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Umschlagtext
Die Gedächtnisgeschichte sozialer Bewegungen ist bislang nur in Ansätzen untersucht worden. Das gilt auch für die Jugendbewegung, deren Gedächtnisorten sich das diesjährige Archivjahrbuch widmet. Seit der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert haben Generationen junger Menschen Erfahrungen in der Jugendbewegung gemacht; sie gehörten also jugendbewegten Erlebnisgenerationen an, die sich wiederum oft in Erinnerungsgemeinschaften zusammenfanden und noch zusammen? nden. Die jugendbewegten Erlebnisgenerationen des 20. Jahrhunderts haben lebensgeschichtlich bedeutsame persönliche Erfahrungen und Erinnerungen zudem immer an Jüngere weitergegeben. Zur wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Jugendbewegung und ihren Gedächtnisorten gehört darüber hinaus und nicht zuletzt der Blick auf problematische ‚Erinnerungserbschaften‘.
Es geht in dem Band zum einen um erinnerungskulturelle und generationengeschichtliche Zugänge zum Forschungsfeld ‚Jugendbewegung‘, des weiteren um den Umgang mit konkreten Erinnerungsgemeinschaften, -orten und -landschaften. Es geht zudem um gedanklich-geistige Erinnerungsorte, Sehnsuchtssymbole wie die ‚Zugvögel‘, die einer nomadischen Lebensweise Ausdruck verleihen und ihre Anziehungskraft wohl auch weiterhin ebenso bewahren werden wie beispielsweise der (Hohe) Meißner: Die dortige Feier des Freideutschen Jugendtages 1913 jährt sich bekanntlich im Jahre 2013 zum hundertsten Male. Rezension
Das im Wochenschau Verlag erscheinende "Jahrbuch des Archivs der deutschen Jugendbewegung" arbeitet in historischer Jugendforschung die Jugendbewegung systematisch auf: in diesem Band mit dem Schwerpunkt "Erlebnisgenerationen – Erinnerungsgemeinschaften, Die Jugendbewegung und ihre Gedächtnisorte". Die Gedächtnisgeschichte sozialer Bewegungen ist bislang nur in Ansätzen untersucht worden. Das gilt auch für die Jugendbewegung, deren Gedächtnisorten sich das diesjährige Archivjahrbuch widmet. - Die aus dem Wandervogel hervorgegangene Jugendbewegung besonders im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts bestand aus einer Vielzahl von Kleingruppen, die selbstorganisiert unter Führung meist junger Erwachsener hauptsächlich Wanderungen und Fahrten an Wochenenden oder in den Ferien durchführten. Diese sich vor allem aus Kreisen der bürgerlichen Jugend speisenden Gruppen reagierten damit auf Industrialisierung und Verstädterung, dem neues Naturerleben entgegen gesetzt wurde. Hinzu kommt der romantische Rückgriff auf hergebrachte Kulturelemente, wobei die Wiederaneignung von Volksliedern eine herausragende Rolle spielte. Reformpädagogik (u.a. Gustav Wyneken), Freikörperkultur und Lebensreformbewegung standen in enger Wechselwirkung mit der Jugendbewegung.
Dieter Bach, lehrerbibliothek.de Inhaltsverzeichnis
Barbara Stambolis, Rolf Koerber
Einleitung zum Themenschwerpunkt Arno Klönne Gedächtnisschwächen – Jugendbewegung und „Erinnerungsarbeit“ Jugendbewegung im 20. Jahrhundert: Facetten und Zugänge Roland Eckert Gemeinschaft, Kreativität und Zukunftshoffnungen. Der gesellschaftliche Ort der Jugendbewegung im 20. Jahrhundert Sabine Hering Die Frauenbewegung und Jugendbewegung als Sonderwelten. Ein Kommentar zu Roland Eckert: Gemeinschaft, Kreativität und Zukunftshoffnungen Moshe Zimmermann Erinnerungsbrüche – Jüdische Jugendbewegung: von der Wacht am Rhein zur Wacht am Jordan Gemeinschaften und Orte: Erfahrungen und Erinnerungen Elisabeth Gräfe Erinnerungsgemeinschaften – Konstruktion und Weitergabe am Beispiel der „Deutschen Freischar“ Rolf Koerber Der „Zugvogel, deutscher Fahrtenbund“ als Erinnerungsgemeinschaft Klaus P. Möller Ein Mythos und seine Nachwirkungen – die Waldeck: mehr als ein Erinnerungsort Stephan Sommerfeld Die Paasche-Linde auf dem Ludwigstein – mehr als ein Baum Gudrun Fiedler Jugendbewegung in Lüneburg und Nordostniedersachsen Erinnerung und mentales Gepäck Barbara Stambolis „Zugvögel“ oder: die Schwierigkeit, mentale Topografien und Befindlichkeiten als Orte der Erinnerung festzuschreiben Meike Sophia Baader Naturreligiöse Gestimmtheit und jugendbewegte Aufbruchsgeste. Bildgedächtnis der Jugendbewegung und mentales Gepäck: Fidus’ „Lichtgebet“ Hans-Ulrich Thamer Das Meißner-Fest der Freideutschen Jugend 1913 als Erinnerungsort der deutschen Jugendbewegung Jürgen Reulecke Hoher Meißner 1913-2003: zum Umgang mit einem Jubiläum. Ein essayistischer Annäherungsversuch Persönliche Erinnerungen: aufgeschrieben, ausgestellt Barbara Stambolis Zur Ausstellung „Erinnerung (er)zählt“ Erinnerungstexte Nina Pape Erinnerungen weitergeben: die Ausstellung „Erlebtes (er)zählt“ aus studentischer Sicht Christina Selzener, Kristin Schmeer Fragen und Überlegungen aus studentischer Sicht Rezensionen Heinrich Eppe, Ulrich Herrmann (Hg.): Sozialistische Jugend im 20. Jahrhundert. Studien zur Entwicklung und politischen Praxis der Arbeiterjugendbewegung in Deutschland (Jürgen Reulecke) Jürgen Reulecke, Barbara Stambolis (Hg.): 100 Jahre Jugendherbergen. Anfänge – Wandlungen – Rück- und Ausblicke 1909-2009 (Rolf Koerber) Christine Hohmann: Dienstbares Begleiten und später Widerstand. Der nationale Sozialist Adolf Reichwein im Nationalsozialismus (Arno Klönne) Kurt Schilde: Jugendopposition 1933-1945. Ausgewählte Beiträge (Jürgen Reulecke) Sönke Zankel: Mit Flugblättern gegen Hitler. Der Widerstandskreis um Hans Scholl und Alexander Schmorell (Arno Klönne) Aus der Arbeit des Archivs Archivbericht für das Jahr 2008 100 Jahre Jugendherbergen: 2009 als Jubiläumsjahr (Jürgen Reulecke, Gunnar Grüttner) Zugänge: Das „Archiv der Jugendmusikbewegung“ aus Wolfenbüttel (Susanne Rappe-Weber, Peter Ausländer) Im Archiv eingegangene Bücher des Erscheinungsjahres 2008 und Nachträge Wissenschaftliche Archivbenutzung 2008 Autorinnen und Autoren Weitere Titel aus der Reihe Jahrbuch Archiv der deutschen Jugendbewegung |