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Schwerkraft und Gnade
Schwerkraft und Gnade




Simone Weil

Matthes & Seitz
EAN: 9783957579348 (ISBN: 3-9575793-4-1)
249 Seiten, hardcover, 13 x 21cm, Januar, 2021

EUR 24,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
„Der einzige große Geist unserer Zeit.“

Albert Camus

„Jede Zeile Simone Weils lohnt der Lektüre.“

Susan Sontag

„Wir müssen uns der Persönlichkeit einer genialen Frau aussetzen, einer Art Genie, die der von Heiligen ähnelt.“

T.S.Eliot
Rezension
„Die Entwurzelung ist bei weitem die gefährlichste Krankheit der menschlichen Gesellschaft.“, schrieb Simone Weil (1909-1943) in ihrer Arbeit „Die Einwurzelung“(1943). Die Gymnasiallehrerin für Psychologie und Moralphilosophie, Gewerkschafterin, politische Aktivistin, Fabrikarbeiterin und religiöse Denkerin zählt zu den wichtigsten Philosophinnen der Welt. Seit 20 Jahren erfährt ihr umfangreiches Œuvre, das u.a. Einflüsse von Platon, Descartes, Pascal, Spinoza, Kant, Marx, christlicher Mystik und des Buddhismus zeigt, international eine Renaissance. Erstmals erschienen in Buchform eine Auswahl von Aufzeichnungen Weils postum 1947 unter dem Titel „La pesanteur et la grâce“, zusammengestellt und angeordnet von Gustave Thibon. Diesem Philosophen und Schriftsteller übergab die Denkerin Ende April 1942 vor ihrer Flucht nach New York ein Konvolut an Aphorismen und Betrachtungen. Eine deutsche Übersetzung dieses Werks legte Friedhelm Kemp 1952 unter dem Titel „Schwerkraft und Gnade“ vor – ohne das Kapitel „Israel“ mit den antijudaistischen Auslassungen Weils. Eine ungekürzte Neuausgabe des Buches wurde 2021 bei Matthes & Seitz Berlin publiziert, herausgegeben von Charlotte Bohn, versehen mit einer editorischen Notiz von ihr und einem Essay von Frank Witzel.
Weil zeigt sich in ihren Aufzeichnungen, die versetzt sind mit Zitaten aus der Bibel und der Weltliteratur, als „Feuergeist“(Wimmer). Leser*innen erhalten existenzialistische Sentenzen u.a. über das Böse, die Zeit, den Tod, die Liebe, den Zufall, das Glück, das auf Reichweitenvergrößerung angelegte Mensch-Welt-Verhältnis und über Gott. Der Auswahlband demonstriert das breite Spektrum von Weils anthropologischen, erkenntnistheoretischen, sozial-, wissenschafts- und religionsphilosophischen Reflexionen. Ihr Existenzialismus wird deutlich anhand der Charakterisierung des Menschen: „Wir besitzen nichts auf der Welt – denn alles kann der Zufall uns rauben – außer dem Vermögen, ich zu sagen.“(S. 51) „Aber wer sich selbst entwurzelt, sucht mehr Wirklichkeit“(S. 47). Weil kritisiert dabei auch die Mathematisierung bzw. Metrifizierung der Welt: „Geld, Mechanisierung, Algebra. Die drei Ungeheuer der gegenwärtigen Zivilisation. Völlige Analogie.“(S. 164). „Algebra und Geld sind wesensmäßig nivellierende Faktoren, die erste geistig, das andere tatsächlich.“(S. 165)
