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Menschen ohne Obdach  Mit einem Vorwort von Christoph Butterwegge
Menschen ohne Obdach


Mit einem Vorwort von Christoph Butterwegge

Alex Fueller, Sarah Morr

Klett-Cotta
EAN: 9783608985078 (ISBN: 3-608-98507-7)
240 Seiten, hardcover, 14 x 22cm, 2021

EUR 30,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Wohnungslos und ausgegrenzt – wie kann geholfen werden?

- Fallgeschichten zur Veranschaulichung

- Konzepte und Möglichkeiten der Hilfe

- Autoren mit langjähriger praktischer Erfahrung in der Obdachlosenarbeit

Ziel dieses Buches ist es, den Leserinnen und Lesern einen Einblick in die Lebenslage wohnungsloser Menschen zu geben und Orientierung im Umgang mit ihnen zu bieten. Die Autoren beschreiben anschaulich die Dimensionen von Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit und die prekären Lebensverhältnisse der Betroffenen, die meist von Armut, Ausgrenzung und Erkrankungen geprägt sind. Sie beleuchten individuelle und gesellschaftliche Faktoren, die den Absturz in diese Lage begünstigen oder herbeiführen, und stellen Konzepte zur Verbesserung der Situation wohnungsloser Menschen vor. Fallbeispiele veranschaulichen die Möglichkeiten und Schwierigkeiten, die in der Arbeit mit dieser vulnerablen Personengruppe auftreten. Dabei wird deutlich, dass es sich bei dem Phänomen Wohnungslosigkeit um eine komplexe soziale Problemlage handelt, zu deren Bewältigung vielfältige Anstrengungen unterschiedlichster Akteure erforderlich sind.

Dieses Buch richtet sich an:

PsychotherapeutInnen, SozialmedizinerInnen, SozialarbeiterInnen, ÄrztInnen, Wohlfahrtsverbände, Sozialbehörden, Beratungsstellen, Kliniken, Pflegedienste und Beschäftigungsgesellschaften

Dr. Alex Füller, ehemaliger Vorstand von OBDACH e.V., arbeitete als Medizinsoziologe an der Universität Freiburg und war Leiter der Abteilung Gesundheitsförderung der Stadt Heidelberg. Als Lehrbeauftragter beschäftigte er sich mit den Themen Armut und Obdachlosigkeit.

Sarah Morr war langjährig als Sozialarbeiterin in der ambulanten Wohnungslosenhilfe tätig, wo sie insbesondere mit der medizinischen Versorgung wohnungsloser Menschen betraut war. Seit 2018 ist sie in der Straffälligenhilfe tätig.
Rezension
Die Reichen in Deutschland sind in den vergangenen Jahren reicher und die Armen sind zahlreicher geworden. Es ist ein gesellschaftliches Problem, wenn in einem Sozialstaat einer großen Zahl von Bewohnern durch Wohnungslosigkeit ein menschenwürdiges Leben verwehrt wird. Dieses Problem wird allerdings häufig verdrängt. Obdachlosigkeit ist neben dem (Ver-)Hungern, (Ver-)Dursten, dem (Er-)Frieren und dem Fehlen einer medizinischen Grundversorgung die krasseste Form der Armut. Es steigt die Zahl der Mittelschichtangehörigen, von (Solo-)Selbstständigen, Freiberuflern und akademisch Gebildeten, die aufgrund sozialer Probleme »in die Gosse« abrutschen. Nirgendwo versagt das kapitalistische Wirtschaftssystem so eklatant wie bei der Wohnungsversorgung, da sich der Markt als unfähig erwiesen hat, eine adäquate Wohnungsversorgung für alle Bevölkerungsschichten sicherzustellen. Ziel dieses Buches ist es, einen Einblick in die Lebenslage wohnungsloser Menschen zu geben und Orientierung im Umgang mit ihnen zu bieten. Die Autoren beschreiben anschaulich die Dimensionen von Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit und die prekären Lebensverhältnisse der Betroffenen, die meist von Armut, Ausgrenzung und Erkrankungen geprägt sind. In diesem Buch geht es zunächst um eine Klärung der Begriffe: Wer ist wohnungslos, wer obdachlos, wer nichtsesshaft, welche Menschen sind von Wohnungslosigkeit bedroht? Was weiß man über die Dimension und Differenzierungen dieser Gruppe?

