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Prekarisierung im Lebenszusammenhang Potenziale der deutsch-türkischen Einwanderungsgesellschaft
Prekarisierung im Lebenszusammenhang
Potenziale der deutsch-türkischen Einwanderungsgesellschaft




Marko Tapio Perels

Beltz Verlag , Juventa
EAN: 9783779963615 (ISBN: 3-7799-6361-2)
304 Seiten, paperback, 15 x 23cm, August, 2020

EUR 39,95
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Die zunehmende Prekarisierung von Arbeits- und Lebensverhältnissen in der postfordistischen Gesellschaft ist Gegenstand dieser auf ethnographischer Forschung und Interviewerhebung beruhenden Studie. Marko Tapio Perels bilanziert kritisch erwerbszentrierte Setzungen in der Prekarisierungsforschung und wählt selbst einen Forschungsansatz, der „Prekarisierung im Lebenszusammenhang“ betrachtet. Die Studie zielt damit auf eine Forschungslücke in Bezug auf Dynamiken der Einwanderungsgesellschaft. Am Beispiel einer westdeutschen Großstadt werden die Perspektiven Türkeistämmiger rekonstruiert.
Rezension
Dieses Buch, eine Dissertation an der Universität Kassel in Gesellschaftswissenschaften aus dem Jahr 2017, analysiert am Beispiel einer westdeutschen Großstadt die ökonomischen Perspektiven Türkeistämmiger Einwanderer und mögliche "Prekarisierungen im Lebenszusammenhang" (Titel). In Interviews kommen Erwerbstätige mit Migrationshintergrund zu Wort, die Bilder von Erwerbsarbeit entwickeln, Wünsche haben, unter den Bedingungen leiden oder auch pragmatisch mit ihnen umgehen. Die Erwerbswelt in ihrem Wandel ist ein zentraler Ausgangspunkt für diese Studie. Wie haben sich hier Strukturen verändert, die zu einer verstärkten Diskussion über gesellschaftlichen Zusammenhalt geführt haben? In was für Verhältnisse werden die erwerbsarbeitenden oder erwerbssuchenden Subjekte gesetzt? Im Buch wird deutlich, dass im Zuge von Strukturreformen der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik in Deutschland, die Erwerbszentriertheit der Gesellschaft forciert wurde. Wo zuvor steuer- und beitragsfinanzierte Sicherungen vorherrschten, muss zunehmend private Vorsorge betrieben werden. Dieses Phänomen einer erwerbsbezogenen Prekarisierung bringt eine zunehmende Unsicherheit von mit Erwerbsarbeit verbundenen Lebens- und Zukunftsperspektiven mit sich.

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Schlagwörter:
Soziologie | Ungleichheit | Sozialstruktur | Einwanderung | Migration | Subjektivierung
Inhaltsverzeichnis
Danksagung 5
Einleitung 11

1. Aspekte erwerbsbezogener Prekarisierung 16

1.1 Erste Diagnosen und Zahlen zur ‚Brüchigkeit‘ von Erwerbs- integration – Bedrohter gesellschaftlicher Zusammenhalt? 17
1.2 Von Welfare zu Workfare. Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen im Kontext der HartzIV-Gesetzgebung 23
1.3 Von Vollbeschäftigung und fordistischen Verhältnissen zu Hartz-IV – Relationale Ungleichheitsverhältnisse 28
1.3.1 Ungleichheitsverhältnisse und Geschlecht 30
1.3.2 Ungleichheit in der Einwanderungsgesellschaft 35
1.4 Verhältnisse der drekarisierung im Spiegel qualitativer Sozialforschung und Zeitdiagnose 42 1.4.1 Dynamische Armut und drekarität als dhänomene der gesellschaftlichen Mitte 43
1.4.2 Eng und weit gefasste drekaritätsbegriffe – Stellenwert der Erwerbsarbeit 45
1.4.3 Der Diskurs vom Leiden an der Gesellschaft – Studien zu Erwerbslosigkeit und drekarität 48 1.4.4 Negative Klassifikationen und Soziologie der drekarisierung 58
1.4.5 Komplexe Subjektivierung in und neben Erwerbsarbeit 62

