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Marburger Verhaltenstraining (MVT) ADS/ADHS – Materialien für Diagnostik und Gruppentraining in Schule und Therapie 5. Aufl. 2013
Marburger Verhaltenstraining (MVT)
ADS/ADHS – Materialien für Diagnostik und Gruppentraining in Schule und Therapie


5. Aufl. 2013

Dieter Krowatschek, Gordon Wingert

Verlag Modernes Lernen
EAN: 9783861453161 (ISBN: 3-86145-316-9)
308 Seiten, Loseblattsammlung im Ordner, 26 x 31cm, 2013, farbige Abb., viele Kopiervorlagen, Format DIN A4, im Ordner

EUR 40,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
borgmann
Rezension
ADHS-Kinder sind unaufmerksam, motorisch unruhig, impulsiv, häufig sportlich und belastbar, sowie unfügsam und widerspruchsbereit. ADHS-Kinder bereiten in der Schule nicht wenig Probleme; denn Aufmerksamkeits- und Konzentrationsprobleme dürften in der Schule zu den wesentlichsten Störungsfaktoren von Unterricht zählen. Diese Mappe, die in der 1.-3. Auflage unter dem Titel "ADS und ADHS - Diagnose und Training" erschienen ist, liegt nun bereits in 5. Auflage vor und bietet entsprechende Methoden, Spiele und Übungen für hyperaktive Kinder. Das auf Medikation verzichtende Training orientiert sich an der Verhaltensmodifikation, wird gezielt als Gruppentraining zu Beginn der Grundschulzeit eingesetzt und wird begleitet von intensiver Elternarbeit. - In ähnlicher Aufmachung liegt übrigens aus demselben Verlag vor: Marburger Konzentrationstraining (MKT) für Schulkinder (Kopiervorlagen-Mappe), 8., völlig überarb.und verb. Aufl. 2011, von Dieter Krowatschek, Gita Krowatschek, Caroline Reid.

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Autoren-Informationen:
Dieter Krowatschek ist Schulpsychologe und Lehrer und arbeitet am schulpsychologischen Beratungsdienst in Marburg. Seit vielen Jahren trainiert er Kinder mit ADS und anderen Verhaltensauffälligkeiten.
Weiterbildung: www.krowatschek@t-online

Beschreibung

(Hinweis: Dieses Buch erschien in der 1. bis 3. Auflage unter dem Titel: ADS und ADHS – Diagnose und Training)

ADS-Kinder und Jugendliche mit und ohne Hyperaktivität/Impulsivität geraten immer mehr in das Blickfeld von Schule und Therapie. Sie haben Schwierigkeiten, Konzentration zu entwickeln und aufrecht zu erhalten. Auch in ihrem Verhalten bereiten einige von ihnen Probleme, weil sie motorisch sehr unruhig sind, nicht abwarten können und immer wieder dazwischenreden müssen.
Das Buch skizziert in einem ersten Teil das Erscheinungsbild der ADS-Kinder, gibt detaillierte Hinweise zur Diagnose und ihrer Problematik. Einzelne Verfahren werden ausführlich vorgestellt und ein für die Praxis geeignetes Beobachtungssystem und Fragebögen als Kopiervorlagen vorgegeben, so daß eine Diagnostik, die auf Verhaltensbeobachtung, Anamnese und Testdaten basiert, durchgeführt werden kann.
In einem zweiten Teil werden Materialien und Methoden erläutert, die den Umgang mit ADS-Kindern und Jugendlichen in der Schule und in der Therapie erleichtern und ein systematisches Training ermöglichen. Dabei erfolgen u.a. auch viele Anregungen zum Training von Jugendlichen.

Im Unterschied zu den anderen Veröffentlichungen des Autors zu diesem Thema enthält der umfangreiche, großformatige Ordner alle Materialien aus dem Marburger Verhaltenstraining (MVT) für hyperaktive Kinder, einschließlich eines evaluierten Anamnesebogens.
Gleichzeitig werden Materialien aus dem Lerntechnikbereich angeboten, die für die Arbeit auch mit Jugendlichen geeignet sind sowie ein Elterntraining.

