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Verantwortung, Krieg und Menschenwürde Die Responsibility to Protect zwischen Anspruch und Wirklichkeit Zugl.: Freiburg, Albert-Ludwigs-Universität, Univ., Diss., 2019
Verantwortung, Krieg und Menschenwürde
Die Responsibility to Protect zwischen Anspruch und Wirklichkeit


Zugl.: Freiburg, Albert-Ludwigs-Universität, Univ., Diss., 2019

Cornelius Sturm

Aschendorff , Nomos Verlagsgesellschaft
EAN: 9783848762224 (ISBN: 3-8487-6222-6)
297 Seiten, hardcover, 16 x 24cm, April, 2020

EUR 54,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Menschen müssen vor Gewalt geschützt werden - aber wie und von wem? Das von den UN anerkannte Konzept der Responsibility to Protect (R2P) sieht vor, dass Staaten und internationale Organisationen Verantwortung für diesen Schutz übernehmen. Spätestens die Kontroversen um die Militärintervention in Libyen 2011 haben allerdings gezeigt, dass über Art und Ausübung jener Verantwortung keine Einigkeit besteht. Dabei geht es nicht nur um das Was und Wie, sondern auch um das Warum: Gibt es kulturübergreifend akzeptable Gründe für eine staatliche und internationale Schutzverantwortung? Das Buch gibt einen Überblick über Entstehung und Entwicklung der R2P, analysiert die darin vorgenommenen Zuschreibungen von Verantwortung und sucht nach einer interkulturell tragfähigen ethischen Begründung. Es ergänzt damit die friedensethische Diskussion, die sich bislang vor allem auf die Frage der Gewaltanwendung im Rahmen der R2P konzentriert hat.
Rezension
Nicht erst der brutale Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, auch der Terror-Angriff der Hamas auf Israel (und die Reaktion Israels gegen Gaza) zeigen höchst aktuell überdeutlich auf: Menschen müssen vor Gewalt geschützt werden - aber wie und von wem? Das von den UN anerkannte Konzept der Responsibility to Protect (R2P) sieht vor, dass Staaten und internationale Organisationen Verantwortung für diesen Schutz übernehmen. Im Fall von Kriegsverbrechen, Genozid, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder ethnischen Säuberungen müsse die Weltgemeinschaft eingreifen, wenn es von staatlicher Seite nicht geschieht. Aber: Gibt es kulturübergreifend akzeptable Gründe für eine staatliche und internationale Schutzverantwortung? Das scheint angesichts der aktuellen Konflikte problematischer denn je ... Dieser Band 67 der Reihe "Studien zur Friedensethik" gibt einen Überblick über Entstehung und Entwicklung des Konzepts R2P. Das herausgebende Institut für Theologie und Frieden hat die Aufgabe, die ethischen Grundlagen menschlicher Friedensordnung zu erforschen und in den aktuellen friedenspolitischen Diskurs hineinzutragen.

Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Studien zur Friedensethik
Studies on Peace Ethics
herausgegeben von
Prof. Dr. Heinz-Gerhard Justenhoven
PD Dr. Bernhard Koch
Band 67
Das Institut für Theologie und Frieden hat die Aufgabe, die ethischen Grundlagen menschlicher Friedensordnung zu erforschen und in den aktuellen friedenspolitischen Diskurs hineinzutragen. Mit den „Studien zur Friedensethik“ wird eine friedensethische Vertiefung der außen- und sicherheitspolitischen Debatte angestrebt. Dabei geht es letztlich um die Frage: Durch welche Politik wird den heute von Gewalt, Armut und Unfreiheit bedrohten Menschen am besten geholfen und zugleich der Errichtung einer zukünftigen friedlichen internationalen Ordnung gedient, in der Sicherheit, Wahrung der Gerechtigkeit und Achtung der Menschenrechte für alle gewährleistet werden?
Inhaltsverzeichnis
0. Einleitung 9

0.1. Thematische Hinführung: Die Responsibility to Protect im Spiegel ihrer kirchlichen und theologisch-ethischen Rezeption 10
0.2. Fragestellung, Thesen und Vorgehensweise 27

1. Die Responsibility to Protect als politisches Phänomen 37

1.1. Kontextuelle Verortung: Problemhintergrund und Vorläuferkonzepte 42
1.1.1. Humanitäre Intervention 44
1.1.2. Sovereignty as Responsibility 51
1.2. Die „Erfindung“ der R2P: Das Konzept der ICISS 56
1.2.1. Sprachveränderungen als Schlüsselelement 58
1.2.2. Ein „continuum of intervention“: Prävention – Reaktion – Wiederaufbau 60
1.3. Vom Kommissionsentwurf zur UN-Agenda 67
1.3.1. Aufnahme in den Vereinten Nationen und erste konzeptionelle Veränderungen 67
1.3.2. Die Definition des Weltgipfels von 2005 69
1.3.3. Neukonzeption, Schwerpunktverlagerung und Drei-Säulen-Modell 72
1.4. Zwischenfazit: Die R2P als politische Agenda und rhetorisches Instrument 78

