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Thomas Müntzer Neu Ordnung machen in der Welt. Eine Biographie
Thomas Müntzer
Neu Ordnung machen in der Welt. Eine Biographie




Siegfried Bräuer, Günter Vogler

Gütersloher Verlagshaus , Random House
EAN: 9783579082295 (ISBN: 3-579-08229-9)
542 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 16 x 23cm, Juni, 2016, mit zahlreichen Abbildungen

EUR 58,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Thomas Müntzer: ein mutiger Streiter für eine radikale Reformation, ein auf die Menschen zugehender Seelsorger, ein die sprachlichen Möglichkeiten einprägsam nutzender Prediger, ein zielbewusster Vordenker und kritischer Mahner. Die Visionen, die ihn in der Aufbruchsphase der Reformation umtrieben, sind mit seinem Tod nicht abgegolten.
Rezension
Thomas Müntzer (1489 - 1525, hingerichtet), der das Reich Gottes ganz nahe wähnte, wollte die Grundeinsichten der Reformation auch politisch durchsetzen. Dafür schloss er sich dem Aufstand der Bauern an, wurde gefoltert und hingerichtet. Thomas Müntzer repräsentiert eine unterdrückte Strömung der Reformation. Mit seiner mystischen und apokalyptischen Theologie und der Devise „Alles gehört allen“ hat Thomas Müntzer über Jahrhunderte polarisiert. Der anfängliche Verehrer Martin Luthers wurde von diesem verachtet und angefeindet, in der Kirche wurde er totgeschwiegen. Die Anerkennung kam spät von anderer Seite: Friedrich Engels entdeckte den frühen Revolutionär, Heinrich Heine bewunderte den „heldenmütigsten und unglücklichsten Sohn des deutschen Vaterlandes“, Ernst Bloch verehrte den „Theologen der Revolution“, und die DDR versah ihre Fünf-Mark-Scheine mit Müntzers Konterfei. In der BRD wurde hinsichtlich der Reformationsgeschichte stets Martin Luther in den Mittelpunkt gerückt, in der DDR Thomas Müntzer, dessen neueste Biographie, erstmals von einem Theologen und einem Historiker gemeinsam verfasst, hier anzuzeigen ist. Der radikale Reformator geriet zwar nicht in Vergessenheit, aber solange er an Luther gemessen wurde, blieb die Tendenz dominant, ein negatives Charakterbild zu tradieren und seine Lehre und sein Handeln zu verwerfen. Der hier vorgelegte biographische Versuch basiert primär auf den authentischen Quellen. Der sich als Prophet und Werkzeug Gottes verstehende Priester scheiterte mit dem Versuch, die Reformation radikal auch politisch umzusetzen in Richtung Theokratie. Erst nach der französischen Revolution und durch die marxistische Geschichtsschreibung wurde Müntzer vom Prototypen des Häretikers und Aufrührers befreit und zur Symbolfigur für die Befreiung des deutschen Volkes von feudaler Herschaft stilisiert.

