"Tanz auf Scherben" ist ein Jugendbuch, in dem der 16jährige Manu danach strebt, die "Büffelmänner", eine Bande von vier Männern, die Manus 12jährige Schwester und viele weitere Mädchen und junge Frauen überfallen haben, zu überführen. Es ist eine fiktive Geschichte, die aber auf Tatsachen basiert. Tatsächlich werden in Indien täglich Mädchen und Frauen überfallen und vergewaltigt. Dabei ist besonders schlimm, dass sie nach dem Überfall keinerlei Unterstützung vom Staat oder der Familie erwarten können. Carolin Philipps zeigt in ihren Jugendbüchern aktuelle politische Themen auf. In diesem Buch, das ab 12 Jahren geeignet ist und sich hervorragend auch als Klassenlektüre eignet, geht es um die Diskriminierung der Mädchen in Indien. Ganz offen schreibt die Autorin darüber, dass neugeborene Mädchen in den Slums direkt nach der Geburt umgebracht werden, weil sie der Familie nur zur Last fallen. Sie brauchen eine Aussteuer und wenn sie dann verheiratet sind, unterstützen sie nur die Familie des Mannes. Eine Frau gilt nur dann als anerkanntes Familienmitglied, wenn sie einen Sohn geboren hat, der eine Art Altersversicherung darstellt. Aber auch dann noch müssen Frauen jede Form der Gewalt - mit Worten oder Schlägen - ertragen. Tun sie dies nicht, ist es eine Schande und sie werden verstoßen. Nachdem Manus Mutter drei Töchter nach der Geburt verloren hat, getötet von ihrer Schwiegermutter und ihrem eigenen Mann, flieht sie zusammen mit ihrem zweiten Sohn und dem letzten neugeborenen Mädchen. Der älteste Sohn bleibt zurück und entwickelt einen Hass gegen seine jüngste Schwester. Es stellt sich auch heraus, dass er einer der Büffelmänner ist, der die kleine Sanjana überfallen und ihre Freundin gekidnappt hat. Manu gelingt es zusammen mit einer Frauenrechtsgruppe, die Bande zu überführen und die Politiker zum Handeln zu zwingen, doch als alles herauskommt, werden die beiden Geschwister von der eigenen Mutter verstoßen, weil sie Schande über die Familie brachten. Die Mutter hält zu ihrem ihrem ältesten Sohn, vielleicht, um wieder gut zu machen, was sie vor Jahren versäumt hat.

Das Buch ist mit 144 Seiten gut zu lesen, es ist sehr offen, aber trotz allem für Jugendliche ab 12 Jahren zu empfehlen, da die Vergewaltigung nicht genauer beschrieben wird. Geschrieben ist das Buch aus der neutralen Erzählerperspektive in der Er-Form.

Ina Lussnig, Lehrerbibliothek.de

Carolin Philipps wurde in Meppen geboren. Sie hat Geschichte und Anglistik in Hannover und Bonn studiert. Im Zentrum ihrer Bücher stehen aktuelle politische Themen und Menschen, die anders sind als die Norm. Für ihren Roman »Milchkaffee und Streuselkuchen« wurde Carolin Philipps der Mentioning Award des UNESCO-Prize for Tolerance and Peace 2000 verliehen.