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Pias lebt gefährlich unter Mitarbeit von Gerhard Kemme
Pias lebt gefährlich
unter Mitarbeit von Gerhard Kemme




Thomas Bock

Psychiatrie-Verlag
EAN: 9783884142516 (ISBN: 3-88414-251-8)
128 Seiten, 12 x 19cm, 2000

EUR 9,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Sofie, Luise, Niklas und Anton wollen in einer leerstehenden Villa Musik machen und auch sonst ungestört sein. Da begegnen sie Pias, der als Obdachloser hier Unterschlupf sucht. Seit Jahren meidet er Menschen, lebt lieber in Wäldern als in Wohnungen, spricht vom »artgerechten Leben« und vom Krieg bei Aldi. Ein verrückter Kerl?! Die Ereignisse zeigen: Pias ist in Ordnung. Doch als zwei unbekannte Gestalten auftauchen, wird es gefährlich ...

Eine wahre Geschichte: Gerd Kemme ist Pias. Früher war er Kompanieführer bei der Bundeswehr, dann gerät sein Leben aus den Fugen. Er klinkt sich aus und wird obdachlos.

In einer Ambulanz für psychisch Erkrankte lernt er Thomas Bock kennen. Als Kemme Opfer eines Überfalls wird, entsteht die Idee zu diesem Buch. Beide haben Kinder, die wissen wollen, was es bedeutet, als »Outsider« zu leben. Th. Bock verknüpft die Geschichte von Gerd Kemme mit einer spannenden Jugendstory um Liebe und Eifersucht, Abhängigkeit und Selbstbestimmung, Eigensinn und Toleranz.
Rezension
Mich hat das Titelbild angesprochen. Fallschirmspringer landen auf einer Wiese. Eine gefährliche Situation. Wird die Landung sicher verlaufen oder schlägt er hart auf dem Boden auf. Zu weit gedacht? Ich denke, es passt zu dem Jugendbuch, das von Pias und seinen Freunden erzählt. Pias ist ein "verrückter Kerl". Er ist anders, spricht anders, riecht anders, lebt anders als die Freunde Anton, Niklas, Luise und Sophie, die den obdachlosen Pias in einer alten verfallenen Villa treffen und lernen müssen, mit einem Menschen umzugehen, der einfach anders ist. Das Buch ist ein Fachbuch über psychische Erkrankungen. Der Autor hat das Thema geschickt in eine Geschichte verpackt, die überzeugt und anspricht. Thomas Bock erzählt eine spannende und nachdenkliche Geschichte. Das Buch ist gut als Unterrichtslektüre geeignet und bietet viel Gesprächsstoff zum Weiterdenken und -handeln.

Arthur Thömmes, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
»Nicht nur Kinder staunen über jene Männer und Frauen, die ihren Hausstand in einem Einkaufswagen mit sich führen oder mit unzähligen Tüten und Taschen in einer Einfahrt stehen. Warum tut der das? Hat der keine Wohnung?

Einfache, schwierige Fragen, auf die es keine Antworten gibt, weil keiner fragt, weil die Antworten kaum zu verstehen wären.

Thomas Bock hat sich Zeit genommen und zugehört. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Menschen, die von ihrem psychotischen Erleben auf ungewöhnliche Lebenswege gelenkt wurden. Thomas Bock hat sich auch viel Zeit mit Pias gelassen, und ihn schließlich befragt. Pias Geschichte ist spannend und Thomas Bock hat sie noch etwas aufregender gemacht.

Er erzählt die Geschichte von vier Hamburger Jugendlichen: Anton und Niklas, Sofie und Luise. Sie machen zusammen Musik, sie haben eine Band. In einer leer stehenden Villa am Waldrand treffen sie sich, nicht nur zum Üben.

Eines Tages finden Anton und Niklas die Hinterlassenschaft eines Obdachlosen. Niklas wird wütend und schüttet eine Dose Bier über dem Schlafsack aus. Da taucht ein stämmiger, stinkender Mann auf: Pias. Mit seinen langen grauen Haaren sieht er zwar aus wie ein Penner, aber auch wie ein mittelalterlicher König. Er spricht nur wenige Worte, aber jedes einzelne Wort sitzt. Pias verschwindet, Anton und Niklas sind schockiert - und beeindruckt.