Thomas Bernhard, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Die erste wissenschaftliche Müntzer-Biographie auf der Basis der Quellenlage
Thomas Müntzer ist eine der umstrittensten Persönlichkeiten der deutschen Geschichte. Schon während seines kurzen Lebens als Verkörperung des Teufels angefeindet, prägten über Jahrhunderte Ablehnung und Legenden das Bild. War er nur ein hitzköpfiger Sozialrevolutionär, der die Endzeit angebrochen wähnte und darum mit geballter Faust für die Rechte des »kleinen Mannes« kämpfte? Oder lassen sich Züge einer eigenständigen, neuen Theologie erkennen, mit der er auf die Krisenerscheinungen in Kirche und Gesellschaft reagierte?
Mit Siegfried Bräuer und Günter Vogler verfolgen erstmals ein Theologe und ein Historiker gemeinsam Leben und Wirken des Predigers, Seelsorgers und Mitstreiters im deutschen Bauernkrieg. Quellennah zeichnen sie seinen Weg nach und arbeiten die Wurzeln und Schwerpunkte seiner Theologie heraus.
»Neu Ordnung machen in der Welt« – dafür sah Müntzer die Stunde gekommen, und darum vertrat er eine radikale Alternative im reformatorischen Prozess.
Thomas Müntzer - der unbekannte Reformator
Die erste Müntzer-Biographie, die gemeinsam von einem Historiker und einem Theologen erarbeitet wurde
Der Reformator im Schatten Martin Luthers
Siegfried Bräuer, geboren 1930, studierte Theologie an der Karl-Marx-Universität Leipzig und wurde nach dem Abschluss evangelischer Pfarrer. 1973 wurde er zum Dr. theol. promoviert. Von 1972 bis 1979 war Bräuer Rektor des Sächsischen Pastoralkollegs in Krummenhennersdorf. 1980 wechselte er nach Berlin und übernahm dort den Direktorenposten des Evangelischen Verlagsanstalt Berlin, den er bis 1991 innehatte. Anschließend war er bis 1995 Referent für Theologie an der Außenstelle Berlin der Evangelischen Kirche Deutschlands.
Bräuer forschte u.a. zu Thomas Müntzer und ist Vorstandsmitglied der Thomas-Müntzer-Gesellschaft in Mühlhausen. In den 1990er Jahren habilitierte er über die Rezeption Martin Luthers während des Nationalsozialismus und war daraufhin bis 2000 als Privatdozent und apl. Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin tätig. 2001 wurde ihm von der Christian-Albrechts-Universität die Ehrendoktorwürde verliehen. Er ist Mitherausgeber von Müntzers Briefwechsel im Rahmen der kritischen Gesamtausgabe.
Günter Vogler, geboren 1933, Studium der Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin, anschließend wissenschaftlicher Assistent und Dozent am Institut für deutsche Geschichte; von 1969 bis 1996 Professor für deutsche Geschichte. Zahlreiche wissenschaftliche Aktivitäten im In- und Ausland, u.a. 1976 Gastprofessor an der City University of New York.
Die brandenburgische und preußische Geschichte war ein früher Arbeitsschwerpunkt, dann folgten Forschungen zu unterschiedlichen Aspekten der Frühen Neuzeit. Vogler ist Autor und Herausgeber zahlreicher Publikationen über diese Epoche, darunter Überblicksdarstellungen zur deutschen und europäischen Geschichte, Untersuchungen zu Reformation und Bauernkrieg sowie zur Täufergeschichte. Sein Interesse gilt weiterhin dem radikalen Reformator Thomas Müntzer sowie seiner Rezeption in Historiographie und Kunst. 1989 veröffentlichte er eine vielbeachtete Biographie Müntzers. Als 2001 die Thomas Müntzer-Gesellschaft e.V. gegründet wurde, prägte er als Vorsitzender bis 2008 deren Arbeit.
Inhaltsverzeichnis
»Neu Ordnung machen in der Welt«
Eine Einleitung 11

I. »Ich, Thomas Muntzer, bortig von Stolbergk«

Vom Harz zur Universität 17
Geboren in Stolberg am Harz 17
Die Harzgrafschaft in einer bewegten Zeit 18
Müntzers Geburtsdatum und das Elternhaus 24
Die Stadt, ihre Bürger und die Grafen 27
Schulbesuch in Quedlinburg? 30
Leipzig – der erste Studienort 31
Hilfslehrer in Aschersleben und Halle? 39
Das Studium in Frankfurt an der Oder 42
Müntzers akademische Titel 46

II. »Nicht für mich forsche ich«

Müntzer im Dienst der Kirche 49
Das Altarlehen in Braunschweig 49
Der Aufenthalt in Frose 54
Konfrontation mit der Ablassfrage 60
Aufenthalt in Wittenberg 63
Müntzer auf Reisen 67
Konflikte in Jüterbog 70
Beichtvater der Nonnen in Beuditz 79
Müntzer und die Bücher 82

III. »Nicht mein, sondern des Herrn Werk treibe ich«

Prediger in Zwickau 92
An der Schwelle zum reformatorischen Aufbruch 92
Müntzers erste Predigten an St. Marien 96
Müntzers Bitte um Luthers Rat 98
Ein Schlichtungsversuch des Rats 101
Müntzers Beginn als Prediger von St. Katharinen 103
Der Konflikt mit dem Marienthaler Pfarrer 107
Städtische Spannungen und Müntzers Wirken 108
Auseinandersetzung mit Egranus 111
Der Predigerkonflikt und die Gemeinde 114
Müntzers theologische Position im Umriss 119
Apokalyptische Erwartungen 122

IV. »Die Zeit der Ernte ist da«

Die Böhmenmission Müntzers 125
Abwehr und Faszination 125
Vorbereitung auf die Reise nach Böhmen 127
Aufenthalt in Prag 130
Warten und forschen 136
Die Cyprian- und Tertullianlektüre 137
Der Sendbrief an die Böhmen – die Überlieferung 143
Die lateinische Fassung des Sendbriefs 144
Die deutsche Kurzfassung 148
Die deutsche Langfassung 151
Der Sendbrief und das Ende der Böhmenmission 153

