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Theologen 185 Porträts von der Antike bis zur Gegenwart
Theologen
185 Porträts von der Antike bis zur Gegenwart




Markus Vinzent (Hrsg.)

Verlag J. B. Metzler
EAN: 9783476020253 (ISBN: 3-476-02025-8)
252 Seiten, kartoniert, 12 x 19cm, Oktober, 2004

EUR 12,95
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
185 christliche Denker, Theologen und Philosophen im Porträt. Von der Antike bis zur Gegenwart werden aus allen Ländern Kirchenlehrer und Kritiker wie Augustinus, Calvin und Bonhoeffer, Häretiker, Heilige wie Thomas von Aquin und Sozialreformer wie Schweitzer vorgestellt. Eine facettenreiche Begegnung mit dem Christentum.
Rezension
Der Metzler-Verlag bietet aus seinen umfangreichen Lexika z.Zt. 6 "metzler kompakt" - Lexika in Taschenbuchformat an, die als Bücher-Kassette oder als Einzelbände bezogen werden können und die jeweils einen Auszug aus umfangreicheren Lexika im Verlagsprogramm darstellen: Komponisten, Englischsprachige Autoren, Personen der Antike, deutschsprachige Autoren, Philosophen und Theologen. Und so verweist die Schlußseite dieses Bandes auf: "Die in diesem Band versammelten Porträts sind dem »Metzler Lexikon christlicher Denker, 700 Autorinnen und Autoren von den Anfängen des Christentums bis zur Gegenwart«, hrsg. von Markus Vinzent, entnommen. Dort finden sich auch weiterführende Literaturhinweise zu jedem der Artikel." (vgl. dazu die Besprechung hier in lehrerbibliothek.de). Damit sind auch zugleich Stärken und Schwächen benannt: statt ca. 700 Theologen-Porträts nur 185, statt 49,90 € nur 12,95 €. Die Reduktion auf die Wesentlichen 185 Personen ist dabei noch leichter zu verkraften als die fehlenden Hinweise auf weiterführende Literatur; gerade Lexika dienen der Erstinformation und sollten weiterführende Hilfe bieten.

Thomas Bernhard für lehrerbibliothek.de


Verlagsinfo
Autoreninformation:
Markus Vinzent, Promotion zum Dr. theol. 1991 an der Universität München, Habilitation an der Universität Heidelberg 1995; 1998-99 Professor für Kirchengeschichte an der Universität Köln, seit 1999 H.G. Wood Professor of Theology an der University of Birmingham. Veröffentlichungen zum frühen Christentum, zur Theologie- und Ethikgeschichte; Forschungsprojekt zum Exil der Theologen 1933-1945.

Inhaltsverzeichnis
Artikel von A - Z

Leseprobe:

Müntzer, Thomas
Geb. vor 1491 in Stolberg am Harz; gest. 27.5.1525 vor Mühlhausen
M. wagte den Konflikt mit der reformatorischen Bewegung seiner Zeit und deren Führer Martin Luther, den er -Entwicklungen künftiger Jahrhunderte sensibel vorweg ahnend - 1524 als »neuen Papst« beschimpfte. Dessen Reformation war M. zu »fürstenstaatlich«, seine Theologie zu sehr die der »großen Hansen«, die den »gemeinen Mann« als mündigen Menschen überging. Zugleich ist M. sozialrevolutionärer Führer des thüringischen Bauernkrieges, den er als apokalyptischen Streit des Herrn hochtheologisch begriff, doch militärstrategisch blind gegen die Übermacht eines Fürstenheeres verlor. Die Lutherkritik hat M. die Dämonisierung durch die protestantische Kirchengeschichtsschreibung eingebracht, die endzeitliche Sozialkritik die Heroisierung als Wegbereiter einer »frühbürgerlichen Revolution« seitens der Historiographie vor allem in der ehemaligen DDR. Von Ausnahmen abgesehen gelang es erst wenige Jahre vor dem Fall der Mauer, die ahistorischen Stigmatisierungen im wechselseitigen Ost-West-Dialog zu überwinden. Das Ergebnis war um 1990 eine M.rezeption in »neuer Sachlichkeit«, die sich aus den M.texten selbst nährte. Seither aber kam die Beschäftigung mit M. fast zum Erliegen.
M. ist ein früher Theologe der Befreiung, dem es auf eine Kongruenz von seelischer Erfahrung und sozialem Handeln ankommt. Er ist einer der Gebildetsten des frühen 16. Jh. und verband antik-klassische Autoren (u. a. Pla-ton, Quintilian), biblische Bücher (vor allem Gen, Dan, Jak, Apk), Kirchenväter (vor allem Tertullian, Augustinus, Hieronymus), mystische Texte (vor allem Tauler, auch Frauenmystikerinnen) und Humanistentexte zu einer eigenwilligen Selbst- und Weltsicht. Interesse an tradiertem Bildungsgut findet sich gepaart mit subjektivem Umgang mit diesen Texten. Der Belesene weiß zugleich, daß Texten allenfalls eine Hilfsfunktion im Reifungsprozeß des Menschen zukommt und dieser nicht aus dem »toten Buchstaben«, sondern aus seiner »lebendigen Erfahrung« Identität und Weltoffenheit gewinnt. Insbesondere die Erfahrung des Leidens kann den Menschen bis zur »Vergottung« führen. Hiervon sollen Prediger und Pädagogen erzählen. Wer den Spuren M.s nachgeht, kann die Fähigkeit erben, in Souveränität gegenüber jeder Bildungstradition aus sich selbst zu eigener Identität zu gelangen. M.s durch eigene seelische Prozesse (z.B. durch Leiderfahrungen, Träume und Traumdeutungen) gereifte Religiosität jenseits aller konfessionellen Schranken machte ihn religiös offen. Beispiel dafür ist M.s Hoffen auf eine Kirche wahrhaft Gläubiger aus allen Religionen und Nationen der Erde. Im Leiden liegt eine radikale Wesensgleichheit aller Menschen, die Perser, Juden, Christen und Muslime zu Geschwistern im Glauben macht, während der (gelehrte) Disput über die heiligen Texte nur entzweit und für das Wesentliche blind macht. M. vermag die Menschen auch als Kulturwesen zu bilden. Seine Sprache ist Epos. Als Prediger des Bauernfleckens Allstedt vermochte er einmal 4000 Hörer zu faszinieren. Sein Schaffen auf dem Gebiet der Musik ist Meditation.

Dieter Fauth