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Pieter Bruegel. Das vollständige Werk  Jürgen Müller  Thomas Schauerte
Pieter Bruegel. Das vollständige Werk


Jürgen Müller Thomas Schauerte
Taschen
EAN: 9783836556880 (ISBN: 3-8365-5688-X)
429 Seiten, hardcover, 30 x 41cm, Februar, 2019

EUR 150,00
alle Angaben ohne Gewähr

Rezension
„Die niederländischen Sprichwörter“(1559), „Der Kampf zwischen Fasching und Fasten“(1559), „Die Kinderspiele“(1560), „Der Turmbau zu Babel“(1563), „Die Kreuztragung Christi“(1564), „Die Kornernte“(1565), „Das Schlaraffenland“(1567) oder „Die Bauernhochzeit“(~1568) zählen zu den bekanntesten Gemälden Peter Bruegels des Älteren (~1526/30-1569). Von dem flämischen Künstler stammen auch „Der Triumph des Todes“(~1562), „Zwei Affen“(1562), „Christus und die Ehebrecherin“(1565), „Der Bethlehemitische Kindermord“(~1565-1567), „Der Misanthrop“(1568), „Der Blindensturz“(1568), „Die Krüppel“(1568) oder die Zeichnung „Der Imker“( ~1568).
Diese kleine Auswahl aus seinen 39 Gemälden, 65 Zeichnungen und 89 Kupferstichen demonstriert schon, dass eine Charakterisierung des Malers als „Bauernbruegel“, als eines volkstümlichen Produzenten von Wimmelbildern, welcher Szenen des Alten und Neuen Testaments in die Zeit der Konfessionskriege des 16. Jahrhunderts verlagert, der Vielschichtigkeit und Komplexität seines Œuvre in keinster Weise gerecht wird. Zu Recht begreift die neuere Kunstgeschichte Bruegel als Humanisten, der in seinen Werken durch Realismus, Drastik, Übertreibung subtil Gesellschaftskritik übt, genauer an dem Machtanspruch der Amtskirche, am Aberglauben, an oberflächlicher Frömmigkeit oder an fehlender konfessioneller Toleranz.
Beeinflusst wurde der flämische Künstler dabei von dem radikalreformatorischen Theologen Sebastian Franck, der u.a. in seinen „Paradoxa“(~1534) und „Sprichwörtern“(1543) jegliche religiöse Bevormundung durch kirchliche Institutionen ablehnte. Dieses hat insbesondere Jürgen Müller (*1961), Professor für Mittlere und Neuere Kunstgeschichte an der Technischen Universität Dresden, in seinen Forschungen zur Ikonologie Bruegels herausgearbeitet. So lässt sich bei dem flämischen Künstler eine „silenische Bildpoetik“(Müller) identifizieren, nach welcher Inversionen des Sichtbaren und Unsichtbaren, Schönen und Hässlichen zu seinem Programm zählen, wodurch er sich bewusst von der italienischen Renaissancekunst abgrenzte.
Von der ästhetischen Subversion Bruegels kann sich jeder überzeugen, der die großformatige Monographie „Pieter Bruegel. Das vollständige Werk“ von Jürgen Müller und dem Dürer-Experten Thomas Schauerte (*1967), erschienen bei Taschen, zur Hand nimmt. Dabei können die Autoren, die immer den aktuellen kunsthistorischen Forschungsstand berücksichtigen, mit ihren tiefschürfenden Bildinterpretationen unter präziser Bezugnahme auf kultur- und ideengeschichtliche Kontexte überzeugend belegen, dass Bruegel als „Aufklärer“ angesehen werden kann. Der mit zahlreichen Abbildungen und Close-ups in durchgängig exzellenter Druckqualität versehene Band liefert einen hervorragenden Überblick über das Œuvre des Künstlers und dessen Bildästhetik. Selten wurden die beeindruckenden Gemälde, Zeichnungen und Kupferstiche Bruegels so umfassend erschlossen, auch wenn manche seiner Motive immer noch Rätsel aufwerfen und Gegenstand zukünftiger kunstgeschichtlicher Arbeiten sein werden.
Lehrkräfte des Faches Bildende Kunst werden durch den opulenten Band geradezu aufgefordert, Bruegels Werke im Unterricht ausführlich zu würdigen. Da der Humanist in seinen Gemälden u.a. die Religion, die Zeitlichkeit, die Tugenden, das menschliche Leid und den Hedonismus thematisierte, lassen sie sich m.E. auch produktiv im Philosophie- und Ethikunterricht heranziehen.
Fazit: „Pieter Bruegel. Das vollständige Werk“, von dem bei Taschen auch eine englisch-, französisch- und spanischsprachige Ausgabe vorliegen, sollte in der Bibliothek jedes Kunst-Interessierten stehen. Den Autoren ist mit ihrer Monographie eines der schönsten Bücher des Jahres gelungen, das jeden für die Kunst des 16. Jahrhunderts begeistern wird.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Bis heute geben Leben und Werk Pieter Bruegels d. Ä. (um 1526/30–1569) Rätsel auf. Das Zeitalter des flämischen Künstlers ist geprägt von religiösen und politischen Konflikten. In seine Lebensjahre fallen die Konfessionskriege, der Beginn der grausamen Herrschaft des Herzogs von Alba als Statthalter der Spanischen Niederlande und die Gräuel der Inquisition.

