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Ästhetik der Ausschließung
Ausnahmezustände in Geschichte, Theorie, Medien und literarischer Fiktion
Oliver Ruf (Hrsg.)
Königshausen & Neumann Verlag
EAN: 9783826040979 (ISBN: 3-8260-4097-X)
304 Seiten, paperback, 16 x 24cm, 2009
EUR 39,80 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Die Rede vom Ausnahmezustand beansprucht gegenwärtig einen populären Platz in der öffentlichen Diskussion. Mit dieser von politischen Demagogen und Ideologen, Staatstheoretikern und Menschenrechtsaktivisten je anders aufgefassten Gesellschafsformation korrespondiert allerdings eine in den neueren Philologien und Kulturwissenschaften vergleichsweise geringe Reflexion. Als prominentesterPhilosoph, der sich mit demThema beschäftigt, gilt Giorgio Agamben, der schlagkräftig ausgeführt hat, dass Natur- und Ausnahmezustände lediglich zwei Seiten des einen topologischen Prozesses sind, wo das, was als Außen vorausgesetzt worden ist (der Naturzustand), nun im Innern (als Ausnahmezustand) wieder erscheint. Mit Bezug auf Agamben kann der Ausnahmezustand als eine „komplexe topologische Figur" bestimmt werden, in der„nicht nur Ausnahme und Regel, sondern auch Naturzustand und Recht, das Draußen und das Drinnen ineinander übergehen". So verstanden, tragen wissenschaftliche Überlegungen zum Ausnahmezustand aufgrundlegende Weise zur Fokussierung eines fundamentalen sozialen Paradigmas bei, das immer stärker menschliche Gesellschaften prägt. Forschungen zum Ausnahmezustand können dazu dienen, dieses oftmals problematische Phänomen nicht nurzu dokumentieren, sondern vor allem kritisch zu reflektieren, zu bedenken und dadurch zu dessen fundierender Erklärung beizutragen. Die medialen sowie literarischen Phantasien des Ausnahmezustandes analysiert der Band deshalb aus interdisziplinärer wie internationaler Perspektive und entwickelt außerdem dessen ideengeschichtlichen und historischen Implikate.
Rezension
Die in diesem Band versammelten Beiträge konzeptualisieren in interdisziplinärer Perspektive eine Ästhetik des Ausnahmezustands. Dabei werden gleichermaßen empirische wie fiktive Ausnahmezustände berücksichtigt. Der erste Teil beschäftigt sich mit sowohl historiographischen als auch konkret kunstgeschichtlichen Auseinandersetzungen zum Thema. Der zweite Teil umfasst theoretische Fragestellungen zur Ideengeschichte des Ausnahmezustands in kulturwissenschaftlicher Perspektive. Der dritte Teil beschreibt das Konzept des Ausnahmezustands im Feld seiner literarischen Fiktionen quer durch die Literaturgeschichte. Der Band will insgesamt darauf hinweisen, dass die Rede vom Ausnahmezustand ein zentrales Element der ästhetischen Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Transformationsprozessen darstellt.
Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
OLIVER RUF
"Mechanism[en] der Ausnahme"
Andeutung eines Forschungsfeldes 7
I. Historische Einblicke
SABINE MÜLLER
Das antike Persien im Ausnahmezustand Dareios I. im Kampf gegen die „Lüge" 21
PETER SEELE
Semi-Barbaren und Semi-Römer
Normalität im Ausnahmezustand der römischen Spätantike 51
ANDREEA BADEA
... eorum capita sacrafiunt
Notorietät und Reichsacht im 16. Jahrhundert 67
CAROLIN BEHRMANN
Bild - Actus - Ausnahme
Zur Ikonologie des Ausnahmezustandes 81
ANNETTE HOJER
Neapel zwischen Vesuv und Pest
Zur Bilderwelt des Ausnahmezustandes im 17. und 18. Jahrhundert 95
II. Theoretische Ansichten
MONIKA TOKARZEWSKA
Das Ghetto als Ausnahmezustand 109
IRIS HERMANN
Der Schmerz als Ausnahmezustand des Körpers in Medizin, Psychoanalyse und Literatur 125
TANJA ZIMMERMANN
Medien im Ausnahmezustand
Performanz und Simulakrum im Bild des Jugoslawienkrieges 137
YANA MILEV
Der postmoderne Ausnahmezustand
Überführung der Episteme Carl Schmitts in eine postmoderne Syntax 159
III. Lektüren
TOMISLAV ZELIC
Ausnahmezustände in frühmodernen Geschichtsdramen von Kleist, Grabbe und Büchner 177
SEBASTIAN HUSCH
Der Normalzustand als Ausnahmezustand
Moderne, Langeweile und Krieg in Musils Mann ohne Eigenschaften 199
OLIVER RUF
„Bann" des Schreibens
Skription (R. Barthes), Schreibgeste (V. Flusser) und Ausnahmezustand (G. Agamben) in Kafkas ´Legende' In der Strafkolonie 211
BORIS PREVISIC
Wider Agambens „macchina biopolitica"
Slavenka Drakulic und Jadranka Cigelj 229
TORBEN FISCHER
„Keine Sommerfrische"
Das Bild der ,Reise' in der europäischen Holocaust-Literatur 241
CHRISTINE WILHELM
Migration als Leben im permanenten Ausnahmezustand
Zu Terezia Moras Roman "Alle Tage" 257
OLIVER KOHNS
Wie spricht man den Ausnahmezustand aus?
Überlegungen zu E. L. Doctorows Ragtime im Anschluss an Agamben, Depenheuer und Carl Schmitt 267
CHRISTIAN J. KRAMPE
Der Autor im Ausnahmezustand
Innen und Außen des Lagers in Chuck Palahniuks "Haunted" 281
Autorinnen und Autoren 301
Weitere Titel aus der Reihe Film - Medium - Diskurs |
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