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Anfang und Ende allen Kummers ist dieser Ort
Anfang und Ende allen Kummers ist dieser Ort




Siobhan Dowd

Carlsen
EAN: 9783551582089 (ISBN: 3-551-58208-4)
368 Seiten, hardcover, 14 x 22cm, 2009

EUR 14,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Ich sehe das Land, dachte Fergus. Mit deinen Augen. Siedlungen, Rinder, Felder. Es ist kalt. Und irgendwo dort unten liegt der See. Wenn die Wolken wandern, kann man ihn gerade noch erkennen. Und es ist schön, eine Schönheit, an der man erst Gefallen finden muss. Eine Schönheit, die man erst im Laufe eines Lebens begreift.



"Ein großartiger, ein mitreißender Roman." Süddeutsche Zeitung über EIN REINER SCHREI
Rezension
Ein weiteres empfehlenswertes Buch der früh verstorbenen Autorin Siobhan Dowd:

Fergus ist 18, und er weiß genau, was er möchte: Seine Abschlussprüfungen gut bestehen und dann in England Medizin studieren. Und falls das nicht klappt, dann eben jobben, aber: Hauptsache – weg! Weg aus der kargen Landschaft, weg von den ständigen Auseinandersetzungen und Kämpfen: Fergus lebt in Nordirland, nahe der Grenze zur irischen Republik, und es ist 1981, der Höhepunkt der Kämpfe um die Unabhängigkeit von England. Sein Bruder ist Widerstandskämpfer und zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, und gemeinsam mit anderen politischen Gefangenen tritt er in einen Hungerstreik, der schon mehreren das Leben gekostet hat. Fergus Eltern haben widersprüchliche Meinungen hierzu, und die Familie droht zu zerbrechen.
Gleichzeitig gibt es einen zweiten Handlungsstrang: Beim illegalen Torfstechen entdeckt Fergus eine Mädchenleiche. Es stellt sich heraus, dass der Fund eine archäologische Sensation ist: Eine fast zweitausend Jahre alte Moorleiche aus der Eisenzeit, vermutlich ein Menschenopfer nach einem nicht enden wollenden bitteren Winter. Fergus gibt ihr den Namen Mel, und sie beschäftigt seine Gedanken. In Tagträumen erlebt er ihre letzten Lebenstage, und er kann sich einfühlen, wie sie sich selbst aus Liebe als Opfer hergibt.
Fergus Gedanken kreisen um Mel und um seinen Bruder. Auch andere Menschen stellen Erwartungen an ihn, und dabei zeigt sich, dass auch Verwandte und Freunde nicht immer das sind, was sie auf den ersten Blick scheinen. Neue Menschen treten in Fergus Leben: Er lernt einen englischen Soldaten kennen, einen der so genannten Feinde, und er findet ihn sympathisch. Dazu kommt seine erste Liebe: Cora, die Tochter der Archäologin. In dieser Atmosphäre der Gewalt und des Hasses ist Liebe dennoch möglich. Die Abschlussprüfungen und seine Zukunftspläne treten in den Hintergrund.
Fergus gerät in einen inneren Konflikt: Kann er sich heraushalten, sein Leben nur für sich planen, oder muss er Stellung beziehen, für den Widerstand eintreten oder seinen Bruder zur Aufgabe überreden?

Das Buch ist ein Entwicklungsroman: Fergus muss seinen eigenen Weg finden, und das gelingt ihm auch. Die Schilderung seiner Gedanken und Gefühle ist anschaulich und einfühlsam; der Leser kann sich in Fergus hineinversetzen. Dabei fällt es Fergus nicht leicht, Antworten zu finden: Die Welt ist nicht mehr wie in der Sicht eines Kindes gut oder böse, sondern alles ist vermischt. Und so gibt es auch keine einfache Lösung. Das machen auch die beiden Erzählstränge deutlich, in denen existentielle Fragen aufgeworfen werden, die heute so aktuell wie vor zweitausend Jahren sind:
Kann man sich aus Konflikten heraushalten? Oder muss man Stellung beziehen?
Darf man für seine Ideale eintreten? Wie weit darf man dafür gehen – bis zum Tode Andersdenkender? Bis zum Tode Unbeteiligter? Bis zum eigenen Tod?
Wann ist man Täter? Wann Opfer? Und wo verschwimmen die Grenzen?
Darf man über sein eigenes Leben und seinen eigenen Tod bestimmen oder muss man dabei Rücksicht auf andere nehmen?

Dank dieser Perspektiven reicht das Buch weit über die üblichen Jugendromane hinaus. Siobhan Dowd baut Spannung auf, erzählt einfühlsam und respektvoll von anderen Menschen mit Stärken und Schwächen, ohne sie zu verurteilen. Diese zugewandte und verständnisvolle Einstellung zeigt sich in jedem ihrer vier Bücher. Drei sind schon in Deutschland bei Carlsen erschienen: Der Debütroman "Ein reiner Schrei", das Kinderbuch "Der Junge, der sich in Luft auflöste" und nun "Anfang und Ende allen Kummers ist dieser Ort". Alle sind wegen ihrer hohen Qualität uneingeschränkt als Schullektüre zu empfehlen.

Ausgezeichnet mit der Carnegie Medal 2009.
Vom Verlag ab 14 Jahren empfohlen.

M. Houf, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Ich sehe das Land, dachte Fergus. Mit deinen Augen. Siedlungen, Rinder, Felder. Es ist kalt. Und irgendwo dort unten liegt der See. Wenn die Wolken wandern, kann man ihn gerade noch erkennen. Und es ist schön, eine Schönheit, an der man erst Gefallen finden muss. Eine Schönheit, die man erst im Laufe eines Lebens begreift.

Nordirland, 1981. Es ist Sommer und Fergus küsst Cora, das Mädchen aus Dublin. Und er fragt sich: Warum tut die ganze Welt eigentlich nicht genau dieses, immerzu?
Es ist Sommer und Fergus lebt in Drumleash, Nordirland. Es ist der Sommer der Unruhen, des Hasses, der Gewalt, des Hungerstreiks. Und Fergus ist hier zu Hause.