Rezensionen/Kommentare:

“Das MVT - seit 1990 wissenschaftlich begleitet - konnte in vielen Fällen seine Wirksamkeit unter Beweis stellen. Dieser leserfreundliche Ordner lädt dazu ein, sich seine Grundzüge anzueignen und in der eigenen Arbeit mit ADS-Kindern nach Wegen zu suchen, wie dieses Trainingskonzept im Schulalltag seinen Platz finden kann.” Klaus Beyer-Dannert, VdS-Mitteilungen NRW

"Bei diesem Werk von Dieter Krowatschek handelt es sich nicht im klassischen Sinne um ein Buch, sondern vielmehr um ein Ringbuch, dem man nach Belieben Seiten entnehmen oder hinzuordnen kann. Die Seiten sind aus Hochglanzpapier, was einerseits der Stabilität und andererseits den vielen eingefügten Fotos und Zeichnungen gut tut. Im Anschluss an das Inhaltsverzeichnis hat jede Seite eine Kopfleiste, in der markiert ist, in welchem Teil des Werkes man sich gerade befindet. Fallbeispiele sind gelb unterlegt, Dinge, die dem Autor besonders wichtig erscheinen, sind als ,,Pinnwandzettel" dargestellt. Die unterschiedlichen Elemente des Trainings sind mit Symbolen gekennzeichnet.
Das Buch ist in 6 Einheiten untergliedert, die in ihrem Umfang sehr unterschiedlich sind. Nach einer kurzen Einleitung wird beschrieben, wie das Marburger Verhaltenstraining entwickelt wurde. Schon hier gibt es mehrere gelb unterlegte Fallbeispiele oder Praxiserfahrungen, die das Beschriebene anschaulich und lebendig werden lassen. Die großformatigen Fotos unterstützen dies.
Das Kapitel Diagnostik beginnt mit 3 Fallbeispielen und der Beschreibung der Grundsymptomatik bei ADHS. Es folgt ‘ADHS als klinische Diagnose’ mit der Unterscheidung der Klassiftkationssysteme DSM IV und ICD-10, einer Beschreibung der Diagnosekriterien und der erforderlichen Differentialdiagnostik. Anschließend werden mögliche Ursachen von ADHS dargestellt.
In dem dann folgenden längsten Teil des Kapitels Diagnostik werden die einzelnen zur Diagnosefindung notwendigen Schritte genau beschrieben. Unter anderem stellt Krowatschek verschiedene Verfahren zur Verhaltensbeobachtung, Leistungsdiagnostik und zur Erfassung der Emotionalität vor, die er für geeignet hält und beschreibt, welche Ergebnisse fürADHS typisch sind. Im Anhang findet sich auch ein ausführlicher Anamnesebogen. Den Abschluss des Kapitels bildet ein Diagnoseschema für Schulkinder (6-13 Jahre) mit Angaben zur zeitlichen Planung.
Das Kapitel Diagnostik eröffnet zwei Möglichkeiten: Entweder man kann selbst eine ADHSDiagnostik durchführen oder man kann Ergebnisse, die jemand anderes erhoben hat, werten und selbst interpretieren.
Im folgenden Kapitel wird das Marburger Verhaltenstraining beschrieben. Nach grundsätzlichen Überlegungen werden Elemente aus verschiedenen Therapieformen, nämlich der Verhaltensmodifikation, der Gestaltpsychologie und der Entspannung, vorgestellt. Immer wird genau dargestellt, welche Fähigkeiten mit dem einzelnen Element gefördert werden, bzw. welche Verhaltensweise trainiert wird. Dann folgt eine Sammlung von dynamischen Spielen und eine Anleitung zur Durchführung der Entspannungsphase. Eine Sammlung von ‘Interventionen’, die dazu dienen, dass das Kind eigenes und fremdes Verhalten besser einschätzen und deuten kann, Grenzen erkennen kann und Handlungsimpulse steuern lernt, schließt daran an. Des weiteren wird eine Sammlung von Kim-Spielen vorgestellt und einige Begrenzungsspiele. Anschließend erfährt man, welche Materialien, wie Spiele und Bücher, den Kindern am Ende einer Trainingseinheit jeweils zur Verfügung gestellt werden.
Im Folgenden wird die Elternarbeit im Training und der Einsatz in der Schule vorgestellt.
Der letzte Teil des Kapitels ist besonderen Ereignissen im Training gewidmet, wie z.B. Weihnachtsfeier oder Party und dem Ferientraining, zu dem einige der teilnehmenden Kinder eingeladen werden.
Das vorletzte Kapitel des Buches ist nochmals eine Spielesammlung, wobei hier Mannschaftsspiele und ruhige Spiele zusammengestellt wurden.
Ein allerletztes Kapitel berichtet kurz über Untersuchungen zur Evaluation des Trainings und deren Ergebnisse.