2. Ethnizität und Prekarität unter Verhältnissen multipler Zuschreibungen 67

2.1 Ethnizität als sozialwissenschaftliches Konzept 68
2.2 Ethnisierung und Ethnisierungsprozesse im neueren deutschen Diskurs zu Türkeistämmigen 72
2.3 Ethnizität und Religiosität als Ressourcen dynamischer Subjektivierung 77
2.4 Ethnisierung und die Betonung von Sprachkenntnis 80

3. Forschungsdesign und Auswertungsprozess 83

3.1 Sensitizing Concepts in Verhältnissen erwerbsbezogener drekarisierung 84
3.2 Referenzen des Forschungsvorgehens – Ethnografie und Interviewerhebung 86
3.3 Konstruktionsprozesse in der Forschung und Reflexivität 94
3.4 Methodologische Referenzen und Auswertungsschritte 98

4. Prekarität im Lebenszusammenhang der deutsch-türkischen Großstadt 101

4.1 Ausgangspunkte der ethnografischen Forschung – MigrantInnenenvereine und eine säkulare Welt Türkeistämmiger 103
4.1.1 Der Verein Mavi – Zentraler Akteur in der linksliberalen türkisch-deutschen Stadtgesellschaft 106
4.1.2 Der Verein Kırmızı als Kontrastfall – türkisch ethnisierte Sozialberatung 116
4.1.3 Der alevitische Kulturverein – Zugänge und Selbstverortungen 122
4.1.4 Der kurdische Verein – Vergemeinschaftung und dolitik 126
4.1.5 Kaffeehäuser – Freizeitgestaltung männlicher Türkeistämmiger 140
4.2 Alltagspraxen im Rahmen türkeibezogener deutscher Moscheevereine 152
4.2.1 Räumlich-praktische Spezifika der Moscheevereine – Erste Annäherung 153
4.2.2 Der Moscheeverein als Ort von Ehrenamt, Erwerbsarbeit und Alltagsbewältigung 160
4.2.3 Soziale Grenzziehungen und Angebote in den Moscheevereinen 166
4.2.4 Generationenverhältnisse und Bildungsanspruch in Moscheevereinen 183
4.2.5 Diskriminierungserfahrungen und Konfliktlagen rund um die Moscheevereine 188
4.2.6 Begegnung von Frauen und Männern in den Moscheevereinen. Schlaglichter 194
4.3 Fallporträts der Interviewerhebung 198
4.3.1 „Ich halte wie meinen Mann. Er verdient für meine Miete. [...] und ich verdiene für meine Tochter. Zum Leben.“ Lebenszusammenhänge einer Alleinerziehenden und die Rolle des Jobcenters. Duygu Şevkat 199
4.3.2 „... es sind strukturelle drobleme, es sind nicht die drobleme der Einzelnen, oder so...“. Deutungsmuster zwischen Handlungsmacht und Selbstblockade. Mehmet Derya 211
4.3.3 „...Doktor. Doktor der Staplerfahrer.“ – Eine paradoxe Erfolgsgeschichte der Integration im erwerbsbiografischen Abstieg. Fuat Yılmaz 219
4.3.4 „Mein Gott, wenn du Geld verdienen willst, kannste auch dort Geld verdienen, ne. Aber das ist ja nicht Sinn der Sache.“ Familienmigration und das kollektive Ringen mit bildungsbezogenen Aufstiegsversprechen. Aynur Doğan 234
4.3.5 „Aber was mich halt gestört hat, dass es zwischendurch immer dieses, nichts zu tun haben, dieses arbeitslos sein.“ Leidenserfahrung und Selbstaktivierung gegen das Amt. Sedef Kara 251 4.3.6 „Ich hab’ halt diesen Lebenslauf nicht“ – Ambivalenzen eines binationalen Lebenslaufregimes und starker Eigensinn. Alper Sönmez 261
4.4 drekäre Erwerbszentrierung im Spiegel von ethnografischer Forschung und Interviewerhebung 275

5. Ethnografische Erkundungen in der deutsch-türkischen Großstadt 284

5.1 Zusammenfassung des Vorgehens 284
5.2 Diskussion der Ergebnisse 289
5.3 Ausblick 292

Literaturverzeichnis 294