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort der Reihenherausgeber 11
Vorwort von Christoph Butterwegge 13

1 Einführung 19

2 Nichtsesshafte oder Wohnungslose – Wechsel der Perspektiven 26

2.1 Von der Nichtsesshaftigkeit zur Wohnungslosigkeit 26
2.1.1 Ausgrenzung und Korrekturen 27
2.1.2 Versuch der Selbstorganisation und »Aktion Arbeitsscheu« 29
2.1.3 Menschen- und Grundrechte für Nichtsesshafte und Wohnungslose 30
2.2 »Wohnungslosigkeit« und »Obdachlosigkeit« 31
2.2.1 Diskriminierung durch Definition 32
2.2.2 Hilfebedarf bei »besonderen sozialen Schwierigkeiten« 32
2.2.3 Obdachlos, wohnungslos, Wohnungsnotfall 34
2.2.4 Wohnungslose ohne Unterkunft: Obdachlose 36

3 Erkenntnisse, Schätzungen, Informationsquellen 37

3.1 Probleme bei der Informationsgewinnung 37
3.2 Schwaches Erkenntnisinteresse 39
3.3 Schätzungen als Wissensgrundlage für Forschung und Politik 40
3.4 Informationen zu den Lebensverhältnissen 41
3.4.1 Erhebung in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe durch die BAG W 41
3.4.2 Studie zur Lebenslage Wohnungsloser in Diakonischen Einrichtungen 42
3.4.3 Studie zur Wohnungslosigkeit in Baden-Württemberg 43
3.4.4 Berichte von Experten der Wohnungslosenhilfe und Interviewstudien 43
3.4.5 Erhebungen zur gesundheitlichen Situation 44

4 Ausmaß und Sozialstruktur der Wohnungslosigkeit in Deutschland 45

4.1 Dimensionen der Wohnungslosigkeit 45
4.1.1 Aktuelle Zahlen 46
4.1.2 Zunahme der Wohnungslosigkeit 47
4.1.3 Blick über Grenzen 48
4.2 Sozialstrukturelle Merkmale der Wohnungslosigkeit 48
4.2.1 Geschlecht 48
4.2.2 Altersgruppen 50
4.2.3 Nationalität: mehr Wohnungslose mit »Migrationshintergrund« 55
4.2.4 Regionale Verteilung: Konzentration in großen Städten 56
4.2.5 Familien- und Haushaltsstruktur 58
4.2.6 Schulische und berufliche Qualifikationen 60

5 Lebenslagen wohnungsloser Menschen 63

5.1 Arbeit und Beschäftigung 63
5.2 Lebensunterhalt, Einkommen 66
5.2.1 Einkommensquellen 67
5.2.2 Leben ohne Einkommen 68
5.2.3 Risiko Überschuldung 70
5.2.4 Leben ohne Krankenversicherungsschutz 71
5.3 Wohnen und Unterkunft 72
5.3.1 Aktuelle Wohnsituation 72
5.3.2 Ordnungsrechtlich untergebrachte Wohnungslose 73
5.3.3 Unterkünfte für Menschen »mit besonderen sozialen Schwierigkeiten« 75
5.3.4 Leben ohne Obdach 77
5.3.5 Ersatzunterkünfte für Migranten 79
5.3.6 Bleibende Wohnungslosigkeit 80
5.4 Gefährdete Sicherheit 80
5.4.1 Gewalterfahrungen 81
5.4.2 Tödliche Gewalt 82
5.4.3 Täter und Tatorte 83
5.4.4 Gewalt innerhalb der »Szene« 84
5.4.5 Nachhaltige Verunsicherung und Verletzung 85
5.5 Kontakte, Beziehungen, Netzwerke 86
5.5.1 Existenz und Dichte sozialer Kontakte 87
5.5.2 Gründe sozialer Isolierung 88
5.5.3 Psychische und gesundheitliche Folgen sozialer Isolierung 88
5.5.4 Neue Netzwerke und Beziehungen 89
5.6 Ausgrenzung und Stigmatisierung 91
5.6.1 Verbreitete Vorurteile 91
5.6.2 Vergrämung, Verdrängung und Vertreibung 93

6 Lebensweisen, Verhaltensmuster, Einstellungen 94

6.1 Entbehrungen und Verzicht 95
6.2 Selbsterhaltung und Körperpflege 96
6.2.1 Von der Hand in den Mund: Ernährung 96
6.2.2 Haut und Haar 97
6.2.3 Wenig Ruhe, schlechter Schlaf 98
6.2.4 Umgang mit Umwelt- und Witterungseinflüssen 99
6.2.5 Umgang mit Gesundheit und Krankheit 101
6.3 Sucht und Abhängigkeit 103
6.3.1 Alkohol: Hilfsmittel und Gefahrstoff 104
6.3.2 Illegale Drogen 106
6.3.3 Schwierige Entwöhnung 106
6.4 Umgang mit Nachbarn und Mitbürgern 107
6.5 Abweichendes Verhalten, Normbrüche, Kriminalisierung, Delinquenz 108
6.5.1 Vom Anderssein zum Normbruch 109
6.5.2 Bagatelldelikte und ihre Verfolgung 109
6.5.3 Wohnungslose als Opfer von Delikten 110
6.6 Orientierungen und Einstellungen 111
6.6.1 Leben ohne Zukunft und Plan 111
6.6.2 Misstrauen und Verdrängen 112
6.6.3 Enttäuschung und Resignation 113
6.6.4 Selbstmitleid und Rückzug 114

