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Zwischen Naturalismus und Religion Philosophische Aufsätze
Zwischen Naturalismus und Religion
Philosophische Aufsätze




Jürgen Habermas

Suhrkamp
EAN: 9783518584477 (ISBN: 3-518-58447-2)
372 Seiten, paperback, 12 x 20cm, August, 2005

EUR 16,80
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Zwei gegenläufige Tendenzen kennzeichnen heute die geistige Situation der Zeit: die Ausbreitung naturalistischer Weltbilder und die religiöser Orthodoxien. Auf der einen Seite dringt mit den Fortschritten in Biogene-tik, Hirnforschung und Robotik eine naturwissenschaftlich objektivierte Selbstauffassung von Personen auch in alltägliche Handlungszusammenhänge ein. Mit dieser Tendenz verbindet sich für die Philosophie die Herausforderung eines szientistischen Naturalismus. Auf der anderen Seite ist eine unerwartete Revitalisie-rung von Glaubensüberlieferungen und die weltweite Politisierung von Glaubensgemeinschaften zu beobachten. Mit dieser Wiederbelebung religiöser Kräfte verbindet sich für die Philosophie die Herausforderung einer fundamentalistischen Grundsatzkritik am nachmetaphysischen Selbstverständnis der westlichen Moderne. Die in diesem Band versammelten Aufsätze loten das Spannungsfeld zwischen Naturalismus und Religion aus und plädieren einerseits für ein angemessenes naturalistisches Verständnis der kulturellen Evolution, das dem normativen Charakter des menschlichen Geistes Rechnung trägt, andererseits für eine angemessene Deutung der Säkularisierungsfolgen einer kulturellen und gesellschaftlichen Rationalisierung, die die Verfechter religiöser Orthodoxien zunehmend als den eigentlichen welthistorischen Sonderweg des Okzidents anprangern.



Jürgen Habermas, geboren 1929, ist Professor em. für Philosophie an der Johann Wolf gang Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Rezension
Aufklärerischer Rationalismus und religiöser Fundamentalismus treffen in unserer Zeit und in unserer Welt zunehmend ungebremst aufeinander, - die Folgen lassen sich allabendlich in der Tagesschau beobachten. Jürgen Habermas wendet sich in diesem Aufsatzband genau diesen zwei gegenläufigen Tendenzen der geistige Situation unserer Zeit zu: die Ausbreitung naturalistischer Weltbilder und die religiöser Orthodoxien. Auf der einen Seite dringt mit den Fortschritten in Biogenetik, Hirnforschung und Robotik eine naturwissenschaftlich objektivierte Selbstauffassung von Personen auch in alltägliche Handlungszusammenhänge ein. Mit dieser Tendenz verbindet sich für die Philosophie die Herausforderung eines szientistischen Naturalismus. Dieser Tendenz begegnet auf der anderen Seite eine unerwartete Revitalisierung von Glaubensüberlieferungen und die weltweite Politisierung von Glaubensgemeinschaften. Mit dieser Wiederbelebung religiöser Kräfte verbindet sich für die Philosophie die Herausforderung einer Grundsatzkritik am nachmetaphysischen und nichtreligiösen Selbstverständnis der westlichen Moderne. Wer also sich mit dem Phänomen des religiösen Fundamentalismus etwas vertiefter und jenseits alltagspolitischer Geschehnisse auseinandersetzen will, der sei auf dieses Buch verwiesen.

Jens Walter, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Zwei gegenläufige Tendenzen kennzeichnen heute die geistige Situation der Zeit: die Ausbreitung naturalistischer Weltbilder und die religiöser Orthodoxien. Auf der einen Seite dringt mit den Fortschritten in Biogenetik, Hirnforschung und Robotik eine naturwissenschaftlich objektivierte Selbstauffassung von Personen auch in alltägliche Handlungszusammenhänge ein. Mit dieser Tendenz verbindet sich für die Philosophie die Herausforderung eines szientistischen Naturalismus: Strittig ist nicht die Tatsache, daß alle Operationen des menschlichen Geistes durchgängig von organischen Substraten abhängig sind. Die Kontroverse geht vielmehr um die richtige Art eines naturalistischen Verständnisses der kulturellen Evolution.
Dieser Tendenz begegnet auf der anderen Seite eine unerwartete Revitalisierung von Glaubensüberlieferungen und die weltweite Politisierung von Glaubensgemeinschaften. Mit dieser Wiederbelebung religiöser Kräfte verbindet sich für die Philosophie die Herausforderung einer Grundsatzkritik am nachmetaphysischen und nichtreligiösen Selbstverständnis der westlichen Moderne: Strittig ist nicht die Tatsache, daß es politische Gestaltungsmöglichkeiten nur noch innerhalb des alternativlos gewordenen Universums der im Westen entstandenen wissenschaftlich-technischen und wirtschaftlichen Infrastrukturen gibt. Kontrovers ist vielmehr die richtige Deutung der Säkularisierungsfolgen einer kulturellen und gesellschaftlichen Rationalisierung.
Der vorliegende Band versammelt Aufsätze, die sich im Horizont dieser Fragestellungen bewegen. Durch alle Beiträge zieht sich als roter Faden die Intention hindurch, den gegenläufigen, aber komplementären Herausforderungen von Naturalismus und Religion mit dem nachmetaphysischen Beharren auf dem normativen Eigensinn einer detranszendentalisierten Vernunft zu begegnen.