Das Buch hat mich begeistert. Praktisch und übersichtlich sind hier Diagnose, Training und Elternarbeit zusammengetragen. Viele Spiele kann man gut für Kinder mit anderen Schwierigkeiten übertragen. Fotos und Abbildungen unterstützen und verdeutlichen das im Text Beschriebene. Ich glaube, dass dieses Buch für jeden, der mit ADHS Kindern zu tun hat, eine Hilfe sein kann." Helga Brand, Schwierige Kinder Journal

"Der hierzulande wohl beste Diagnostiker und Therapeut von Aufmerksamkeitsstörungen legt in diesem Materialordner nicht nur Fallberichte und theoretische Einsichten, sondern auch ein komplettes Trainingsprogramm vor, das auch als Marburger Verhaltenstraining bekannt geworden ist. Etwas Besseres ist auf dem Markt nicht zu haben!" PÄD Forum: unterrichten erziehen

"Aktuell Deutlich Hervorragend Sachlich: Dieses Buch präsentiert sich als umfassendes Werk rund um das Thema 'ADHS-Therapie, Eltern, Schule'. Der Autor Dieter Krowatschek hat alle wesentlichen Punkte zur Thematik des Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (mit Hyperaktivität) in einem Ordner gesammelt und hierbei einen Materialienschatz für LehrerInnen und TherapeutInnen präsentiert, der seinesgleichen sucht. Ohne die oftmals wenig hilfreiche Diskussion um die Ursachenkomplexe erneut tiefgreifend zu führen, werden die wichtigen Punkte zur Behandlung und Betreuung der Kinder mit ADHS erläutert. Diese Ausführungen sind äußerst aktuell und fundiert. Der Autor und das Team von PsychologInnen und SonderpädagogInnen beziehen hierbei sowohl soziologische, neurologische, pädagogische, genetische und familienbezogene Faktoren bei der Beschreibung des Syndroms und möglicher Maßnahmen ein. Im Einleitungsteil wird die 'Geschichte' des Syndroms ebenso umrissen wie die Entstehungszusammenhänge bezüglich des Marburger Verhaltenstrainings. Im Diagnostikteil wird gründlich beschrieben, mit welchen Test- und Untersuchungsverfahren ADHS diagnostiziert wird. Hierbei wird das Syndrom klar abgegrenzt von anderen Krankheitsbildern. Die Inhalte des eigentlichen Trainings werden auf über 150 Seiten umfassend und detailreich mit klaren Randnotizen aufgeführt. Diese Trainingselemente sind sehr praxisnah und kindgemäß. Einige Übungen sind zwar schon aus anderen Zusammenhängen her bekannt, bekommen aber in dem Trainingszusammenhang noch einmal eine andere Nuance. Die informativ beschriebenen verschiedenartigen Spiele überzeugen zudem durch ihre variable Einsetzbarkeit ohne viel Materialaufwand. Im abschließenden Teil des Materialordners wird die Evaluation des Trainings genau beschrieben. Und dies überzeugt noch einmal grundlegend: Das seit 1990 wissenschaftlich begleitete Training weist positive bis sehr gute Ergebnisse auf, die für seine Wirksamkeit sprechen. Die Literaturliste zu Fachbüchern und psychologischen Testverfahren sowie die im Anhang abgedruckten Diagnosekriterien und Anamnesebögen runden das Werk ab. Mutmachend sind außerdem die zwischendurch eingebrachten farbigen Fotos, die Kinder mit der Symptomatik in unterschiedlichen Lebenssituationen zeigen. Dieser DIN A4-Ordner besticht nicht nur durch die gründliche fachliche Ausrichtung und Vertiefung, sondern insbesondere auch durch die handliche, aufwendig gestaltete Ausführung.
Dieses Buch ist trotz des stolzen Preises ein Gewinn für alle, die in der täglichen Praxis mit jungen Menschen zu tun haben, die von der ADHS-Symptomatik betroffen sind. Es stärkt im besonderen auch in der Unterstützung der Familien, sich dem ADHS zu stellen. Und vielleicht ist es auch ein Beitrag, verbindende Kontakte zwischen Schule, Therapie und Elternhaus auszubauen - zum Nutzen für alle!" Detlef Rüsch, amazon

