanten Charakteristika der Moderne um 1900? Ist die Kulturphilosophie ihr primäres Reflexionsmedium? Worin liegt die Relevanz kulturphilosophischer Reflexionen für die Kulturwissenschaften? Welchen Beitrag haben die Hauptvertreter moderner Kulturphilosophie geleistet?
Mit diesen philosophischen Fragen hat sich Klaus Christian Köhnke (1953-2013), bis zu seinem Tode Professor für Kulturphilosophie an der Universität Leipzig, in Forschung und Lehre tiefschürfend auseinandergesetzt. Bekanntheit erlangte Köhnke durch seine Arbeiten „Entstehung und Aufstieg des Neukantianismus“ (1986) und „Der junge Simmel“ (1996) sowie durch die Ausgabe von Schriften des Philosophen Moritz Lazarus. Dessen Beitrag zu einem neuen Kulturbegriff, der alle Objektivationen menschlichen Geistes umfasst, würdigte Köhnke auch in seinen universitären Veranstaltungen.
Von seinen 1996 bis 2002 gehaltenen Vorlesungen über Kulturphilosophie „Begriff und Theorie der Moderne“ finden sich in Köhnkes nachgelassenen Unterlagen Ausdrucke mit handschriftlichen Ergänzungen. Diese hat der bei Köhnke promovierte Jörn Bohr (*1977) sorgfältig aus dem Nachlass herausgegeben. Das im Verlag Karl Alber publizierte Buch „Begriff und Theorie der Moderne. Vorlesungen zur Einführung in die Kulturphilosophie 1996-2002“ liefert einen wichtigen Beitrag zur historisch-systematischen Grundlegung dieser philosophischen Disziplin, für die Köhnke aufgrund des Fehlens einer einheitlichen Theorie der Kultur den Begriff „Philosophie der Kultur resp. Kulturkritik“ bevorzugte. Diese bestimmte er näher als „‘Kulturtheorie‘ – und zwar als systematische Theorie, die die Kulturalität des Menschen als solche – und die einzelnen kulturellen Teilgebiete in Beziehungen zueinander und ihren Bedeutungen zu erfassen sucht“ (S. 243).
Zentrale philosophische Beiträge zu ihr haben Köhnke zufolge neben Lazarus Wilhelm Dilthey, Georg Simmel und Ernst Cassirer geleistet, deren Erkenntnisse in seinen Vorlesungen ausführlich dargestellt werden. Köhnkes ausformulierte Vorlesungen legen ein beredtes Zeugnis ab von seiner akribischen Vorbereitung auf die Lehrveranstaltungen mit den Studierenden, insbesondere von seiner hermeneutischen Praxis.
Fazit: Anhand der Lektüre von Klaus Christian Köhnkes Vorlesungen „Begriff und Theorie der Moderne“ erhalten Philosophie-Studierende und Lehrkräfte eine sehr gute, fachlich äußerst versierte Einführung in die moderne Philosophie der Kultur.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de

Moderne Menschen – über Weichenstellungen des heutigen Selbstverständnisses
Die Edition der Vorlesungen zur Einführung in die Kulturphilosophie von Klaus Christian Köhnke verfolgt den Zweck, dem anhaltenden Interesse für Kulturphilosophie eine Reihe bisher unbekannter Theorietexte zugänglich zu machen. Die Vorlesung zu Begriff und Theorie der Moderne liefert eine begriffsgeschichtliche und systematische Grundlegung der Kulturphilosophie als Reflexionsmedium der Moderne um 1900, die uns heute noch als Epoche betrifft. Die Vorlesung über Zweite Natur, objektiver Geist und der moderne Kulturbegriff bietet das Rüstzeug zur systematischen Weiterentwicklung der klassischen philosophischen Kulturtheorien von Moritz Lazarus, Georg Simmel, Ernst Cassirer u. a. Beide Vorlesungen zusammen stellen eine ausgezeichnete Basis dar, auf der künftige philosophiehistorisch informierte Weiterarbeit an der Kulturphilosophie aufbauen kann.

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