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Kulturgenese als Dialektik von Mythos und Vernunft Ernst Cassirer und die Kritische Theorie Zugleich: Dissertation Universität Augsburg 2004
Kulturgenese als Dialektik von Mythos und Vernunft
Ernst Cassirer und die Kritische Theorie


Zugleich: Dissertation Universität Augsburg 2004

Tobias Bevc

Königshausen & Neumann Verlag
EAN: 9783826029646 (ISBN: 3-8260-2964-X)
406 Seiten, paperback, 16 x 24cm, 2005

EUR 49,80
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Diese Arbeit geht bei dem Vergleich der Philosophien Ernst Cassirers und der Kritischen Theorie von der These aus, daß Cassirers symbolische Formen - wie z.B. Mythos, Sprache und Kunst, mit Hilfe derer wir die Welt verstehen - Entsprechungen in der Kritischen Theorie haben. Beide Philosophien stellen eine Theorie der kulturellen Regression auf, die man als eine Dialektik von Mythos und Vernunft bezeichnen kann. Damit verfolgen sie das gleiche Ziel, nämlich die politischen Ereignisse und die gesellschaftspolitischen Ursachen der nationalsozialistischen Machtergreifung zu verstehen. In beiden Theorien hat die kulturelle Regression zur Folge, daß eine der symbolischen Formen Hegemonie über alle anderen erreicht und somit das Weltverstehen und -aneignen blockiert. Dadurch wird die Realität unterkomplex-reduktionistisch, die Antizipation einer anderen Welt unmöglich. Dies führt zwangsläufig zu autoritären Regimen. Nur die Pluralität der symbolischen Formen läßt eine freie Weltgestaltung zu und gewährleistet Schutz vor monistischen Ordnungsvorstellungen.

Der Vergleich beider Theorien ermöglicht ein verbessertes Verständnis der kulturellen Bedingungen politischer Regression. Gerade im Zeitalter des Wiedererstarkens mythischreligiöser Weltbilder ist dies von großer Bedeutung.
Rezension
Symbole haben Konjunktur, - nicht nur in der religionspädagogischen Symboldidaktik. Mythen haben Konjunktur und Religion hat Konjunktur, - am Beginn des 21. Jahrhunderts ... Erstaunlich?! Diese anspruchsvolle und nicht immer leicht zu lesende Dissertation wirft ein überaus interessantes Licht auch auf die Deutung unserer Gegenwart. Denn die hier erstmals miteinander verglichenen philosophischen Ansätze des Hamburger Kulturphilosophen Ernst Cassirer (Breslau 1874 - NewYork 1945, kulturphilosophisches Hauptwerk: die Philosophie der symbolischen Formen) und der Kritischen Theorie der sog. Frankfurter Schule des Instituts für Sozialforschung (Th. W. Adorno u.a.) begreifen beide Mythen und Symbole als Formen kultureller Regression, die sich seinerzeit im Nationalsozialismus ausgewirkt hat. Cassirers Analyse zur Entstehung des Nationalsozialismus in "Der Mythos des Staates" erschien erst nach seinem Tod. Cassierer hat die Erkenntnistheorie zur Kulturphilosophie erweitert; denn der Mensch ist nicht nur durch Erkenntnis (Vernunft) geprägt, sondern auch durch Erleben (Mythos, Symbol, Religion, Kunst). - Insofern wirft diese Arbeit ein doppelt interessantes Licht: Zum einen den Vergleich zwischen zwei recht unterschiedlichen philosophischen Ansätzen, zum anderen eine Beleuchtung der kulturellen Gegenwart durch Beschäftigung mit mythischen Formen.

Jens Walter, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Diese Arbeit ist die erste, die die Philosophien Ernst Cassirers und der Kritischen Theorie vergleicht. Dabei geht sie von der These aus, daß Cassirers symbolische Formen - wie z.B. Mythos, Sprache und Kunst, mit Hilfe derer wir die Welt verstehen - Entsprechungen in der Kritischen Theorie haben. Beide Philosophien stellen eine Theorie der kulturellen Regression auf, die man als eine Dialektik von Mythos und Vernunft bezeichnen kann. Damit verfolgen sie das gleiche Ziel, nämlich die politischen Ereignisse am Ende der Weimarer Republik und die gesellschaftspolitischen Ursachen für die nationalsozialistische Machtergreifung zu verstehen. In beiden Theorien hat die kulturelle Regression zur Folge, daß eine der symbolischen Formen Hegemonie über alle anderen erreicht, mit dem Ergebnis, daß das Weltverstehen und -aneignen blockiert ist. Die Realität wird unterkomplex-reduktionistisch gesehen, die Antizipation einer anderen Welt wird unmöglich. Dies führt zwangsläufig zu autoritären Regimen. Nur die Pluralität der symbolischen Formen läßt eine freie Weltgestaltung für jeden zu und gewährleistet einen Schutz vor monistischen Ordnungsvorstellungen. Der Vergleich beider Theorien ermöglicht ein verbessertes Verständnis der kulturellen Bedingungen politischer Regression. Gerade im Zeitalter des Wiedererstarkens mythisch-religiöser Weltbilder ist dies von großer Bedeutung.
Der Autor Tobias Bevc M.A. hat an den Universitäten Augsburg und London Politikwissenschaft, Philosophie und Neuere und Neueste Geschichte studiert. Seine Magisterarbeit beschäftigt sich mit Walter Benjamin und der politisch-gesellschaftlichen Problematik visueller Medien. Seit 2000 ist er Lehrbeauftragter an der Universität Augsburg. Für seine Dissertation erhielt er 2004 den Universitätspreis der Augsburger Universität.
Inhaltsverzeichnis
I. EINLEITUNG