Jürgen Habermas - Biographisches

18.06.1929
geboren in Düsseldorf

1949
Abitur in Gummersbach

1949-1954
Studium in Göttingen, Zürich und Bonn (Philosophie, Geschichte, Psychologie, Deutsche Literatur, Ökonomie)

1954
Promotion, Universität Bonn (Dissertation: "Das Absolute in der Geschichte. Eine Untersuchung zu Schellings Weltalterphilosophie")

1956-1959
Forschungsassistent am Institut für Sozialforschung, Frankfurt

1959-1961
Habilitationsstipendium der deutschen Forschungsgemeinschaft

1961 Habilitation, Universität Marburg ("Strukturwandel der Öffentlichkeit")

1961-1964
a.o. Professor für Philosophie an der Universität Heidelberg

1964-1971
o. Professor für Philosophie und Soziologie an der Universität Frankfurt

1971-1980
Direktor am Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt, Starnberg

1980-1981
Direktor am Max-Planck-Institut für Sozialwissenschaften, Starnberg

1975-1982
Honorarprofessor für Philosopie an der Universität Frankfurt

seit 1983
Professor für Philosophie an der Universität Frankfurt
Auswärtiges Wissenschaftliches Mitglied des Max-Planck-Instituts für psychologische Forschung, München
Gastprofessuren

seit 1967
Graduate Faculty New School for Social Research, N.Y.
Institute for the Humanities, Wesleyan University
University of California, St. Barbara
Haverford-College, University of Pensylvania, Philadelphia
University of California, Berkeley
Collège de France, Paris

1971
Christian Gauss-Lectures, Princeton-University

1984
Messenger-Lectures, Cornell-University

1986
Tanner-Lectures, Harvard-University

1988
Howison-Lecture, University of California, Berkeley



Preise und Auszeichnungen

1974
Hegel-Preis der Stadt Stuttgart

1976
Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Darmstadt

1980
Ehrendoktor der New School for Social Research, New York

1980
Adorno-Preis der Stadt Frankfurt

1983
Ordentliches Mitglied der deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Darmstadt

1983
Mitglied des Institut International de Philosophie Paris

1984
Honorary Member of The American Academy of Arts and Science, Cambridge (U.S.A.)

1985
Geschwister-Scholl-Preis der Stadt München

1985
Wilhelm-Leuschner-Medaille des Landes Hessen

1986
Förderpreis für deutsche Wissenschaftler im Gottfried Wilhelm Leibniz-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft

1987
Sonning-Preis, Kopenhagen

1988
Ordentliches Mitglied der Academia Europaea, London
Auswärtiges Mitglied der Serbischen Akademie der Wissenschaften, Belgrad

1989
Ehrendoktor der Hebräischen Universität Jerusalem
Ehrendoktor der Universität Buenos Aires
Ehrendoktor der Universität Hamburg

1990
Ehrendoktor der Reichsuniversität Utrecht

1991
Ehrendoktor der Northwestern University, Evanston, Ill.

1993
Ehrendoktor der Universität Athen

1994
Auswärtiges Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften

1994
Korrespondierendes Mitglied der British Academy, London

1995
Karl-Jaspers-Preis der Ruprecht-Karls-Universität und der Stadt Heidelberg
Ehrendoktor der Universität Tel Aviv

1996
Ehrendoktor der Juristischen Fakultät der Universität Bologna

1997
Ehrendoktor der Sorbonne, St. Denis-Vincennes/Paris

1999
Theodor-Heuss-Preis, Stuttgart

1999
Ehrendoktor der Universität Cambridge (England)

1999
Hessischer Kulturpreis

1999
Ehrendoktor der Universität Sofia, Bulgarien

2001
Ehrendoktor der Harvard Universität

2001
Friedenspreis des Deutschen Buchhandels

2003
Prinz-von-Asturien-Preis in der Sparte Sozialwissenschaften

2004
Jürgen Habermas erhält für sein Lebenswerk den Kyoto-Preis, neben dem Nobelpreis eine der höchsten Auszeichnungen für Verdienste um Wissenschaft und Kultur weltweit.
Die Auszeichnung wird in den Sparten Kunst und Philosophie, Hochtechnologie sowie Grundlagenforschung vergeben und ist mit 50 Millionen Yen (rund 400 000 Euro) pro Kategorie dotiert.
Goldene Promotion an der Bonner Friedrich-Wilhelms-Universität.




Inhaltsverzeichnis
Einleitung 7

I DlE INTERSUBJEKTIVE VERFASSUNG DES NORMENGELEITETEN GEISTES

1. Öffentlicher Raum und politische Öffentlichkeit. Lebensgeschichtliche Wurzeln von zwei Gedankenmotiven 15

2. Kommunikatives Handeln und detranszendentalisierte Vernunft 27
3. Zur Architektonik der Diskursdifferenzierung.
Kleine Replik auf eine große Auseinandersetzung 84

II RELIGIÖSER PLURALISMUS UND STAATSBÜRGERLICHE SOLIDARITÄT

4. Vorpolitische Grundlagen des demokratischen Rechtsstaates? 106

5. Religion in der Öffentlichkeit. Kognitive Voraussetzungen für den »öffentlichen Vernunftgebrauch« religiöser und säkularer Bürger 119

III. NATURALISMUS UND RELIGION

6. Freiheit und Determinismus 155

7. »Ich selber bin ja ein Stück Natur« - Adorno über die Naturverflochtenheit der Vernunft. Überlegungen zum Verhältnis von Freiheit und Unverfügbarkeit 187

8. Die Grenze zwischen Glauben und Wissen.
Zur Wirkungsgeschichte und aktuellen Bedeutung von Kants Religionsphilosophie 216

IV. TOLERANZ

9. Religiöse Toleranz als Schrittmacher kultureller Rechte 258

10. Kulturelle Gleichbehandlung - und die Grenzen des Postmodernen Liberalismus 279

11. Eine politische Verfassung für die pluralistische Weltgesellschaft? 324

Nachweise 367
Namenregister 369