Zukünftig gehen sie sich aus dem Weg, und treffen doch immer wieder in der Villa aufeinander. Pias lebt vorwiegend im Wald, er ist ein Überlebenskünstler. Aber er redet auch wirres Zeug. Sie werden nicht schlau aus ihm. Ungewöhnliche Dinge geschehen. Diebesgut wird in der Villa versteckt und verschwindet wieder, die Polizei taucht auf. Pias scheint alles zu wissen oder zumindest zu ahnen. Hat er einen siebten Sinn? Luise fehlt immer häufiger, hat einen neuen Freund, nimmt vielleicht Drogen. Eine Lehrerin, die »Gräfin«, behandelt ausgerechnet die Themen, für die sich die vier Jugendlichen gerade interessieren: Drogen, Verrücktheit.

Als Anton wieder einmal zur Villa geht, beobachtet er, wie Pias überfallen und zusammengeschlagen wird. Als er mit Verstärkung zurückkehrt, ist Pias verschwunden. Spuren deuten auf eine Verletzung hin, in seinen Habseligkeiten entdecken sie Hinweise auf ein früheres, normaleres Leben.

Die vier Jugendlichen sind besorgt und klappern die Krankenhäuser ab. Endlich finden sie ihn außerhalb Hamburgs, gewaschen in einem weißen Bett. Und schon ist Pias wieder verschwunden.

Aber sie fangen langsam an ihn zu verstehen. Und am Ende der Geschichte wissen sie, dass es Menschen gibt, die auf Krisen anders reagieren als andere. Weil sie dünnhäutiger sind, sensibler, anders. Sie verstehen, dass es Menschen gibt, die ihre Ängste nach außen verlagern, und sie dort sehen und hören, wie in einem Film. Oder die jede Bedrohung der Welt auf sich beziehen, sich verfolgt fühlen, und Sicherheit nur in der Aktion finden.

Mit Anton und Luise, Sofie und Niklas können sich nicht nur Kinder und Heranwachsende identifizieren. Die vier regieren mit Abscheu und Ekel auf Pias, wie jeder Passant in der Fußgängerzone. Sie staunen und fürchten sich, wie Kinder vor dem schwarzen Mann. Und sie sind fasziniert und fangen an zu begreifen, wie (fast) jeder psychosozial Tätige, der sich auf Menschen wie Pias einlässt.«
Ilse Eichenbrenner, Berlin

Das Buch ist insbesondere für Kinder und Jugendliche (ab acht Jahre) gedacht und deshalb auch sehr gut als Material für den Unterricht geeignet.
Inhaltsverzeichnis
Figuren

Anton:
kommt aus »geordneten Verhältnissen«, liebt aber mehr noch die Unordnung. Mag Sofie, macht sich aber Sorgen um Luise. Beobachtet ein Verbrechen und zieht seine eigenen Schlüsse. Sofie: liebt Musik über alles, will wissen, warum Pias so lebt, kann besser fragen als antworten, will trotzdem nicht den Beruf ihrer Mutter und verliert fast eine Freundin.

Niklas:
sportlich, aber leichtsinnig. Hat Organisationstalent. Manchmal an der Grenze der Legalität, leitet den Gegenangriff. Nicht auf den Mund gefallen. Kann alles beschaffen, was man braucht oder auch nicht.

Luise:
hat eine tolle Stimme; ist aber dabei, sie zu ruinieren. Steht am Rande des Abgrunds. Taucht ab und wieder auf. Merkt erst nicht, was gespielt wird. Doch im richtigen Moment ist sie voll im Bilde.

Pias:
Lebt auf der Straße, ist aber kein »Penner«. Ist verrückt und hat seine Gründe dafür. Hat kein Vertrauen mehr zu den Menschen, kann gut mit Tieren umgehen. Besitzt seine eigene Moral. Als die Vergangenheit ihn einholt, weiß er, was zu tun ist. Lebt gefährlich, aber lebt.

Frau Graf:
Lehrerin für Erdkunde und Religion, sonst aber in Ordnung. Versteht mehr vom Leben, als man zunächst denkt. Hat auch eine bewegte Vergangenheit.

Und:
Sofies Mutter, Niklas' Vater, Luises Bruder, Pias' Schwester, Polizisten, Rechtsradikale, Hundezüchter, ordentliche Bürger und solche, die auch vor Gewalt nicht zurückschrecken.