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Totalität und Unendlichkeit
Totalität und Unendlichkeit



Verlag Karl Alber
EAN: 9783495480557 (ISBN: 3-495-48055-2)
470 Seiten, kartoniert, 14 x 21cm, 2002

EUR 35,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Lévinas sieht in der sozialen Beziehung das eigentliche die Welt konstituierende und diese zugleich transzendierende Prinzip; sie führt über die Totalität der Welt hinaus zum Unendlichen des Anderen. Von daher vermag Lévinas das autonome Subjekt, seine Erneuerung im ethischen Verhalten und in der erotischen Beziehung ganz neu zu beschreiben. Endergebnis ist, die Konzeption eines neu durchdachten sozialen Pluralismus.
Rezension
Emmanuel Lévinas (1905-1995) gehört zu den Philosophen, deren Bedeutung erst nach seinem Tode erkannt wurde. Das Werk des 1961 zum Professor für Philosophie in Paris ernannten Denkers ist geprägt durch die Erfahrung des Holocaust. Lévinas war während des Krieges in einem Arbeitslager bei Soltau interniert und seine Angehörigen wurden von den Nationalsozialisten ermordet. Im Zentrum seines Denkens steht der von ihm vertretene „Humanismus des anderen Menschen“. Diesen entwickelt Lévinas erstmals ausführlich in seinem 1961 erschienenen Buch „Totalité et Infini. Essai sur l`extériorité“, deutsche Übersetzung 1987 unter dem Titel „Totalität und Unendlichkeit. Versuch über die Exteriorität“, das neben seinem Buch „Jenseits des Seins oder anders als Sein geschieht“ zu seinen philosophischen Hauptwerken gezählt wird.
Lévinas` erstes Hauptwerk zeigt Einflüsse von Edmund Husserls Phänomenologie, Martin Heideggers Existenzphilosophie, Henri Bergsons Lebensphilosophie, Gabriel Marcels christlichem Existenzialismus sowie von der Dialogphilosophie Franz Rosenzweigs und Martin Bubers. Im Unterschied zu letzterem, der in seinen Schriften, z. B. in dem Buch „Ich und Du“ (1923) von der Symmetrie bzw. Reziprozität der Kommunikationspartner ausgeht, betont Lévinas den Primat des Anderen. Der Philosoph sieht die soziale Beziehung zwischen den Menschen weder nach der Logik der Kausalität noch nach der Logik der Intentionalität strukturiert. Letztere hält er für unzureichend, denn „in der Intentionalität bleibt das Denken Adäquation an das Objekt“ (S. 29). Für Lévinas zählen diesem Gedanken verpflichtete Philosophierichtungen zu den ontologisch fundierten, die seiner Deutung nach von den griechischen Anfängen bis Husserl und Heidegger reichen. Von diesen grenzt er seine eigene ethisch fundierte Philosophiekonzeption ab. Ethik erhält bei ihm die Rolle der prima philosophia zugesprochen. Lévinas sieht in der Erfahrung der Alterität des Anderen, in der Erscheinung des Antlitzes des Anderen, das subjektkonstitutierende Moment. Der Andere ist für den Philosophen unerreichbar und unbeherrschbar. Dadurch unterscheidet sich Lévinas` Denken radikal von allen egologischen Konzepten, die den Anderen nur als Objekt der Konstitution des Ich begreifen. Deshalb kann Lévinas` Werk zu Recht als eine „Verteidigung der Subjektivität“ (S. 27) verstanden werden. Kritisch anzumerken bleibt aber, dass dem von Lévinas behaupteten Ethikdefizit sogenannter ontologischer Philosophie eine simplifizierte Sicht der Philosophiegeschichte zugrunde liegt. Erinnert sei in diesem Zusammenhang nur an die Kantische Ethik mit ihrer Humanitas-Formel, die ein Verbot der Instrumentalisierung des Anderen postuliert.
Die in dritter Auflage 2002 im „Verlag Karl Alber“ erschienene Studienausgabe von „Totalität und Unendlichkeit“ enthält ein für Lehrkräfte nützliches deutsch-französisches Sachregister sowie die Paginierung der französischen Originalausgabe. Jedem Philosophie-, Ethik- und Religionslehrer, der Lévinas` radikal vom Anderen gedachte Philosophie im schulischen Unterricht behandeln möchte, kann dieses Werk nur empfohlen werden.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt

