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Unverfügbarkeit
Unverfügbarkeit




Hartmut Rosa

Reihe: Unruhe bewahren


Residenz-Verlag
EAN: 9783701734467 (ISBN: 3-7017-3446-1)
136 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 14 x 22cm, Dezember, 2018

EUR 19,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Das zentrale Bestreben der Moderne gilt der Vergrößerung der eigenen Reichweite: Die Welt soll ökonomisch und technisch verfügbar, wissenschaftlich erkennbar und beherrschbar, rechtlich berechenbar, politisch steuerbar und zugleich alltagspraktisch kontrollierbar und erfahrbar gemacht werden. Diese verfügbare Welt ist jedoch, so Hartmut Rosas brisante These, eine verstummte, mit ihr gibt es keinen Dialog mehr. Gegen diese fortschreitende Entfremdung zwischen Mensch und Welt setzt Rosa die „Resonanz“, als klingende, unberechenbare Beziehung mit einer nicht-verfügbaren Welt. Zur Resonanz kommt es, wenn wir uns auf Fremdes, Irritierendes einlassen, auf all das, was sich außerhalb unserer kontrollierenden Reichweite befindet. Das Ergebnis dieses Prozesses lässt sich nicht vorhersagen oder planen, daher eignet dem Ereignis der Resonanz immer auch ein Moment der Unverfügbarkeit.
Rezension
Welches sind die Merkmale der modernen Gesellschaft? Wovor hat der Mensch gegenwärtig die größte Angst? Welche Beziehung besteht zwischen Mensch und Mensch, Mensch und Dingen sowie Mensch und Welt? Wie wirkt sich die Quantifizierung von Bildungsprozessen aus? Welche Veränderungen gehen mit der Selbstvermessung des Menschen einher? Weshalb erfüllt der Weihnachtsabend oftmals nicht die an ihn gestellten Erwartungen? Warum boomt die Kreuzfahrtindustrie? Tragen Roboterkatzen zum guten Leben bei? Sollten die Dinge unserer Welt noch besser verfügbar sein?
Wer Antworten auf diese gesellschaftlichen Fragen sucht, wird sie finden in den Büchern und Schriften von Hartmut Rosa (*1965). Der Professor für Allgemeine und Theoretische Soziologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena gehört mittlerweile zu den national und international anerkanntesten deutschen Gesellschaftstheoretikern. Zu seinen bekanntesten Werken zählen u.a. seine Habilitationsschrift „Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne“ (2005), das Buch „Beschleunigung und Entfremdung. Entwurf einer kritischen Theorie spätmoderner Zeitlichkeit“ (2013) sowie sein opus magnum „Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung“ (2016).
Eine fundierte, kompakte Einführung in die soziologische Theorie Rosas und ihre zentralen Begrifflichkeiten wie „Beschleunigungsgesellschaft“, „Weltbeziehung“, „Entfremdung“, „Resonanz“ oder „Unverfügbarkeit“ erhält man durch Lesen seines neuen Buches „Unverfügbarkeit“, veröffentlicht im Residenz Verlag. Der aufgrund seiner zahlreichen, anschaulichen Alltagsbeispiele auch für den soziologischen Laien verständlich geschriebene Essay basiert auf Rosas Vorlesung „Die Welt in Reichweite. Kritische Reflexionen zum Verhältnis von Resonanz und Verfügbarkeit“ am 22./23.3.2018 im Literaturhaus Graz.
In dem Buch, erschienen in der Reihe UNRUHE BEWAHREN, expliziert der Soziologe seine These von der Dialektik der Moderne, genauer von ihrem Grundwiderspruch zwischen dem Wunsch nach Verfügbaren und der Sehnsucht nach dem Unverfügbaren. Prozesse der technischen, wissenschaftlichen, ökonomischen, politischen und rechtlichen Beherrschung der Welt führen in der „Beschleunigungsgesellschaft“ zum Gegenteil des Intendierten. Durch die Reichweitenvergrößerung wird die von dem Menschen verfügbar gemachte Welt als stumm, als nicht-responsiv wahrgenommen. Zur Bezeichnung dieser „beziehungslosen Beziehung“ eignet sich, so Rosa, der klassische soziologische Begriff „Entfremdung“.
Den Gegenbegriff dazu bildet in seiner kritischen Theorie der Terminus „Resonanz“. Mit ihm bezeichnet Rosa eine Weltbeziehung, die sich gerade durch ihren Antwortcharakter auszeichnet, die erreichbar, aber per se nicht verfügbar ist. Resonanz könne sich ereignen, zum Beispiel durch die Begegnung mit der Natur, das Hören eines Musikstücks oder die Lektüre eines guten Buches, wenn man sich davon berühren, zur Selbstwirksamkeit anregen und anverwandeln lässt. Deshalb plädiert er in seinem Essay dafür, die „qualifizierte Unverfügbarkeit“ bzw. „Halbverfügbarkeit“ von Resonanzbeziehungen mehr zu würdigen. Aus ethischer Sicht bleibt allerdings zu fragen, ob jegliche Form der Resonanz zu einem guten Leben beiträgt.
Fazit: Hartmut Rosas Buch „Unverfügbarkeit“ kann allen soziologisch Interessierten und Lehrkräften der Fächer Philosophie, Ethik oder Politik, die sich in ihrem Unterricht mit der Phänomenologie der Weltbeziehung in der Spätmoderne auseinander setzen möchten, um die Lebenswelt besser zu verstehen, nur zur produktiven Lektüre empfohlen werden.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Hartmut Rosa Unverfügbarkeit

Ein fundiertes Plädoyer für eine Gesellschaft, die der Verfügbarkeit der Welt Grenzen setzt.

Das zentrale Bestreben der Moderne gilt der Vergrößerung der eigenen Reichweite, des Zugriffs auf die Welt: Diese verfügbare Welt ist jedoch, so Hartmut Rosas brisante These, eine verstummte, mit ihr gibt es keinen Dialog mehr. Gegen diese fortschreitende Entfremdung zwischen Mensch und Welt setzt Rosa die „Resonanz“, als klingende, unberechenbare Beziehung mit einer nicht-verfügbaren Welt. Zur Resonanz kommt es, wenn wir uns auf Fremdes, Irritierendes einlassen, auf all das, was sich außerhalb unserer kontrollierenden Reichweite befindet. Das Ergebnis dieses Prozesses lässt sich nicht vorhersagen oder planen, daher eignet dem Ereignis der Resonanz immer auch ein Moment der Unverfügbarkeit.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Einleitung: Vom Schnee 7
I Die Welt als Aggressionspunkt 11
II Vier Dimensionen der Verfügbarkeit 21
III Die paradoxe Kehrseite: Das rätselhafte Zurückweichen der Welt 25
IV Die Welt als Resonanzpunkt 37
V Fünf Thesen zur Unverfügbarkeit der Dinge und zur Unverfügbarkeit der Erfahrung 48
VI Verfügbarmachen oder Geschehenlassen? Der Grundkonflikt an sechs Stationen des Lebenslaufs 71
VII Verfügbarmachung als institutionelle Notwendigkeit: Die strukturelle Dimension des Grundkonflikts 99
VIII Die Unverfügbarkeit des Begehrens und das Begehren des Unverfügbaren 116
IX Die Rückkehr des Unverfügbaren als Monster 124
Schluss 133