2. Was „ist“ Verantwortung? Hermeneutische Herausforderungen 83

2.1. Begriffsgeschichtliche und verantwortungstheoretische Orientierungen 86
2.1.1. Grundlagen des deutschen, englischen und französischen Sprachgebrauchs 88
2.1.1.1. Verantwortung vor Gericht und vor Gott 89
2.1.1.2. „Responsibility“ und „responsabilité“ als Eigenschaft politischer Ämter 95
2.1.1.2.1. Verantwortlichkeit als Strafwürdigkeit der Minister 97
2.1.1.2.2. Verantwortlichkeit als Begrenzung politischer Machtausübung 102
2.1.2. Politische Verantwortung als Paradigma verantwortungsethischer Theoriebildung 108
2.1.2.1. Verantwortungsethisches Handeln als „Ethos der Politik“ (Max Weber) 109
2.1.2.2. Politikerverantwortung als Paradigma für ein bereichsübergreifendes ethisches „Prinzip Verantwortung“ (Hans Jonas) 113
2.1.3. Zwischenfazit: Geschichte und Theorieentwicklung 118
2.2. Eine historisch informierte Systematik von „Verantwortung“ 120
2.2.1. Formale Aspekte: Begriffliche und vorbegriffliche Relationen 121
2.2.2. Funktionen: Zurechnung, Aufgabenerfüllung, Machtregulierung 123
2.2.3. Wirkungen: Fremd- und Selbstkontrolle 128
2.2.3.1. Externe Kontrollmechanismen 129
2.2.3.2. Interne Kontrollmechanismen 130
2.2.3.3. Zur Wirksamkeit von Verantwortungszuschreibungen an kollektive Akteure 133
2.3. Zwischenfazit: Ein Analyseschema für Verantwortungszuschreibungen 137

3. Verbindlichkeiten und ihre Begründungen in der „Verantwortungsstruktur“ R2P 141

3.1. „Responsibility to protect“ im Konzept der Vereinten Nationen 145
3.1.1. Staatliche Schutzverantwortung 155
3.1.1.1. Verantwortungsträger und Ausführungsorgane 156
3.1.1.2. Handlungsanweisungen 161
3.1.1.3. Begründungen und Wirkmechanismen 164
3.1.2. Der Auftrag zur Unterstützung staatlicher Schutzverantwortung 169
3.1.2.1. Verantwortungsträger und Ausführungsorgane 170
3.1.2.2. Handlungsanweisungen 172
3.1.2.3. Begründungen und Wirkmechanismen 174
3.1.3. Schutzverantwortung der internationalen Gemeinschaft im Krisenfall 176
3.1.3.1. Verantwortungsträger und Ausführungsorgane 177
3.1.3.2. Handlungsanweisungen 180
3.1.3.3. Begründungen und Wirkmechanismen 184
3.1.4. Zwischenfazit: Ziele und Schwächen des Zuschreibens von Schutzverantwortung 188
3.2. Die Begründung der R2P und ihres weltweiten Geltungsanspruchs in den Referenztexten 191
3.2.1. Zur völkerrechtlichen Qualität der R2P 193
3.2.1.1. Verankerung im geltenden Völkerrecht 194
3.2.1.2. Eine neue oder werdende Rechtsnorm? 199
3.2.2. Moralphilosophische Begründungsansätze 202
3.2.2.1. Menschenwürde und Menschenrechte 203
3.2.2.2. Verantwortungstheoretische Fragmente 210
3.3. Zwischenfazit: Begründungsmängel und Begründungsbedarf 214

4. Ansätze zu einer interkulturell tragfähigen Begründung 217

4.1. Otfried Höffes Postulat eines interkulturellen (Rechts-)Diskurses als Modell für die Begründung der R2P 222
4.1.1. Begriffsklärungen und theoretische Grundlagen 226
4.1.1.1. Diskurstheoretische Aspekte 227
4.1.1.2. Kulturen als Diskursteilnehmer? 232
4.1.1.3. Drei Ebenen: Theorie, Geschichte, Praxis 235
4.1.2. Zum theoretischen und praktischen Nutzen eines interkulturellen R2P-Diskurses 238
4.2. Bausteine zu einem interkulturellen R2P-Diskurs 239
4.2.1. Anthropologische, sozial- und rechtsphilosophische Grundlagen 241
4.2.2. Menschenrechte als Fundament staatlicher Schutzverantwortung 248
4.2.3. Öffentliche Gewalten auf Weltebene? 256
4.3. Zwischenfazit: Zur kulturübergreifenden Akzeptabilität staatlicher und internationaler Schutzverantwortung 264

5. Fazit: Auf dem Weg zu einer „verantwortlichen“ Politik? 267

6. Abkürzungsverzeichnis 277

7. Literaturverzeichnis 279