II. DER GEMEINSAME ZEITGESCHICHTLICHE ERFAHRUNGSHORIZONT ALS GRUNDLAGE DER
THEORIEN ERNST CASSIRERS UND DER KRITISCHEN THEORIE 17

1: Ernst Cassirers Prägung durch den zeitgeschichtlichen Erfahrungshorizont 21
2. Die Kritische Theorie und der zeitgenössische Erfahrungshorizont 27

III. DIE SYMBOLISCHEN FORMEN ERNST CASSIRERS 34

1. Ernst Cassirers „Philosophie der symbolischen Formen" 34
1.1. Die logische Struktur der symbolischen Formen 41
1.2. Die symbolischen Formen als Ordnungs- und Wahrnehmungsstrukturen 44
2. Der Aufbau der Philosophie der symbolischen Formen 53
2.1. Die triadische Struktur der symbolischen Formen 53
2.2. Symbolische Prägnanz 58
3. Die symbolischen Formen in ihrem Bedeutungshorizont 62
3.1. Der Mythos 65
3.2. Die Sprache 81
3.3. Kunst 90
3.4. Wissenschaft
3.5. Geschichte 113
3.6. Technik 125
3.7. Wirtschaft 134
4. Die politischen Mythen - die Genese der totalitären Ideologie 141
4.1. Die Verdrängung des Mythos aus der politischen Theorie 144
4.1.1. Mythenbekämpfung im antiken Griechenland 144
4.1.2. Die Verdrängung des Mythos in der mittelalterlichen Theorie 147
4.1.3. Die Renaissance und Machiavelli 152
4.1.4. Die neue Wissenschaft der Politik 155
4.1.5. Die Aufklärung als Höhepunkt des Verdrängungsprozesses des Mythos 157
4.2. Die philosophisch-weltanschauliche Vorbereitung der politischen Mythen 160
4.2.1. Die deutsche Romantik-Die Restitution des mythischen Denkens 160
4.2.2. Die Trias der Bestandteile einer totalitären politischen Theorie 163
5. Der Mythos des 20. Jahrhunderts 175
5.1. Die Pathologie des Symbolbewußtseins 182
5.2. Pathologie und Politik-Das Ende des Weltverstehens 186
5.2.1. „Nazi-Deutsch" - Der Wechsel in der Funktion der Sprache 194
5.2.2. Kunst 199
5.2.3. Wissenschaft 200
5.2.4. Geschichte 202
5.2.5. Technik und Wirtschaft 204

IV. ORDNUNGS- UND WAHRNEHMUNGSSTRUKTUREN DER KRITISCHEN THEORIE 211

1. Die Kritische Theorie und der bürgerliche Wissenschaftsbetrieb: Kritik am Positivismus und der Metaphysik 215
2. Die Ordnungs- und Wahrnehmungsstrukturen in ihrem Bedeutungshorizont 222
2.1. Die Selbstzerstörung der Aufklärung 222
2.2. Sprache 244
2.3. Kunst 263
2.4. Technik 280
2.5. Wirtschaft 287
3. Die Sozialpsychologie der Kritischen Theorie 314
4. Die Kulturindustrie als Vorbote der totalen Welt - der Übergang in den Nationalsozialismus 342

V. VERGLEICHBARKEIT UND KOMPLEMENTARITÄT VON KRITISCHER THEORIE UND ERNST CASSIRER 362

VI. SCHLUß: DER STELLENWERT KULTURELLER PHÄNOMENE ALS VERURSACHER POLITISCHER ENTWICKLUNGEN 378

VII. SIGLENVERZEICHNIS 386´

VIII. LITERATURVERZEICHNIS 388