“Insgesamt ist dieses Buch sowohl für Lehrer als auch für Eltern und Therapeuten sehr lesenswert. Gerade gestressten Eltern und Lehrern kann es aufgrund seiner sehr einfachen und positiven Beschreibung der ADS-Problematik mehr Verständnis, neue Kraft und viele Ideen zu einem liebevollen und stressfreieren Umgang mit den betroffenen Kindern geben.” Melanie Scholz, Ergotherapie & Rehabilitation

"Dieses Programm wird seit etwa 1990 in Zusammenarbeit mit dem psychologischen Institut der Philipps-Universität Marburg eingesetzt und mit sehr positiven Ergebnissen evaluiert.
Nach einleitenden Gedanken und Ausführungen zur Entwicklung des MVT widmet sich Dieter Krowatschek der Diagnostik von ADHS aus unterschiedlichsten theoretischen und praktischen Blickrichtungen. Anschließend folgt eine detaillierte Darstellung des MVT: Zielgruppe dieses Trainings sind insbesondere Kinder mit ADHS ab einem Alter von 67 Jahren in Gruppen von bis zu 12 Kindern. Das Konzept legt seinem Schwerpunkt neben kognitiv orientierten Techniken auch auf fähigkeitsorientierte bzw. Übende Verfahren und berücksichtigt multimodale Aspekte. Es finden sich verhaltenstherapeutische und gestaltpsychologische Elemente.
Zahlreiche Spielvorschläge zeigen sehr anschaulich die Einsatzmöglichkeiten des Programms in Schule und Gruppe.
Welchem Focus das MVT auf systemische und ganzheitliche Gesichtspunkte legt, wird im Zusammenspiel von Kind, Lehrern und Eltern sehr praxisnah dargestellt.
Somit ist es Dieter Krowatschek gelungen , den Komplex ADHS sehr leserfreundlich und praxisnah zu erläutern und Interesse für die Arbeit mit dem MVT zu wecken." www.beratungsnetline.de
Inhaltsverzeichnis
Einleitung 9
Geschichte des Marburger Trainings 11
Diagnostik von ADHS 23
Das Marburger Verhaltenstraining 62
Grundüberlegungen zum Marburger Verhaltenstraining 62
Methoden des Trainings 75

Allgemeine Interventionen 75
Loben und Belohnen 82
Time-out 94
Das Gutscheinsystem 101