Das vorliegende Buch offenbart Bruegel als einen Künstler, der sich mutig mit seiner Zeit auseinandersetzte und durch eigene Denkansätze zu neuen Bildfindungen und Lösungen gelangte. Er verklärte die Wirklichkeit nicht, sondern thematisierte die Grausamkeit der Religionskriege und zeigte sich kritisch gegenüber dem Alleinvertretungsanspruch der katholischen Kirche. Geschickt verbarg Bruegel seine politischen und religiösen Ansichten hinter einer überaus subtilen, anspielungsreichen Bildsprache, die sich insbesondere in seinen Wimmelbildern manifestiert und den Betrachter dazu reizt, die versteckten, hintergründigen Botschaften in den scheinbar harmlosen Alltagsszenen zu entdecken.

Während die frühe Forschung den volkstümlichen Charakter von Bruegels Malerei und Grafik betonte, stellen aktuelle Untersuchungen den humanistischen Gehalt seines Schaffens ins Zentrum. Die Anfänge des Malers gehen mit seiner Arbeit für den Verleger Hieronymus Cock einher. Bruegel entwarf zahlreiche originelle und grafische Bilderserien, die mit Erfolg in ganz Europa vertrieben wurden. Zu Darstellungen von Tugenden und Lastern gesellten sich lebhafte Bauernfeste sowie eindrucksvolle Landschaftspanoramen. Im Laufe seiner Karriere konzentrierte sich Bruegel immer stärker auf die Malerei und schuf vor allem Werke für die kulturelle Elite Antwerpens und Brüssels.

Eine eigens für diese Monografie durchgeführte Fotokampagne zeigt in Gesamtaufnahmen sowie großartigen Details das Werk dieses Ausnahmekünstlers in nie zuvor gesehener Nähe. Alle 40 Gemälde, 65 Zeichnungen und 89 Kupferstiche werden ausführlich behandelt und offenbaren Bruegel als zeitkritischen Künstler und ebenso scharfsinnigen wie unterhaltsamen Kommentator einer von politischen, sozialen und religiösen Umbrüchen geprägten Zeit.

Anlässlich seines 450. Todestages und der weltweit ersten monografischen Ausstellung im Wiener Kunsthistorischen Museum wird das Werk Bruegels hier nun bis in das kleinste Detail erfahrbar.
Die Autoren

Jürgen Müller hat den Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Kunstgeschichte an der Technischen Universität in Dresden inne, wo er auch lebt. Er veröffentlichte Aufsätze und Bücher zu kunst- und filmgeschichtlichen Themen und ist Herausgeber der Dekaden-Filmbuchreihe bei TASCHEN.

Thomas Schauerte leitet das Albrecht-Dürer-Haus, das Stadtmuseum und die Kunstsammlungen bei den Museen der Stadt Nürnberg. Er ist Grafik-Spezialist und hat Lehraufträge an den Universitäten Erlangen und Regensburg.
Pieter Bruegel. Das vollständige Werk
Jürgen Müller, Thomas Schauerte
Hardcover mit Ausklappseiten, 29 x 39,5 cm, 492 Seiten

ISBN 978-3-8365-5688-0
Ausgabe: Deutsch

ISBN 978-3-8365-5689-7
Ausgabe: Englisch

ISBN 978-3-8365-5690-3
Ausgabe: Französisch

ISBN 978-3-8365-7977-3
Ausgabe: Spanisch

„… einer der fantasievollsten, originellsten und fesselndsten Künstler aller Zeiten.“
— The Guardian
Inhaltsverzeichnis
Bruegel-Perspektiven 8
I. Das Leben des Pieter Bruegels d. Ä. 12
II. Im Labyrinth der Deutung: die Wimmelbilder 26
III. Vom inneren und äußeren Sehen: Bilder verfehlter Gottessuche 66
IV. Die Hölle auf Erden: Bosch und Bruegel 114
V. Ein anderer Apelles: die Grisaillen 150
VI. Feste feiern: die Bauerndarstellungen 166
VII. Das Gesicht der Welt: Landschaften und Jahreszeiten 188
VIII. Tief im Schnee: die Winterbilder 210
IX. Eine Ästhetik der Subversion: das Spätwerk 242
Epilog 270
Katalog der Gemälde 274
Katalog der Zeichnungen 304
Katalog der Kupferstiche 390
Anmerkungen 480
Literaturverzeichnis 481
Register 490