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Ruth C. Cohn Eine Therapeutin gegen totalitäres Denken
Ruth C. Cohn
Eine Therapeutin gegen totalitäres Denken




Matthias Scharer, Michaela Scharer

Patmos
EAN: 9783843611763 (ISBN: 3-8436-1176-9)
160 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 14 x 22cm, 2020, durchgehend vierfarbig mit zahlreichen Abbildungen

EUR 20,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Angst vor der Zukunft, Sorge um nationale und religiöse Identität, Dämonisierung von Fremden … fördern gegenwärtig ein Schwarz-weiß-Denken, das die Gesellschaft spaltet und in totalitäre Muster hineinführt.

Die deutsch-jüdische Therapeutin Ruth C. Cohn (1912–2010) setzt vor dem Hintergrund ihres Schicksals als Migrantin diesen Ängsten eine alles und alle verbindende Lebenskunst entgegen. Sie entwickelt eine Art Gesellschaftstherapie gegen totalitäres Denken. Nicht das »Entweder – oder«, sondern das »Und« verbindet Menschen in ihrer Vielfalt.

Matthias Scharer erschließt in diesem reich bebilderten Band bisher unbedachte Seiten von Ruth C. Cohns Leben und Werk. Dabei greift er auch auf unveröffentlichte Texte und Fotos zurück.

Zehn Jahre nach dem Tod der vielfach ausgezeichneten Begründerin der Themenzentrierten Interaktion gewinnen ihr Denken und Handeln höchste Aktualität.

Dr. Matthias Scharer ist Professor em. für Religionspädagogik an der Universität Innsbruck, Lehrbeauftragter des Ruth Cohn Instituts for TCI-international mit reicher interkultureller Erfahrung sowie Supervisor.

Michaela Scharer war im Personal- und Buchhaltungswesen und als Lebens-und Sozialberaterin tätig. Seit 2016 registriert und bearbeitet sie mit Matthias Scharer Ruth C. Cohns Nachlass an der TU Berlin.
Rezension
Die von den Nazis in die USA vertriebene Ruth Cohn (1912-2010) ist als Begründerin der Themenzentrierten Interaktion (TZI) bekannt und gilt als die erste Vertreterin der Humanistischen Psychologie in Europa. Ausgebildet als Psychoanalytikerin in Gruppentherapie und Gestalttherapie, gründete sie 1966 in New York und 1972 in der Schweiz das Workshop Institute for LivingLearning (WILL) als Institut für Ausbildung, Forschung und Praxis von TZI (Theme Centered Interaction; auch TCI). Die Themenzentrierte Interaktion (TZI) ist ein Konzept zur Arbeit in Gruppen, deren Ziele besonders das soziale Lernen und die Förderung persönlicher Entwicklung sind. TZI beachtet insbesondere drei Axiome: Autonomie, Wertschätzung und Grenzerweiterung: Autonomie (Eigenständigkeit) wächst mit dem Bewusstsein der Interdependenz (Allverbundenheit), Ehrfurcht gebührt allem Lebendigen und seinem Wachstum. Das Humane ist wertvoll, Inhumanes ist wertbedrohend, freie Entscheidung geschieht innerhalb bedingender innerer und äußerer Grenzen. Erweiterung dieser Grenzen ist möglich. Ruth Cohns Ansatz bedeutet aber mehr als TZI; die Autoren erschließen in diesem Band bisher unbedachte Seiten von Ruth C. Cohns Leben und Werk: eine Art Gesellschaftstherapie gegen totalitäres Denken. Nicht das "Entweder – oder", sondern das "Und" verbindet Menschen in ihrer Vielfalt.