Elemente des Trainings 103

Dynamisches Spiel 103
• 1, 2, 3 – Stopp 104
• Begrüßungskanon 105
• Hot Potato 106
• Bärenjagd 107
• Schattenboxen 109
• Familie Pritzelwitz 110
• Japanisch knobeln 112
• Spiegelspiel 113
• Pferderennen 114
Entspannung 115
Interventionen 124
• Stimmungsbarometer 125
• Gefühlsscheibe 127
• Wolkenexperiment 128
• Zauberladen 132
• Sozialübung 134
• Post bekommen und verschicken 136
Kim-Spiele 140
• Seh-Kim 143
• Wally-/Mazes-/Ich-sehe was…-Hefte 144
• Tastsäckchen 145
• Tastbox 146
• Buchstabensalat 147
• Nachkneten 148
• Hör-Kim 149
• Geräuschequiz 150
• Geruchs-Kim 151
• Geschmacks-Kim 153
• Gelände-Kim 154
Begrenzungen im Spiel 155
• Zeitungskampf 156
• Rückendrücken 157
• Hahnenkampf 158
• Tischtenniswedeln 160
• Bulle im Ring 161
• Ringkampf 162
• Wattepusten 163
Malexperimente 165
• Rosenbusch-Phantasie 166
• Meine Tür 170
• Boot im Sturm 172
• Mein Poster 175
• Ich als Landschaft 178
Freies Spiel 181
Materialien 182

Elternarbeit 187

Einsatz in der Schule 208

Besondere Ereignisse im Training 213

Weihnachtsfeier 214
Quizshow 218
Party 223
• Himmel und Hölle 227
• Gefriertanz 228
• Atomzertrümmerung 229
• Kommandotanz 230
• Luftballontanz 231
• Polonaise 233
Ferientraining 235

Spiele 252

Mannschaftsspiele 252
• Bierdeckelschlacht 253
• Schrubber-Hockey 254
• Sitzhandball 256
• Federstaffel 257
• Äpfeltauchen 258
• Auffädeln 259
• Lumpenski-Staffel 261
• Luftballonhandball 262
• Tütenstaffel 264
• Kissenrennen 266
• Klammerstaffel 267
Ruhige Konzentrationsspiele 268
• Die Prinzessin hat Kopfweh 269
• Eisbären 270
• Funken 272
• Lehmann sagt... 274
• Katz und Maus 275
• Geschicklichkeits-Canyon 276
• Klopftelegramm 277
• Das wandernde Geldstück 278
• Fang die Maus 279

Evaluation 282

Literatur 287

Anhang 290

DSM- und ICD-Kriterien 290
Anamnesebogen 293


Vorwort:

