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Stumme Medien Vom Verschwinden der Computer in Bildung und Gesellschaft
Stumme Medien
Vom Verschwinden der Computer in Bildung und Gesellschaft




Roberto Simanowski

Matthes & Seitz
EAN: 9783957575210 (ISBN: 3-9575752-1-4)
304 Seiten, kartoniert, 14 x 22cm, März, 2018

EUR 24,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Die hitzig geführte Diskussion um Fake News, Filterblasen und Hassreden im Internet ist durch Oberflächlichkeit und kurzfristige Lösungsansätze geprägt. Doch statt auf Enttarnungssoftware oder staatliche Diskurspolizisten zu setzen, müsste in Schulen und Universitäten eine neue Grundlagenbildung Einzug erhalten, die die Funktionsweise der sozialen Netzwerke kritisch zum Thema macht und eine neue Generation von Nutzern hervorbringt.



Ein überfälliger Debattenbeitag zur Zukunft der Bildung und der Demokratie im Internetzeitalter.
Rezension
Medienbildung im digitalen Zeitalter
Im Zeitalter digitaler Revolution häufen sich die Stimmen, die eine Auseinandersetzung mit digitalen Medien im Kontext von Schule einfordern. Auf der einen Seite stehen „Digitalisten“, die für einen grundsätzlich digitalisierten Unterricht eintreten und Medienbildung mit der Kompetenz zur Nutzung von Medien gleichsetzen. Auf der anderen Seite sind Vertreter zu nennen, die einen, auch partiellen Einsatz digitaler Endgeräte in der Schule aus prinzipiellen Gründen perhorreszieren.
Beide Fehler vermeidet Roberto Simanowski, Professor für Medienwissenschaft an der Katholischen Universität Rio de Janeiro, in seinem neuen Werk „Stumme Medien“. Weder folgt der Autor der Bücher „Data-Love“(2015) und „Facebook-Gesellschaft“(2016) einem unkritischen Technikoptimismus der Protagonisten von „Bildung 4.0“ noch sieht er im schulischen Einsatz digitaler Medien per se einen Angriff auf den Bildungsgedanken. Der ausgebildete Deutsch- und Geschichtslehrer hält mit Theodor W. Adorno an dem zentralen Ziel von Schule fest: „Erziehung zur Mündigkeit“. Voraussetzung dafür bilde autonomes Denken und Handeln. In Bezug auf die Medienbildung, die mittlerweile in den Bildungsplänen mehrerer Bundesländer verankert ist, warnt Simanowski davor, diese auf eine instrumentell verkürzte „Mediennutzungskompetenz“ zu reduzieren, da sonst die Gefahr der „Halbbildung“(Paulsen/Adorno) drohe. Die Omnipräsenz digitaler Medien dürfe nicht zum Verdrängen des Reflektierens, des Verstummens über diese führen - daher rührt die Titelgebung des Buches. Deswegen postuliert der Medienwissenschaftler die Förderung der „Medienreflexionskompetenz“, welche eine sozialkritische Auseinandersetzung mit digitalen Medien einschließt. Medienethischen Reflexionen zum Beispiel über Werte wie Privatheit, Freiheit und Wahrheit im digitalen Zeitalter kommt dabei eine besondere Bedeutung zu.
In seinem differenziert argumentierenden und gut lesbaren Werk, das ohne den moralischen Zeigefinger auskommt, liefert der Medienwissenschaftler neben theoretischen Überlegungen auch anschauliche und praxistaugliche Bespiele aus unterschiedlichsten Fächern, um im Unterricht die Reflexion über Medien zu fördern. Roberto Simanowskis Buch „Stumme Medien“, erschienen bei „Matthes & Seitz“, kann allen Referendarinnen und Referendaren und allen Lehrkräften, die Medienbildung als kritische Reflexionsform über Medien begreifen, nur zur Anschaffung empfohlen werden.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Der digitale Wandel der Gesellschaft wird von konzeptlosen Politikern und gewinnorientierten Unternehmern diskussionslos durchgewunken und vorangetrieben. Die gelegentliche Kritik an Fake News, Filterblasen und dem Verlust der Privatsphäre trifft nur die Symptome einer viel grundsätzlicheren Gefahr für das Fortbestehen unserer Demokratie. Auch die Schulen und Universitäten entziehen sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung, wenn sie nur vermitteln, wie man die neuen Medien sicher nutzen und effektiv in der Forschung einsetzen kann, statt auch die kulturstiftende Funktion des Computers zu betrachten. Roberto Simanowski plädiert in seiner Streitschrift für eine neue Medienbildung, die kritisch operiert statt affirmativ. Nicht allein die Anwendungskompetenz muss im Zentrum der Bildung stehen, sondern die Frage, wie die neuen Medien unser Leben und unsere Weltwahrnehmung ändern.
Pressestimmen

»Die Studie ›Stumme Medien‹ überzeugt als Weckruf. Sie setzt Simanowskis Analysen ›Data Love‹ (2014) oder ›Abfall - Das alternative ABC der neuen Medien‹ (2017) fort. Hellsichtig trägt der Autor seine Befunde zur Facebook-Gesellschaft zusammen und zeichnet das Bild eines gefährdeten Gesamtorganismus.«
– Björn Hayer, Süddeutsche Zeitung

»Schulen und Universitäten müssen das Bedingungsgefüge zwischen Medien und Gesellschaft endlich offen legen, damit sie mündige Bürger erziehen, die für die Demokratie so wichtig sind. Das aber funktioniert bislang nicht, und wie sich Simanowski an den Gründen dafür abarbeitet, ist so fundiert, schlüssig und lakonisch, dass es einfach Spaß macht, sein Buch zu lesen.«
– Vera Linß, Deutschlandfunk Kultur
Inhaltsverzeichnis
Einleitung 7
1. Tatort digitale Medien 12
2. Das Verschwinden der Computer 21
3. Überblick 25

I. Medien und Gesellschaft 33
1. Das Ende der Experten 36
2. Disruptive Innovationen 56
3. Paradoxien der Gegenwart 69

II. Medien und Schule 83
1. Medienkompetenz und Halbbildung 89
2. Bildung 4.0 114
3. Digitale Immigranten 134

III. Medien und Universität 155
1. Digital Humanities 160
2. Kulturgut Lesen 169
3. Die Ethik des Machens 176

Schluss 191
1. Erziehung zur Mündigkeit 198
2. Streit der Fakultäten 204
3. Kritik als Tugend 216

Anmerkungen 225

Bibliografie 277