V. »Es heißt, dass du dich in Thüringen aufhältst«

Müntzers Suche nach einem neuen Wirkungsort 156
Bemühungen um einen Unterhalt 156
Eine Einladung nach Lochau 157
Der Brief an Melanchthon 158
Intermezzo in der Stolberger Heimat 164
Zwischenstation in Nordhausen 166
Sondierung bei Hofprediger Wolfgang Stein in Weimar 171
Verständigung mit Karlstadt in Wittenberg 173
Über den Winter Kaplan in Glaucha bei Halle 175

VI. »Parochus Alstedtensis«

Arbeit für eine Gemeinde des reinen Weizens 181
Die Amtsexklave Allstedt 181
Frühe Spuren reformatorischer Veränderungen 183
Müntzer als Pfarrer zu St. Johannes 186
Alltäglicher Gottesdienst – »Deutzsch kirchen ampt« 190
Sonntagsgottesdienst – »Deutsch Evangelisch Messze« 195
Flüchtende Nonnen und Müntzers Heirat 198
Ein Klärungsversuch mit Luther 199
Abgrenzung gegen Aufruhrverdacht 201
Konflikt mit Graf Ernst von Mansfeld 204

VII. »Ich wil meynen grund beweysen«

Müntzers Verteidigung von Lehre und Wirken 207
Ein Glaubensgespräch mit den Predigern 207
»Protestation oder Erbietung« 208
»Von dem gedichteten Glauben« 213
Mystische Glaubensweise 217
Glaubensunterweisungen des Seelwärters 220
Konflikt mit dem Kloster Naundorf 225
Die »Fürstenpredigt« – Appell an die Landesherren 231
Bedrohung und Verteidigungsbund 238
Konfrontation und Trennung 244

VIII. »Damit nach göttlicher Furcht gehandelt werde«

Müntzer und der Aufstand in Mühlhausen 250
Von Allstedt nach Mühlhausen 250
Reformatorische Predigt und Opposition gegen den Rat 254
Müntzer in Mühlhausen 258
Eine angespannte Situation in der Stadt 262
Der Beginn des Septemberaufstands 263
Die Krise des Stadtregiments 265
Die Elf Artikel 268
Der Ewige Bund Gottes 271
Die Folgen des Aufstands 274

IX. »Ich wollt wohl ein fein Spiel machen«

Müntzer in Nürnberg und im Südwesten 278
Der Druck von Müntzers Schriften in Nürnberg 278
Müntzers Antwort an Luther – die »Ausgetrückte emplössung« 287
Die »Hoch verursachte Schutzrede« 293
Müntzers Aufenthalt in Nürnberg 298
Hans Denck und die »gottlosen Maler« 300
Christoph Fürer und Müntzer 303
Müntzers Begegnungen in Basel 307
Bei den Aufständischen im Hegau und Klettgau 314

X. »Ein weiß Fähnlein, daran ein Regenbogen«

Mühlhausen und der Beginn der Aufstände in Thüringen 320
Pfeiffer wieder in Mühlhausen 320
Müntzers Rückkehr 322
Die Einsetzung des Ewigen Rats 324
Die Regenbogenfahne 328
Thüringen – eine vielschichtige Region 331
Der Beginn der Aufstände in Thüringen 333
Der Zug der Mühlhäuser nach Salza 335
Streitet den Streit des Herrn 338
Die nächsten Aktionen 341
Der Zug durch das Eichsfeld 345

XI. »Die Bösewichte müssen dran«

Die Entscheidung bei Frankenhausen 348
Luthers Reise in das Aufstandsgebiet 348
Ausbreitung der Aufstände 349
Der Aufstand in Frankenhausen 353
Das Mühlhäuser Aufgebot 356
Müntzer und die Mansfelder Grafen 358
Vorbereitungen zur Abwehr der Gegner 363
Das Geschehen auf dem Schlachtberg 365
Müntzer in Gefangenschaft 369
Das Strafgericht über Mühlhausen 377
Furcht vor einem neuen Aufstand 382

XII. »Drumb hat mich Goth selbern gemit in seyn ernde«

Eine Alternative im reformatorischen Prozess 385
Müntzers Selbstverständnis 385
Eine neue Theologie 388
Eine Alternative zur Reformation der Wittenberger 391
Chancen und Grenzen von Müntzers radikaler Reformation 394
Was bleibt? 398

Zeittafel 401
Karte: Stationen Thomas Müntzers 406
Abkürzungsverzeichnis 407
Anmerkungen 409
Abbildungsnachweis 481
Quellen- und Literaturverzeichnis 487
Personen- und Ortsregister 527