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Sich den Tod geben Suizid als letzte Emanzipation?
Sich den Tod geben
Suizid als letzte Emanzipation?




Jean-Pierre Wils

Hirzel
EAN: 9783777629407 (ISBN: 3-7776-2940-5)
200 Seiten, hardcover, 14 x 22cm, 2021

EUR 24,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Neue Perspektiven für die Debatte um Sterbehilfe. Über das Recht auf einen assistierten Suizid wird seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2020 auch in Deutschland leidenschaftlich diskutiert. Der Philosoph und Theologe Jean-Pierre Wils verneint nicht die Autonomie, fragt aber – auf der Grundlage seines profunden historischen und ethischen Wissens – nach den sozialen Folgen: Führt das Recht auf Suizidhilfe auf Dauer nicht zur Pflicht, sich dafür oder dagegen entscheiden zu müssen? Und nimmt nicht der Druck hin zur vermeintlich vernünftigen Entscheidung zu, sobald die Herbeiführung des eigenen Todes als ein letzter Akt der Selbstverwirklichung und der Emanzipation betrachtet oder gar anempfohlen wird? Wils plädiert eindringlich dafür, die Debatte in einem größeren Kontext zu führen, unsere Endlichkeit der kulturellen Amnesie zu entreißen – und legt so die Grundlagen einer zeitgemäßen Diskussion über die Sterbehilfe.

Jean-Pierre Wils studierte Philosophie und Theologie in Leuven und Tübingen und lehrt Philosophische Ethik und Kulturphilosophie an der Radboud Universität in Nijmegen in den Niederlanden. Er war viele Jahre Mitherausgeber der Zeitschrift »Ethik und Unterricht« und gibt ab 2021 die »Scheidewege. Schriften für Skepsis und Kritik« heraus. 2007 erschien sein Buch »Ars moriendi. Über das Sterben«, 2019 »Das Nachleben der Toten. Philosophie auf der Grenze«.
Rezension
Sterbehilfediskussion - und kein Ende: Über das Recht auf einen assistierten Suizid wird seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2020 (vgl. S. 80ff) auch in Deutschland leidenschaftlich diskutiert. Der Philosoph und Theologe Jean-Pierre Wils verneint nicht die Autonomie, fragt aber: Führt das Recht auf Suizidhilfe auf Dauer nicht zur Pflicht, sich dafür oder dagegen entscheiden zu müssen? Und nimmt nicht der Druck auf Betroffene zu? Kann man den Umgang mit eigenem schweren Leiden im voraus kalkulieren und prognostizieren? Das höchste deutsche Gericht hat zwar die Sterbehilfe erlaubt. Es bleibt aber bei der Strafbarkeit der Tötung auf Verlangen, die dann vorliegt, wenn der Sterbehelfer nicht nur hilft, sondern als Täter den Handlungsablauf dominiert. Darf der sterbenskranke Mensch zu einem Gefangenen seiner (womöglich lange zuvor schriftlich niedergelegten) Autonomie werden?

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort 9

Anstelle eines Vorworts 13

Zur Ausgangslage 22

Wie wird die Zukunft des Suizids aussehen?

Drei dystopische Szenarien 33
In der Welt der »Gläsernheit« 36
Auf dem »Choice of Peace TM«–Gelände 39
»Niederschwelliges Sterben« im Abschiedshotel 44

Die Moral der Selbsttötung

Eine kurze Geschichte in warnender Absicht 50
Die Suizidwertung der Stoiker 54
Selbsttötung im Christentum 58
Humanistische Perspektivwechsel 59
Der Suizid in der Aufklärung 63
Von der Existenzialisierung zur Pathologisierung 68

Wie umgehen mit dem assistierten Suizid?

Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern 77
Vor dem Gesetz – die jüngsten Entwicklungen in Deutschland 80
Selbsttötungsdynamiken – am Beispiel der Niederlande 89
Risiken der Leidensdefinition und -interpretation 96
Was ist Autonomie, und wo liegen ihre Grenzen? 101
Was die Sprache verrät und was sie verschleiert 109
Auf dem Weg zum »Lebensende-Begleiter« 117

Notwendige Erweiterungen der Perspektive

In vier Kritiken 123
4.0 und die suizidalen Realfiktionen im Zeitalter der Optimierung 124
Die Klippen der Autonomie und der Hyperliberalismus 138
Die Psychoökonomie der Argumente und das Sterbehilfenarrativ 152
Unser Körper und die Konkurrenz von Biologie und Biografie 166

Der Konflikt der Menschenbilder 178

Dank 187
Bibliografie 188
Anmerkungen 193
Der Autor 197