Die Dramen „Die Möwe“(1895), „Drei Schwestern“(1901), „Der Kirschgarten“(1904) und die Erzählung „Die Dame mit den Hündchen“(1899) zählen zu den weltweit bekannten Werken des russischen Dichters Anton Čechov (1860-1904). Er ist einer der wichtigsten Vertreter russischer Literatur, seine Theaterstücke, die immer noch auf den Bühnen der Welt gespielt werden, gelten als Klassiker der Weltliteratur. Dem Diogenes Verlag und dem Čechov-Übersetzer Peter Urban (1941-2015) kommt das Verdienst zu, Leserinnen und Lesern das Gesamtwerk des Meisterdichters in deutscher Übersetzung zugänglich zu machen. Der ehemalige Arzt, Humorist, Satiriker und Gesellschaftskritiker Čechov war ein philosophierender Dichter, der in seinen Schriften der ethischen Frage nachging: Wie führe ich ein gutes Leben? Sein Weltbild und Denken wurde geprägt von den „Selbstbetrachtungen“ des römischen Kaisers Marc Aurel. Das Čechovsche Œuvre kreist, in den Worten Urbans, um das Aufzeigen der „Lüge als Lebensform“.
Davon kann sich jeder überzeugen, der Čechovs „Späte Erzählungen“, erschienen bei Diogenes, in der von Urban übersetzten und kommentierten zweibändigen Ausgabe, in die Hände nimmt. Diese enthält mehr als 30 Erzählungen aus den Jahren 1893-1903. Darunter finden sich neben „Der Dame mit dem Hündchen“ weitere Meisterzählungen Čechovs, wie „Volodja der Große und Volodja der Kleine“(1893), „Der schwarze Mönch“(1894), „Rotschilds Geige“(1894), „Der Student“(1894), „Mord“(1895), „Bauern“(1897), „Der Mensch im Futteral“(1898), „Stachelbeeren“(1898) oder „Die Braut“(1903). Durch ihre „Genauigkeit und Kürze“ zeigen diese Erzählungen Čechov auf dem Höhepunkt seines literarischen Schaffens. Ihre Neuübersetzung konnte Urban kurz vor seinem Tode noch abschließen. Außerdem zeichnet sich diese Ausgabe des späten Prosawerks durch präzise Informationen zur Veröffentlichungsgeschichte und zur Genese, durch Aufführung von Selbstaussagen des Dichters und zeitgenössischen Reaktionen sowie durch einen hilfreichen Stellenkommentar zu den Erzählungen aus. Selten wurde man so leicht anhand von Originalschriften in den Čechovschen Kosmos eingeführt.
Lehrkräfte der Fächer Russisch, Literatur, Philosophie und Ethik werden durch die hervorragende Diogenes-Ausgabe motiviert, mit Schülerinnen und Schülern die schönen Erzählungen Čechovs zu lesen und anhand dieser über das Leben zu philosophieren. Dazu forderte der Meisterdichter nämlich in einem Brief vom 27.3.1894 auf: „Fang an zu philosophieren, und dir wird schwindelig.“
Fazit: Die exzellente Ausgabe von Anton Čechovs „Späten Erzählungen“ ist ein Muss für alle Freundinnen und Freunde des zeitlosen Klassikers sowie der russischen Literatur.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de

Späte Erzählungen in zwei Bänden 1893 – 1903
Rothschilds Geige/Die Dame mit dem Hündchen
Aus dem Russischen übersetzt und mit einem umfangreichen Anhang versehen von Peter Urban
Wie soll man leben? Wahrhaftig und frei. Die Notwendigkeit des Aufbruchs vom falschen in ein richtiges Leben spricht aus Anton Čechovs späten Erzählungen mit einer Intensität, wie sie in nur wenigen Texten der Weltliteratur zu finden ist. Anton Čechovs berühmtes Spätwerk vollständig ediert und mit umfangreichem Anmerkungsteil in der Neuübersetzung von Peter Urban.
Mehr zum Inhalt
Anton Cechovs späte Erzählungen zählen zu seinen bekanntesten: ›Die Dame mit dem Hündchen‹ (für Nabokov eine der schönsten Erzählungen, die je geschrieben wurden), ›Die Braut‹, ›Bauern‹, ›Seelchen‹. Damals wie heute scheinen sie direkt zu uns zu sprechen: Sie handeln von der Liebe, der Suche nach dem Glück, vor allem aber von der Notwendigkeit eines selbstbestimmten Lebens. Ob das Wagnis des freien Lebens gelingt oder nicht – stets erzählt Cechov von seinen Figuren ohne Pathos und Belehrung, aber mit Menschlichkeit, feinem Humor und in einer frischen Sprache.

Hardcover Leinen
1088 Seiten
erschienen am 28. Oktober 2015

978-3-257-06940-2
€ (D) 48.00 / sFr 63.00* / € (A) 49.40

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