„Endstation Sehnsucht“(1951), „Die Faust im Nacken“(1954), „Die Meuterei auf der Bounty“(1962), „Der Pate“(1971/72), „Der letzte Tango in Paris“(1972) und „Apocalypse Now“(1979). Alle diese Filme verdanken ihren Erfolg primär dem Charakterdarsteller Marlon Brando (1924-2004). Aber wer war der libidogesteuerte, gesellschaftspolitisch engagierte Schauspieler, der Sohn eines Alkoholikerehepaars, der selbst nie Drogenprobleme hatte, wirklich?
Ein Rebell - nicht nur in der „Kulturindustrie“ Hollywoods - lautet die eindeutige Antwort von Jörg Fauser (1944-1987). In seiner Biographie „Marlon Brando. Der versilberte Rebell“ aus dem Jahre 1978, die jüngst in einer schön gebundenen Neuedition im Diogenes Verlag erschienen ist, charakterisiert er den amerikanischen Schauspieler als einen radikalen Meister des Subversiven. Brando ist für Fauser ein Hero – gerade aufgrund seiner Ambivalenzen. Diese werden von Fauser auch durch gekonnt ausgewählte Zitate aus der Weltliteratur exponiert, die seinen Buchkapiteln vorangestellt sind. Außerdem erlaubt sich der Schriftsteller zum Teil ausgiebig aus Interviews mit Brando und aus Schriften über ihn zu zitieren.
Wer mit dem Werk Fausers, des Solitärs im deutschen Literaturbetrieb, vertraut ist, wird in seiner Brando-Biographie zahlreiche Anspielungen und Motive aus seinen anderen Schriften – Romanen, Erzählungen, Kolumnen und Gedichten – finden. Man lese dazu nur die gebundenen Neueditionen des Œuvres von Fauser, die bisher bei diogenes erschienen sind: den autobiographische Roman „Rohstoff“, die Vorarbeiten zu diesem unter dem Titel „Rohstoff Elements“, den Gedichtband „Ich habe große Städte gesehen“, die lesenswerten „tip“-Kolumnen unter dem Titel „Caliban Berlin“ und den Band mit den ersten Erzählungen „Alles muss ganz anders werden“. Nicht zufällig bezeichnete Fauser in einem Interview aus dem Jahre 1985 die Brando-Darstellung als sein wahrscheinlich gelungenstes Werk. Für sein literarisches Schaffen bedeutete sie jedenfalls einen Wendepunkt, worauf der Schriftsteller Franz Dobler in seinem Nachwort zu der diogenes Neuedition hinweist. Dieser ist auch ein Text der preisgekrönten Schriftstellerin Brigitte Kronauer über Fausers Buch beigefügt.
Fazit: Die Biographie „Marlon Brando. Der versilberte Rebell“ ist ein Muss für alle Fauser-Fans. Sie empfiehlt sich aber auch für alle, die durch ein unterhaltsam und temporeich geschriebenes Werk voller gesellschaftskritischer Seitenhiebe auf Hollywoods Filmindustrie und die bundesrepublikanische Kulturpolitik den „echten“ Brando kennenlernen möchten.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de

Marlon Brando
Der versilberte Rebell. Eine Biographie
Mit einem Nachwort von Franz Dobler und einem Text von Brigitte Kronauer
»Ich habe in Brando immer einen Rebellen gesehen – eine sicher naive Betrachtungsweise; was ist schon ein Rebell? In einer Welt, in der es von Revolutionären nur so wimmelt, ist der Rebell der Mann von gestern, der Konservative. Mag sein. Bei so vielen Menschen von heute wirkt auch die Erde wie von gestern, und wie Brando halte ich es im Zweifelsfall mit der Erde.« Fauser und Brando – zwei Zerrissene, die nicht nur das Immer-wieder-Aufstehen vereint.
Hardcover Leinen
288 Seiten
erschienen am 27. Mai 2020
978-3-257-07093-4
€ (D) 24.00 / sFr 32.00* / € (A) 24.70

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