Einleitung
Die ersten Überlegungen zum Marburger Verhaltenstraining (MVT) als Programm für sehr unruhige, unkonzentrierte und impulsive Kinder und Jugendliche
begannen vor dreißig Jahren. Heute gehört es zu den etabliertesten verhaltenstherapeutisch orientierten Trainings in Deutschland. Die
wenigen bis dato auf dem Markt existierenden Trainings ließen einen Hauptproblembereich der unruhigen und „schwierigen“ Kinder fast gänzlich
außer Acht: die Situation der Unruhigen in der Schule. Hier scheitern sie häufig. Hier entscheidet sich ihr weiterer Lebensweg. Das MVT berücksichtigt
dies, weil es jedem Kind sehr wichtig ist, in der Schule „klar“ zu kommen.
Die Mehrzahl der Therapieprogramme richtet sich fast ausschließlich an Psychologen: Sie gehen von einer Therapiesituation 1:1 aus – ein Kind, eine
Therapeutin/ein Therapeut – höchstens aber eine kleine Gruppe von maximal vier bis sechs Kindern. Für die allermeisten der als schwierig und
verhaltensauffällig geltenden Kinder ist dies kein Problem. Hier arbeiten sie engagiert, kreativ und konzentriert mit. Es macht ihnen Spaß und viel
Freude.
In der Schule sieht die Realität aber anders aus. Hier muss das Kind in einer Klasse von zwanzig bis dreißig SchülerInnen zurecht kommen. In großen
Gruppen tun sie alles das, was Lehrkräften Kummer bereitet:
• sie laufen durch den Raum
• sie rufen und reden ständig dazwischen
• sie streiten sich mit ihren Nachbarn
• sie benutzen Schimpfwörter
• sie hören nicht zu
• sie befolgen keine Anweisungen
• sie sind unordentlich und vergesslich usw.
Ihre positiven Seiten: kreative Ideen, lösungsorientiert, hilfsbereit, witzig, gute Sportler und Fußballer, nicht so empfindlich, „Stehaufmännchen“ usw.
Dreißig Jahre Erfahrung
Dreißig Jahre Erfahrung mit hyperaktiven Kindern haben gezeigt, dass ein entsprechendes Training folgende Bestandteile haben sollte:
• Das Training orientiert sich an Methoden aus der Verhaltensmodifikation. Das heißt, jedes Kind lernt ein Repertoire an Verhaltensweisen, die es ihm
ermöglichen, in Schule, Freizeit und Familie zurecht zu kommen.
• Im Marburger Verhaltenstraining wird Wert darauf gelegt, ohne Medikation zu arbeiten, weil die zu beobachtenden Verhaltensweisen unter Medikation
nicht auftreten. Nach Abklingen der Wirkungen von entsprechenden Psychopharmaka treten die Verhaltensdefizite wieder auf und müssten
bearbeitet werden.
• Für ein Gruppentraining sprechen die vielen positiven Eigenschaften der Kinder. Sie haben eine Vielzahl an Ressourcen, die es zu aktivieren gilt.
Dabei lernen sie modellhaft von anderen Kindern.
• Ein solches Training kann im letzten Halbjahr des Kindergartens oder mit dem Eintritt in die Schule beginnen. Die Dauer ist unterschiedlich. Bei
besonders „hartnäckigen“ Fällen, wird das Kind ambulant über den ganzen Grundschulzeitraum hinweg betreut. Dabei findet das eigentliche
Training zwischen Oktober und April statt. Es beginnt und endet mit einem einwöchigen Ferientraining.
• Während des Trainings der Kinder erfolgt eine intensive Elternarbeit in Form von Beratungen und Seminaren. Auch die betroffenen Lehrkräfte
erhalten Fortbildungsangebote in Form von Workshops.
Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass es doch eine Vielzahl an Lehrkräften gibt, die durch ihr Engagement, ihre Empathie und ihr Verständnis
Veränderungen bewirken. Durch gezielte Interventionen ermöglichen sie es den betroffenen Kindern, die Schulzeit erfolgreich zu durchlaufen und
nicht zu scheitern. Für sie haben wir dieses Programm zusammengestellt.
Natürlich ist das Marburger Verhaltenstraining auch sehr gut im Rahmen der Arbeit anderer Berufsgruppen einsetzbar: PsychologInnen, MitarbeiterInnen
in der Kinder- und Jugendpsychatrie und natürlich auch ErgotherapeutInnenn sowie SozialarbeiterInnen und andere.