Jens Walter, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Schlagwörter:
Biografie, Frieden, Nationalsozialismus, Psychoanalyse, Solidarität
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 9

Resonanzen — eine Hinführung 11

Mit Ruth C. Cohn in Berührung kommen 12
Wie bin ich eingestimmt und wie stimme ich mich ein? 15
Autoritäre Tendenzen und totalitäres Denken auf dem Vormarsch 16
Jenseits von Strategie und Effizienz? 17
Resonanz auf den »geistigen« Nachlass 19
Das Du und das Sie 20
Experientielles Schreiben als Inter-Writing 21
Der Nachlass zieht Kreise 22

Im Gespräch mit der Migrantin, Gesellschaftstherapeutin und Poetin 23

Das »Berliner Kind« 27

Die Hirschfeld-Tochter in ihrer Zeit 30
Ruth Charlotte 35
Die Eltern 35
Zwischen Wohnung und Schule 41
Geschwisterrivalität und Gerechtigkeit 43
Körperlichkeit und Sexualität 43
»Drei-Tages-Juden«? 44
Vaters Bar Mizwa-Rede für den Bruder 45
Bat Mizwa für Mädchen? 47
Kindliche Gottesbeziehung 47
Zweifel an der Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit
der Erwachsenen 48
Das Sprachtalent 49
Begeisterung für Goethe 50
Psychotherapie — der große Wunsch 52
Der Kreis wird enger 52
Im Blick auf heute 53

Die Couch, die Angst und die Dankbarkeit 55

Die Flucht 56
Courage auf der »Ausreise« 57
Vaters Erbe macht's möglich 59
Gesetze übertreten, ohne in Konflikt zu geraten 61
»Züritüütsch« aus Protest 61
Das enttäuschende Studium 63
Die aufregende Couch 64
Eine problematische Beziehung und Heirat 66
Glück, Angst und Verzweiflung 69

Ins »Gelobte Land«? 72

Die »Niemande« Europas 74
... zu wissen, dass wir zählen 77
Krieg, Krankheit, Armut und eine unabgeschlossene
Lehranalyse 78
Alleinerzieherin 80
Trennungen 84
Auf Jobsuche 87
Anliegen von außen kommen in den Blick 87
Weitere Studien, eine neue Wohnform und der Aufbau einer Praxis 88
Zwischen Resignation und Courage 90
Therapeutische »Explosion« und neue Berufschancen 92
Den Körper wahrnehmen und einbeziehen 93
Das Wir im Hier und Jetzt 94
In der Humanistischen Psychologie verankert 94
Erlebnistherapie als berufliche Basis 95
Der »TZI-Traum« 96
Ein Tabu wird zum Thema 97
Der innovationsfreudige Globe 98
Es geht um Welt- und Menschenverständnis und um Werte 99
Gestaltdenken und Gestalttherapie 99
Ruth C. Cohn in guter Gesellschaft 100
Die Wende 102

Daheim in den Herzen der Menschen 103

Verlorene Heimat 103
Eine Ahnung wird Wirklichkeit 105
Die Amerikanerin auf der europäischen Bühne 107
Daheim an der Ecole d'Humanité 111
Die kleine Wohnung mit der großen Aussicht 112
Dem Göttlichen auf der Spur 113
»She was a mystic« 116
Planetary Citizen 117
Es geht um Bäume und den Ausverkauf der Schöpfung 119
Beteiligt, ohne dazuzugehören 122
»Ein Mensch in Widersprüchen - ein ganzer Mensch« 124
Die TZI breitet sich aus 124
Vielfach geehrt 126
Altern 128

Vermächtnis: Vision eines guten Lebens mit allen und allem 134

Ohne die anderen? 134
Visionärinnen contra Zyniker*innen, »Fremdelnde«
und Furchtsame 135
Haltung und Methode 136
In »Gegensatzeinheiten« denken 137
Autonomie und Interdependenz 138
Das »Zwei-Perspektiven-Selbst« 139
»Das aufgeblähte Selbst« und seine politischen Implikationen 140
Das große »Gruppen-Selbst« und das neue Wir 141
Störungen und Betroffenheiten nehmen sich Vorrang 142
Der Chairperson innewerden 143
Determiniert oder/und frei 144
Ehrfurcht vor dem Lebendigen, seinem Reifen und Vergehen 145
»Die Welt ist unsere Aufgabe« 147
»Für« oder »mit«? 148
Sich auf ein »Mehr« hin öffnen 149

Anmerkungen 151

Verzeichnis der Gedichte 160