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Theorien der sozialen Gerechtigkeit
Theorien der sozialen Gerechtigkeit




Wolfgang Kersting

Verlag J. B. Metzler
EAN: 9783476017529 (ISBN: 3-476-01752-4)
412 Seiten, hardcover, 16 x 24cm, 2000

EUR 39,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit ist eine der Herausforderungen der gegenwärtigen politischen Philosophie. Der Band stellt die unterschiedlichen Theorien und Grundlagen der sozialen Gerechtigkeit vor, verfolgt die aktuelle Diskussion der Verteilungsgerechtigkeit bis hin zu Fragen nach Bürgereinkommen, Bürgerarbeit etc. und entwirft schließlich eine eigene Theorie politischer Solidarität.
Rezension
Kein Thema wird in den letzten fünf Jahren in der Politik, in der Wissenschaft und von den Kirchen derart vehement diskutiert wie das der sozialen Gerechtigkeit. Auch in den Bildungs- bzw. Lehrplänen des Ethik-, Philosophie- und des Gemeinschaftskunde- bzw. Politikunterrichts wird eine Auseinandersetzung mit diesem aktuellen Thema gefordert.
Der Kieler Philosophieprofessor Wolfgang Kersting lieferte in seinem im Jahr 2000 im „Verlag J. B. Metzler“ erschienenen Buch „Theorien der sozialen Gerechtigkeit“ eine philosophische Analyse der „wichtigsten Gerechtigkeitskonzeptionen des egalitären Liberalismus“ (S. 3). Darunter versteht er die Gerechtigkeitsentwürfe von John Rawls, Ronald Dworkin und Thomas Nagel. Ihren Versuchen, soziale Ungleichheiten auszugleichen, bescheinigt Kersting „verhängnisvolle Auswirkungen für Theorie und Praxis“ (S. 5) zu haben. Dieses kritische Urteil ist umso auffälliger, als der Rawls-Forscher Kersting in seinen bisherigen Arbeiten dem egalitären Liberalismus „mit großer Sympathie begegnete[e]“ (S. 6, Fn. 3). Kersting tritt nun für die Abschaffung des Wohlfahrtsstaats in seiner bisherigen Form ein. In seiner „ethische[n] Wohlfahrtsstaatskritik“ bezeichnet der Philosophieprofessor diesen u.a. als „ Betreuungsmaschinerie und Entmündigungsagentur“ (S. 399). Zudem warnt er vor der Gefahr der „Etablierung einer totalitären Informationsbeschaffungsbürokratie“ (S. 5). Als Begründung für dieses negative Urteil führt der Philosophieprofessor an: „Die Menschen werden durch ein Netz kompensatorischer Verrechtlichung aus ihren normalen kontingenzgebundenen Lebenssituationen herausgelöst; damit werden die gewachsenen und routiniert beherrschten lebenswelteigenen, situationsangemessenen und gemeinsamkeitsbegründeten Praktiken des Umgangs mit Kontingenz, mit Not und den Widrigkeiten des Lebens zerstört“ (S. 401). Kerstings Kritik des „sozialdemokratische[n] Sozialstaat[s]“ (S. 403) erinnert an neoliberale Argumentationen.
Der Kieler Wissenschaftler ist aber nicht grundsätzlich für die Abschaffung des Sozialstaats, sondern plädiert in seinem Buch für einen liberalistisch konzipierten Sozialstaat, dem sein Modell eines „Liberalismus ohne Umschweife“ (S. 7) zugrundeliegt. Seine gerechtigkeitstheoretische Konzeption mag m.E. nicht zu überzeugen, da sie mehrere blinde Flecke aufweist. Sozioökonomische Probleme wie die der Globalisierung mit der Herrschaft der Finanzmärkte oder das Nord-Süd-Gefälle werden von Kersting in seiner Liberalismuskonzeption ausgeblendet. An die natürlichen Ressourcen des Individuums zur Bewältigung von Kontingenz wie Arbeitslosigkeit oder Hunger zu appellieren zeugt von schlechtem Euphemismus.
Dennoch können LehrerInnen, die Kerstings sozialphilosophische Prämissen nicht teilen, seinem Buch etwas abgewinnen. Zu nennen sind hier die beiden Kapitel zur „Semantik“ und „Geschichte der Verteilungsgerechtigkeit“ (S. 9-67) sowie die fundierten Darstellungen der Gerechtigkeitskonzeptionen (S. 68-300). Insbesondere die Beschäftigung im schulischen Unterricht mit dem Klassiker der Gerechtigkeitstheorie, mit John Rawls „Theory of Justice“ (1971), bietet sich an. Kersting hat ein provokantes Buch geschrieben, das zu einer kritischen Auseinandersetzung geradezu herausfordert, weil seine Überlegungen und Schlagworte in den politischen Diskurs eingegangen sind.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Fragen der Gerechtigkeit und des Sozialstaats. Die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit ist eine der Herausforderungen der gegenwärtigen politischen Philosophie. Der Band stellt die unterschiedlichen Theorien und Grundlagen der sozialen Gerechtigkeit vor, verfolgt die aktuelle Diskussion der Verteilungsgerechtigkeit bis hin zu Fragen nach Bürgereinkommen, Bürgerarbeit etc. und entwirft schließlich eine eigene Theorie politischer Solidarität.


Pressestimmen

"Kersting kennt sich genau aus, schreibt zupackend." Frankfurter Allgemeine Zeitung

"Anregend und ansteckend argumentierend, anspruchsvoll." ekz-Informationsdienst

Mit der vorliegenden Monographie hat Kersting ein ebenso spannendes wie engagiertes, gelegentlich auch provozierendes Buch geschrieben. Wie nur wenigen Vertretern der deutschsprachigen politischen Gegenwartsphilosophie gelingt es ihm, ein hohes Maß an systematischer Klarheit und begrifflicher Präzision mit eindeutigen, sozialpolitischen Reformvorschlägen zu verbinden. Theologie und Philosophie, Verlag Herder
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis

Vorwort 1

I Zur Semantik der Verteilungsgerechtigkeit 9
II Zur Geschichte der Verteilungsgerechtigkeit 42
III Soziale Gerechtigkeit und Differenzprinzip bei John Rawls 68
IV Ressourcengleichheit und Verteilungsgerechtigkeit:
Ronalds Dworkins Interpretation der liberalen Gleichheit 172
V Gerechtigkeitsphilosophie und Gesellschaftskritik:
Thomas Nagels moralischer Kathedersozialismus 280
VI Selbstbesitz, Freiheit und Gerechtigkeit.
Robert Nozicks Gerechtigkeitstheorie des absoluten Eigentums 301
VII Liberalismus sans phrase I:
Verdienstethischer Naturalismus und Entwicklungschancengleichheit 354
VIII Liberalismus sans phrase II:
Politische Solidarität und Eigenverantwortung 376

Bibliographie 404

Personenregister 411