Eine Studie der Universitäten Queensland (Australien) und Auckland (Neuseeland) untersuchte die Wirkung von medikamentöser Therapie im
Vergleich zu schulisch orientierten Trainingsprogrammen. Hierzu wählten sie einen der wissenschaftlich anspruchsvollsten Wege: Eine Metaanalyse.
Diese hat den Vorteil, dass sie die Ergebnisse von vielen (in diesem Fall 74) Studien zusammenfassen und auswerten kann.
Die Autoren Purdie, Hattie und Carroll kamen zu dem Ergebnis, dass die reine Behandlung mit Psychopharmaka zwar positive Effekte im Verhaltensbereich
erzielt, aber andere (für die Entwicklung des Kindes notwendige) Verbesserungen vermissen lässt. Kinder, die Medikation bekamen,
waren demnach motorisch ruhiger und weniger impulsiv, aber sie demonstrierten keine oder kaum Verbesserungen in schulischen Leistungen
oder ihrem Sozialverhalten. Zusätzlich deutete sich an, dass die positiven Effekte nur kurzfristig anhielten.
Demgegenüber zeigten sich bei schulorientierten Verhaltenstrainings positive und langfristigere Effekte in den für die weitere Entwicklung der
Kinder wichtigen Bereichen (Sozialverhalten und schulische Leistungen). In ihrer Diskussion fassen die Autoren die Ergebnisse pointiert zusammen:
Sie sagen, dass durch die Medikation das Kind „Ruhe gibt“, aber für sich selbst nicht profitiert. Sie äußern die Befürchtung, dass durch die
Ruhigstellung des Kindes ein wichtiges Training versäumt werden könnte. Quelle: Purdie, N. Hattie, J. & Caroll, A. (2002). A review of the
research on interventions for attention deficit disorder: What works best? Review of Educational Research, 72, 61-99.
Struktur des Marburger Verhaltenstrainings (MVT)
Es gibt mehrere Möglichkeiten, das MVT einzusetzen:
1. Das Training kann so durchgeführt werden, dass man einzelne Elemente in den Unterricht integriert. Dann fördert es das Soziale Lernen und das
Einhalten von Regeln auf attraktive Art und Weise.
2. Im Rahmen der Ganztagsschule hat es sich als Angebot im Nachmittagsunterricht bewährt. Lehrkräfte, SozialarbeiterInnen und Beratungskräfte
von Förderzentren arbeiten dann mit den Kindern.
3. Als Gruppentraining wird es von bestimmten Berufsgruppen (meist PsychologInnen, aber auch z.B. von ErgotherapeutInnen) angeboten. Diese
können sich an der von uns vorgeschlagenen Struktur orientieren.
Das Training unterteilt sich in drei Phasen:
Phase 1: Vorgespräche & Diagnostik
Vorgespräch (S. 187)
Testdiagnostik (S. 23 – 61)
Diagnostisch orientierter Ferienaufenthalt (S. 235 – 251)
Phase 2: Training
des Kindes (S. 75 – 186 & 223 – 281)
der Eltern (S. 187 – 207)
der Lehrkräfte (S. 208 – 212)
abschließendes Ferientraining (S. 235 – 251)
Phase 3: Transfer & Nachsorge
Beratung der Eltern und Lehrkräfte (S. 187 & 212)
Abschlussbrief und Gutschein für erneutes Training (S. 101 & 102)
Phase 1: Vorgespräche & Diagnostik
Vorgespräche
Bei der ersten Kontaktaufnahme hat es sich bewährt wenn das Kind dabei anwesend ist. Nur die Berichte der Eltern oder unterschiedlichster Fachkräfte
(selbst wenn sie eine ausführliche Diagnostik durchgeführt haben) reichen selten aus. Die Darstellungen der Lehrkräfte ergänzen die Schilderung
der Problematik. Man sollte sich aber auch immer sofort einen persönlichen Eindruck vom Kind machen. Schon hier erfolgt der erste Kontakt zum Kind.
Ist es bereit, mitzuarbeiten, bespricht man das weitere Vorgehen.
Testdiagnostik
Bei einer Reihe von Kindern kann es sinnvoll sein, eine Testdiagnostik durchzuführen (S. 23 – 61). Diese soll ermitteln, ob das Kind von einem
Training profitieren kann. Ein bewährtes Hilfsmittel hierfür ist das Diagnostikschema von S. 60. Je nach Kind variiert der Ablauf. Nicht alle Kinder
müssen alle Schritte durchlaufen.
Diagnostisch orientierter Ferienaufenthalt
Dies kann bei einem Ferientraining oder mindestens einem Wochenendausflug erfolgen. Obwohl eine solche Fahrt bei vielen Trainerinnen und Trainern