Vorwort 19

I. Das Selbe und das Andere 35
A. Metaphysik und Transzendenz 35
1. Begehren des Unsichtbaren 35
2. Bruch mit der Totalität 38
3. Die Transzendenz ist nicht die Negativität 47
4. Die Metaphysik geht der Ontologie voraus 49
5. Die Transzendenz als Idee des Unendlichen 59
B. Trennung und Rede 66
1. Der Atheismus oder der Wille 66
2. Die Wahrheit 78
3. Die Rede 84
4. Rhetorik und Ungerechtigkeit 94
5. Rede und Ethik 97
6. Die Metaphysik und das Menschliche 105
7. Das Von-Angesicht-zu-Angesicht als irreduzible Beziehung 109
C. Wahrheit und Gerechtigkeit 112
1. Die in Frage gestellte Freiheit 112
2. Die Einsetzung der Freiheit oder die Kritik 116
3. Die Wahrheit setzt die Gerechtigkeit voraus
D. Trennung und Absolutes 145

II. Innerlichkeit und Ökonomie 150
A. Die Trennung als Leben 150
1. Intentionalität und soziale Beziehung 150
2. Leben von ... (Genuß). Der Begriff des Vollzugs 152
3. Genuß und Unabhängigkeit 158
4. Das Bedürfnis und die Leiblichkeit 161
5. Affektivität als Selbstheit des Ich 164
6. Das Ich des Genusses ist weder biologisch noch soziologisch 168
B. Genuß und Vorstellung 170
1. Vorstellung und Konstitution 171
2. Genuß und Nahrung 179
3. Das Element und die Dinge; das Zeug 184
4. Die Sinnlichkeit 191
5. Der mythische Zuschnitts des Elements 200

C. Ich und Abhängigkeit 203
1. Der Genuß und sein Danach 203
2. Die Liebe zum Leben 206
3. Genuß und Trennung 210
D. Die Bleibe 217
1. Das Wohnen 217
2. Das Wohnen und das Weibliche 220
3. Das Haus und der Besitz 224
4. Besitz und Arbeit 226
5. Die Arbeit und der Leib, das Bewußtsein 234
6. Die Freiheit der Vorstellung und das Geben 243

E. Die Welt der Phänomene und der Ausdruck 253
1. Die Trennung ist eine Ökonomie 253
2. Werk und Ausdruck 256
3. Phänomen und Sein 261

III. Das Antlitz und die Exteriorität 267
A. Antlitz und Sinnlichkeit 267
B. Antlitz und Ethik 277
1. Antlitz und Unendlichkeit 277
2. Antlitz und Ethik 283
3. Antlitz und Vernunft 289
4. Die Rede stiftet die Bedeutung 294
5. Sprache und Objektivität 302
6. Der Andere und die Anderen 307
7. Die Asymmetrie des Interpersonalen 311
8. Wille und Vernunft 313
C. Die ethische Beziehung und die Zeit 318
1. Der Pluralismus und die Subjektivität 318
2. Der Handel, die historische Beziehung und das Antlitz 328
3. Der Wille und der Tod 339
4. Der Wille und die Zeit: die Geduld 346
5. Die Wahrheit des Wollens 352

IV. Jenseits des Antlitzes 366
A. Die Zweideutigkeit der Liebe 370
B. Phänomenologie des Eros 372
C. Die Fruchtbarkeit 390
D. Die Subjektivität im Eros 395
E. Die Transzendenz und die Fruchtbarkeit 400
F. Kindschaft und Brüderlichkeit 406
G. Die Unendlichkeit der Zeit 410

V. Schlußfolgerungen 417
1. Vom Gleichen zum Selben 417
2. Das Sein ist Exteriorität 418
3. Das Endliche und das Unendliche 421
4. Die Schöpfung 423
5. Exteriorität und Sprache 425
6. Ausdruck und Bild 430
7. Gegen die Philosophie des Neutrums 432
8. Die Subjektivität 434
9. Die Erhaltung der Subjektivität – Realität des Innenlebens und Realität des
Staates – Der Sinn der Subjektivität 435
10. Jenseits des Seins 437
11. Die eingesetzte Freiheit 438
12. Das Sein als Güte – das Ich – der Pluralismus – der Friede 442

Anhang des Übersetzers 448
A. Errata des französischen Textes 448
B. Zur Schreibweise 450
C. Zu einzelnen Ausdrücken 450

Verzeichnis der verwandten Sigel 452

Personenregister 453

Sachregister 455