7 Gesundheit, Krankheit und Tod 115

7.1 Morbidität wohnungsloser Menschen 116
7.1.1 Körperliche Erkrankungen 116
7.1.2 Psychische Erkrankungen 124
7.2 Mortalität und Todesursachen wohnungsloser Menschen 131
7.2.1 Sterbealter 131
7.2.2 Sterbeorte 132
7.2.3 Todesursachen 133
7.3 Die medizinische Versorgung wohnungsloser Menschen 135
7.3.1 Zugang und Inanspruchnahme medizinischer Leistungen 136
7.3.2 Hürden beim Zugang zum Gesundheitssystem 138
7.3.3 Niederschwellige Gesundheitsangebote für wohnungslose Menschen 146

8 Abwärts zur Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit 151

8.1 Obdachlosigkeit – Charaktereigenschaft oder Krankheit? 151
8.2 Wirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen 154
8.2.1 Benachteiligte Lebenslage 155
8.2.2 Trügerische Hoffnung: Wohnortwechsel 157
8.2.3 Gesellschaftlicher Wandel 158
8.2.4 Notstand in der Wohnungsversorgung 158
8.3 Psychosoziale Voraussetzungen 160
8.3.1 Nahtloser Übergang 160
8.3.2 Ablehnung in der Kindheit 161
8.3.3 Not, Stress und Sucht in der Familie 162
8.3.4 Neue Bezugsgruppen – neue Orientierungen 163
8.3.5 Abhängigkeit und Kontrollverlust 164
8.3.6 Zusammenbruch des »Hotel Mama« 164
8.3.7 Absturz aus behüteten Verhältnissen 165
8.4 Brüche im Verlauf des Lebens 166
8.4.1 Scheitern an kritischen Ereignissen 166
8.4.2 Katastrophe oder Herausforderung? 168
8.4.3 Fehlende soziale Unterstützung 169
8.5 Scheinbare Ausweglosigkeit 169
8.5.1 Allmähliches Abrutschen 170
8.5.2 Fluchtversuch aus der Ausweglosigkeit 171
8.6 Ressourcen und Potenziale 173

9 Unterstützung und Hilfe für wohnungslose Menschen 176

9.1 Ziele und Leitlinien 176
9.2 Zielgruppen und Handlungsschwerpunkte 177
9.2.1 Wohnraumsicherung zur Prävention von Wohnungslosigkeit 178
9.2.2 Wohnungslose mit besonderem Unterstützungsbedarf 180
9.3 Akteure und Maßnahmen 183
9.3.1 Sicherheit und Ordnung – Polizei- und Ordnungsrecht 183
9.3.2 »Besondere soziale Schwierigkeiten« – Sozialgesetzgebung 185
9.4 Finanzielle Hilfen 188

10 Projekte und Initiativen 190

10.1 Menschenwürdige Wohnungen für Menschen auf der Straße 192
10.1.1 »Obdachlose von der Straße holen«: OBDACH e.V. 192
10.1.2 Housing first 195
10.1.3 Ein Zuhause für Wanderarbeiter 196
10.2 Perspektiven für Kinder und Jugendliche in einem Notwohngebiet 197
10.3 Neues Selbstwertgefühl durch Beschäftigung 198
10.4 Besondere Unterstützung für besonders Hilfebedürftige 201
10.5 Gesundheitsbezogene Hilfen für vulnerable Personen 203
10.5.1 Medical Streetwork: Gesundheitshilfe vor Ort 204
10.5.2 Mobile Duschen: »Waschen ist Würde« 205
10.5.3 »Straßenvisite«: Psychiatrische Sprechstunde auf der Straße 206
10.5.4 Wohnungslos und pflegebedürftig: Das »Hotel Anker« 208
10.5.5 Hilfen am Lebensende 210
10.5.6 Angebote für Menschen ohne Krankenversicherung 211

11 Zusammenfassung und Fazit 213

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis 219
Abkürzungsverzeichnis 221
Literaturverzeichnis 222
Die Autoren 233