zunächst Angst auslöst, berichten die allermeisten im Anschluss daran, wie viel sie über die Kinder in dieser Zeit gelernt haben. Eine bessere
Diagnostik gibt es nicht. Hinweise hierzu finden Sie ab S. 235. Im Laufe der dreißig Jahre haben wir gelernt, dass diese Fahrten jeder noch so
ausgeklügelten Diagnostik haushoch überlegen sind.
Phase 2: Training
Training des Kindes
Die Arbeit mit dem Kind ist der Kern des Trainings. Die Mappe enthält eine Vielzahl von praktischen Übungen (Dynamisches Spiel: S. 103 – 114,
Begrenzungen im Spiel: S. 155 – 164, weitere Übungen: S. 218 – 281) und Experimenten sowie Interventionen (S. 124 – 139, Malexperimente: S.
165 – 180) für die therapeutische Arbeit.
Die Auswahl orientiert sich an der Struktur einer Sitzung (S. 70):
Trainingsphase Beispiele Seiten
vor der Sitzung Begrüßung S. 71
Einhalten sozialer Regeln S. 71
Dynamisches Spiel Dynamische Spiele S. 103 – 114
Mannschaftsspiele S. 252 – 267
Entspannung Reise mit dem Zauberteppich S. 115 – 123
Geschichten von der Fly S. 120
Feedback
Punktevergabe S. 91 – 93
Regelspiele Begrenzungen im Spiel S. 155 – 164
Mannschaftsspiele S. 252 – 267
Interventionen Interventionen S. 124 – 139
Malexperimente S. 165 – 180
Ruhige Konzentrationsspiele S. 268 – 281
Kim-Spiele S. 140 – 154
evtl. Punktevergabe S. 91 – 93
Freies Spiel Material zum freien Spiel S. 181 – 182
Das Training besteht in der Regel aus fünfzehn bis zwanzig Sitzungen mit einer jeweiligen Dauer von 75 Minuten. Da die Zeit vor und nach dem
Training mitgerechnet werden muss (neunzig Prozent der Kinder sind spätestens fünf Minuten vor Trainingsbeginn anwesend), summiert sich die
Trainingszeit auf neunzig Minuten. Dies entspricht einer Doppelstunde in der Schule.
Training der Eltern
Die Elternarbeit hat die Zielsetzung, über die Inhalte des Trainings zu informieren und einfach umsetzbare, bewährte Methoden für zu Hause vorzustellen.
Die Eltern erhalten aber auch die Möglichkeit, besondere Problembereiche zu erörtern.
Zwei vorstrukturierte Elternabende mitsamt den zugehörigen Folien sind auf den Seiten 187 – 207 zu finden. Die Elternabende verstehen sich als
Vorschläge. Sie können problemlos verändert und/oder ergänzt werden. Die Auswahl an Themen richtet sich nach den Bedürfnissen der Eltern.
Ein Elternabend sollte auf keinen Fall länger als eine Stunde dauern. Bietet man mehrere Trainingsgruppen an, so werden die Eltern aller Gruppen
gemeinsam geschult. Zu kleine Gruppengrößen haben sich nicht bewährt.
Training der Lehrkräfte
Lehrkräfte erwarten die Vermittlung von Methoden für den Unterricht (S. 208 – 212) und die Möglichkeit, über ihre Eindrücke zu berichten. Sie wollen
über ihre Schwierigkeiten im Umgang mit den Überaktiven diskutieren. Auch hier werden die Lehrkräfte von Kindern unterschiedlicher Gruppen
zusammengefasst.
Abschließendes Ferientraining
Nach einem halbjährigen Training bietet eine gemeinsame Abschlussfahrt (S. 235 – 251) die Chance, das Gelernte in einer möglichst realistischen
Situation auszuprobieren und zu vertiefen. Außerdem treten nur in diesem Setting manche Probleme auf, die in der Schule zu großen Belastungen
führen (z.B. Wutanfälle, Lügen, Stehlen, siehe z.B. S. 235, gelber Kasten). Ein Training ohne Fahrt ist möglich, vernachlässigt aber wichtige Problembereiche.
Phase 3: Transfer & Nachsorge
Beratung der Eltern und Lehrkräfte
Die individuelle Beratung der Eltern und Lehrkräfte hat sich sehr bewährt (S. 187 & S. 212). Wir präferieren gemeinsame Gespräche: Eltern, Lehrkraft,
TrainerIn.
Abschlussbrief und Gutschein
Nach dem Training erhält jedes Kind einen individuellen Brief und einen Gutschein. Hierin steht, was es gut gemacht hat und was es noch verbessern
kann. Der Brief ermöglicht eine erneute Teilnahme an einem neuen Training ohne Wartezeit. Die Mehrzahl der Kinder kommt mehr als einmal.