Gibt es für den Menschen einen Ausweg aus seiner scheinbar hoffnungslosen Situation? „Der Mensch entrinnt den Gesetzen dieser Welt nur auf der Dauer eines Blitzstrahls.“(S. 18) Eine besondere Rolle kommt ihrer Ansicht nach der Gottesliebe zu: „Die Schöpfung ist ein Akt der Liebe, und sie ist unaufhörlich. In jedem Augenblick ist unser Dasein Liebe Gottes zu uns. Gott aber kann nur sich selbst lieben.“(S. 37) Wie ist das Verhältnis zwischen Schöpfung, Schwerkraft und Gnade zu bestimmen? „Die Schöpfung besteht aus der Abwärtsbewegung der Schwerkraft, der Aufwärtsbewegung der Gnade und der Abwärtsbewegung der Gnade in der zweiten Potenz.“(S. 10) Lehrkräfte der Fächer Philosophie und Ethik, die sich im Unterricht mit Existenzphilosophie und Existenzialismus auseinandersetzen möchten, werden durch die vorliegende Ausgabe motiviert, anhand ausgewählter Zitate Weils über existenzielle Fragen mit Schüler*innen zu reflektieren.
Fazit: Durch die Neuedition von „Schwerkraft und Gnade“ erhält man einen guten Einblick in das vielfältige Werk einer Philosophin, das verdient aufgrund seiner tiefsinnigen Denkbewegungen gelesen und diskutiert zu werden.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Simone Weil, Charlotte Bohn (Hg.)
Schwerkraft und Gnade
249 Seiten, Gebunden
Nachwort: Frank Witzel
Originaltitel: La Pesanteur et la Grâce (Französisch)
Übersetzung: Friedhelm Kemp
Erschienen: 2020
ISBN: 978-3-95757-934-8
Preis: 24,00 €
Nach langer Zeit erstmals wieder verfügbar: das Manifest radikaler Spiritualität von Simone Weil
Simone Weil, die große französische Philosophin, war in Frankreich fast vergessen und in Deutschland kaum bekannt, als sie 1943 starb. Ihr frühes Denken, das geprägt war durch ihr politisches Engagement als Gewerk­schafterin, Marx­Kritikerin und Teilnehmerin am Spanischen Bürgerkrieg, machte später der Orientierung an christlicher Mystik und platonischer und buddhistischer Tradition Platz. Kurz vor ihrem Tod überreichte sie ihre Notizbücher und Briefe dem christlichen Philosophen Gustave Thibon, der daraus vier Jahre später den Band Schwerkraft und Gnade zusammenstellte. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs geschrieben, als sich Simone Weils Gesund­heitszustand verschlechterte und ihr sozialer Aktivismus einer spirituellen Selbstbeobachtung wich, wurden die hier erhaltenen Aphorismen und die philosophischen und mystischen Betrachtungen zu einer der einflussreichsten Quellen der späteren französischen Philosophie. Mit dieser von Charlotte Bohn neu herausgegebenen und von Frank Witzel mit einem Nachwort versehenen Ausgabe wird Simone Weils wichtigstes Werk nach vielen Jahren wieder zugänglich.
Inhaltsverzeichnis
Schhwerkraft und Gnade 7
Leere und Ausgleichung 11
Hinnahme der Leere 16
Ablösung 18
Verdrängung der Leere durch Einbildungen 23
Verzicht auf die Zeit 25
Begehren ohne Gegenstand 27
Das Ich 31
Entschaffung 37
Auslöschung 47
Notwendigkeit und Gehorsam 50
Täuschungen 58
Götzendienst 69
Liebe 70
Das Böse 78
Das Unglück 91
Die Gewalt 97
Das Kreuz98
Waage und Hebel 104
Das Unmögliche 106
Widerspruch 110
Der Abstand zwischen dem Notwen­digen und dem Gutem 116
Zufall 118
Der, den wir lieben sollen,ist abwesend 120
DerAtheismus als Läu­terung 124
DieAufmerksamkeit und der Wille 126
Dressur 135
Vernunfteinsicht und Gnade 140
Lesarten 146
Der Ring des Gyges 148
Der Sinn des Universums 151
Metaxy 156
Schönheit 160
Algebra 164
Der soziale Buchstabe ... 167
Das Große Tier 171
Israel 178
Die soziale Harmonie 183
Mystik der Arbeit 191
Anmerkun­gen 198
Charlotte Bohn, Editorische Notiz 203
Frank Witzel,Schwerkraft und Ungenügen 220